SSotft Beschwerde tn dk WmgRcht Negierung in Speyer . Nach der„Franks. Ztg.« wurde ihm dieser Tage eine Ent- schließung dieser Behörde durch das königl. Bezirksamt er- öffnet, wonach die Eintragung seines Sohnes in die „schwarze Liste' auf einen Jrrthum zurückzuführen sei. Der junge Mann kann sich bei der Sozialdemokratie be- danken, welche die schwarze Liste an die Oeffentlichkeit brachte; sonst würde er noch heute in derselben stehen und gar nicht wiffen, wie er zu der bevorzngten BeHand- lung, welche die Sozialdemokraten beim Militär genießen, kommt.— AuSschreitunge«. Bezüglich des Bergarbeiter- Uus- standes im Saarbrücker Kohlenbecken wußte der Telegraph von„Ausschreitungen' der Ausständigen zu vermelden. Yetzt haben wir in der gegnerischen Presse briefliche Nachrichten, aus denen erhellt, daß die Feiernden hier und da „Ausschreitungen' beging m, indem sie„schrieen, sozial- demokratische Lieder sangen und Revolverschüffe abfeuerten". Wohlgemerkt blinde! Wer in jenen Gegenden bekannt ist, weiß, daß bei jeder Gelegenheit, wo Menschen sich im Freien versammeln, bei Jahrmärkten, Kirmessen, in den Wein- lesen u. s. w. tüchtig geknallt und gesungen wird. Die Aus- ständigen waren also nur in— festlicher Stimmung. Und daraus macht man„Ausschreitungen'! Freilich,„sozial- demokratische" Lieder! Das hat manchem vermuthlich nicht so schön geklungen, wie irgend eines der Zotenliedrr, wie sie in den„Ferienkolonien" gelehrt werden.— Nach den heutigen Telegrammen soll eS zu„ernsten Exzessen" gekommen sein. Warten wir die näheren Nach- richten ab! Die„Exzesse" werden sich vermuthlich ebenso in Nichts auflösen, wie die„Ausschreitungen".— Die Hochburg des Nationakliberalismus, Leipzig , ist zugleich die Sumpfstätte der gemeinsten Korruption. Inder Stadt der Winkelmann und Jerusalem bietet die„ehrsame", „respektable" Bürgerschaft das Schauspiel der höchsten Ge- sinnungslumperei und Protzenhaftiakeit und dabei einer liederlichen Zügellosigkeit und ekelhaften Genußsucht, die sich auch durch den Mantel der Heuchelei nicht mehr verdecken läßt. Die Fäulnißgeschwüre brechen an allen Stellen auf und kein Parfüm kann verhüten, daß der Gestank merkbar werde. Wie sich die Bourgeoisie amüsirt, daS zeigte erst vor einigen Monaten eine Gerichtsverhandlung gegen einen Klub von„Lebemännern". Gegenwärtig geht durch die Presse wieder die Mittheilung von umfassenden Kuppel- Prozessen. Wirthe und Wirthinncn von 14 sashionablen Abstclgequarticren, tn denen den„Lebemännern" der Bour- geoisie die Töchter anständiger Bürgerfamilien als leckere Kosihappen angeboten wurden, sind in Untersuchung gezogen. Leioer werden die traurigen Folgen der Oeffentlichkeit nur die armen Opfer der Lüstlinge zu tragen haben und diese selbst nach wie vor mit der MaSke der„Ordnungsparteilich- reit" gegen die Umstürzler, welche Ehe, Familie und Eigen- thum zerstören wollen, zu eisern fortfahren.— Nationalliberale Unwissenheit«nd der Panama- Skandal . In der„Nationalliberalen Korrespondenz' be- findet sich ein(wohl vor den Welsenfonds-Enthüllungen geschriebener) Waschzettel, der die Hoffnung ausspricht, Frankreich werde durch die— Armee gerettet werden. Ja, was hat diese staatsmännische Mannesseele denn für Bor- stellungen von Frankreich und der französischen Armee? Offenbar verwechselt der Herr Bolksbelehrcr Frankreich mit Spanien . Nur in den verkommensten Ländern. wie Spanien , kann die Armee eine politische Rolle spielen. Soll die französische Armee etwa von selbst ein Pronuncia- mento machen? Für Wen denn? Für Was denn? Die „Nationalliberale Korrespondenz' hofft offenbar auf einen Staatsstreich ä I» Bonaparte. Aber die Armee von heute ist eine Volksarmee, und die Armee des Staatsstreichs war ein systematisch korrumpirteS Prätorianerheer. Und wer soll die Armee denn jetzt zu einem Pronunziamento ver- anlassen? Det Präsident, die Regierung? Aber sie werden doch kein Pronunziamento gegen sich selbst machen. Oder glaubt die„Nationalliberale Korrespondenz' an den„Stern" der zwei„grünen Jungen", so sich„Prinz Napoleon ' und „Herzog von Orleans" nennen? Sollten diese sauberen Thunichtaute sich beikommen lassen, vor der Front eines sranzösischen Regiments zu rufen: Hoch das Kaiserreich! oder: Hoch das Königthum!.— sie würden im Hand- Sie schwiegen und machten auf den Hacken Kehrt. Madeleine stand noch immer unbeweglich am Kamin und rauchte lächelnd ihre Zigarette. Der Polizei-Ofsizier wandte sich an Laroche:„Ich habe Sie hier allein mit Frau Du Roy getroffen. Wollen Sie zu- geben, in welchem Verhältnisse Sie zu ihr stehen?' „Ich habe nichts zu sage»,' murmelte Laroche-Mathieu, „thun Sie Ihre Pflicht.' Der Kommissar wandte sich an Madeleine: „Geben Sie zu, daß der Herr Ihr Liebhaber ist?' „Ich leugne es nicht," erwiderte sie fest,„er ist mein Liebhaoer." „Das genügt." Hierauf machte sich der Beamte einige Notizen über den Zustand, in dem er die Wohnung angetroffen. Als er mit dem Schreiben fertig war, fragte ihn der Minister, der den Paletot über dem Arm und den Hut in der Hand dastand: „Brauchen Sie mich noch, muß ich noch etwas thun, oder kann ich mich entfernen?" Du Roy wandte sich ihm zu und lächelte ihm frech inS Gesicht.„Weshalb denn? Wir sind ja fertig, wir können ja gehen. Sie können hier bleiben. Wir lassen Sie ruhig allein." Er legte seinen Finger auf den Arm des Polizei- Offiziers und sagte:„Ziehen wir uns zurück, Herr Kom- misiar, wir haben an diesem Orte nichts mehr zu schaffen." Ein wenig überrascht folgte ihm der Beamte; auf der Thürschwelle aber blieb Georges stehen, um ihn vorangehen zu lassen. Ter Andere weigerte sich aus Höflichkeit. „Nach Ihnen, nach Ihnen!" sagte Du Roy beharrlich. „Nach Ihnen", erwiderte der Kommissar. Da verneigte sich der Journalist und sagte im Tone ironischer Höflichkeit: „Tiesmal sind Sie an der Reihe, Herr Polizeikommissar. Ich bin ja hier beinahe in nieinen eignen vier Pfählen." Dann schloß er mit diskretem Gesicht sacht die Thür hinter sich. Eine Stunde später trat Georges Du Roy in die Re- daktionsräume der„Vie Fran?aise". Herr Walter war bereits da, denn nach wie vor leitete umdrehen am Kragen gepackt»nd auf die nächste Pakizei- wache geführt werden. Nein— die französisch« Armee giebt sich zu derartigen „verbrecherischen Thorheiten" nicht mehr her. Und was sie beim bevorstehenden KehrauS thun wird, daS«ollen wir abwarten.— Die ansserordenkliche Wirkung deS Panama - fkandals auf das französische Volk erklärt sich dadurch, daß viele Millionen der Bevölkerung in d i r e k- tester, greif- und fühlbarer Weise geschädigt worden sind. Durch die regelmäßig« Arbeit der kapita- listischen Ausbeutung und durch die Schutzzoll-Poliiik wird das französische Volk jedes Jahr um mehr betrogen, als der Panamaschwindel im Laufe einer Reihe von Jahren geraubt hat,— aber das wird nicht so unmittelbar empfunden, das kommt nicht so zum Bewußtsein. Es ist wie bei den indirekten Steuern, die deshalb den Fiuanz- leuten so bequem sind, weil daS Boll den Aderlaß nicht inerkt, während es die direkten Steuern schwarz aus weiß hat. Die anderthalb Milliarden Mark, welche die Panama - kompagnie dem Volk aus der Tasche genommen hat, sind auf t eller und Pfennig nachzurechnen, und auf Heller und fennig weiß jeder Bestohlene, um wie viel er bestohlen ist. Das stachelt den Zorn. auf. Und die Zahl der Bestohlenen mit ihren Familien sind mindestens 5 Millionen, mehr als der achte Theil des sranzösischen Volks!--> Aus Dänemark . AuS Kopenhagen schreibt man UNS d. d. 30. Dezember: Der Reichstag hat in seiner dreimonatlichen Dauer wenig Interessantes geboten. Desto größeres Interesse erregen die hauptstädtischen Angelegenheiten. Drei wichtige Fragen, an denen auch die Sozialdemokratie regen Antheil nimmt, nehmen die allgemeine Aufmerksamkeit in Anspruch: die neue Einkommen- steuer, die Erbauung von acht neuen Kirchen und ein« Aenderung des kommunalen Wahlrechts. Zuerst die Steuerfraa«! Die Bevölkerung und die Einnahmen der Sladt wachsen, aber in noch größerem Umfang« wachsen die Ausgaben. Wie nun daS Defizit decken? Eme progressive Ein- kommensteuer wäre das einfachst« Mittel. Aber, meint der Magistrat: Das geht nicht, alle reichen Leute würden aus der Stadt flüchten! Man dacht« an die Beneuerung der Hunde, der Forte- pianos, der Luxuspferde, der herrschaftlichen Equipagen u. s. n>, aber das reicht alles nicht, um eine Million aufzubringen. Schließ- lich ist man auf eine Miethssteuer verfallen, und dort hat man Anker geworfen. Gegen diese MiethSsteuer hat die Sozialdemokratie tn einer Reihe Versammlungen Protest erhoben; wenn größere Einnahmen erforderlich sind, sollen sie durch eine progressive Einkommensteuer gedeckt werden. Eine diesbetreffende GesetzeSvorlage haben wir seiner Zeit auch im Reichstage eingebracht. Die Kommunal-Ber- waltung beharrt jedoch vorläusig bei der Hausmiethesteuer,«nd hat diese bei der Regierung befürwortet. Den Protesten der Sozial- demokratie aber schließen sich jetzt zahlreiche bürgerliche Korpo- rationen an, und selbst das reaktionäre Wochenblatt„Ugevlad for Nöires Slrbeider- y Volgerforeninaer", welches das Organ der konservativen und reaktionären politischen Bereine tn Dänemark ist, sagt in seiner letzten Nummer:„Lieber progressive Einkommen- steuer als Miethssteuer!" Und nun gar erst daS verlangen nach S neuen lkirchen I Die Erbauung derselben beansprucht IV, Millionen Kronen, und überdies werden für die Erhaltung derselben und die Löhnung der neuen Pastoren nrcht weniger als 60« 000 Kronen(666 000 Mark) jährlich berechnet. Und solche Forderungen werden zu einer Zeit gestellt, wo unter den Arbeitern der Hunaer wüthet und die Kommune kein Brot für die hungernden Schulkinder hat. In einer großen Volks- Versammlung legte der Vorsitzende des Komitees der zentralistrten Fachvereine Kopenhagens , I. Jensen, die Stellung der Sozial- demokratie dar. Mehrer« anwesende Priester und Theologen versuchten vergebens, die Partei der Kirche zu nehmen. Nach vierstündiger Debatte nahm die Versammlung mit allen gegen zwei Stimmen folgende Resolution an: „Die Versammlung protestirt energisch dagegen, daß die Bürger Kopenhagens zu einer Steuer für neue lkirchen und eine vermehrte Priesterzahl herangezogen werden, gleichviel, ob man dieselbe auf direktem oder indirektem Wege erhebe." Vor allem aber erregt die beabfichttgt« Aenderung deS kom- munalen Wahlrechts böseS Blut. Bisher waren alle wähl- berechtigt, die das 26. Levensjahr vollendet und ein Einkommen von mindestens 1000 Kronen(1126 Mark) hatten. Nach dem Magistratsproiekt soll ein Klassen-Wahlgeseh eingeführt werden; die eine Hülste der Bürger- Deputirten soll von den Höchst- besteuerten, die andere Hälfte von den übrigen 26 jährigen Ein- wohnern, soweit sie direkte Steuern zahlen, gewählt werden. Selbstverständlich bekämpft die Sozialdemokratie sowohl das bis- und überwachte er sorgfältig seine Zeitung, die eine große Verbreitung gewonnen hatte und die wachsenden Unter- nehmungen seines Bankgeschäftes begünstigte. Ter Direktor blickte auf und fragte:„Sie hier? Sie sehen ja so komisch aus. Warum haben Sie denn nicht bei mir gespeist? Woher kommen Sie denn?" Der junge Mann, der des Eindrucks seiner Mittheilung sicher war, erwiderte unter nachdrücklicher Betonung jeder Silbe: Ich habe eben den Minister deS Auswärtigen gestürzt!" Walter glaubte, er spaße. „Gestürzt?... Wie?" „Ich veranlasse einen Kabinetswechsel. WaS weiter? ES war Zeit genug die Bude auszuräuchern." Der erstaunte Alte dachte, sein Redakteur sei betrunken. „Sie sind wohl verrückt?" murmelte er. „Durchaus nicht. Eben habe ich Herrn Laroche- Mathieu beim Ehebruch mit meiner Frau in üuKranti ertappt. Der Polizeikommissar hat alles festgestellt. Der Minister ist futsch! Bestürzt schob Walter seine Brille auf die Stirn« und fragte:„Sie machen sich wohl über mich lustig?" „Durchaus nicht. Ich will vielmehr jetzt selber eine Notiz darüber schreiben." „Aber was beabsichtigen Sie denn?" „Den Schuft zu stürzen, den Lumpen, den öffentlichen Uebellhäter!" Georges stellte seinen Zylinder auf einen Seffel und fügte hinzu: „Gnade Gott allen, die sich mir in den Weg stellen! Ich kenne keine Verzeihung." Dem Direktor ging erst allmälig daS richttge Der- ftändniß auf.„Aber... Ihre Frau?" flüsterte er. „Morgen früh reiche ich die Scheidungsklage ein. Ich schicke sie dem seligen Forestier nach." „Scheiden wollen Sie sich lassen?' „Zum Teufel auch, ja! Alle Welt lachte schon über mich. Aber ich mußt« mich dumm stellen, um sie zu über- raschen. Jetzt Hab ich sie. Ich bin Herr der Lage." (Fortsetzung folgt.) herige«ahssyftem ak? das projekttrte neue Wahlrecht. Dieses wird wohl auch kaum im Reichstage auf eine Majorität rechnen können. Im nächsten März finden nen« Kommunalwahlen statt, und hat bei diesen, trotz deS hohen ZenfuS, die Sozialdemokratie größere Aussichten, wie je vorher. Auf dem Lande setzen wir unsere Agitation mit verdoppelter Kraft fort, was freilich den Gutsbesitzern und größeren Bauern nicht gerade sehr erfreulich ist.— Holland ist e« an verschiedenen Orten zu bluttgen Zusammenstößen zwischen Arbeitslosen und der Polizei gekommen. In jedem Falle war die Polizei der angreifende Theil, indem sie, dem Landesgesetz zuwider, die Menschenansammlungen gewaltsam verhindern wollte, und, wenn die Menge sich nicht sofort zerstreute, mit Revolvern scharf schoß. Mehrere Menschen sind auf diese Weise ge- tödtet, viele verwundet worden.— Der Dnbliner Dynamttstreich ist nicht von Freunden der irischen Sache ausgegangen— schrieben wir gleich nach Bekanntwerden der Nachricht. Jetzt haben wir eine Spur, die zu den Urhebern führt. Der berüchtigte O'Donnovan R o s s a ist plötzlich aus dem Dunkel emporgetaucht, und hat die„große Thai' verherrlicht. Herr O'Donnovan Rossa ist ein Kollege des Spitzels Le Caron; er wurde seiner Zeit entlarvt, hat jedoch, wie all' diese Spitzel, wieder ein paar Gimpel gefunden, die ihm auf den Leim gingen. Wir sagten auch sofort, Herr Le Caron werde Bescheid wissen. Man frage ihn nur. Le Caron aber ist nicht mehr in Gladstone's Diensten, sondern in denen der Konservattven.— Kort mit dem Polizeisäbel! Die irische Regierung hat für die Polizei, die bisher Seitengewehre trug, den Säbel abgeschafft und statt seiner den englischen Polizei- knüppel eingeführt. Es darf dies als ein Beweis dafür betrachtet werden, daß die Regierung nicht an eine„Frnkti- fizirung' deS Dubliner Attentats denkt.— Paffciitcufjt'irfifcn. Gewerbegerichts» Wahlen. Bei den Wahlen zum A p o l d a e r Gewerbegericht wurden in der Klasse der Arbeiter- Vertreter die sozialdemokratischen Kandidaten gewählt, davon drei einstimmig. Parteikonfer««,. Für den'», anhaltischen Reichstags- Wahlkreis findet am IL. Februar ein Parteüag in Sanders- leben statt. «» Parteifiuanze«. Altona : Jahresetnnahme inklusive 2272.81 M. früheren Bestandes 10906,38 M., Ausgabe 8844,61 M., Kassenbestand 1461,72 M «nS Kobnrg wird der.fränkische« TageSpofl' folgend« lustige Geschichte mitaetheilt: Ein Hauptmann findet in seiner Rocktasche eine sozialistische, fürs Land bestimmte AgitattonS- schrist. Wie diese in seine Tasche gekommen, ist ihm nicht er- klärlich. A»S Aerger darüber läßt er seine Kompagnie zusammen- treten und liest den Leuten dm ganzen Inhalt der Schrift vor, mit der Bemerkung, daß so, wie dl« Verhältnisse darin geschildert seien, es doch unmöglich werden könne. Dann munterte er die Soldaten auf, sie sollten die Sozialdemokraten bekämpfen wo und wie sie nur könnten. Wie der Redaktion des genannten Partei- Organs am zweiten Feiertag von Soldaten persönlich mitgetheilt wurde, hat aber die Schrift durch ihre Objektivität bei den Soldaten einen guten Eindruck gemacht und sie haben dm Wunsch, der Herr Hauptmann möchte ihnen öfters so etwas vorlese«. »» Wie sich Post«nd Polizei in Oesterreich tn die Hände arbeiten, schildert die Wiener „Arbeiterzeitung" drastisch in folgender Mittheilung:„In Prag «rschim vor einig« Tagen in czechisch"? Sprache d:e K a u t s k y'sche Broschüre„Grundsätze und Fort klugen der Sozialdemokratie'(Erläuterungen des Er- furtcr Programms). Mit dem Erscheinen war allerdings den czechischen Genossen nicht gedient, die Broschüre sollte auch ver- breitet werden. Zu diesem Behuf« sandten die Herausgeber ca. 200 Exemplare, in einem Koffer wohlverwahrt, per„Eilgut" nach Wien . Um mit unserem empfindlichen Preßgesetze nur ja nicht in Be- rührung zu kommen, kamen sie auf die Idee, den Inhalt des Koffers als„Kleider" zu deklarrrm. Es ist das eine Prattik, die mit Rücksicht auf unser kulturwidriges Preßgesetz bei uns usuell geworden ist. Jeder Herausaeber einer Druckschrift muß zu sol- chen Nothlügen sein« Zuflucht nehmm, will er sein Geistesprodukt unter das Volk bringen. Trotz dieser Borsicht gelangte der Koffer nicht an seine richtige Adresse. Die Bahnpolizei schläft nie!— Konnte der Koffer in unserer unruhigen Zeit nicht noch gefähr- lichere Sachen mthalten, alZ zensunrte Druckschristen? Dieser Gedanke veranlaßt« ein findiges Finanz-Wachorgan, den„ver- vächtigen" Koffer bei seiner Ankunft in Wien dem Bahn-Kom- niissariate zu avisiren und als der Adressat, Genosse Kr., den Koffer auf der Bahn in Empfang nehmen wollte, wurde ihm be- deutet, die Polizei hätte ein großes Interesse für den Inhalt des Koffers gehabt, sie habe� ihn deshalb ausmachen lassen und er werde fem„Eilgut" erhalten, bis eS die Polizei erlaubt." Polizeiliche», Gerichtliches re. AuS Halle wird uns unterm 2. Januar berichtet: Hmü hatte sich vor dem Halle'schen Landgericht wieder einmal der Redakteur des hiesigen„Volksblatts", Richard Jllge wegen Beleidigung zu verantworten. Auch in diesem Falle sollte» wieder Militärpersonen beleidigt worden sein. Ten Anklage- gegenständ bildete ein Artikel, in welchem gesagt ist, daß im Hofe der Kasernen an der Keilstraße ein Soldat beim Herab- springen von einem Eskaladiergerüst ein Bein gebrochen habe und dann etwa eine halbe Stunde liegen gelassen worden wäre, während welcher Zeit jedenfalls weiter geübt worden fei. Von anderer Seite, so heißt es in dem Artikel weiter, sei der Redaktion mitgetheilt worden, daß der verunglückte Soldat hinabgestoßen worden sei. Die Beweis- aufnähme ergab, daß dem Verunglückten sofort die nöthige ilfe geleistet worden und die Kompagnie sofort abgetreten war. uch konnte die Angabe nicht bewiesen werden, daßder Soldat von dem Gerüste herabgestoßen worden war. Die Mittheilung war dem Redakteur Jllge von zwei Seiten gemacht worden. Der Staatsanwall beantragte zwei Monate Gefängniß, das Gericht erkannte auf einen Monat, welche Strafe mit einem früher gegen Jllge erkannten Monat in eine Gesammlstrase von einem Monat drei Wochen zusammengezogen ivurde. Das Gericht be- zeichnete den Artikel als tendenziös. Der Angeklagte da- gegen führte aus, daß mit der inkriminirten Notiz nur ein Unglücksfall registrirt worden, der sganz sachlich wievergegeben sei. D-m Strafantrag gegenüber verwies Jllge auf das Urtheil in dem Ahlwardtprozeß, in welchem auf nur 6 Monate erkannt worden fei.
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