ffirnf Kuno v. Moltke hat Anspruch auf ein gewisses Maßdon Bedauern. Er ist das Opfer seiner Freunde, ein Mannmit manchen sympathischen Zügen. Keiner voN denSchlimnisten seiner Klasse. Ilm so schlimmer freilich für diese!Wie mnß es in den Kreisen der Aristokratie aussehen,wenn schon ein Mann wie Graf Moltke, dessenästhetische Bildung daS Durchschnittsmaß seiner Standesgenossenweit überragt, eine Frau, seine Frau so zu— behandeln gewagthat, wie es dieser Prozeß ergeben hat. Und wie mnß dieBehandlung der Frauen in diesen Kreisen vielfach sein, wenndie einstige Gattin dieses Mannes ein Weiterleben an seinerSeite nicht als völlig unmöglich cinpfand. Bismarck hat einmal gesagt, daß der Deutsche nur gegen seine Frau grob zusein wage. Er hat offenbar mancherlei in den Kreisen seinerMitjnnker gesehen, was ihn zu solchem Ausspruche veranlasste.Und diese �unkerkaste ists, diese Gesellschaft hochmütiger Ge-ivalthaber, die vom deutschen Volke angestaunt sein will alsdie Blume edler Ritterschaft, die sich ausgibt als die Hüterinund Bewahrerin christlich-gennanischer Sittlichkeit und hehrerKulturgüter gegen die nmstürzlerischen roten Barbaren. Junkersinds, die da am lautesten zetern, deren journalistische Schild-knappen mit und ohne weiße Westen am fanatischsten rasenüber die„freche Antastung" der Fundamente des christlichenStaates, der Ehe und des Glaubens, die sich auch hartnäckigststemmen gegen die Versuche, von den unglücklichen Homo-sexuellen das Damoklesschwert des 8 173 zu nehmen.lieber die Materie, die dieser Paragraph behandelt, gabseine instruktive Vorlesung. Das Gutachten des Sachvor*ständigen Dr. Magnus Hirschfeld war eine Oase in dieserWüste des SchmuheS. Eins, was Harden in diesem Prozeßwollte, hat er erreicht. Die Wissenschaft gab ihm Recht infeiner Behauptung, daß Graf Moltke homosexuell sei. Abersein höheres Ziel, sie als Eideshelfer heranzuziehen für seineBehauptung, daß sein Kampf um die Entfernung Homo-sexueller aus der Umgebung des Kaisers politisch gerecht-fertigt sei ans der Tatsache, daß die von ihm BekämpftenHomosexuelle, dieses höhere Ziel erreichte er nicht. Ein glattesNein ward ihm vom Sachverständigen zur Antwort. Hierward ein unparteiisches Gutachten erstattet.Um so mehr stach der zweite Gutachter Dr. Mcrzbach ab.Er hat dem Kläger einen Bärendienst erwiesen und sich selbstunmöglich gemacht. Harden feierte einen billigen Triumph— der Kläger hatte wieder eine Stellung verloren. Und dieVernehniung des Grafen Hülsen hatte dasselbe Resultat.Dann kam der große Strich des Gerichts durch denunförmlichen Wust der Beweisanträge. Die Beweisausnahmeward geschlossen und heute soll plädiert werden. Der Vorhangsoll fallen über diesem Schansviel grauenvollen Schmutzes.Draußen harrt wieder die neugierige Menge. Sie heftetsich den„Berühmtheiten" des Prozesses an die Sohlen undfeiert den„Helden". Ein Schauspiel, kaum weniger wider-wärtig und fast noch trauriger, als das im Gerichtssaal.flfcroltöo.An allen Türen haben Muley Hafids unglückselige zlvci Abgesandte nun vergebens geklopft. Keine öffnete sich: Frankreichsund Spaniens einmütige Erklärung, einzig und allein Herrn AbdulAsis als Sultan anerkennen zu wollen, verriegelte dem„anderen"alle Pforten, alle Tore; denn auch die Signatarmächte rückten so-gleich von Muley Hafid ab.Der Sultan, dem die Gnadcnsonne Frankrcich-SpanienS lacht,hat doppelt gewonnenes Spiel. Abgesehen davon nämlich, daßsein Gcgen-Prätendent aller Rückendeckung beraubt ist, wird ihm,dem glücklichen Abdul Asis, nun natürlich das wichtigste zuteil:Geld! Geld!? Ob nun Frankreich selber oder eine französischeBank die Moneten hergibt, das ist schließlich nur eine Formfrage,jedenfalls steht jetzt soviel fest: Abdul AsiS wird nicht nur„mora-lisch", sondern auch materiell gedeckt.Daß Muley Hafid nicht ohne weiteres gute Miene zu dem fürihn so bösen Spiel machen würde, war vorauszusehen. Und so ister denn— wenn die Nachrichten nicht trügen— schon sofort zurOffensive übergegangen, wie folgendes Telegramm zeigt:London, 25. Oktober. Blätternachrichten aus Gibraltarzufolge, hat Muley Hafid gestern abend einen Angriffaus Mogador gemacht. Die Kriegsschiffe„AdmiralAube" und„Desaix" eröffneten Feuer und brachten denAngreifern schwere Verluste bei. Ueber 1000 Mannder Armee des Sultans Abdul Asis wurden von dem dorteingetroffenen Truppentransportdampfer„Artois" sofortals Verstärkung der Garnison gelandet.—ODie Parlamente— das französische sowohl wie das spanische—dringen auf Regierungserklärungen zum Stand der Dinge inMarokko. Die spanischd Regierung will demnächst ein Rotbuchveröffentlichen, die französische hat ein G e l b b u ch in Vorbereitung,über das der„Petit Parisien" bereits folgende Einzelheiten aus-plaudert:Aus den zehn in diesem Gelbbnch veröffentlichten Schrift-stücken gehe hervor, daß die Regierung in der Tat eine ziel-bewußte Politik verfolgt habe, nämlich: Herstellung der Ordnung,Bestrafung der Mörder der französischen Staatsangehörigen unddabei genaue Beobachtung der Akte von Algeciras. Das Gelb-buch werde zeigen, unter welchen Umständen die Reise des SultansAbdul AsiS nach Rabat und die Mission des Gesandten Regnaultxrfolgt sei, sowie daß Abdul Asis. der das Recht und die Gesetz-lichkeit für sich habe, von Frankreich gegen Muley Hafid finanziellunterstützt wurde: Dem Sultan seien von Frankreich für seinenunmittelbaren Bedarf 2 000 000 Frank vorgestreckt worden. Selbst-verständlich sei dafür Sorg« getragen, daß von diesem Geld keinschlechter Gebrauch gemacht werden könne. In der Zusammen-kunft zwischen dem Sultan und General Liautcy sei vereinbartworden, daß die Polizei an der algerisch-marokkanischen Grenzein der im Jahre 1901 vorgesehenen Weise organisiert werdensoll« und daß die französischen Truppen bei der Verfolgung derRäuberbanden auf marokkanischem Gebiete von einer gemischtenPolizei unterstützt werden, deren Kadres aus Franzosen bestehen.Die Ergebnisse der Mission Regnault-Liautey seien Ueberwachungdes ZollwesenS und die Abmachung, daß die Mahalla des SultansAbdul Asis in Begleitung eines französischen Offiziers in Casa-blanca eintreffen soll, sowie daß dank dem Einflüsse des Machscnauch im Gebiete von Udschda die Ruhe wieder eintreten werde.» mUnsere französischen Genossen beginnen von neuem, in leb-tsafterer Weise Proteste wider die Politik der Regierung zu ent-fachen, wie. folgendes Telegramm beweist:Paris, 25. Oktober. Gestern abend fand ein großesProtestmeeting gegen den marokkanischen Feldzug statt. DieVersammlung war einberufen von den sozialistischen Ver-bänden des Departements der Seine, lieber tausend Personenwohnten der Versammlung bei. Die AbgeordnetenVaillant, Dejeante und R o u a n e t hielten An-sprachen und bekämpften in energischen Worten den Marokko-feldzug, der Frankreich mtr Gefahren aussetze und zueinem europäischen Konflikt führen könne. Die Redner wiesensodann auf die Notwendigkeit hin, daß das Proletariat inZiikuiist in allen auswärtigen Angelegenheiten eine Nollespielen müsse, um die Möglichreit bewaffneter Konfliktezwischen den Nationen mehr und mehr zu verringern. Eineentsprechende Tagesordnung, die sich auch auf die vom Stutt-garter Kongreß getroffenen Beschlüsse stützt, wurde anac-nommen._poUtflcbc öebcrlicbt.Berlin, den 25. Oktober 1907.Das regicrungsfromme Zentrum.Dia ganze Hoffnung derjenigen Freisinnigen, die nichtwie die Fischbcck, Kopsch und Wiemer nur ihre Eitelkeit be-friedigen»vollen, sondern noch liberale Zugeständnisse von derBlockpolitik erwarten, beruht bekanntlich darauf, daß FürstB ü l o w die Liberalen nicht entbehren könne, da er mit demZentrum nach der Reichstagsauflösung doch nicht mehr zu-sammen arbeiten könne. Diese Hoffnung ist schon deshalbtrügerisch, weil Fürst Bülow wirklich nicht unersetzlich ist undes keinem Zweifel unterliegen kann, daß, selbst wenn erwollte, die Konservativen ihm eine liberale Politik nicht er-erlauben würden. Aber auch das Z e n t r u m ist durchaus nichtunversöhnlich; im Gegenteil, es scheint nur mehr das eineZiel zu kennen, möglichst rasch wieder Regierungspartei zuwerden.Dafür sprechen eine ganze Reihe von Symptomen. DieZentrumspresse hat die ganze Zeit versucht, den Konservativenvor einer liberalen Aera, von der sie sehr gut weiß, daß sienicht existiert und nie beabsichtigt war, graulich zu machen.Sie hat sorgfältig alles vermieden, was den Konservativenunangenehm sein könnte. Sie hat vor allem den Konser-vativen dadurch den größten Dienst geleistet, daß sie in derpreußische» Wahlrechtsfrage nichts getan hat. Vielmehrscheint die Zentrnmsleitung alles darauf anzulegen, ihrengouvcrnementalen Flügel zu stärken, den demokratischen zuschwächen. Einerseits scheint es mit Herrn ErzbergersEinfluß vorbei zu sein, und-Herr Ballestrem hat ans demkürzlich stattgefundencn schlesischen Zentrumsparteitage An-dcutungen gemacht, die nur so gedeutet werden können, alssolle Herr Erzberger, der um den„Diebstahl" der Keim-Briefe angeblich gewußt haben soll, aus der Partei aus-geschlossen werden. Andererseits sucht das Zentrum dasaristokratische und unbedingt regier ungsfreund-l i ch e Element dadurch zu vermehren, daß an Stelledes verstorbenen Dasbach der Erbprinz von L ö w e n st e i n-H e u b a ch, der Sohn des langjährigen Vorsitzenden desKatholikentages, kandidiert wird.Aber auch die letzten liberalen Hoffnungen müssen dadurchvernichtet werden, daß hervorragende Führer des Zentrumsauf dem schlesischen Parteitag rund heraus erklärten, daß fürdas Zentrum a»ch die Person des Fürsten Bülow durchauskein Hindernis sein wird, wieder Regierungspartei zu werden.So sagte Graf Praschma:„Wenn gesagt wird, das Zentrum wolle nicht mehr mit demFürsten Bülow zusammen arbeiten, und verlange denSturz desselben, so ist das absurd. Die Person des leitendenStaatsmannes kann für die Polirik deS Zentrums gar nicht maß-gebend sein. Denn es macht eine Politik niemand zuliebe undniemand zuleide, eine sachliche, keine persönliche Politik. Wenndie Politik deS jetzigen Reichskanzlers, so sehr das Zentrum auchdas Vertrauen zu ihm verloren hat, den ch r i st l i ch- k o n-servativen Grundsätzen entspräche, so würde sie trotzallem wieder vom Zentrum unterstützt werden,denn es ist seine Pflicht, treu mitzuarbeiten für Kaiser und Reich,und es läßt sich doit keinem in der Liebe zum Vaterlande über-treffen."Im selben Sinne sprach auch Dr. P o r s ch. Da nuntaksächlich„christlich- konservativ" regiert wird, ist damit dieBedingung des Grafen Praschma schon gegeben. Und in derTat macht das Zentrum heute schon Ncgierungspolitik. Nuro ist es erklärlich, daß fiir das Zentrum die Wahlrechtsfrageanscheinend gar nicht existiert, daß es für diese Programm-wrdening nicht viel mehr übrig zu haben scheint als die Frei-'innige Volkspartei. Umso wichtiger wird es sein,die Zcntrumsarbeiter vor die preußische Wahlrechts-rage zu stellen!—_Die Ausflucht abgeschnitten.Herr Dr. Barth antwortet heute im„Berliner Tageblatt" ansdie famose Beschuldigung des„Parteiverrats", verübt durch seinBestreben, die Freisinnigen für die preußische Wahlreform insFeuer zu bringen.„Geheimniskrämerei", sagt Barth,„impolitischen Leben ist an sich schon lächerlich, doppelt aber für demo-kratische Parteien. Der Verrat einer Tagesordnung ist einausgezeichneter Stoff zu Scherzen in Witzblättern, aber kein ernst-hafter Gegenstand der Entrüstung für die Vertreter demokratischerAnschauungen."Uebrigens sei sein Vorschlag auf Vorlegung eines Notgesetzesohne weiteres mit einem Antrag auf Einführung des gleichen,direkten und geheimen Wahlrechts zu verbinden. Beide Aktionenvertrügen sich ausgezeichnet miteinander:„Das Reichstagswahlrecht für Preußen ist zu verlangen;seine schleunige Einführung ist ein dringendes Postulat allerfreisinnigen Parteien. Tie Einführung der geheimen Stimm-abgäbe, weit entfernt davon, einen Verzicht auf das Reichstags-Wahlrecht für Preußen zu bedeuten, ist, wie es schon in demBegriff eines Notjzesetzes liegt, nur eine erste vorbereitende Hand-lung für jede ernsthafte Reform des elendesten aller Wahlsysteme.Daß durch ein solches, wohlverstanden von der Regierung vorzulegendes Notgesetz„der Weg zu weiteren und nicht minderwichtigen Aenderungen des preußischen Wahlrechts auf Jahrehinaus verlegt werde", wie es die„Freisinnige Zeitung" glaubenmachen will, ist danach eine völlig haltlose Voraussetzung. Sehrbegründet ist dagegen die Befürchtung, daß, wenn erst einmalunter dem Schutz der öffentlichen Stimmabgabe die Gegner jederernsthaften Wahlreform bei den bevorstehenden Landtogswahlenin alter Stärke in das Abgeordnetenhaus zurückgekehrt seinwerden, abermals auf Jahre hinaus die Wahlreform unter aller-lei Ausflüchten auf die lange Bank geschoben werden wird.Selbstverständlich würde mein Vorschlag nur dann wirksamwerden, wenn Fürst Bülow den Eindruck bekäme, daß die Frei-sinnigen sich in bezug auf die Wahlrechtsreform nicht länger mitleeren Redensarten abspeisen lassen wollen; daß deshalb feineBlockpolitik auf die Unterstützung der Freisinnigen nicht weiterzu rechnen habe, wenn er nicht gewillt fei, wenigstens diese geringeAbschlagszahlung zu leisten. Nichts lag deshalb näher, als diegeplante Frankfurter Temonstrationsversammlung zum popu-lären Resonanzboden einer solchen Forderung zu machen."In der Tat, damit muß jetzt auch die„Freis. Ztg." zufriedensein: Barth befriedigt sehr entgegenkommend beide Standpunkte,die die Freisinnige Volkspartei in der Wahlrechtsfrage je nachBedarf vertritt. Das Notgesetz entspricht dem StandpunktFischbecks zur Zeit deS Parteitags, die Forderung des gleichenRechts dem gestern don der„Freis. Ztg." eingenommenen. InWirklichkeit ist damit bis zur völligen Klarheit bewiesen, daß dieAusreden der„Freis. Ztg." und ihre Berufung auf geheimnisvolletaktische Pläne nichts als Schwindel sind. Die Freisinnige Volks-Partei macht die Sache fa auch plump genug. Fordirk man vonihr das Eintreten für das gleiche Recht, so erklärt sie, um Gottes.Büloiv und des Blockes Willen nur nicht alles auf einmal. Wirwerden froh sein, das geheime und direkte Wahlrecht durchzusetzen.Verlangt man dann den Kampf für das geheime Wahlrecht, so er-klärt sie feierlich, sie verlange ja. das gleiche Recht. Wen wollendenn diese Einfaltspinsel damit täuschen?—Der schmunzelnde Oertel!Der arme Freisinn wird von der„Deutschen Tageszeitung"nicht übel verhöhnt. Dem Freisinn wird— Konsequenz nachgerühmt, denn da er doch völlig ohnmächtig sei, sei es nur folge-richtig, wenn er diese Ohnmacht dadurch beweise, daß er gleichalles verlange, wie es die„Freis. Ztg." jetzt auf einmal in derWahlrechtsfrage tun will, und nicht nur ein Notgesetz. Anträgekönne er stellen, soviel er wolle, angenommen würden sie jedochnicht, und wenn auch nur das geheime Wahlrecht allein gefordertwürde. Und„selbst wenn der Antrag auf Einführung der geheimen Stimmen-abgäbe eine knappe Mehrheit erreichen sollte, so würde d i eRegierung nicht darauf eingehen können. Tiesämtlichen Anträge können also nur den Zweck haben, daß derSchein oder, wie das geflügelte Wort sagt, das Gesichtgewahrt werde. Dieser Zweck wird aber besser erreichtdurch den Antrag auf Einführung des Reichstagswahlrechte-,als durch den auf Einführung der geheimen Stimmenabgabe.Deshalb ist der Standpunkt der„Freisinnigen Zeitung" un»zweifelhaft konsequenter."Also hier wird gegenüber den verzweifelten Ausreden derbraven Freisinnigen ausdrücklich bestätigt, daß die Herren zwarAnträge stellen,„das Gesicht wahren" dürfen, im übrigen aberzu sorgen haben, daß Junker und Regierung nicht unnütz belästigtwerden.Beachtenswert aber ist es, daß Fürst Bülow sich ja gegen-über Herrn Oertel bereits verpflichtet zu haben scheint, in derpreußischen Wahlrechtsfrage absolut keine Zugeständnisse zu machen.Man sieht, die Liberalen haben allen Grund, sich über dieNordcrney-Gcspräche so vorsichtig anszuschweigen und sich übe:Indiskretionen so zu entsetzen.—Freifinnige Brüderlichkeit.Was das Organ dcS Herrn Wiemer sich nicht zu sagen getraut.spricht die„B r e s l a u e r Z e i t u n g", daS reaktionärste freisinnigeBlatt deutlich aus. Sie spricht von der, n a ti o n a l s o zi a le nGruppe"(Barth war nie nationalsozial!), die in daS„BerlinerTageblatt" und— eS ist wirklich zu blöd— in die sozial-demokratische Presse entstellte und gehässige Nachrichten gelangenlassen.„die bestimmt sind, die öffentliche Meinung irre zu führenund die Politik der vereinigten linksliberalen Parteien zu diskreditieren. Die deutlich erkennbare Nebenabsicht geht dabei dahin,in der politischen Welt die Ueberzeugung zu propagieren, daß derLiberalismus nur gedeihen könne, wenn Dr. Barth fein Führerist und wenn alles geschieht, waS von diesem wirren Kopf,täglich wechselnd, als die richtige Taktik jeweilig aus-geheckt wird."Das wird die Kopsch und Fischbeck nicht davon abvalten, inihren Bczirksversammlungen den naiven Zuhörern zu versichern, daßw i r es sind, die Herrn Barth unausgesetzt beschimpfen! Uebrigens:wenn Herr Barth ein inkonsequenter Wirrkopf ist und Fischbcck eingeschickter Taktiker oder prinzipientreuer Politiker, dann, aber nurdann, ist cS Verleumdung, von dem Verrat der Freisinnigen Volks-Partei zu sprechen!—_Ein reinigendes Gewitter?Der fromme„Reichsbote" stöhnt unter dem Eindruck d:ZMoltke-Prozesses:„Pei dem Lesen der Berichte über den Prozeß Moltke-Hardenwird jeder Leser bedauern, daß die Verhandlungen inbreitester Oeffentlichkeit und nicht unter Ausschluß dieserOeffentlichkeit geführt werden.(??) Wir haben langegeschwankt, ob wir sie Berichte abdrucken sollten.(!) Alleinwas nützt es, wenn das nur eine Zeitung nicht tut, und zurStreichung der anstößigsten Stellen im Bericht konnten wir unsdeshalb nicht entschließen, weil gerade darin der Kern des ganzenProzesses liegt, so daß derselbe unverständlich würde, wenn dieseStellen mit ihren ekelhaften Aeußerungen wegfielen..... Aber wie dem auch sei, so abscheulich und widerwärtigauch das alles ist, was dieser Prozeß enthüllt, so ist er als einhoffentlich reinigendes Gewitter über die Ge-fcllschaftskreise anzusehen, in welchen er spielt, und esist gut, daß damit auch die jetzt so dreist auftretende Agitationder Homosexuellen gerichtet wird. Ein solcbes Gewitter, welchesdie über uns liegende schwüle sittliche Stickluft durchbricht undreinigt, tut dringend not, wenn wir nicht zu einem Sodomund Babylon werden sollen."Die Phrase von dem„reinigenden Gewitter" ist doch selbst nurein fauler V c r t u sch u ng s v e r s u ch. Künftig wird manes in jenen Gesellschaftskreisen höchstens etwas vorsichtigertreiben! Die„Volksztg." gibt ironisch der Hoffnung Ausdru«.daß, da doch der§175 nun einmal besteht, nun wohlauch die Staatsanwaltschaft gegen die entlarvten Päderasten derhöchsten Aristokratie vorgehen werde. Da wird sie lange wartenkönnen!_Versammlungsfreiheit im Rcichslande.Die liberalen Beamten— das wollen sie wenigstens fein—der Kreisbehörden gehen im Versammlungslvesen der Reichslandegegen die Sozialdemokratie gegenwärtig in recht kleinlicherWeife vor. Am Sonntag, den 20. Oktober, sollte in Wqldig-Hofen i. Oberels. eine öffentliche Textilarbeiterversammlnng staii-finden. Am Donnerstag. 17. Oktober, wurde die Anmeldung der Ver-sammlung vom Genossen G s e l l von Mülhausen nach Altkirch audie Kreisdirektion geschickt, die noch ß g des Vereinsgesetzes über denEmpfang sofort eine schristliche Bescheinigung zu erteilenhat. Aber am Sounabendmorgen 11 Uhr war die Be-scheinigung noch nicht in Mülhausen eingetroffen und GenosseGsell mußte abreisen, da er am Sonnabendabend nocheine Versammlung zu erledigen hatte. Weil mm Gsell in der Ver-sammlung am Sonntag die Bescheinigung der Behörde nicht auf«weisen konnte, löste der überlv ach ende Beamte die Ver-sammlung auf. Und dabei erklärte der Beamte, daß die Ve-scheinigung, die er selbst in den Händen gehabt hätte, erst am Sonnabendzwischen 11�12 Uhr inAltkirch zurjPost gebracht worden ist: er wisse quchdaß Herr Gsell als Einberuser der Versammlung vor ihm stehe. Erging in seinem Eifer sogar soweit, einige Leute, die erst nach derAuflösung in das Lokal kamen, zu protokollieren, da sie den Saalnicht verlassen wollten, ja auf sein Verlangen mußte sogar der Wir:seine eigene Wirtschaft verlassen, obwohl noch einige Leute darinwaren. Versammlungsrecht im liberalen Vlockzeit-alter!—_Ocftcrmcfc.Der Sternberg.Am Schlüsse der DonncrStag-Sitzung des Abgeordnetenhausesgab sowohl der Abg. Sternberg wie Genosse Schuhmeier eine Er-ilärung zu den Vorfällen am vergangenen Tage. Der Abg. Stern-berg behauptete: das ihm per Post zugegangene Bild, das denAbg. Schuhmeier verhöhnt, habe im Saale die Runde bei denAbgeordneten und auch bei den Sozialdemokraten gemacht. Nach derSitzung sei er im Saal von sämtlichen Sozialdemokraten über-fallen(!) worden.