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fertfßunji brauchten. Wir sagten sofort, daß eS sich höchstens um eine Aufhebung von Bestimmungen handeln könne, die der Polizei viel Arbeit, der Sozialdemokratie, um die es sich ja doch immer handelt, wenig Schaden macht. Daß Vorschriften, wie z. B. die des Verbotes des TeilnehmenS von Frauen an politischen Vereinen beseitigt werden sollen, die unseren Gegnern mehr hinderlich find als uns. Aber jetzt stellt sich immer deutlicher heraus, daß die Junker den Moment gekommen erachten, aus der liberalen" Errungenschaft ein abscheuliches Ausnahmegesetz zu machen. Die Gelegenheit macht Diebe und die Junker wären Narren. den Block nicht dazu zu benutzen, wozu sie ihn allein mitmachen: auch noch den letzten Rest Bewegungsfreiheit dem deutschen Volke zu rauben. Aber die Junker sind großmütig. Sie schneiden dem Hund den Schwanz nur stückweise ab. Die liberalen Brüder erfahren die Bescherung nicht auf einmal. Sie werden schonend unterrichtet. Offiziös wird gemeldet, das neue Vereins- und Versammlungsrecht bestimme, daß in öffentlichen Versammlungen die Verhandlungen in deutscher Sprache zu führen sind, und daß Ausnahmen davon die Genehmigung der Landesregierung bedürfen. Das ist ein Ausnahmegesetz schlimmster Art! Da hat man uns den Sommer über erzählt, das neue Vereinsrecht würde sich nach dem württembergischen Muster richten. Statt dessen schafft man ein Gesetz, das seinesgleichen in der Welt nicht findet. Die schlimmste Unterdrückerin anderssprachiger Staatsbürger, die uiagyarische Bourgeoisie, hat nie ein solches Gesetz auch nur vorzuschlagen gewagt. Dieselben Leute, die heute oben mit aller Kraft für diese Bestimmung agitieren, würden in die heftigste nationale Entrüstung ausbrechen, und sie hätten dann sogar einmal recht, wenn in den Vereinigten Staaten oder in Frankreich oder in Ungarn eine ähnliche Entrechtung gegen Deutsche geplant würde! Es seien diese Deutschen nun Bürger dieses Staates oder Ausländer. Aber die Junker und ihre national- liberalen Helfershelfer wollen mit dieser Bestimmung zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Sie haben durch ihre provozierende Politik alle Polen in die schärfste Opposition getrieben, das polnische Nationalgefühl aufs äußerste gereizt. Sie sind mit dieser Politik in eine Sackgasse geraten, aus der sie jetzt verzweifelt einen Ausweg suchen. Daher diese tollen Pläne der Expropriation und des Rechtsraubes. Was kümmert diese Leute die Verfassung, die das Vereinsrecht gewährleistet, was kümmert sie es, daß diese Gewaltpolitik die Gefahr unbesonnener Abwehr provozieren könnte. Für diese Leute gibt eS ja keine Staatsanwälte, die wegen Vorbereitung zum Hoch- verrat anklagen möchten. Im Gegenteil. Wenn ein paar Verzweifelte den Unsinn begingen, sich zu Gewalttaten verleiten zu lassen könnte die Notwendigkeit neuer Ausnahmegesetze und verschärfter Repression besser bewiesen werden. Das ist ja die alte Taktik. Zuerst treibt man die Leute zur Verzweiflung, und wenn sie dann Unbesonnen- heiten begehen, so nützt man das als Beweis für die Unentbehrlich- keit des Gewaltregiments aus I Da die Klugheit der deutschen Arbeiterklasse wahrhaftig keinen Beweis für die Polizeiherrschast liefert, vielleicht daß die Polen dann die langersehnten Gründe liefern. Braucht man doch den nationalen Haß, die nationale Ver- blendung, um so noch besser als das betörte Volk schröpfen zu können. Aber für die Herren handelt eS sich noch um ein Zweites. DaS Verbot fremdsprachlicher Versammlungen trifft vor allem die nicht- deutschen Arbeiter. Die aber sind den Herren erwünscht, als Lohn- drücker sowohl den Junkern im Osten, als den Nationalliberalen inr Westen. Lohndrücker sind sie aber nur so lange, als sie nicht aufgeklärt, als sie nicht organisiert werden können. Diese Arbeiter müssen schweigend sich ausbeuten lassen, so wie es die Gutsbesitzer hier, die Zechenbesitzer und Hütenbesitzer dort verlangen. Das Verbot fremd- sprachlicher Versammlungen ist so gleichbedeutend mit dem Raub des Koalitionsrechtes dieser Arbeiter, mit ihrer Erhaltung als willenlose Sklaven, mit ihrer Konservierung als Lohndrücker für die deutschen Arbeiter. Und deshalb ist diese Bestimmung eine schwere Bedrohung der Lebenshaltung deutscher Arbeiter, ist eine schwere Gefahr für die Organisatiousbcstrcbuiigcn in Rheinland-Westfalen ebenso wie im Osten! Aber Niedcrdrllckung der Lebenshaltung der deutschen Arbeiter­klasse, das ist ja die nationale Aufgabe, an der die Junker und Scharfmacher unaufhörlich arbeiten, das ist Blockpolitik! Zur Vollendung dieser Aufgabe soll das neue Vereinsgesetz beitragen! NieSer einmal der Staat gerettet! Der preußische Staat und die Haupt- und Residenzstadt Verlin sind wieder einmal einer furchtbaren Gefahr ent- rönnen: die Rede, in der Bebel am Mittwochabend mit den Nationalliberalen abrechnete, hat wider alle Erwartungen nicht zur Revolution geführt I Wider alle Erwartungen? In der Tat: wider alle Erwartungen einer um das Staats- wohl angeblich besorgten Polizeiverwaltung. Oder sollte die Besorgnis vor einer Revolte auch diesmal wieder wie am 21. Januar vorigen Jahres der Polizei- Verwaltung von höherer Stelle sstggeriert worden sein? Wir wissen es nicht, aber so viel wissen wir, daß die Polizei- Verwaltung alle Borbereiungen getroffen hatte, einer Revolte sofort mit einem imponierenden Polizeiaufgebot entgegen- zutreten. Nicht genug damit, daß in der Nähe des Tatortes, vor Kellers Festsälen und in den angrenzenden Straßen ein enormes Polizeiaufgebot zusammengezogen war man zählte 80 bis 100 Helmspitzen, es war auch allem Anschein nach gut die halbe Polizeimacht ganz Berlins auf- geboten worden, um auf das erste Alarmsignal hin anzurücken. Durch einen wohlorganisierten Radfahrerdienst wurde eine Depeschenverbindung mit dem obersten Polizei- kommando unterhalten, um rechtzeitig die umfassendsten Maß- nahmen treffen zu können. Die Nachrichten, die von der Koppenstraße aus an das Oberkommando abgingen, zeigten freilich, daß man sich wieder einmal unnötige Sorgen gemacht hatte. So lautete eine der Meldungen: v. v. Hauptm. Hennicke an Chef, Ober-Reg.-Rat, Oberst, Kommando, I III Brigade , I, II. HI. VI. VIII, XI u. XIII, Hptmsch. Abtl. VII Rev. 2 und Schloßkeller. Zustand derselbe. Nichts borgekommen, nichts zu befürchten. Danach hat es also den Anschein, daß der Dirigent der VII. Abteilung der Polizei, Oberregierungsrat Dr. Baerecke selbst, der Empfänger dieser Dienstdepeschen gewesen ist und als ob die gute Hälfte sämtlicher Hauptmannschaften aller drei Brigaden an dem Verlauf der Versammlung interessiert gewesen seil Die fieberhafte Spannung am Alexanderplatz mag sich erst dann gelegt haben, als die Votschaften eingingen, daß wirklich nicht das geringstevorgekommen" undnichts z u b e f ü r ch t e n" sei! Und daß nichts zu befürchten sei, daß infolgedessen die Schutzleute von sieben Bezirkshauptmannschaften nicht in Tätigkeit zu treten brauchten, das mußte erst besonders durch Eilboten nach dem Alexanderplatz gemeldet werden 1 Und die ganze Aufregung, weil Bebel über die Nasser- männer in einer Versammlung sprach, zu der trotz des Riesensaales nur ein Bruchteil der Herbeiströmenden Zutritt finden konnte! Nun haben in Berlin bereits unzählige solcher Ver- sammlungeu stattgefunden, ohne daß solch außerordentliche Vorsichtsmaßregeln stattgefunden hätten. Warum also auf einmal die unbegreifliche Nervosität? Ist sie in dem schlechten Gewissen der Herrschenden in Sachen des Wahlrechts zu suchen?! Zur djarakterütiit des Peters. Graf Pfeil , der seinerzeit die erste Reise des Peters nach Ostafrika mitmachte, ans der der Peters seine Verdienste um die deutsche Nation herleitet, veröffentlicht ein Buch, in dem er sich mit dem Peters gründlich auseinandersetzt. Das Buch des Grafen Pfeil ist eine Antwort auf hämische An- griffe, die Peters in seiner im vorigen Jahre erschienenen literarischen SelbstvcrherrlichungDie Gründung von Deutsch- Ostafrika " gegen seinen ehemaligen Mitgründer Pfeil gerichtet hatte. Graf Pfeil führt in seinem Buche den Nachweis, daß Peters dieVerdienste" um die Erwerbung Ostafrikas , die er sich und zwar sich ausschließlich in seinem Buche so freigebig zuschreibt, gar nicht zukommen, sondern daß er sich von Rechts und der Dankbarkeit wegen mit ihm, dem Grafen Pfeil, darein zu teilen habe. So wenig uns nun dieser kolonialhäusliche Streit interessiert, so inter- essant sind doch die Urteile, die Graf Pfeil über den Charakter des gepriesenenHerrenmenschen" fällt. Und diese Urteile fallen umso mehr ins Gewicht, als Graf Pfeil sich offenbar in' seiner Schrift, die nur eine Abwehr auf die An- griffe des Peters darstellt, der größten Zurückhaltung zu befleißigen scheint. Auf Seite 65 seines Buches erzählt Graf Pfeil , daß Peters bereits auf der Reise nach Ostafrika in Briefen davon gesprochen habe, daß er damit beschäftigt sei, ihn, Grafen Pfeil,zu unterdrücken" undklein zu kriege n". Dr. Lange sei bereit, diese Tatsache zu bezeugen. Und daß Peters ein Aufschneider sei, gehe daraus hervor, daß Peters in seinem Buche behaupte, für ihn habe es festgestanden,daß er Afrika erwerben oder untergehen müßte". In Wirk- lichkeit habe es Peters an solch heroischer Entschlossenheit gerade in dem kritischen Augenblick gefehlt. Denn als ihnen in Sansibar vom deutschen Konsul mitgeteilt worden sei, daß die deutsche Regierung die Expedition in das Innere Ostafrikas untersage und ihnen im Uebertretungs- falle den Schutz des Reiches entziehe, hätten sowohl Peters wie Jühlke erklärt, daß es notwendig sei, von ihrem Unter- nehmen abzustehen. Nur sein, Pfeils, energisches Auf- treten und seine Forderung, ihm die Expeditionskasse heraus- zugeben, da er die Expedition allein unternehmen wolle, habe auch dem Peters wieder den gesunkenen Mut zurückgegeben. Trotzdem fühlte sich Peters nach Graf Pfeil während der Expedition selbst sofort wieder als Herrenmensch. Grausam- leiten gegen die Eingeborenen, berichtet Pfeil, habe er sich auf diesem Zuge nicht zuschulden kommen lassen, obwohl erwenig Talent im Umgange mit Eingeborenen" gezeigt habe. Dagegen hattenseine sämtlichen Gefährten unter seiner brutalen Art zu leiden". Otto habe eines Tages erklärt, dieser Behandlung wegen nicht mehr weiter mitgehen zu wollen, und auch Jühlke habe geklagt,daß Peters es doch zu arg triebe".(S. 71.) Die häßlichsten Angriffe habe Peters gegen ihn, Pfeil, gerichtet, als er 1896 als Zeuge wegen der Gewalttaten des Peters am Kilimandscharo vernommen worden sei. Peters behaupte, er habe den Angeber gegen ihn ge- spielt. Dabei habe er erst in der Z w a n g s l a g e als un- freiwilliger Zeuge seine Aussagen gemacht: Die Vernehmung fand statt, und zwar hauptsächlich darüber, ob Peters auf unserer ersten Expedition sich Grausamkeiten gegen Eingeborene habe zuschulden kommen lassen. Ich konnte das verneinen. Zu meinem Erstaunen erhielt ich bald darauf eine zweite Vorladung, in der ich über eine Menge anderer Dinge be- fragt wurde, bezüglich deren ich weniger indifferent aus- sagen, immerhin aber nur solche Sachen mitteilen konnte, die bereits öffentlich gegen ihn angeführt worden waren. Eine Menge anderer Leute aus allen Teilen des Reiches sind ebenfalls als Zeugen in der Angelegenheit vernommen worden und haben durch ihre Aussagen Dr. Peters zum Teil schwer belastet; alle diese Zeugen müßte er mithin als Denunzianten bezeichnen."(S. 112.) Es würde zu weit führen, im einzelnen alle die Stellen anzuführen, wo sich Graf Pfeil über dieVcrleum- düngen" des Peters und derenSchamlosigkeit" be- schwort. Zum Schluß wirft Graf Pfeil , der mit Unterbrechungen dreißig Jahre in Afrika zugebracht hat, dem Gernegroß Peters gegenüber folgende Fragen auf: Was hat Peters, der so gern der Mann sein will, dem Deutschland Ostasrika ganz allein verdankt, zu dessen Ent- w i ck e l u n g b e i g e t r a g e n? Als er an der Spitze der Ver- woltung stehend in Sansibar weilte, hatte er Zeit, Gelegenheit und die Pflicht, das linternehmen in irgend einer Beziehung vor- wärts zu bringen, seine großen wirtichaftlichen und politischen Pläne zu verwirklichen. Was ist aus letzteren geworden, wo sind die Spuren seiner Wege? Hat Peters der Gegenwart auch nur eine lebende Schöpfung hinterlassen?... So zeichnet einMitgründer", ein Expeditionsgefährtc, ein kolonialer Enthusiast das Charakterbild des Peters! Wie sieht danach derkoloniale Heros" aus? Als ein Gernegroß, der sich mit fremden Federn schmückt, der seine Expeditions- geführten brutalisiert, derschamlos verleumdet" I Und der Mann wagt dann andere wegen Beleidigung zu verklagen! politische Uchcrücht. Berlin , den 17. Oktober 1907. Lebensfrage des Freisinns. Es wird immer wahrscheinlicher, daß zwischen Bülow und den freisinnigen Parteien in Norderney , trotz allen Ab- leugnens, gewisse Abmachungen getroffen worden sind, die dahingehen, an die preußische Wahlrcchtsfrage nicht zu rühren. Die freisinnige Presse läßt sich durch die Bescheidenheit Barths absolut nicht rühren, ja die Frankfurter Zeitung " brachte sogar neulich die seltsame Mär. daß der liberale Einigungs- ausschutz, der neulich in Frankfurt tagte, über die preußische Wahlrechtsfrage überhaupt mcht verhandelt habe! Wir glauben das recht gern, nur möchten wir wissen, wozu die Herren überhaupt noch zusammen kommen! Was sie zu tun haben, erfahren sie ja doch prompt aus der Deutschen Tageszeitung". Wir möchten aber doch daran erinnern, daß dem preußischen Landtage Anträge auf Einführung des Reichstagswahlrechts sowohl von feiten des Freisinns als von feiten des Zentrums vor- liegen. Wie denken denn die Herren über die Beratung dieser Anträge, oder ist ihnen am Ende bereits befohlen worden, sie zurückzuziehen? Wir möchten da doch abraten. Denn wenn die Freisinnigen diese letzte Session des Landtages ganz ohne jedes Resultat vorübergehen ließen, wäre ihre Stellung bei den Wahlen doch eine verflucht un- günstige. Die Versammlungen, die sich mit dem preußischen Parteitag beschäfttgt haben, haben gezeigt, daß die Arbeiter mit außerordentlichem Interesse das Spiel ver- folgen, das mit ihrem Recht getrieben wird. Sie sind nun einmal der Meinung, daß eine Refonn des Preußenwahlrechts unaufschiebbar ist. Der Vorschlag, das geheime Wahlrecht sofort zu beschließen, erscheint ihnen ungenügend, aber eben deswegen ist seine Durchführbarkeit s e l b st v e r st ä n d l i ch. Ein Verrat des Freisinns in dieser Frage erscheint ihnen zwar möglich, aber unwahrscheinlich. Denn der Parteitag in Essen hat zwar dem Parteivorstand freie Hand gelassen, bei Stichwahlen gemäß der politischen Situation zu entscheiden, aber ein völliges Versagen des Frei- siuns müßte ihm bei der Stimmung der Arbeiterschaft die Hände binden. Es märe doch selbst für den Freisinn a la Fischbeck zu ungeschickt, wegen einer momentan vorübergehenden poli- tischen Konstellation, wie es der Block ist, sich für alle Zukunft jede Aussicht auf Stichwahlhülfe zu berauben. Die preußische Wahlreform ist der Angelpunkt der gesamten deutschen Politik und nach dem Verhalten in dieser Frage muß natürlich das politische Urteil gefällt werden. Eine Errungenschaft in der Frage der Wahlreform ist vielleicht keine Lebensfrage für den Block, aber sicher für den Freisinn. Zur Witwen- und Waisenversorgung bringt dieKölnische Zeitung " vonsachverständiger Seite" einen Arttkel, der erkennen läßt, daß es aller Voraus­sicht noch gute Weile haben wird, bis die Witwen- und Waisenversichcrung zur Tat wird. Zunächst weist der Artikel darauf hin, daß die erlvarteten Mehrerträge aus den Lebensmittclzöllen, mit denen die Witwen- und Waisen- Versicherung gespeist werden sollte, für das erste Jahr nach der Geltung des Zolltarifs ausgeblieben sind. Wenn sich ein solcher Ausfall wiederholen werde, bleibe nichts übrig, als daß das Reich mit regulären Mitteln eintrete, eine Aus- ficht, die bei der Schuldenlast des Reiches und den stetig wachsenden Anforderungen für Heer und Marine nicht gerade erfreulich scheine. Dazu komme, daß die Ein- sührung der Witwen- und Waisenvcrsicherung Land- Wirtschaft und Mittelstand, die heute schon über die Höhe der Beiträge zur Arbeiterversichcrung klagen, noch mehr belaste, und gerade der gegenwärtige Augenblick, wo der Mittelstand unter der allgemeinen Teuerung leide, erscheine zu einer Erhöhung der Beitragslast ungeeignet.Aus diesem Grunde" schreibt das nationalliberale Blattliegt die Erwägung nahe, die Einführung der Witwen- und Waisen­versichcrung jedenfalls solange hinauszusdsiebe», bis ein reich­licher Stanim für die Rentenzahlung durch die Mehrerträge aus den Lebensmittelzöllcn gesammelt ist. Daß bis zu»l Jahre 1919 wie es im Zolltarifgesctz vorgesehen ist, davon nicht die Rede sein kann, liegt wohl auf der Hand." Weiter rät dieKölnische Zeitung " davon ab, den Kreis der Versicherten möglichst weit auszudehnen; man solle das dringend st e Bedürfnis befriedigen, dafür dann in jede», Einzelfalle etwas reichlicher geben. Eineverständige Witwen- und Waisenversicherung" solle bei den Gewerbekrank- heilen und den während der Betriebstätigkeit vorgekommenen Todesfällen einsetzen, die nicht der Unfallversicherung unterliegen. Schließlich bleibe noch zu erwägen, da durch die allgemeine Einführung der Witwen- und Waisenversicherung auch die I n d u st r i e erheblich b e l a st e t werde, ob dafür nicht durch den Fortfall d c r kleinen Renten die Berufsgenosscnschaften entlastet werden könnten. Die Vorschläge desSachverständigen" derKölnischen Zeitung " laufen also darauf hinaus: erstens die Witiven- und Waisenversicherung hinauszuschieben, zweitens den Kreis der Versicherten möglichst zu beschränken, und drittens die bestehenden Versicherungsgesetze zum Schaden der Arbeiter zu beschneiden. Was sagt das Zentrum, das sich durch die Lex Trimborn für die Witwen- und Waisenversorgung verbürgt hat, zu solchen Plänen?! Der Rcichöhaushalts-Etat. Eine Korrespondenz meldet: Die Einbringung des nächstjährigen ReichShaushaltS-EtatS an den Reichstag wird, wie man in Bundesratskreisen bestimmt hofft, in der letzten Novemberwoche erfolgen können. Der Reichstag hätte alsdann wohl noch Gelegenheit, die erste Etatslesung vor Weih- nachten zu erledigen, die in der Regel 56 Tage in Anspruch nimmt. Die B e a m t e n g e h ä l t e r f o r d e r u n g e n für da 3 Reich und der neue Servistarif werden erst im Januar dem Reichstage zugchen, da die Forderungen wegen des nötigen Kon- nexes mit den preußischen Forderungen nicht eher dem Reichstage unterbreitet werden können._ Verunglückte Scharfmacherei. Eine reaktionäre Korrespondenz schreibt: Unberechtigte Verbreitung der Liebknecht - schen Hochverratsbroschüre. DaS Reichsgericht hatte beschlossen, die Hochverratsbroschüre des Dr. Liebknecht mit Be- schlag zu belegen und ihre Verbreitung zu verbieten. Ter Vorwärts" kündet jetzt ganz harmlos an, daß er die von Rechtsanwalt Dr. Rosenberg aufgenommene ReichSgerichrS- Verhandlung als Flugschrist verbreiten will. jedenfalls, um Dr. Liebknecht auch finanziell zu unterstützen. Da in der Gerichtsverhandlung auch die Broschüre über den Antimilitarismus verlesen worden ist, so wird die Flugschrift deöVorwärts" auch die verbotene Broschüre enthalten und somit würde das vom Reichsgericht ausgesprochene Verbot umgangen werden. Wie wir erfahren, wird aber die Flugschrift, falls sie die verlesene Broschüre enthalten sollte, gerichtlich be- schlagnahmt werden, da die Umgehung des Verbots in dieser Weise gesetzlich unzulässig ist. DerVorwärts" würde sich übrigens, wenn er die Broschüre in seiner Flugschrist abdruckt, strafbar machen, da er ein Urteil deS Reichsgerichts durch die Ver- öffentlichung nicht respckttert. An der Meldung dieser Korrespondenz ist unwahr: 1. daß das Reichsgericht die Verbreitung der Broschüreverboten" habe ei» solches Verbot zu erlassen, ist daS Reichsgericht nicht befugt und einen solchen Verstoß gegen das Gesetz hat das Reichsgericht ausweislich deS von uns wortgetreu wiedergegebenen Urteils auch keineswegs begangen; 2. die Verhandlung ist nicht vom Rechtsanwalt Doktor Rofenberg aufgenommen; 3. die Broschüre wird(nicht aus straf­rechtlichen, sondern auch technischet«) Gründen nicht die gesamte Broschüre, sondern um mit den Worten deS GerichtSvorfitzenden zu sprechen ein objektives Referat aus der beschlagnahmten Broschüre, soweit sie verlesen ist, enthalten; 4. wenn die