Nr. 4.
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Vorwärts
10. Jahra
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Bernsprem- nfching Amt I, Nr. 4186.
Redaktion: SW. 19, Benth- Straße 2.
Schwarz malen
und schön färben.
Donnerstag, den 5. Jannar 1893.
Dor,
Expedition: SW. 19, Beuth- Straße S.
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daß sie die Neigung gehabt hätten, schwarz Standpunkt, welchen der Kaiser eingenommen hat, mit allem zu färben", so ist es doch ebenso gewiß, daß die Meister die Nachdrucke wenden müssen. Die Neuwahlen, die falls Neigung hatten, schön zu malen", und mit diesen beiden die Mehrheit des Reichstags nicht feiger Kompromißpolitik Extremen operirt also im günstigsten Falle die neue huldigt in Kürze stattfinden müssen, werden den Kaiser Sehr verdächtig ist die offiziöse Reklame, mit welcher amtliche Statistit. Eine schöne Erhebung! Das ist aber belehren, daß das deutsche Volk in der Militärfrage anders soeben die Ergebnisse der ersten Leistung der Reichs- nur der günstige Fall. Sehr viele der ausgetheilten Frage- denkt als er selbst und fürwahr diejenigen sind nicht seine fommission für Arbeitsstatistik auspofaunt werden: Die bogen find sicher an Vorarbeiter, Werkführer, Obergesellen guten Freunde, die ihn persönlich in den Wahlkampf zerren, Feststellungen über die Arbeitszeit in Bäckereien, welche auf und sonstige Kriecher im Geschäft gekommen, die sich gern und dahin arbeiten, die sichere Niederlage der Militärvor Veranlassung der genannten Kommission im September v. J. ein rothes Mäntelchen beim Meister verdienen. Die haben lage zu einer Niederlage des Kaisers zu machen. von Reichswegen vorgenommen wurden. Das Aftenstück gewiß nicht schwarz gefärbt, die haben vielmehr tüchtig schön mit den Ergebnissen selbst ist vor kurzem an die Mit- färben" helfen, und davon sagt natürlich der offiziöse Reklame- Militärvorlage von oppofitioneller Seite ihre starre HalDie arme unschuldige Regierung, der bezüglich der glieder der Kommission versendet worden". Soll das artikel nichts. Daß das Statistische Bureau des Deutschen Daß das Statistische Bureau des Deutschen
JURIS
heißen, daß es nicht allgemein zu haben, sondern nur eine Ver- Reichs die eingelieferten Antworten sehr sauber und nett tung" und der Mangel an Entgegenkommen" vorgeworfen öffentlichung zum Brivatgebrauche der Kommission sein wird? zahlenmäßig verarbeitet hat, daran zweifeln wir keinen werden, wird von den offiziösen Berliner Politischen NachWie steht es damit? Fürchtet man etwa eine Kritik und Augenblick. Aber durch diese technische Aeußerlichkeit wird richten" in einer Weise vertheidigt, die so klingt, als wenn Kontrolle der Arbeiter? Der reklamenhafte Ton, in welchem der Werth des Urmaterials nicht um einen Pfifferling und die Regierung sich starr ablehnend" verhielte. Die die offiziösen Auszüge gehalten find, läßt es beinahe vermuthen. größer.
Da wird bereits behauptet, daß die Ergebnisse Also neben dem Schwarzmalen kommt auch das Schön- Regierung ist freilich zu sehr gewöhnt, alle ihre militärischen " allgemein giltige" seien, daß es durchaus nicht färben vor, das sollte nur einstweilen gegenüber der kritik- Forderungen durchzusehen, und man kann sich danach nicht nöthig" war, fämmtliche Bäckereien zu befragen, daß losen Verhimmlung der„ amtlichen Umfrage" durch die wundern, daß sie jeden Widerstand gegen dieselben als eine es vollkommen genügte", die Verhältniffe in einigen Regierungspreffe recht deutlich hervorgehoben werden. In unerhörte Auflehnung betrachtet. Die Offiziösen können tausend Betrieben festzustellen, daß sich Bebel's bekanntes der Sache selbst und über die festgestellten" Arbeitszeiten, nicht genug die Mäßigung der Regierung bewundern, die Buch als einseitig erweise und daß die amtliche Umfrage die im Vorwärts" schon an anderer Stelle mitgetheilt so bescheiden ist, sich vorläufig mit einer Erhöhung der sowohl hinsichtlich ihrer Beranstaltung als der Verarbeitung wurden, werden die Organisationen der Gehilfen sich zu Präsenzziffer um 80 000 Mann und des Militäretats um alle wünschenswerthen Garantien der Objektivität biete". äußern haben. Dann wird sich ja herausstellen, was es 60-80 Millionen zu begnügen. Das ist mehr des Rühmens, als billig in einem Athem mit der gerühmten Objektivität" der Reichsenquête für verlangt werden könnte, auch von Offiziösen. eine Bewandtniß hat.
Wie steht es aber in der Wirklichkeit? Genosse Bebel wird sich bezüglich seiner Schrift, die ja zur ganzenamtlichen Umfrage" erst die Anregung gab und ohne welche man sich im Reichsamt des Innern um die Bäcker überhaupt nicht gefümmert hätte, schon selbst zu
vertheidigen wissen. Einstweilen ſei also nur festgestellt, daß Polififie Meberlicht.
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Gegen die ,, lex Heinze".*) In München hatte am legten Montag die Gesellschaft für modernes Leben" eine Protestversammlung gegen die Bedrohung der künstlerischen Freiheit durch die lex Heinze" statt. Hauptsächlich weren Künstler und Schriftsteller in der Versammlung vertreten. Die Versammlung beschloß folgende Resolution:
Die Versammlung erblickt in den Bestimmungen der lex Heinze, welche sich auf Kunst und Literatur beziehen, eine feindliche und gefährliche Bedrohung der Freiheitsrechte, ohne welche feine Kunst bestehen kann, und sieht namentlich in der gleichartigen Behandlung von Brostitution und Kunft eine das Ansehen der letzteren tief schädigende Demüthigung."
Der Gesehentwurf des Zentrums betreffend die
die„ amtliche Umfrage" durchaus teine so ideale war, wie man es jetzt glauben machen will. Die Ortschaften, in Berlin , den 4. Januar. denen die Erhebungen stattfanden, sowie die Theile großer Die Ungeschicklichkeit, mit welcher von den Reptilien Städte, auf welche sie dort beschränkt wurden, hat die die Person des Kaisers in den Streit um die MilitärBureaukratie derartig schlecht ausgewählt, daß in vielen vorlage hineingezogen wird, erinnert an die schönsten Zeiten Städten die verrufensten Bäckereien in volfreichen Arbeiter der Bismarck 'schen Reptilwirthschaft. Begreifen diese Tölpel Abänderung der Gewerbe- Ordnung für das vierteln gar nicht berücksichtigt find. Die Umfrage geschah denn nicht, daß sie dem Kaiser einen sehr schlechten Dienst Deutsche Reich enthält Bestimmungen I. betreffs der Konsumnicht mündlich und unter Anwendung des Kreuzverhörs, erweisen, indem sie ihn in schroffen Gegensatz zu dem klar Deutsche Reich enthält Bestimmungen I. betreffs der Konsumsondern schriftlich mit einem höchst umständlichen Frage- und deutlich ausgesprochenen Willen der ungeheueren Mehrvereine, wonach die Bestimmungen der Gewerbe- Ordnung bezüglich der Konzessionspflicht für Gaft- und bogen, den der Dritte überhaupt nicht auszufüllen verstand. heit des deutschen Voltes stellen? Oder glauben sie, die Schuhleute und Polizeidiener waren überall die untersten Deutschen seien unmündige Kinder, die sofort auf ihre eigene Schankwirthschaften und den Kleinhandel mit Brannta me in auch auf die Konsum Vereine und ähnliche Ausführungsorgane dieser„ erhebenden" amtlichen Erhebung" Meinung verzichten, wenn man ihnen sagt, der Kaiser will wein auch auf die Konsum- Vereine und ähnliche Genossenschaften Anwendung finden. und mit welcher Sachverständniß diese ihres Amtes es? Wir leben nicht mehr in den Zeiten des väterlichen II. betreffs des Hausirhandels: gewaltet haben mögen, davon wird uns ja noch manche Regiments und der Leibeigenschaft. Jeder halbwegs Ge Bäckerorganisation zu erzählen haben. Sicher ist, daß tausende bildete weiß, daß die privaten Ansichten des Kaisers vor Bäcker noch heute gar nichts davon wissen, daß im September der Verfassung nicht mehr Gewicht haben als die v. J. in ihrer Stadt eine„ amtliche Umfrage" stattfand. Die privaten Ansichten jedes anderen Deutschen . Daß der Behörden wissen das ja alles viel besser! Und nun die Kaiser, der nicht die Gelegenheit hat, mit dem Volke herrliche Anordnung, daß aus den gewählten Geschäften zu verkehren, die Ansichten der Gesellschaftskreise vertritt, immer nur je ein Prinzipal oder je ein Gehilfe, nie in denen er lebt, das ist ebenso natürlich und selbstverständmals beide zugleich, zur schriftlichen Antwort veranlaßt lich, als daß wir, die wir mit dem Volke verkehren und wurde! Wirft die offiziöse Reklame den Arbeitern dessen Anschauungen und Intereffen vertreten, uns gegen den
Feuilleton. Bel- Ami.
Nadbrud verboten.]
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Roman von Guy de Maupaffant. Herr Walter fagte kein Wort mehr darüber, aber er sah Du Roy sprachlos an und dachte:" Donnerwetter! Mit dem Burschen ist nicht gut Kirschen essen!"
1. Der Begriff des Haufirhandels ist verschärft, indem alle diejenigen, welche überhaupt auf öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen oder an anderen öffentlichen Orten oder ohne
*) Bei der im Deutschen Reich herrschenden Gelegenheits Gesetzmacherei hat man sich an die römische Ausdrucksweise ge= wöhnt, indem man das Gefeß, auf lateinisch: lex, mit dem Zusatz des Namens der Person, von der man den Anlaß zu dem Gefeß holte, verfieht.
bedeutet sie Sturz. Das ist Ihnen doch klar. Er ist über Landauers Platz genommen; die Mutter saß zwischen ihren Bord und kann nicht mehr aufgefischt werden. Die Vie beiden Töchtern; die drei Herren saßen rückwärts, Walter Française" hat kein Interesse daran ihn zu schonen." zwischen den beiden Gäften.
Der Alte schwankte einige Augenblicke, dann entschloß er sich: Schreiben Sie die Notiz," sagte er. Was läßt sich der Mensch in solche Sachen ein! Ich kann ihm nicht helfen."
IX.
Drei Monate waren verflossen. Eben hatte Du Roy seine Ehescheidung durchgesetzt, und seine ehemalige Frau hatte wieder den Namen Forestier angenommen.
Man fuhr über die Seinebrücke, damn wand sich der Weg um den Mont- Balérien, führte durch Bougival , danu am Flüßchen entlang bis nach Becq.
Der Graf von Latour- Ywelin, ein nicht mehr ganz junger Mann mit langem, stäubendem Backenbart, deffen Spigen der kleinste Windhauch bewegte, sah Rose zärtlich an. Seit einem Monat waren sie verlobt.
Georges sah sehr bleich aus und tauschte mit Sasanne, " Nun bin ich frei..." fuhr Georges fort.„ Ich Am 15. Juli wollte die Familie Walter nach Trouville die so bleich wie er war, Blicke aus. Ihre Augen bea besize ein gewiffes Vermögen. Bei den Neuwahlen im ins Bad reisen. Vorher sollte noch ein gemeinsamer Tagesgegneten sich, schienen sich zu verständigen, zu verstehen, Ottober laffe ich mich in meiner Heimath, wo ich gut bekannt ausflug aufs Land unternommen werden. einen geheimen Gedanken auszutauschen und flohen sich dann. bin, aufstellen. Mit einer überall anrüchigen Frau konnte Ein Donnerstag war dazu gewählt worden, und früh ich feine Rolle spielen, teine angesehene Stellung behaupten. Morgens um 9 Uhr fuhr man in einem vierspännigen Frau Walter war ruhig und glücklich. Das Dejeuner dauerte lange. Georges schlug einen Ich war noch grün, als ich in ihre Neze gerieth. Aber großen Landauer zu sechs Plätzen ab. sobald ich ihr Spiel durchschaute, sah ich dem gemeinen Im Pavillon Henry IV. in St. Germain sollte gefrüh Spaziergang auf der Terrasse vor der Ridkehr nach Weibe auf die Finger." stückt werden. Bel- Ami hatte darum gebeten, der einzige Er brach in Sachen aus und fügte hinzu:" Der arme Herr bei der Partie fein zu dürfen, denn er konnte die Foreftier... er ließ sich betrügen... ließ sich in aller Gegenwart und das Gesicht des Marquis von Cazolles nicht Gemüthlichkeit vertrauensselig betrügen, ohne eine Ahnung ertragen. Im letzten Augenblick beschloß man aber doch den davon zu haben. Ich habe mich ihrer entledigt, als fie Grafen von Latour- Yvelin aus dem Bett zu entführen. Am mich hinterging. Nun sind meine Hände frei. Jetzt werde Abend vorher wurde er benachrichtigt. ich es weit bringen." Der Wagen fuhr in raschem Trab durch die Avenue Er hatte sich rittlings auf einen Stuhl gesetzt und des Champs- Elysées , dann ging es durch das Boulogner wiederholte träumerisch:" Jezt werde ich es weit bringen." Wäldchen. Und der alte Walter sah ihn immer noch mit un- Es war ein wunderschöner, vielleicht schon ein wenig bewaffneten Augen an, denn die Brille saß nach wie vor zu heißer Sommertag. Die Schwalben zogen große, geauf seiner Stirn und dachte:" Ja, ja, er wird es noch weit schweifte Linien in den blauen Himmel, die man noch bringen, der Schuft." immer zu sehen glaubte, wenn die Bögel schon längst vor Georges erhob sich. Ich will jetzt die Notiz schreiben. über waren. Sie muß vorsichtig abgefaßt sein. Für den Minister aber
Die drei Damen hatten auf dem Vordersitz des
Zuerst blieb man stehen, um die Aussicht zu bewundern. Die ganze Gesellschaft stand die Mauer entlang und genoß entzückt den weiten Blick, den man von hieraus hatte. Am Fuß einer langen Hügeltette floß die Seine nach Maison- Laffitte zu; einer gewaltigen Schlange gleich, die im Grünen lag. Auf der Höhe des Hügels zeichnete sich rechter Hand die Wasserleitung ( Aquaedukt) von Marly, eine Riesenraupe mit gewaltigen Füßen, scharf vom Himmel ab, und unten verschwand Marly selbst in einem dichten Baumstrauß.
Auf der weiten Ebene, die sich gegenüber ausbreitete, wurden hier und da Dörfer fichtbar. Die Teiche von Vésinet lagen wie flare, blanke Flecken in dem mageren Grün des fleinen Waldes. Linker Hand tauchte die Kirchthurmspige von Sartrouville ganz in der Ferne auf.