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in KrankheitSvorstellungen befangen sei. Bert. Justizrat Bernstein: Ich sehe aus dem Attest eigent ttch nur, daß der Fürst nicht wohl ist.(Heiterkeit.) Vors.: Hält der Beklagte die Behauptung aufrecht, dah der Privatkläger sich in dem in den Artikeln geschilderten Freundeskreise bewegt hat? Justizrat Dr. v. Gordon: Das wird entschieden bestritten Bert. B e r n st e i n: Ich brauche bloß darauf hinzuweisen, daß Fürst Eulenburg   seit 40 Jahren der allcrintimste Freund dcS Privatklägers ist.> Horden: Fürst Eulenburg   und Graf Kuno v. Moltke sind die Intimsten der Intimen, Herr Lecomte ist seit vielen Jahren mit Eulenburg intim befreundet. Er war mit dem Privatkläger schon bkannt, als die jetzige Frau v. Elbe   noch Frau Gräfin Moltke war. Man braucht bloß auf das Worttes amis sont raes amis" i(beine Freunde sind meine Freunde) hinzuweisen und das Trio Eulenburg-Moltke-Lecomte ist gegeben. Bleibt Graf Wilhelm Hohenau. Er ist mit dem Privatkläger sehr genau bekannt, entfernt mit ihm verwandt, sie duzen sich, er ist der Sohn des Prinzen Albrecht Pater, also ein Hohenzoller, der Kaiser duzte ihn und hatte ihn Willi genannt. Graf Wilhelm Hohenau und der Privatkläger amtieren in der allernächsten Nähe des kaiserlichen Herrn. Ich dächte, das ist doch wohl eine Gruppe zu nennen. Vors.: Bleiben Sie dabei, daß dem Privatkläger die Homo- sexuellen Neigungen der übrigen Mitglieder der Gruppe bekannt gewesen seien. Horden: Ich bin überzeugt, daß Graf v. Moltke g e- wüßt hat, daß Fürst Eulenburg   homosexuell veranlagt ist. Er hat bezüglich des Herrn Lecomte zugegeben, daß über ihn Gerüchte umliefen. Diese Gerüchte gingen über den Grafen Hohenau schon sehr lange um.(Mit erhobener Stimme): Die gegen den armen, schwer erblich belasteten Mann, den ich wahrhaftig mcht hier hineingezogen hätte, wenn ich mich nicht gegen einen Wust von Unwahrheiten und Verdächtigungen zu verteidigen hätte, erhobenen Vorwürfe und elenden Erpressungen waren so bekannt, daß ich cS für einfach unmöglich halte, daß der hier alsunpolitisch" hinge- stellte Graf Kuno v. Moltke   es nicht gewußt haben sollte. I ch habe es gewußt, ich wohne in Grunewald   und bin Schriftsteller und ich weiß es seit Jahre ni Es würde ein merkwürdiges Maß Naivität verraten, wenn der Privatkläger es nicht gewußt haben sollte. Wenn Anreden gewechselt werden, wieMein Ge- liebter! Meine Seele! Ich halte mich verpflichtet, meinen Freun- den zu leben! Ich kann auch nach meiner Veranlagung nur meine» Freunden leben I" usw. usw., legen doch mindestens den Verdacht nahe, daß feine Freundschafterotisch betont" war.(Mit zorn bebender Stimme): ES schreien ja doch die Spatzen von den Dächern! Drängen Sie mich noch weiter, dann würde ich Ihnen Mitglieder von Herrscherhäusern borführen, die da sagen: Ist es denn möglich, daß das überhaupt noch bestritten wird?(Auf den Privatkläger weisend und laut ausrufend): Dieser Mann bat sich ja doch den Rock nur zu erhalten gewußt durch eine Unwahrheit!! Der Vorsitzende ersucht den Angeklagten, sich zu mäßigen. Justizrat Bernstein: In einer und derselben Stunde sind die in den Artikeln genannten drei Männer ihrer Stellung verlustig gegangen! Hat Graf Kuno v. Moltke wirklich den Mut zu leugnen, daß der Verlust der Stellung seitens der drei Herren in unlösbarem Zusammenhang mit ihren sexuellen Neigungen stand? Ich berufe mich eventuell in dieser Beziehung auf den Chef des Militärkabinetts v. Hülfen» Haeseler. Vors.: Herr Privatkläger  , wollen Sie sich einmal darüber äußern? Graf v. M o l t k e: ES ist im allgemeinen nicht Sitte, daß man über militärische Intimitäten spricht. Jfch äußere mich darüber nur so weit, als es zulässig ist. Ich habe meinen Abschied eingereicht unter der Motivierung, daß ich unter einem Verdacht stehe, dessen Beseitigung zunächst nicht sofort möglich war, der eS aber nicht angängig erscheinen ließ, daß ich unter der Wucht solcher Verleumdungen in meiner Stellung bleibe. Ich habe wegen dieser Anschuldigung meinen Dienst aufgeben müssen, meine 42jährige Karriere, die ich lieb gehabt habe, beendigt, meinen Rock, den ich in Ehren getragen, ausgezogen. Ich war Kömmandant der Leibkürassiere und kann wohl kaum in solcher Stellung das süßliche Wesen gezeigt haben, wie es kaum einem Leutnant zuzumuten wäre. Da ich durch den Angeklagten um mein Amt und meine Ehre gekommen bin, so hoffe ich, dah der Gerichtshof dies bei der Abmessung der Strafe berücksichtigen wird. Vors.: Sind Sie also lediglich wegen dieser Artikel aus dem Dienst geschieden? Graf v. M o l t k e: Ja! Vors.: Sind Sie denn nicht von zuständiger Stelle irgendwie befragt worden, ob eS wahr ist, was in den Artikeln stand? Graf v. Moltke  : Ich habe darauf Nein gesagt. Justizrat Dr. v. G o r d o n: Ich beantrage, den Herrn Hülsen- Haeseler zu vernehmen; er wird bezeugen, daß dem Privatkläger anderenfalls doch nicht die Uniform belassen worden wäre. Ich beantrage ferner, Herrn Staatssekretär v. Bethmann-Hollweg   und den Polizeipräsidenten v. Borrie» darüber zu vernehmen, daß die in der Zeitschrift des wissenschaftlich-humanitären Komitees ge­gebene Darstellung der Vorgänge nicht richtig ist. Weite- Wenn Fürst Bismarck   geglaubt hätte, der Privatkläger fei ein Päderast, so hätte er doch da» tun müssen, was unterlassen zu haben der Angeklagte dem Privatkläger vorwirft: nämlich vor den Kaiser zu treten und ihm Bortrag zu halten. Was schließlich die beabsichtigte Intrige in den Spalten desGauloiS" betrifft, so haben wir dies nicht behauptet, sondern es ist in einem königlich preußischen Landgericht in einem Urteil festgestellt. Graf v. Moltke  : Ich erkläre nochmals, daß ich von den Neigungen des Grafen Hohenau nichts gewußt habe und berufe mich in dieser Beziehung auf meinen Neffen Herrn v. d. Marwitz. Ucbrigens ist es eine völlige Bcrkcnnung der Verhältnisse, wenn angenommen wird, es wäre meineAufgabe gewesen, als Denunziant aufzutreten. Als Kommandant von Berlin   hatte ich andere Auf- gaben. Justizrai Bernstein: Jedenfalls aber nicht die Aufgabe, mit Päderasten zu verkehren! Graf v. Moltke: Das ist eben nicht wahrl Harden: Der Herr Graf Moltke hat soeben hier gesagt, er habe einen Neffen, den Herr» von Marwitz, der beschwören »verde, daß ihm der Kläger   gesagt habe, er habe mit Hohenau nicht daS geringste zu tun gehabt und wisse auch nichts von den gegen Hohenau erhobenen Anschuligungen. Ich möchte wissen, »veShalb er überhaupt etwas zu seinem Neffen über die Affäre gesagt hat? Ich nehme an, daß er deshalb nur darüber ge- fprochen hat, weil ihm mitgeteilt worden war, er sei ebenfalls da- mit verwickelt. Vielleicht beantwortet mir der Herr Kläger   nun einmal endlich die Frage: Weshalb sind die Herren Graf Hohenau, Fürst Eulenburg  , der Herr Graf Moltke selbst und der französische  Herr Lecomte aus ihren Aemtern verschlounden? Der letztere ist überhaupt auS Berlin   verschwunden. Ich möchte fragen, ob ivofil ein Gerichtshof, der diese Tatsachen kennt, daran zweifeln wird. ob dieses Verschwinden der Herren darauf zurückzufuhren ist, daß deren Namen in derZukunft" genannt worden sind. Ich glaube auch weiter, wenn nicht von der höchsten Stellendes Landes selbst Ermittelungen nach tie nicht wiederum gewisser Richtung angestellt worden wären, ein gewisses Resultat gehabt hätten, so wären die Herren heute noch in ihren alten P o st e n. Heber diesen Punkt entspinnen sich äußerst heftige AuSein- airdcrsetzuugcn zwischen Harden und dem Grafen Moltke. Justizrat Bernstein: Will mir der Herr Graf mitteilen, weshalb sich Fürst Eulenburg   Nicht mehr auf seinem Botschafter. Posten befindet? Graf Moltke: DaS weiß ich doch nicht, was geht mich daS an! Justizrat Bernstein: Der intimste Freund de» Fürsten  , der feit 40 Jahren mit ihm verkehrt, soll nicht wissen, weshalb der Fürst von der Bildfläche verschivundcn ist und in Ungnade gefallen ist? Graf Moltke: Ich weiß eS nicht weshalb, ich habe auch kein Schriftstück gesehen.(Heiterkeit im Auditorium.) Nach kurzer Pause verkündet der Vorsitzende: Bon allen Beweisanträgen will das Gericht zunächst Herrn Dr. H i r s ch f e l d t als Sachverständigen darüber vernehmen, ob er auf Grund der bisherigen Verhandlung ein Gutachten dar über abgeben wolle, ob der Angeklagte homosexuell veranlagt ist und ob er diese Veranlagung belätigt hat. Dr. Magnus Hirschfeldt   wird als Sachverständiger vereidigt und führt auS: Ich mutz sagen, daß ich aus der Beweis- aufnähme die wissenschaftliche Ueberzeugung gewonnen habe, daß objektiv eine Abweichung von der Norm bczw. von dem Gefühl der Mehrheit im EmpfindungSlcbcn dcS Grafen Kuno Moltke   vorliegt, und zwar um eine zweifellos unverschuldete angeborene und nach meiner Ueberzeugung ihm selbst auch nicht bewußte Anlage, die man als homosexuell zu be zeichnen pflegt. Wir verstehen unter homosexuell jemanden, der sich in Liebe zu Angehörigen des gleichen Geschlechts hin� gezogen fühlt, ob er sich dabei homosexuell betätigt, daS ist vom naturwissenschaftlichen Standpunkt aus neben- sächlich. Ich habe nach den Aussagen der Frau v. Elbe   und ihres Sohnes die Ueberzeugung gewonnen, daß die Symptome der Homosexualität bei dein Kläger   recht deutlich zutage treten. Bei den Schilderungen der Frau v. Elbe   hatte ich dasselbe Ge fühl wie so oft bei ähnlichen Fällen: DaS ist die furchtbare Tragik der Ehe eines unbewußt homosexuell empfindenden Menschen, die in dem Falle besonders kompliziert ist, daß sie mit einer Frau geschlossen wurde, die bereits vorher verheiratet war und die ihren Mann nach meiner Auffassung außerordentlich stark liebte und sich deshalb in ihrer Ehe absolut unbefriedigt fühlte. Nach weiteren wissenschaftlichen Auseinandersetzungen über das Wesen der Homa sexualität faßt Dr. Hirschfeldt sein Urteil dahin zusammen: Nach meiner Ueberzeugung ist der Beweis hier erbracht worden, daß hier ein von der Norm abweichendes Empfinden vorliegt. Wider die Norm ist aber nicht gleichbedeutend mit wider die Natur. Ich bin nach meinen Be obachtungen zu der Ueberzeugung gekommen, daß die Homa sexualität keine Krankheit ist, sondern im Plane der Natur liegt. Ich will wünschen, daß man deshalb von diesem Prozeß auch sagen kann, daß er auS der Dunkelheit über diese Frage zum Licht führt. Um die Soldaten vor Mißbrauch der Dienstgewali zu schützen, be darf es nicht des auf falschen Voraussetzungen beruhenden§ 175, der wirklich übergenug Opfer gefordert hat. Vorsitzender Dr. Kern: Herr Sachverständiger, gibt es nicht verschiedene Arten von Homosexualität? Wir wollen nicht von den schlimmen Arten sprechen, die gestern hier zur Sprache gekommen sind, sondern von den weit harm- loseren. Würden Sie zum Beispiel darin, daß jemand daS Taschentuch seine» Freunde» zärtlich an den Mund drückt, eine Betätigung einer homosexuellen Veranlagung erblicken? Dr. Magnus Hirschfeldt  : Es kommt darauf an, wenn man in einer Betätigung der Homosexualität lediglich sexuelle Handlungen erblickt, so würde ich in der Handlung mit dem Taschentuch keine Betätigung erblicken. Trotzdem könnte man auch hierin im engeren Sinne einen homosexuellen Akt erblicken. Ich persönlich halte dies nur als ein Zeichen der Innigkeit des seelischen Empfindens. Vors.: Gibt es auck Homosexuelle, die allein darin schon ihre Befriedigung finden, daß sie sich in den Kreisen homosexuell veranlagter Männer bewegen? Dr. Hirschfeldt: Vielen gewährt dies allerdings eine rein äußerliche Befriedigung. Ich bin jedoch zu der Ueberzeugung ge- kommen, daß die übrigen hier genannten Herren des Kreises es vielleicht verstanden haben, ihre Neigungen zu verbergen. Gerade ein Homosexueller ist immer gewillt, seine Neigung zu kaschieren. Es kommt häufig vor, daß ein Homo- sexuell veranlagter Mann sich so bewegt, daß seine nächste Um- gebung nichts von seiner Veranlagung bemerkt. Wenn dann Plötz- lich diese zur Kenntnis gelangt, hört man häufig, das hätte niemand geglaubt, daß der auchso" ist. Justizrat v. G o r d o n: Würden Sie sich nicht in Ihrer An- acht ändern, wenn ich Ihnen sage, daß der Herr Graf Moltke in Breslau   längere Zeit vor feiner Heirat ein weiblichesVerhältnis" hatte? Dr. Hirschfeldt: Nein, das ändert nichts an meinem Gutachten. In Anknüpfung an das Gutachten des Dr. Hirfchtfeldt ent- wickelt sich eine sehr lebhafte Erörterung über die einzelnen Schattierungen und Nuancen, die auf dem großen Gebiete der Homosexualität zu beobachten sind. Es beteiligen sich daran die beiden Sachwalter, der Angeklagte und der Sachverständige Dr. Magnus Hirschfeldt. Diese mehr wissenschaftlichen Ausführungen nehmen längere Zeit in Anspruch. Es wird unter anderem davon gesprochen, daß es nicht ausschließt, daß Homosexuelle sich auch verheiraten, da sie mehrfach von ihrer Umgebung zur Verheiratung zcdrängt werden, daß sich dann zu dem Unglück ihrer anormalen Veranlagung auch noch das Faktum einer unglücklichen Ehe tritt. daß viele Homosexuelle ihre Neigungen kaschieren usw. usw. Graf v. Moltke  : Mein Freundschaftsverhältnis zum fürsten zu Eulenburg ist ein durchaus reines und männliches. ES efesti�te sich, als ich in München   mit ihm zusammen kam und er mich in Künstlerkreise einführte, in Kreise, wo Lenbach  . Kaub  bach usw. verkehrten, wo es geistig hoch herging und wo man viele Anregungen empfing. Diese Freude über den Verkehr mit einem geistig anregenden Manne hat sich in unserem schriftlichen Verkehr ausgedrückt, Verteidiger Justizrai Bernstein: Der Sachverständige hat sich ebenso wie Dr. Moll und andere selbst über Homosexualität in derZukunft" geäußert und kennt ooch wohl den Standpunkt des Angeklagten zu dieser Frage. Trauen Sie ihm zu, daß er jemand nur wegen seiner homosexuellen Neigungen»n seiner Zeit- schrift angreifen wird? Sachverständiger Dr. Hirschfeldt: Nein! Bei der weiteren Erörterung werden hauptsächlich Fragen berührt, die sich auf die sexuellen und psychologischen Eigenschaften der Homosexuellen und die Folgen dieser Eigenschaften im ehe- lichcn Verkehr beziehen. Dr. Hirsch seid bemerkt hierbei, daß Graf Hohenau seine homosexuelle Veranlagung außerordentlich vor- sichtig verborgen gehalten habe. Harden: Würde der Herr Sachverständige bei dieser Meinung bleiben, wenn er erfährt, daß Graf Hohenau zugleich mit dem Grafen Lhnar mit den von ihnen gebrauchten Soldaten im Park der Villa Sekt getrunken hat, sich von ihnen beim Bornamen nennen ließ und ihnen Briefe geschrieben hat mit dem AufdruckKgl. Schloß"? Dr. Hirsch sc ld: Hier handelte es sich auch um Mit- schuldige. Harven: Herr Dr. Hirfchfeld hat den Privatkläger lange gesehen und reden hören. Der Privaikläger wendet sonst vielleicht noch mehr kosmetische Mittel an als es hier der Fall ist.(Graf Moltke schlägt erregt mit der Faust auf den Tisch.) Ich bitte, sich nicht zu erregen. Es ist beschworen, daß der Kläger Rot auflegt und die Verwendung kosmetischer Mittel ist doch nichts Ehrenrühriges. Ich frage, ob der Herr Sachverständige nach seinem persönlichen Eindruck von dem Privatkläger sagen kann: das ist ein normaler preußischer General. Dr. Hirschfeld: Ich ienne den Kläger zu wenig, um darüber urteilen zu können. Den Homosexuellen ist allerdings meist ein femininer Einschlag eigen, ich kann aber noch nicht sagen, ob dies bei dem Privatkläger der Fall ist. Graf Moltke: Ich bitte, meine beiden Diener darüber zu vernehmen, welche kosmetischen Mittel ich anwende. Man will mir hier einen weibischen Anstrich geben, den ich nicht besitze.,_ In der weiteren Erörterung weist Harden darauf hin, daß Homosexuelle, die sich gezwungen sehen, ihre wahre Veranlagung vor der Welt durch eine Maske zu verbergen, durch diese innere Unwahrhaftigkcit leicht großen Schaden anrichten können, wenn sie in größerer Zahl sich um die Person des Monarchen gruppieren und diesem ein falsches Bild der realen Verhältnisse geben. Dr. Hirfchfeld bemerkt hierzu, daß die Charaktere der Homoferuellen sehr verschieden seien. Auf eine bezügliche Frage des Justizrats Dr. v. Gordon setzt der Sachverständige Dr. Hirschfeld auseinander, daß er aller- dings Michelangelo   als HomosexueNe» in Anspruch nehmen müsse. Was Friedrich den Großen betrifft, so sei das eine viel er- örterte Frage. ES werde vielfach angenommen, daß bei Friedrich II.   ein sehr starker homosexueller Einschlag vorhanden ivar. Redner setzt des längeren auseinander, weshalb auch er dieser Meinung sei. Durch Friedrichs dcS Großen ganzes Leben zog sich eine Kette der ausgesprochensten innigsten Männerfteund- schafi. Graf Moltke: Ich muß noch einmal aufS entschiedenste wiederholen, daß ein solcher Kreis, wie er in derZu- kunft" angedeutet ist. nicht existiert. Ich bestreite dieS nachdrücklichst! Wenn ein solcher KreiS existierte, so mußte doch nachzuweisen fein, daß dieser Monsieur Lecomte einmal an der Tafel deS Kaisers Platz genommen hätte, was nicht der Fall ist. Verteidiger Bernstein  : Herr Harden hat niemals von der Tafel dcS Kaisers gesprochen.. Justizrat Dr. v. Gordon: O bitte, eS steht doch in den Artikeln von der Tafelrunde. Harden: Es ist nur von der Tafelrunde des Fürsten Eulenburg die Rede. Justizrat Dr. v. Gordon hält es für durchaus notwendig. nun auch den zweiten Sachverständigen, Dr. M e r z b a ch, zu hören. Hierauf tritt eine Pause bis 4 Uhr ein. Nach Wiedereröffnung durch Amtsrichter Dr. Kern wird der zweite Sackiverständige Dr. med. Georg Merzbach  vernommen. Porst: Sind Sie nach dem. was Sie gehört haben, voraus- gefetzt, daß die Bekundungen der Frau v. Elbe   richtig sind, der Meinung, daß der Privarkläger homosexuell veranlagt ist? Sachverst. Dr. Merz bach: Nein. Der hohe Gerichtshof hat daS außerordentlich klare Gutachten meines Mitarbeiters gehört. doch glaube ich, dah ich doch zu einem anderen Ergebnis kommen muß. Ja den inkriminierten Artikeln ist von Herrn Harden dem Privatklägcr das Vorhandensein normwidriger Triebe zum Vorwurf gemacht worden.(Harden ruft: Wo?) Was versteht man unter krankhaftem Geschlcchtssinn und Geschlechtstrieb? Eine Norm»st im sexuellen Leben absolut nicht festgelegt. Der Privat- kläger hat im Alter von 47 Jahren die Ehe geschlossen und Jahre hindurch ein ganz normales Leben geführt, bis dann eine sogenannte psychische Impotenz bei ihm eingetreten sein dürfte, die auf diese oder jene Eigenschaften der Frau zurückzuführen sein dürfte. Das Gerücht von dieser Impotenz ist von der Seite verbreitet worden, die sich un- befriedigt durch den Verkehr mit ihrem Gatten fühlte und auch das Gerücht von der Homosexualität ist von derselben Seite aus- gegangen.(Harden und sein Verteidiger rufen laut: Beweise!) Dr. M. fährt fort: Frauv. d. Marwitzwirdcsbekundcn. (Unruhe.) Just»zrat Bernstein: Ich bestreite«ach dieser Bekundung die Qualität dieses Herr» als Sachverständigen überhaupt. Ich beantrage an Stelle dieses Herr» Herrn Prof. Eulenburg oder Herrn Dr. Moll als Sachverständiger zu vernehmen. Harden: Woher ist dem Herrn Dr. Merzbach bekannt» was Frau v. d. Marwitz demnächst sagen wird? Dr. Merzbach: Ich habe über das Geschlechtsleben des Grafen v. Moltke auch be, Personen aus der Umgebung desselben Nachfrage gehalten und habe festgestellt, daß Graf v. Moltke ein durchaus korrektes, unantastbares Geschlechts- leben geführt hat und dann eine psychische Impotenz eingetreten ist. Was die Homosexualität betrifft, so hat der Privatkläger keine krankhaften Züge dem anderen Geschlecht gegen- über aufgewiesen.(Unterbrechung durch Harden.) Was die Homo- sexualität angeht, so liegt kein Anhaltspunkt vor, daß sein Ver- halten dem Fürsten Eulenburg gegenüber irgendwelche Rückschlüsse gestattet sind. Graf v. Moltke ist eine ideale überschwängliche Natur und... Jusiizr. Bernstein   unterbrechend: Ich bestreite dem Herrn Dr. Merzbach, daß er vermöge seiner besonderen Kenntnisse auf dem Gebiete als Sachverständiger qualifiziert ist. Der Vor- sitzende war in der Lage, den Herrn wiederholt zu unterbrechen und ihn darauf hinzuweisen, daß er sein Gutachten nur auf Grunv der Ergebnisse dieser Verhandlung abzugeben hat und nicht auf Gr»nd privater Erkundigungen. Ein Sachverständiger, der in dieser Weise alle zwei Minuten unterbrochen werden muß, ist nicht imstande, hier als Sachverständiger zu fungieren. Ich pro testiere gegen dessen weitere Vernehmung und schlage wiederholt Herrn Prof. Dr. Eulcnburg oder Dr. Moll als Sachverständiger vor. Justizr. Dr. v. Gordon: Ich hatte gerade Herrn Dr. Merz- bach vorgeschlagen, weil er d-r zweite Vorsitzende des wissenschaftlich- humanitären Komitees ist und genau dieselbe Grundanschauung hat. wjc Dr. Hirschfeld  . Harden: Ich habe wohl«niHiesiOBriefe bonAerzten bekommen, in denen eS hieß, daß ich gegen diesen Sach­verständigen doch sofort protestieren müßte. da nicht der geringste Grund vorliegt, diesen Herrn als Sach- verständigen gelten zu lassen. Ich frage, aus Grund welcher wissen- schaftlichen Arbeiten Herr Dr. Mcrzbach, der in der Chausseestraßc praktiziert und an seinem Hause ein Schild hat:Arzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten" zur Qualität eines Sachverständigen kommen soll? Vors.: Herr Dr. Merzbach sind Sie schon einmal Sachver- ständiger gewesen? Dr. Merz bach: Gewiß, schon sehr häufig! Justizrat Bernstein: Ich wiederhole, daß sich dieser Sach- verständige einseitig auf Angaben stützte, die ihm vom Privatkläger und dessen Freunden gemacht worden sind. Das Gutachten des Dr. Hirschfeld war das Muster eines völlig unparteiischen Gutachdens, Dr. Merzbach kann aber nicht als unparteiisch gelten. DaS Gericht zieht sich zur Beratung über diesen Ablehnungs- antrag zurück. Vors. Dr. Kern publiziert darauf folgendes: DaS Gericht will dem Sachverständigen durchaus nicht nahetretcn, eS ist aber der Ansicht, daß der Sachverständig. außerhalb der Beweisaufnahme ein Bild gewonnen hat, welches er nunmehr in seinem Gutachten wiedergibt. Dies hält das Gericht nicht für zulässig und nimmt deshalb von der weiteren Vernehmung Abstand. Auf die Frage, ob noch weitere Bewcisanträge gestellt werden, erklärt Justizrat B e r n ste i n u. a.: Ich habe wesentliches Interesse