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so daß also Preußen aus den Einnahmen der Gcsamtpartei einen Zuschuß von 263 429 M. erhalten habe. Dieser Zuschuß stamme aber hauptsächlich aus Geldern, die von Groß-Bcrlin aufgebracht worden seien, denn 374 606 M. seien der Parteilasse aus Berlin  zugeflossen. Berlin   habe also mit seinem Gelde nicht nur Preußen aufrechterhalten, sondern noch darüber hinaus die Parteigenossen unterstützt. Hoffentlich werde der preußische Parteitag den von der Kommission ausgearbeiteten Organisalionsentwurf annehmen, was einen großen Schritt nach vorwärts bedeuten würde. Als zweiter Punkt stehe auf der Tagesordnung des Parteitages die bisherige Tätigkeit des preußischen Landtages. Wenn wir von der bisherigen Tätigkeit des preußischen Landtages sprechen, so ent- rolle sich vor unseren Augen ein wahres Jammerbild. Der Redner ging auf die Entstehungsgeschichte der preußischen Verfassung und des zurzeit noch herrschenden preußischen Dreiklassenwahlrechtes ein. Er zeigte, wie es die Reaktion von jeher verstanden hat, ihren Willen durchzusetzen, ohne daß sie bei den Liberalen auf ernsten Widerstand gestoßen wäre. Nichts haben die liberalen Parteien getan, um das elende Wahlrecht, welches dem Volke aufgezwungen worden ist gegen Gesetz und Verfassung, welches deshalb noch keinen Augenblick zu Recht bestand, wieder zu Falle zu bringen. Noch nie haben die Liberalen für die Rechte des Volkes etwas ge- tan. Es sei ein großer Fehler unsererseits, daß wir die frei- sinnige Partei nicht längst hätten verschwinden lassen. Nur mit unserer Hülfe habe sich diese Partei noch am Leben erhalten können. Der Essener Parteitag habe ja die Anträge auf Stimmenenthaltung bei Stichwahlen zwischen bürgerlichen Parteien abgelehnt. Besser wäre eS gewesen, wir hätten einen ParteitagSbeschlutz, der uns verpflichtet, keine bürgerliche Partei bei Stichwahlen zu unter- stützen. Dann wäre es aus mit der freisinnigen Partei, und den wirklich demokratisch Gesinnten, die jetzt mit dem Freisinn gehen, bliebe nichts übrig, als sich der Sozialdemokratie anzuschließen. Wir werden die Freisinnigen jetzt im Wahlrechtskampfe gewähren lassen, aber erwarten können wir von ihnen nichts. Wer auf den Wahlrechtskampf der Freisinnigen auch nur die bescheidensten Hoff- nungen setzt, der ist mit Blindheit geschlagen. Der Wahlrechts- kämpf wird mit Entschiedenheit und Nachdruck nur von unserer Partei geführt werden. Bei der Besprechung des Parteitages über die Landtagswahlen im Jahre 1963 werde es sich darum handeln, allgemeine Richtlinien für unsere Taktik festzusetzen. Wir würden es nicht wieder so machen wie 1963, wo wir unsere Pläne im voraus bekannt gaben und dadurch den Gegnern die Möglichkeit gaben, sie zu vereiteln. Es sei auch nicht angebracht, auf den Zahl- abenden unsere Taktik zu diskutieren. Das werde unterbleiben, selbst auf die Gefahr hin, daß dagegen eingewendet werde, eS ver­stoße gegen die demokratischen Grundsätze. Es genüge, wenn der Parteitag der Parteileitung allgemeine Richtlinien vorzeichne, nach denen dann die Taktik des Wahlkämpfes im einzelnen bestimmt werden könne. Zum Parteivorstand könne man das Vertrauen haben, daß er in dieser Hinsicht das Richtige treffen lverde. Nach einer kurzen Beleuchtung der beiden letzten Punkte der Tages- ordnung des Parteitages kam der Redner zu dem Schluß: Der preußische Parteitag werde eine Organisation für Preußen schaffen, er werde lebhaften Anstoß zur Agitation geben und vor allem unseren Wahlrechtskampf einleiten. Wenn an die Partei- genossen der Ruf ergeht, sich in den Kampf zu begeben für die Er- ringung eines demokratischen Wahlrechts in Preußen, dann muß jede� auf dem Posten sein, eingedenk des Dichterwortes:DaS Volk steht auf. der Sturm bricht los, wer legt noch die Hände feig in den Schoß?"(Lebhafter Beifall.) In der Diskussion nahm nur ein Redner das Wort, der ebenso wie der Referent das jämmerliche Verhalten des Freisinns kritisierte. Als Delegierte zum preußischen Parteitag wählte die Ver- sammlung die vom Vorstande vorgeschlagenen Genossen WclS, lyriedländer und S ch a d o w. Sechster Wahlkreis. In der Versammlung, die den großen Saal von Vallschmieder in der Badstraße füllte, wurde zuerst die Wahl der Delegierten zum preußischen Parteitage vorgenommen. Gewählt wurden die Genossen Fahrow, Hönisch und Albert Werth. Sodann gab der Vorsitzende Freythaler   eine kurze Uebersicht über die Tagesordnung des Parteitages. Er skizzierte den Stattlten- cntwurf für die preußische Organisation und hob besonders hervor, daß bei der Ausarbeitung Rücksicht darauf genommen wurde, daß Rcibungsflächcn zwischen der Landcsorganisation und der Gesamt- Partei vermieden werden. Der gemeinsam mit dem Parteivorstand beratene Entwurf fei ja den Einzelorganisationcn zugestellt worden und diese hätten ihm im wesentlichsten zugestimmt. Hierauf sprach Genosse Ledebour über den preußischen Parteitag. Er führte aus, daß mit den Reichstagswahlen die politische Lage in Preußen-Deutschland   sich insofern verändert habe, als die freisinnigen und konservativen Parteien den Regierungsblock schlössen, der seine Hauptaufgabe in der Be- kämpfung der Sozialdemokratie erblickt. Seit den Wahlen habe sich jenes Verhältnis der Liberalen zur Regierung nicht etwa ge- lockert, sondern vielmehr noch befestigt, obwohl die Regierung den besonderen Wünschen der Freisinnigen nicht entgegengekommen sei. WaS sie auf Norderney   mit der Negierung ausgemacht haben, sei ja süße? Geheimnis der Herren. Für uns komme nun besonders die Bedeutung des Blocks für die Landtagswahlen in Betracht. Bei der auf dem Parteitage in Mainz   1966 angenommenen Rc- solntion über die Wahlbeteiligung sei man von der Voraussetzung ausgegangen, daß bei den Abgeordnctenwahlcn Bündnisse mit bürgerlichen Parteien möglich wären. Die EntWickelung habe nun gezeigt, daß die Genossen, die die Freisinnigen überhaupt nicht für bündnisfähig mit der Sozialdemokratie hielten, recht hatten. Das sei schon bei der Landtagswahl von 1963 hervorgetreten, als die Freisinnigen Mandate preisgaben, die sie mit Hülfe der Sozialdemokratie hätten gewinnen können, und damit zeigten, daß sie schon alle demokratischen Instinkte verloren hatten. Nun, nachdem sie den berühmten Block geschlossen, versuchten ja die Freisinnigen nur noch durch Verhandlungen mit der Regierung die ..liberalen" Interessen zu fördern, aber nicht etwa mit Hülfe der Sozialdemokratie irgendwelche ihrer Forderungen durchzusetzen. Daraus gehe wieder deutlich hervor, daß wir ausschließlich auf unsere eigene Kraft angewiesen sind, was aber keineswegs ein Nachteil, sondern vielmehr gut für die Partei sei, die, fest an ihren Grundsätzen haltend, ihr Ziel verfolgt. Daß die Reaktion, gestützt auf den Block, stärker geworden ist in Deutschland  , dafür habe man ja eine Fülle von Beweisen. Mit größter Schärfe und Ueppigkeit werde gegen die Volksrcchte vorgegangen. Nicht in den reaktionären Ncgierungsmaßnahmen selbst zeige sich die eigentliche Stärke der Reaktion, sondern darin, wie sie von der großen Masse der herrschenden Parteien aufgefaßt werben. Der Redner erinnerte an die Auswcisungsdrohung gegen die Genossen Pannekoek und Hilferding  , eine Folge ihrer rein wissenschaftlichen Tätigkeit an der Pärteischule; an die erbärmliche Haltung,� die die freisinnige und sonstige bürgerliche Presse dieser crzreaktionärcn Maßregel gegenüber eingenommen hat, und äußerte sich dann über die Rechtspflege. Die Richter sähen ja nicht ihre Aufgabe darin, die Rechte deS Volkes zu wahren, sondern fühlten sich als Teile der Bureaukratic; nicht als Volksrichter, sondern als Justiz- bcdienstete, Angestellte des Staates mit der Verpflichtung, im Interesse des Staates einzuschreiten, wo versucht wird, der geltenden Rechtsordnung Opposition zu machen. Der Redner er- wähnte den Strafantrag wegen Majestätsbeleidigung gegen die Königsberger Volkszeitung", der bekanntlich wegen Ver- öffentlichung historisch beglaubigter Tatsachen gestellt wurde, die sich auf Friedrich Wilhelm III. und die Königin Luise beziehen. Darin zeige sich wiederum, daß, was wir gesunden Menschen- verstand nennen, den Justizbeamten offenbar als beschränkter Ilntertancnverstand erscheint. Das träte auch in dem Proze» Liebknecht zutage. Die ganze Sozialdemokratie sei von Freude erfüllt darüber, daß der Genosse Karl Liebknecht   so mannhaft. und tapfer die Angriffe bekämpft hat, sich auch nicht abschrecken ließ dadurch, daß der höchste Anklagebcamte Zuchthausstrafe gegen »hn beantragte, sondern nur um so schärfer seinen sozialdeuio- kratischen Grundsätzen Ausdruck gab. Wenn irgend etwas im» stände fei, den Kampf gegen den Militarismus mächtig zu fördern, so sei es gerade dieser Prozeß, der der sozialdemokratischen Agitation einen gewaltigen Impuls gegeben habe, der aber auch wiederum gezeigt habe, wie die uns gegenüber stehende Presse gänzlich versagte. Haben sich doch die bürgerlichen Blätter mit wenigen Ausnahmen ganz kläglich benommen. Welchen Wert der Prozeß für die Partei habe, werde erst recht klar werden, wenn das Urteil schriftlich ausgefertigt vorliegt. Die Regierung suche nun den Block zu schärferen Maßregeln gegen die Sozialdemokratie auszunutzen, gleichsam Belastungsproben mit der Blockbrücke an- zustellen. In dieser Beziehung bedeute es gar nichts, daß einzelne Mitglieder der freisinnigen Parteien zu einem energischen Vor- stoß für das allgemeine Wahlrecht Propaganda machten. Bei der Verschärfung der wirtschaftlichen Kämpfe sei es ganz natürlich, daß die bürgerlichen Klassen die dadurch gewonnene Auffassung auch auf das politische Gebiet übertragen, daß die bürgerlichen Parteien sozialistenfeindlicher werden. Um so mehr sei bei den nächsten Landtagswahlen ein Bündnis mit den bürgerlichen Par- teien ausgeschlossen. Den bevorstehenden Parteitag der preußischen Sozialdemokratie werde ja nun vor allem die Wahlrechtsfragc beschäftigen. Die geringen Aenderungen der Wahlrechtsordnung, die Zerlegung Berlins   in 12 Wahlkreise mit je einem Ab- geordneten machten es wohl möglich, zwei bis drei Kandidaten aus eigener Kraft durchzubringen, und das sei besser als die doppelte Zahl von vielleicht mit bürgerlicher Hülfe gewonnener Mandate. In der Wahlrechtssache müsse man nun damit rechnen, daß die bürgerlichen Parteien irgend einem Vergleich zustimmen, vielleicht einem Pluralwahlrecht mit künstlicher Entrechtung des Volkes. Daß die Regierung und die bürgerlichen Parteien das allgemeine gleiche Wahlrecht geben, sei ja ganz ausgeschlossen. Die Sozial- demokratie werde selbstverständlich an dieser Forderung wie an der des allgemeinen Frauenwahlrechts festhalten und sich nicht mit solchem faulen Zauber begnügen. Zu dem Punkt:Die Lage der StaatSarbeiter in Preußen" äußerte sich der Redner über die erbärmliche Lage und Rechtlosigkeit dieser Arbeiter und hob hervor, daß der Genosse L e g i e n als Referent ganz besonders imstande sein wird, hierüber Aufklärung zu geben. ZurSelbstverwaltung in Gemeinde und Staat" bemerkte der Redner, daß es so etwas wie Selbstverwaltung in Preußen eigentlich nicht gibt. Darauf müsse immer wieder hingewiesen werden. Er schildert treffend das System der Bureaukratie, den Volizeigeist, die Bevormundung des Volkes durch ein Heer von der Regierung abhängiger Beamter. So wichtig diese und andere Punkte seien, so sei es doch die Hauptsache bei dem ganzen Parteitag, daß er eine gewaltige De- nionstration für das allgemeine Wahlrecht werde. Hierfür müsse das ganze Volk seine Kraft einsetzen. Unmöglich sei nichts für ein Volk, das seinen Willen durchsetzen will. Auf schwere Kämpfe müsse man vorbereitet sein, eventuell den politischen Massenstreik anwenden.(Lebhaftes Bravo!) Man höre es oftmals aussprechen, das Volk sei nicht reif für das allgemeine Wahlrecht. Wenn aber irgendeine Klasse gezeigt habe, daß sie politisch nicht reis ist, so die bürgerlichen Parteien Deutschlands  , die, was politische Bildung und Mut anbetrifft, tief unter den bürgerlichen Parteien anderer Länder stehen, welche wenigstens in früheren Jahren den Kampf gegen den Absolutismus siegreich durchgeführt haben. In Deutsch  - land sei die Arbeiterschaft in diesem Kampfe, wie in dem Kampfe um das allgemeine Wahlrecht in Preußen, allein auf sich an- gewiesen. Nur in unserem eigenen Kampfesmut und Entschlüssen- heit liege unsere Kraft. Wir müßten zeigen, daß wir es ernst meinten. Sicherlich würden, wenn es gelte, dies zu beweisen, auch die Genossen vom sechsten Kreise an der Spitze marschieren.   Der Vortrag fand lebhaften Beifall. Zur Diskussion sprach Genosse Busse, der seiner Entrüstung über die Verurteilung Liebknechts wie seiner Freude über dessen mannhaftes Ver- halten lebhaften Ausdruck gab. Zum Parteitag lag ein Antrag des Genossen Louis Meier vor, der eine Petition für das all- gemeine Wahlrecht zum Ziele hatte. Der Antrag wurde jedoch zurückgezogen, nachdem der Vorsitzende darauf hingewiesen hatte, daß ein solcher Antrag nicht, wie geschehen, erst in der Versamm- lung gestellt, sondern vorher hätte eingereicht werden sollen, und ja im übrigen auf dem Parteitag über die Mittel zur Erringung deS Wahlrechts gründlich beraten werden solle. Zum Schluß forderte Genosse Freythaler zur eifrigsten Beteiligung an den Arbeiten für die Partei, für denVorwärts" wie für die Kommunalwahlen auf. Bei der bevorstehenden Wahl- rechtsbcwegung solle jeder mit voller Kraft eintreten, sich ganz in den Dienst der Propaganda stellen, um so in jeder Hinsicht die Ziele der Partei, damit auch die Ziele des Proletariats der ganzen Welt, zu fördern. In diesem Sinne schloß die Versammlung mit brausenden Hochrufen auf die Sozialdemokratie. ver KetZgerboMtt vor dem Mannheimer   Schwurgericht. Tclegraphischer Bericht. Unter gewaltigem Andrang fand am Mittwoch eine Ver- Handlung wegen angeblichen Verstoßes gegen K 153 der Ge­werbeordnung vor dem Mannheimer   Schwurgericht gegen die Genossen FlikowSki und Nagel statt. Der Prozeß betrifft eine gewerlschaftlich und politisch sehr wichtige Frage. Die Au- geklagten sind beschuldigt, durch Flugblätter, die namenS der Gesellen zum Boykott gegen Metzger aufforderten, um vorhandene Mißstände zu beseitigen, den§ 153 der Gelverbeordnung verletzt zu haben, weil die Flugblätter suchten, andere durch Ehrverletzung für die Verabredungen gefügig zu machen, die auf Besserung ins- besondere der Logis- und Wohnverhältnisse und der hygienischen Einrichtungen bei einer Reihe von Schlächtern abzielten. Die Angeklagten Flikowski und Nagel schilderten den Sachverhalt. Nagel, GewerkschaftSsekretSr. war von den mit den vorhandenen Mißständen unzufriedenen Gesellen zum Eingreifen aufgefordert. Alle Versuche scheiterten aber an dem Widerstand der Meister. Die Berechtigung der Forderungen ergab sich aus den zum Teil geradezu erbärmlichen Wohnungsverhält- nissen, besonders bei der Großfirma Jmmhoff, die 26 Gesellen beschäftigt, von denen 12 im Hause des Meisters schlafen. Wiederholt ist der Meister wegen Verstoßes gegen die polizeilichen Wohnungsvorschriften mit Geld- strafen bis 156 M. bestraft. Die Gesellen klagten über das Essen, über Ungeziefer und über die Räumlichkeiten: in ein Zimmer regnete es hinein. Da ähnliche Zustände auch bei anderen Meistern herrschten, kam eS zur Forderung der Aufhebung des Kost- und LogiszwangeS und der Anerkennung der Organisation. Da aber trotz der Abmachungen deS O b c'r m e i st e r s der Metzgerinnung, Stadtrats Groh, der I n n u n g S v o r st a n d sich nicht zu Verhandlungen herbeiließ, vielmehr neue Maßregelungen vornahm, kam eS zum Boykott erst gegen Jmmhoff, dann gegen mehrere Firmen. Die Zeugenvernehmung bestätigte das von den Angeklagten entworfene Bild. Einige noch jetzt bei Jmmhoff beschäftigte Gesellen erklärten, nach dem Boykott jei es besser geworden, vor allem sei dann für ausreichende Wasch- und Reinigungsgelegenheit gesorgt. Der Staatsanwalt I n n g h a n S verfocht die Ansicht, daß entsprechend der bekannten Entscheidung des Reichsgerichts§ 153 der Gewerbeordnung so ans- zulegen sei, daß auch andere, zur Gruppe der Besserung der Arbeitsbedingungen erstrebenden Gesellen nicht gehörigen Personen im Sinne deS§ 153 der Gewerbeordnung beeinflußt werden könnten und plädiert auf schuldig. Der Verteidiger, Genosse Rechtsanwalt Dr. Frank legt dar, daß der Gesetzgeber nur die Vceinflnssung der gleichen Gruppe Angehöriger, also Arbeit- nehmer durch Arbeitnehmer, oder Arbeitgeber durch Arbeitgeber im z 153 der Gewerbeordnung gemeint haben könne und gemeint hat und verlangt Freisprechung. Nach einer Beratung von kaum zwanzig Minuten werden die Schuldfragen von den Geschworenen verneint, und darauf beide Angeklagten freigesprochen, die Kosten der Staatskasse- auferlegt. Die Geschworenen   in Baden urieilen über alle durch die Psesse begangenen Straftaten Geschworene haben damit die von uns wiederholt abfällig kritisierte ausdehnende Rechtsprechung des Reichsgerichts in betreff des§ 153 der Gewerbeordnung zurückgewiesen und gleichzeitig die Berechtigung des Boykotts zur Unterstützung der um Besserung ihrer Arbeitsbedingungen känipfenden Gesellen an- erkannt. Em Induftric und ftandd« FiskuS und Kohlensynbikat. Muß schon der Beschluß des Kohlensyndikais, die bisherigen Preise auch für das nächste Jahr aufrecht zu erhalten, Unwillen, Empörung hervorrufen, um so mehr noch die Haltung des Fiskus als Kohlenkäufer. DieNorddeutsche Allgemeine Zeitung" brachte vorgestern bereits eine Notiz, die offensichtlich von der Absicht diktiert war, das Publikum schonend auf einen großen Sünden- fall vorzubereiten. Es wurde mitgeteilt, das Kohlensyndikat hätte sich mit dem Fiskus bezüglich der neuen Kohlenabschlüsse für die StaatSbahn auf einer mittleren Linie geeinigt. Wie die mittlere Linie aussah, wagte man noch nicht bekanntzugeben. DerBörsen. Courier" konnte allerdings schon mitteilen, daß der Fiskus in Rück- ficht auf die gestiegenen Löhne einen etwas höheren Preis bewilligt habe. Das Kohlensynbikat war so kühn, angesichts der veränderten Marktlage für die privaten Abnehmer die alten Preise aufrecht zu erhalten, der Fiskus war noch kühner: er bezahlt noch über die bisher hohen Preise hinaus. Und es ist ein ganz ansehn- licher Aufschlag. Das Wolffsche Telegraphenbureau teilt heute folgendes mit:. Nach einer Information derRhein.-Westfälifchen Zeitung", wurde bei dem jüngsten Abschluß der preußischen Staatsbahn- Verwaltung mit dem Kohlensyndikat ein Mehr von etwas über 1 Mark per Tonne erzielt. Für Kohlen, Koks und Briketts als Ganzes genommen, wird die Erhöhung etwa 1,25 M. betragen. Die Abschlüsse gelten für drei Jahre. Für diese Zeit hat das Syndikat die hohen Preise gesichert. Was die Berufung auf die gestiegenen Löhne anlangt, so braucht nur auf die äußerst günstigen Geschäftsabschlüsse der Bergwerksgesellschaften hingewiesen zu werden, um darzutun, daß eine Erhöhung der Preise durchaus nicht gerechtfertigt ist. Der FiskuS hat zur Verteidigung seines Bewilli- gungSeifers anders keine Entschuldigung als die, daß er nicht wagt, den Kohlengewaltigen den Gehorsam zu versagen. Vielleicht hat diesmal auch noch die Blockpolitik bei dem Handel mitgespielt. Es ist auf Kosten der Steuerzahler dasselbe Spiel entriert worden wie im Jahre 1966. Die Kohlenproduzenten hatten es verstanden, durch Beeinflussung der Presse und die Politik des Syndikats, die Angst vor einer Kohlennot auszulösen. In geschickter Weise wurde dazu auch die Reichstagstribüne benutzt. Der Abgeordnete Hilbck erklärteberuhigend", das Kohlenshndikat werde alles aufbieten, die Kohlenknappheit nicht zu einer Kohlcnnot auswachsen zu lassen. Nach wenigen Tagen hatte das Syndikat einen Abschluß mit dem Fislus in der Tasche, derunter Berücksichtigung der Verhältnisse" einen erhöhten Preis festlegte. Und kurze Zeit darauf ordnete das Syndikat die erste Fördereinschränkung an! Daß auch jetzt schon eine Abschwächung auf dem Kohlenmarkt vorhanden ist, ist wahrlich kein Geheimnis mehr, man braucht sich auch nicht zu wundern, wenn das Kohlensyndikat demnächst Fördereinschränkung beschließt. Der FiskuS hat sowohl bei seinen Abschlüssen mit dem Stahlvcrbande, als auch mit dem Kohlensyndikat die Interessen der Steuerzahler und die der Konsumenten gröblich verletzt. Hochkonjunktur in der Zementindustrie. Die jetzt herauskommenden Dividendenschätzungen aus der Zemcntindustrie zeigen durch- ivcg ein starkes Ansteigen der Gewinnkurve. Die Dividende deS German ia-American-Portland  -Zementwerks für das am 36. b. M. zu Ende gegangene Geschäftsjahr ist mit Ll) Proz. in Aussicht genommen. Die Hemmoor  -Portland-Zement- sabrik verteilt für dieses Jahr 9 Proz.(im Vorjahre 61). Für andere Werke liegen folgende Schätzungen vor: Teutonia, Misburger Zemenlfabrik zirka 20 Proz.(im Vor- jähre 15 Proz.). Vorwahler Portland  -Zementfabrik 17 Proz.(13 Proz.). Norddeutsche Portland  -Zementfabrik 1112 Proz.(9 Proz.). Wunstorfer   Portland  -Zementfabrik zirka 8 Proz.(ö'/o Proz.). Die Hochkonjunktur in der Zemcntindustrie war auch das Signal für neue KonzentrattonS- und Organisationsbestrebungen. Die Sprengung des Z e m e n t s y n d i k a t ö, das pilzartige Entslehen neuer Werke, die außerordentlich forcierte Vergrößerung der meisten alten Fabriken, alles das zeitigte anfänglich einen wilden Wettlauf und niedrigere Preise. Es kam dann zu einer Verständigung zu- nächst unter den benachbarten Fabriken. Das Ende war eilte Gruppierung nach den einzelnen Gebieten, und zwar bildete sich eine hannoversche, eine unterelbische, mitt ldentsche, rheinisch-westfälische, süddeutsche, Berliner   und Stettiner Gruppe, die nun sämtlich seit etwa drei Jahren bestehen(eine schlesische Gruppe besteht schon länger). Diese Gruppierung, die mit dem Abschluß eines Kartell- Vertrages zwischen den einzelnen Verbänden gekrönt wurde, erwies sich der konzentrierten Profiterzeugung günstiger als das frühere Syndikat, in dem ohne irgendwelche Untergruppierung alle deutschen  Zementwerke zusammengeschlossen waren. Zurzeit steht die Erneuerung der einzelnen Kon» v e n t i o n e n. ivie auch der Kartellvereinbarung zur Diskusston. Die Verhandlungen über die Erneuerung der hau- noverschcn Verkanfsvereinigung der Zementwerke sind bereits von Erfolg gekrönt. Es stehen nur noch einige Werke außerhalb der Vereinigung, so Hardegsen  , Harzer Kalkindnstrie usw. Jedoch diese haben sich auf dem Gebiete der Schröpfung nicht als Störenfriede gezeigt. Bei der im September erfolgten Verdinguny von 1 666 606 Kilogramm durch die Stadt Hamburg   hat beispielsweise Hardegsen  ein Gebot von 3,23 M. abgegeben, das höher ivar als die Forderung des LÜneburger Werkes, das mit dem Gebot von 3,16 M. pro 166 Kilogramm den Auftrag erhielt. Von den neu gegründeten Werken, wie der Harzer Kalkind ustrie, wird Man ebenfalls den Anschluß an die Vereinigung zu erwarten haben. Die dahinter stehenden Bankkreise, die hier wie überall demfreien Spiel der Kräfte" das Grab schaufeln, sind auch bei den anderen großen Zementwerken interessiert und werden keinesfalls einen Konkurrenz- kämpf zulassen. Ebenso wird der einige Wille zur Bereicherung wohl schließlich zu dem erneuten Abschluß der Kartellverträge führen, der auf einer in Bochum   abgehaltenen Gesellschafterversamm-. lung einstwellen auf Schwierigkeiten gestoßen ist. Harpencr Bergbau. Die größtereine" Bergwerksgesellschast.Harpener Bergbau". hat für das letzte Jahr mit einem Bruttogewinn von 21.6 Millionen Mark abgeschlossen. Die Ergebnisse der beiden letzten Jahre veran- schaulicht folgende Tabelle: Durch-~ Brutto- Abschrei- Rein- schnitts- zahl V�inn Bungen gewinn AtBetter M. M. M. M. M. 1965/6 25 665 26548 833 8 422 930 8 649 326 4,28 845 1966/7 25 657 21 807 663 9 281 843 9 449 566 4,91 376 Aus dem Reingewinn wurden im Vorjahre 11 Proz. Dividende verteilt, für das letzte Jahr erhalten die Aktionäre 12 Proz. Das» Aktienkapital beträgt 72 260 666 M. In den beiden letzten Jahre« ist ein Viertel deS gesamten Aktienkapitals abgeschrieben worden.