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Br. 250. 24. Jahrgang. 2. Beilage des Vorwärts " Berliner Volksblatt.

Proletariat, deffen politische und wirtschaftliche Unterdrückung fie

Der Parteitag der Sozialdemokratie vermehrt, während fie die kapitaliſtiſche Klaſſenherrschaft stärkt.

des niederrheins .

Freitag, 25. Oktober 1907.

Beschluß der Reichskommission, abzüglich des prozentuellen Unterstüßungsbeitrages, die an Organisationen abgegeben wurden, beheben."

Gewerkschaftliches. Ein Pyrrhus- Sieg!

Angesichts des fortgefeßten und energischen Eintretens der Partei und aller ihrer Vertreter im Parlament für die Rechte Von mehreren Organisationen sind bei Anerkennung der Not­der Eingeborenen protestiert der Parteitag gegen die Unter- wendigkeit der Solidaritätsfonds Abänderungsanträge bezüglich stellung, die Betonung des ausbeuterischen Charakters der kapita- der Beitragsleistung gestellt worden. Zur Beratung und Bericht­Am 20. und 21. Oftober fand der Parteitag zu Düssel - listischen Kolonialpolitik sei eine fortschrittsfeindliche und erstattung über diese Anträge wurde ein Komitee gewählt, welches dorf im Gewerkschaftshause statt. Besucht war er von 94 De utopistische Politik der Negation. Er lehnt jede sozialistische in der morgigen Sitzung Vorschläge zu erstatten hat. legierten, darunter 5 Frauen, außerdem von den Kreisleitern des Stolonialpolitik, die auf die Verschiedenheit des Kulturniveaus Bezirtes, Vertretern der Parteipresse, den Reichstagsabgeordneten einzelner Völfer ein Recht der Bevormundung" gründen will, Scheidemann und Hengsbach, mehreren Reichstagskandidaten, den als die grundfäßliche Stellung der Partei kompromittierend und Parteisekretären des Agitationsgebietes und dem Agitations- mit dem Gedanken des proletarischen lassenkampfes unvereinbar tomitee, zusammen 122 Genoffinnen und Genoffen. entschieden ab. Das Agitationskomitee hatte seinen Bericht schriftlich er- Die Kolonialpolitit ift gegenwärtig die Form, in der der Zu einer für Arbeitgeber wertvollen Erkenntnis ist in stattet. Wir haben von ihm in Nr. 235 Notiz genommen. Be- imperialistische Chauvinismus der herrschenden Klasse sich aus­merken wollen wir furz, daß unsere Bewegung am Niederrhein tobt. Um jo mehr erwartet der Parteitag von der sozialdemo- Magdeburg ein Unternehmer gekommen, der dort bis bor gute Fortschritte gemacht hat. Der Parteisekretär des Bezirtes, fratischen Preffe des Agitationsgebietes, daß sie sich in der Frage furzem Inhaber eines Betriebes in der Metallindustrie war. Genosse Haberland, konstatierte, daß die finanziellen Ber - der Kolonialpolitik in feinen Widerspruch setzt zur grundsäßlichen Der Betrieb ist eingegangen. Vor zwei Jahren sperrte hältnisse fich gebessert haben, so daß, wenn keine besonderen Um- Haltung der Gesamtpartei." dieser Mann seine Arbeiter aus, weil diese die Zumutung von stände eintreten, der Niederrhein feiner Unterstützung des Partei- Außerdem wurde eine Resolution zum Hochberrats- fich wiesen, auf einen vor dem Gewerbegerichte abgeschlossenen borstandes mehr bebürfe, während er sonst stets zu den Stipen prozeß Liebknecht angenommen, die Liebknecht lebhafte Tarifvertrag zu verzichten und eine Arbeitsordnung zu unter­diaten des allgemeinen Parteifädels gehörte. Sympathie und volle Anerkennung ausspricht, gegen die Klassen- schreiben, die wesentliche Verschlechterungen enthielt. Der justiz protestiert und schließt: Unternehmer siegte. Aber was hatte er von dem Sieg? Hören wir ihn selbst:

Eine Neuerung, die im letzten Jahre eingeführt wurde, hat sich ausgezeichnet bewährt, nämlich die Konferenzen des Agitations­tomitees mit den Kreisleitern.

Nach einer langen, ausgiebigen Debatte über den Bericht wurden mehrere Anträge angenommen:

Um die Aufklärungsarbeit und damit den Kampf gegen den Militarismus mit größerem Nachdrud zu führen, beauftragt der Parteitag das Agitationskomitee, alle Aufsehen erregenden kriegs­gerichtlichen Urteile des Inlandes und nach Möglichkeit auch des Das Agitationskomitee soll Broschüren über die positive Arbeit Auslandes zu sammeln und nach Gelegenheit in größeren Zeit­der Sozialdemokratie herausgeben, wobei die Stellung der Gegner abschnitten in der Form von Flugblättern oder kleinen Broschüren scharf, hervorgehoben werden soll. Die Monatsschrift Morgen zur Agitation unter den proletarischen Mädchen und Müttern rot" soll besser ausgestaltet werden. Die Lage der Landarbeiter zu verwenden. Das Agitationskomitee wird ferner beauftragt, soll das Agitationskomitee im Morgenrot" mehr berücksichtigen bei dem Parteivorstand die Einleitung einer ähnlichen Agitation und geeignete Artikel über die Verhältnisse in der Landwirtschaft für das ganze Reich anzuregen." bringen. Einem Antrage des Streises Siegen- Wittgenstein , zu gestatten, Der Einheitsbeitrag für den ganzen Be- daß er aus dem Agitationsbezirk ausscheide und sich Frankfurt zirt wird auf 40 f. pro Monat festgefeßt. Ein anschließe, wurde zugestimmt. Antrag, mehr zur Ausbildung der Genossen zu tun und Wander­Der nächste Parteitag findet in Solingen statt. Das furse durch geeignete Redner abzuhalten, wurde dem Agitations- Agitationskomitee hat wieder seinen Siz in Elberfeld. fomitee zur Berücksichtigung überwiesen.

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Zum Schluß wurde eine Resolution angenommen, die die Genossen des Bezirtes verpflichtet, die Agitation für die Kom= munalwahlen zu verstärken. An allen Orten, wo eine Organisation besteht, müssen sich die Genossen an den Wahlen be= teiligen.

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Fünfter Kongreß der Gewerkschaften

Oesterreichs .

Die damalige Geschichte hat mich um alle guten räfte gebracht. Trozdem ich Aufträge genug hatte, fonnte ich feine befriedigende Arbeit leisten, so daß die Auf­träge immer mehr zurüdgingen. Hätte ich tüchtige Leute wie Pureel und Pezold gehabt, hätte ich glänzend bestehen können."

Die Geschichte sei allen aussperrungsluftigen Arbeitgebern zur Beachtung empfohlen!

Berlin und Umgegend.

Achtung, Former und Gießereiarbeiter! Der Streit bei der Firma Aichele u. Bachmann, Berlin N., Brummenstr. 115, ist beendigt. Nachdem die Differenzen durch Verhandlungen beigelegt find, haben fämtliche Kollegen am Mittwoch die Arbeit wieder auf­genommen. Die Sperre ist hiermit aufgehoben. Deutscher Metallarbeiterverband Ortsverwaltung Berlin .

Forderungen der städtischen Arbeiter.

Jm Kellerschen Saale in der Koppenstraße tagte am Mittwoch In der zweiten Sigung des Gewerkschaftskongresses erstattete eine sehr start besuchte Versammlung der städtischen Arbeiter. Der erste Referent, Stadtverordneter Sassenbach, sprach über die Tätigkeit des Arbeitsstatistischen Amtes. Arbeiterpolitik der Stadt Berlin . Unter Hinweis auf bekannte Tat­sachen zeigte er, daß die städtischen Verwaltungskörperschaften so wenig Berständnis für die Interessen der Arbeiter haben, daß viele berechtigte, ja selbstverständliche Forderungen für die in städtischen Betrieben Beschäftigten immer noch der Durchführung harren. Ferner zeigte der Rebner, daß es lediglich die sozialdemokratischen Stadtverordneten sind, welche an zuständiger Stelle für die Inter­essen der Arbeiter eintreten. Die Wirksamkeit der sozialdemokra tischen Stadtverordneten könne aber nur dann den gewünschten Erfolg haben, wenn eine starke gewerkschaftliche Organisation hinter den Forderungen der Arbeiter stehe.

Ueber die letten Reichstagswahlen im Bezirk re­ferierte der Genoffe Eberle Barmen. Er erklärte, daß unsere Gegner die Wahlen nicht als politischen Stampf geführt, sondern Smitka das Referat über die nur eine Schmusflut aufgewühlt hatten; das Zentrum habe darin dem Reichslügenverband nichts nachgegeben. Wenn der Genosse Bebel in Effen behauptet habe, wir hätten dem Zentrum ist gerade 10 Jahre, führte er aus, daß der Handelsminister mindestens 12 Size zu verdanken, so treffe dieses nicht für den Dr. Baerenreither das Arbeitsstatistische Amt ins Leben gerufen Niederrhein zu. Im Gegenteil habe sich das Zentrum hier dazu hat. Dieses Aint sollte ein Forum sein, in dem Arbeiter und hergegeben, uns Mandate zu entreißen; es habe den Blockparteien Unternehmer gemeinsam beraten sollen, damit die Gegenfäße ge­Sülfe gebracht. In Duisburg - Mülheim wären die katholischen mildert werden. Der Wirkungskreis des Amtes sei jedoch so be­Arbeiter der offiziellen Zentrumsparole nicht gefolgt, sonst hätten schaffen, daß es auf die Sozialpolitik des Staates feinen Einfluß wir auch diesen Wahlkreis nicht erhalten. Der Kampf gelte des- nehmen konnte. Schon die geringfügigen Mittel, die ihm zu Gebote halb in erster Linie dem Zentrum. Diesen Ausführungen wurde stehen, machen eine erfolgreiche Tätigkeit des Amtes fast ganz un­von dem Parteitage zugestimmt. möglich. Das Arbeitsstatistische Amt könnte manches Wertvolle Genosse Gewehr- Elberfeld sprach über: Die Land- für die Arbeiterschaft leisten, wenn es zu einem Arbeitsamte aus­tagswahlen in Breußen und der Wahlrechtsgestaltet und wenn an deffen Spize nicht ein Bureaukrat, sondern tamp f". Er führte im besonderen aus, daß keine Partei, auch ein Mann stände, der auch ein Herz und Verständnis für die das Zentrum nicht, ein Interesse an der Einführung des Reichs- Lage der Arbeiterschaft hat. tagswahlrechtes für den Landtag habe. Wir würden in diesem Der Referent besprach nun in eingehender Weise die Auf­Stampfe allein stehen. Am Schlusse schlug er folgende Resolution gaben, welche dem Arbeitsstatistischen Amte vorlagen. Eines der ver, die Annahme fand: wichtigsten Gutachten wurde über die Reform und den Mit der zunehmenden Entwidelung der Klassengegensäte, des Ausbau der Arbeiterbersicherungen abgegeben. Alaffenkampfes und der Aufklärung der Arbeiter wächst bei den Unter den anderen wichtigen Angelegenheiten, die den Arbeits­bürgerlichen Barteien einerseits die Tendenz zu einer stärkeren beirat beschäftigten, waren die Erhebungen über Bleiertran­Feindschaft gegenüber dem allgemeinen, gleichen und gelungen, bie Arbeitszeit im Handelsgewerbe, insbesondere die heimen Wahlrecht, andererseits aber auch die Erkenntnis der Not- Regelung der Heimarbeit. Die abgehaltene Enquete und die Er­wendigkeit, mit den Arbeitern zu rechnen und ihnen Konzesfionen hebungen, die gepflogen wurden, ergaben manches wertvolle Ma­zu machen. Aus diesem Zwiespalt zwischen brutalen tapitalisti- terial. Alle diese Ergebnisse zeigen, was das Arbeitsstatistische schen Klasseninteressen und der durch die allgemeine wirtschaftliche Amt leisten könnte, wenn es entsprechend ausgebaut würde. Unsere und politische Entwidelung hervorgegangenen Notwendigkeit ist aufgabe, schloß Redner, wird es sein, für die Ausgestaltung dieses die Situation entstanden, wie fie fich aus der gegenwärtigen Amtes einzutreten, es müssen ihm die notwendigen Mittel zur politischen Lage ergibt. Den Anstoß zum Wahlrechtstampfe in Verfügung gestellt werden, sein Wirkungskreis erweitert und Preußen hat die sozialdemokratische Partei gegeben durch ihre Selbständigkeit eingeräumt werden. Beteiligung an der Landtagswahl und die im Winter 1906 in- Delegierter Sig! berichtete sodann über die Tätigkeit der fzenierte Wahlrechtsbewegung. Unfallverhütungskommission.

Sekretär Hueber berichtete über die Tätigkeit des Wafferstraßenbeirates.

Der niederrheinische Parteitag in Düffeldorf erklärt, daß die bürgerlichen Parteien ohne Ausnahme bisher nichts Ernsthaftes zur Erringung des allgemeinen, gleichen, geheimen und direkten er fagte, daß eigentlich nichts zu berichten sei. Alle Hoffnungen, Bahlrechts für den preußischen Landtag getan haben und heute die Landwirtschaft und Industrie an dieses vom Reichsrate be­erst recht nicht gewillt sind, für dessen Durchführung einzutreten. schloffene und vom Kaiser sanktionierte Gefeß geknüpft, haben sich Alle Erfahrung spricht dafür, daß alle Wahlrechtsanträge Spiegel nicht erfüllt. Die Wasserstraßen und auch deren wichtigster Teil, fechtereien find, barauf berechnet, erstens die Wähler ju täuschen der Donau- Oberkanal, werden aller Boraussicht nach nicht gebaut und zweitens in anderer Gestalt das Wahlunrecht in Preußen werden. Seit 1905 hatte der Wasserstraßenbeirat keine Sibung mehr zu verewigen. Die Sozialdemokratie ist die einzige Partei, welche abgehalten und die Begeisterung der Christlichsozialen für diesen grundsäßlich und faktisch jede Bevorrechtung des einen vor dem Kanal hat merklich nachgelassen. Es wird notwendig sein, den anderen verwirft und für die Einführung des ungeschmälerten Berband der sozialdemokratischen Abgeordneten zu beranlassen, allgemeinen, gleichen, geheimen und direkten Wahlrechts für alle fich mit dieser Angelegenheit zu beschäftigen und von der Regierung über 20 Jahre alten Reichsangehörigen ohne Unterschied des Ge- eine Erklärung zu verlangen, ob in Desterreich ein von der Krone schlechts fämpft. Der Parteitag macht es den Barteigenossen zur Pflicht, die fanktioniertes Gesetz nicht zur Durchführung fomme. Agitation und die Vorbereitungen für die Landtagswahlen 1908 Die Sizung, in der sodann Fragen der alsbald aufzunehmen und die Wahlbewegung zu einem wirksamen Organisation und Taktik Brotest gegen das reaktionäre Wahlsystem zu gestalten. Dieser( Betriebsorganisation und gemeinsames Vorgehen bei Streiks) zur Brotest muß seine greifbare Gestalt bekommen durch eine mächtige Verhandlung tamen, wurde auf Antrag des Referenten Hueber Anzahl sozialdemokratischer Landtagswahlstimmen und einer für geheim erklärt. diefer Stimmenzahl entsprechenden Anzahl sozialdemokratischer Bahlmänner.

Das Agitationsfomitee wird beauftragt, rechtzeitig eine furz­gefaßte Aufklärungsschrift über das Wesen und die Bedeutung der Landtagswahlen nebst den wichtigsten Bestimmungen des jebigen Wahlreglements herauszugeben."

Ueber den Internationalen Kongreß zu Stutt. gart referierte Genoffe Dr. Laufenberg. Bei der Erörterung der Kolonialbebatte unterzog der Referent die Stellung­nahme der Arbeiterstimme" zu Golingen in der ge­nannten Frage einer scharfen Stritit. In der Auseinandersehung mit dem Vorwärts" über die Stolonialfrage hätte die Arbeiter stimme" Grundfäße vertreten, die mit unserem Prinzip absolut nicht in Einklang zu bringen sind.

Genosse Hildebrand, Nebatteur der Arbeiter. it im me", verteidigte in längeren Ausführungen seine Haltung. ber nicht einmal die Solinger Delegierten brachte er( mit einer einzigen Ausnahme) auf seine Seite. Sie erklärten vielmehr, baß sich die Parteiinftanzen in Solingen noch mit der Stellungnahme des Redakteurs Sildebrand beschäftigen würden. Nach einer langen, ziemlich erregten Distuffion, in welcher die grundsägliche Haltung der Arbeiterstimme" verurteilt wurde, nahm der Parteitag in namentlicher Abstimmung mit allen Stimmen bei einer Stimmenthaltung( Hildebrand) folgende Re­solution an:

" Der niederrheinische Parteitag billigt die grundsätzliche Saltung, welche die nieberrheinische Delegation auf dem Stutte garter Songreß zur Kolonialfrage eingenommen hat.

Die Stolonialpolitik der herrschenden Klasse ist eine Gewalt­und Eroberungspolitif. Dem gangen Wesen des Kapitalismus entsprechend beswedt sie die Unterwerfung frember Völker und ihre Ausbeutung im Interesse einer geringen Minderheit. Ein integrierender Bestandteil der fapitalistischen Weltpolitik ver­mehrt sie die Striegsgefahr und richtet sich gegen das heimische

Die dritte Sigung, in welcher eine große Debatte über das Referat uebers über Organisation und Taktik ge führt wurde, war, wie die gestrige, als geheim erklärt worden. Die meisten Redner beschäftigten sich mit den Details über die Bildung eines Solidaritätsfonds. Der Referent beantragte die Annahme folgender Resolution:

" Der Solidaritätsfonds der Reichskommission der Gewerk. schaften Desterreichs wird alljährlich bis zum nächsten Kongreß im Betrage von 1,20 Kr. bon jenen Mitgliedern, die der Reichs­fommission angehören, durch die Berufsorganisationen einge hoben. Die Einhebung erfolgt durch die hierzu bestimmten Starten und Marken, die von der Reichskommission ausgegeben werden. Der Solidaritätsfonds wird von jeder einzelnen Or­ganisation feparat gebucht und verwaltet.

Der Solidaritätsfonds darf nur für Ab­tehrtämpfe verwendet werden. Unter Abwehr­tämpfen sind hauptsächlich Aussperrungen und von Gewerkschaften geführte Kämpfe um den Bestand ihrer Organisationen zu ber­ftehen. Andere Fälle, die als solche zu qualifizieren wären, find der Gewerkschaftskommission zur Entscheidung vorbe­halten.

Die Reichskommission hat das Recht, Darlehen und Unter­ftützungsbeiträge für in Abwehrkämpfen stehende Organisationen zu gewähren. Doch sind bei Gewährung von größeren Darlehen jene Organisationen, die in der Reichskommission tein Mitglied befizen und einen größeren Betrag hinterlegt haben, zu der Be­ratung und Beschlußfassung einzuladen.

Unterstübungsbeiträge, die die Reichskommission gewährt, find nach dem Stande der Mitgliederzahl des Vereines prozen­tuell auf die Branchen aufzuteilen und in Abzug zu bringen.

Organisationen, die durch anhaltende große Streits in finanzielle Not geraten sind oder den Kampf um den Bestand ihre Organisation führen, tönnen den eingezahlten Betrag auf

Der zweite Referent, Verbandssekretär Wub ki, ging auf die Verhältnisse und die besonderen Forderungen der städtischen Ar= beiter ein. Er führte unter anderem aus: Die städtischen Arbeiter warten nun schon lange vergebens auf die Einführung einer all­gemeinen Arbeitsordnung. Die Arbeiterausschüsse in den städtia fchen Betrieben seien durch die bestehenden Vorschriften zur Be­deutungslosigkeit verurteilt, ja in manchen Betrieben illusorisch ge­macht. Der Kampf um die Gewährung des den Arbeitern zu­stehenden Urlaubs nehme kein Ende, da von Betriebsbeamten ber­fchiedentlich versucht werde, die bestehenden Bestimmungen zu um= gehen. Dem Versprechen, daß das Koalitionsrecht der städtischen Arbeiter nicht angetastet werden solle, werde nicht in allen Fällen nachgekommen. Hinsichtlich der Löhne und Arbeitszeit ständen die Arbeiter der Stadt Berlin den Arbeitern der Industrie zurück. Verbesserungen in dieser Hinsicht seien dringend notwendig. Es sei die höchste Zeit, daß endlich für die städtischen Arbeiter der Neunstundentag eingeführt werde, der in der Industrie meistens schon längst durchgeführt sei. Diese Forderung stehe an der Spike der Forderungen, die für die Etatsperiode 1908 aufgestellt werden. Für das Pflegepersonal in den städtischen Anstalten werde das Zweischichtensystem zu je 12 Stunden gefordert. Die Löhne, welche die Stadt Berlin ihren Arbeitern zahle, ständen nicht in dem richtigen Verhältnis zu den hohen Preisen der Lebensmittel. Bei den vorjährigen Lohnzulagen feien verschiedene Arbeiterkategorien brochen werden, daß die Arbeiter nach Stunden bezahlt werden. gar nicht bedacht worden. Es müsse auch mit dem Zustand ge= Wochenlöhne müßten eingeführt werden. Die Forderungen seien den zuständigen Stellen bereits eingereicht. Eine Kommission der städtischen Arbeiter solle beim Oberbürgermeister vorstellig werden, um die Forderungen persönlich zu begründen und um deren Durch führung zu versuchen. Es gelte, zu zeigen, daß die Arbeiter einig sind in dem Willen, diese berechtigten Forderungen durchzusetzen. verschiedenen städtischen Betrieben vorgebracht, wodurch die Aus­In der Diskussion wurden eine Reihe von Einzelheiten aus führungen der Referenten illustriert und im weitesten Sinne be stätigt wurden.

Die nachstehende Resolution wurde einstimmig angenommen: " Die zahlreich versammelten Arbeiter der städtischen Be­triebe Berlins erklären sich mit den Ausführungen des Referenten Stadtverordneten J. Sassenbach über die Arbeiterpolitik der Stadt Berlin vollständig einverstanden.

Die Versammelten erklären mit aller Bestimmtheit, daß die Arbeitsverhältnisse der städtischen Arbeiter fast in jeder Hinsicht unbefriedigende sind und verurteilen daher die Tatenlosigkeit des Magistrats in diesen Dingen. Sie sehen es als eine un­abweisbare Pflicht des letzteren an, daß nunmehr endlich die schon lange und wiederholt geforderte allgemeine Ar= beitsordnung zur Tatsache wird. Auch stellen die Ver­sammelten ausdrücklich fest, daß sie mit dem kürzlich in der Stadtverordnetenversammlung verhandelten Antrage der sozial­demokratischen Fraktion betreffs einer fozialen Kommis= sion vollkommen einverstanden find in voller Würdigung des Wertes einer solchen für die städtischen Arbeiter.

Von der Einreichung der in Gruppen- und Betriebsverfamm­lungen beschlossenen Anträge der Arbeiter zum nächstjährigen Etat durch die Arbeiterausschüsse nehmen die Bersammelten Kenntnis.

In Erwägung, daß die in den Anträgen enthaltene For­derung auf Berkürzung der Arbeitszeit von hhgie­nischen sowohl als auch fozialen Gesichtspunkten aus voll be rechtigt und auch spruchreif ift;

in fernerer Erwägung, daß die beantragten Löhne das Minimum deffen darstellen, was felbst bei bescheidensten An­sprüchen unter den gegenwärtigen wirtschaftlichen Verhältnissen zur Lebenshaltung beansprucht werden muß, und daß in allen Betrieben, wo nicht bereits Monatslöhne bestehen, die Ein­führung der Wochenlöhne aweds Sicherung eines festen Einkommens unbedingt notwendig ist, erwarten die Arbeiter volle Würdigung ihrer Beweggründe und Berücksichtigung der ein­gereichten Anträge.

Die Versammelten beauftragen die Ortsverwaltung des Ber­bandes der Gemeinde- und Staatsarbeiter, in Gemeinschaft mit einer zu wählenden fünfgliedrigen Kommission die Anträge aller städtischen Arbeiter zusammenzustellen und in geeigneter Weise dem Magistrat und den Stadtverordneten zu übermitteln, wie überhaupt alles Nottvendige zur Durchführung ihrer bescheidenen Wünsche zu veranlassen.