Ocftcmicb.Protest gegen Bestialität.Wien» 30. Ottober.(Abgeordnetenhaus.) Bei Beginn derSitzung protestierte Zahradnit im Namen nicht nur der slawischen,sondern aller Abgeordneten und im Namen der Zivilisation gegendie Vorgänge in Czernowa, wo 13 unschuldige Slowaken getötet undzahlreiche Personen verwundet worden sind. Er sprach seine Teil--nähme sür die Opfer und gleichzeitig seine Sympathien für allenichtmagyarischen Nationalitäten Ungarns aus.(Lebhafter Bei-fall.) Im Einkauf befand sich eine denselben Gegenstand betreffendeInterpellation, deren Verlesung durch lebhafte Entrüstungsrufeunterbrochen wurde.—Ungarn.Gegen den agrarischen KnrS.Die erste Protestversammlung gegen die in Aussicht gestelltenindirekten Steuern fand am vergangenen Sonntag in Budapest statt.Dem Rufe der Parteileitung folgend, eilten die Arbeiterschon in den frühen Nachmittagsftunden dein Stadtwäldchenzu, wo die Versammlung um 3 Uhr ihren Anfang nehmen sollte.Bei Eröffnung der Versammlung umgab eine vieltausendköpfigeMenge die Rednertribüne. Der Vorsitzende machte belannt.daß die Polizei verboten hatte, beleidigende Zwischenrufeauszustoßen, widrigenfalls die Versammlung aufgelöst werde! DieseBekanntmachung wurde mit stürmischen Pfui-Rufen aufgenommenund im Verlaufe der Versammlung n i ch t b e a ch t e t. Die Polizeihütete sich dennoch, einzugreifen.—Nach Schluß der Versammlung zerstreute fich die Niesenmengein der größten Ordnung.Vom nächsten Sonntag an werden im ganzen Landeähnliche Demonstrationsversammlungen veranstaltet.Italien.Die römischen Klerikalen räumen das Feld.Rom» 28. Oktober.(Eig. Ber.)Die römischen Klerikalen, die so lange Jahre hindurch dieHerren der Stadtverwaltung waren, haben beschlossen, bei dembevorstehenden Wahlkampf sich nicht zu beteiligen. Ihnen ge-lüftet offenbar nicht nach einer erneuerten Auslage des Zusammen-bruchs vom 30. Juni. Da sie sich bei den auf den 20. Novemberanberaumten Wahlen derselben antiklerikalen Koalition(Liberalen,Radikalen und Sozialisten) gegenübergesehen hätten, deren Listeim Juni mit über 5000 Stimmen Mehrheit gesiegt hat, so ziehendie Klerikalen es bor, den Kampf gar nicht aufzunehmen. Nichteinmal zu einem Aufruf an ihre Wählerschaft haben sie sich auf-zuraffen vermocht, und sie, die so lange die Tyrannen auf demRathaus waren, verschwinden stillschweigend in der Versenkung.Hoffentlich tun die Konservativen es ihnen nach.—Ei« Opfer des Mailänder Exzesses gestorben.Nach Ifftägigem qualvollen Krankenlager ist nun docheiner der bei der Porta Vicentina verwundeten Arbeiter,ein junger Mann namens Orlando, gestorben. Dervon dem Blei der Carabinicri in Unterleib und Brust-korb Getroffene hatte die nötig gewordene Operationgut überstanden und schien langsam wieder zu Kräftenzu komnien, als eine schivere Llingenentzündung hinzutrat,von welcher der in der Blüte der Jahre stehende Mann dahin-gerafft wurde. Vielleicht tragen die Ordnungsleute von Turin,die ja dem schnldigen Carabinieri eine goldene Medaille dar-bieten wollen, diesem tödljchen Ausgang Rechnung; denn eSist natürlich ein E x t r a v e r d i e n st. beim Konflikt mit un-bewaffneten Arbeitern gut getroffen zu haben.,.,—Snglancl.Kakao und jlolonialpolitik-AuS London wird uns geschrieben:Die großen englischen Kakäofabrikanten sind meistens Quäker,die sich durch Menschensreundlichkeit und sozialethisches Empfindenauszeichnen. Ihre Fabrikeinrichtungen sind musterhaft, besondersdie der Firma Eadbury in Bourneville bei Birmingham. DasRohmaterial beziehen sie aus den portugiesischen Kolonien in Afrika,wo die Schwarzen unter Zwangsverhältnissen, arbeiten. Als dieKakao-Ouäker von diesen Zuständen Kenntnis erhielten, wandtensie sich an die portugiesische Regierung, die aber alles ableugnete.Es gelang ihnen jedoch, von ihr die Zustimmung zur Abscndungeines Kommissionärs zu erhalten, um in den Kolonien die Kakao-arbeiten zu untersuchen. Der Kommissionär stellte nun seinenBericht fertig, aus dem hervorgeht, daß— wie Eadbury mitteilte>— die Zustände in den portugiesischen Kolonien r e f o r m-bedürftig seien; der Bericht könne aber noch nicht veröffent-licht werden, da«r erst der portugiesischen Regierung vorgelegtwerden müsse.Es dürfte interessant sein, die Angelegenheit im Auge zu be-halten.—_Sie niffliche Revolution.Die Herren-Duma.Peiersbiirg, 23. Oktober.(Eig. Ber.)Die dritte Duma wird die Vertretung des Junkertums, und siesollt« das werden. Die Wahlziffern geben ein Bild von dergegentoartigeu Politik in Rußland, wie eS ausdrucksvoller nicht ge-zeichnet werden kann. In 33 Gouvernements von 50 ist diejunkerlth-echtrusfifche Majorität der Agrarier von vornherein fest-gelegt, und nur in der übrigen.kleineren Hälfte" hat man gnädigsteinige Lücken für die anderen Klaffen der Bevölkerung gelassen undauch da nur für deren bevorzugte Schichten.Aldxei Smimoff, der auch die letzten Wahlen eingehend analh-sierte, veröffentlichte in der gestrigen.Rjetsch" einen Artikel mitreichlichen Ziffern, nach denen sich folgendes erweist: In 292 Kreisendes euvopäischen Rußlands find in der Kurie der Großgrundbesitzer16 290 Wähler eingetragen. Die Gesamtzahl der Kreise deseuropäischen Rußlands beträgt 477, und wenn man bedenfh daß dieGouvernements Olonetz, Wjatka, Perm fast gar keinen t..tgrnnd-besitz haben, so wird man wohl richtig schätzen, wenn?-.?an dieGesamtzahl der Wähler der Großgrundbesitzer ans 30 00r..�uimmt.Zu dichcn kommen noch 10 000 kleinere Grundbesitzer, s�j�aß imganzen 40000 Wähler der Grundbesitzerkurie 26lS Wohln�ier vonden 6160 bestimmen, also mehr als die Hälfte. Die 80/(p Großgrundbesitzer wählen zwei Drittel der Duma, während/, z. B. diezweite städttsche Kurie hier in Petersburg mit ihren 84 000 Wählernrmr 3(drei!) Abgeordnete wählt I DaS Bild wird aber noch krasser, wennnmn die Zahl der zu den Wahlen erschienenen Großgnmd-besitzer mit der Zahl der von ihnen getvählten Wahlmänner insVerhältnis setzt. ES erweist sich da, daß an den Wahlen nur 19 000Grundbesitzer beteiligt waren, d. h. ein Wahlmann ist von sechs bissiebe» Wählern bestimmt worden, während selbst in der erstenstädtischen Kurie der Jmmobilienbesitzer und Geschäftsinhaber einWahlmann auf 81 Wähler kommt, in der zweiten städtischen Kurieder Wohnungsinhaber ein Wahlmann auf 560 Wähler! Zu welchenUngerechtigkeiten dieses Wahlsystem führt, zeigt z. B. das Gouverne-nient Kiew. Hier wurden in den Städten nur sieben reaktionäreWahlmänner gewählt gegen zwanzig progressive; die Bauern wähltenstch» reaktionäre Wahlmänner gegen 30 progressive, die Arbeiterwählten fünf Sozialdemokraten. Die progressiven Wahlen sind aberniedergedrückt von den 80 reaktionären Wahlmännern der Grund-besitzer, die gewählt wurden von 867 Wählern, während auf dieprogressiven Wahlmänner 14 870 Stimmen abgegeben worden waren!Die Analyse der Wahlziffern führt aber noch zu weiteren inter-essanten Aufschlüssen über die dritte Duma. Nach den ZahlenSmirnoffs erweist es sich, daß von 1 100 Wahlmännern der Groß-grundbesitzerkurie ein ganzes Viertel Gouverneure,Beamte des M i n i st e r S des Innern, Senatoren,Prokuratoren sind, also die„Elite" unserer Bureaukraten, diezu den Wahlen aus Petersburg abkommandiert wurden,Die dritte Duma fft, Ivie die Wahlziffern beweisen, die Dumader Junker und Bureaukraten. Die Bureaukratie hat das Wahl-gesetz für sich gemacht, Stolypin hat seine Handlanger zuWählern bestimmt. Und so ist denn der Ring geschlossen. Wirsind in der dritten Duma wieder bei derselben Bureaukratie an-gelangt, gegen die der Kampf geführt ward und wird. Das alteRegime will durch eine infame Fälschung vortäuschen, die Dumasei der wirkliche Ausdruck des Volkswillens, das Volk sei„derPolitik satt", es wende sich von der Revolution ab, eswolle von liberalen Anschauungen nichts wissen. So lügt jetztdie Regiernngspresse, und sie argumentiert mit der reaktionärenZusammensetzung der dritten Duma. Was diese aber in Wirklichkeitist, das zeigen die angeführten Zahlen.Ueber diese Duma wird das Volk bald im klaren sein. Eswird erfahren, daß eS die H e r r e n- D u m a ist, die Herren-Dumanach unten. Die Duma der Knechtsseclen nach„oben".Mit dieser Duma ist der Zyklus abgeschlossen. Sie kann undwird die großen Probleme des wirtschaftlichen und politischen LebensRußlands nicht lösen. Sie kann nur die Wirren verstärken, derRevolution neuen Nährstoff geben. Und lächelnd wird dann MeisterStolypin wieder zu seiner„Konstitution" greifen— zum Feldgericht....Im Schein der Feuersbrnnste.Unter dem Einfluß der Reprcssivmaßregeln von feiten der Ad-ministration, die die Bauernschaft erbittert und sie der Möglichkeitberaubt, sich zum Schutze ihrer ökonomischen und politischen Inter-essen zu organisieren, treten an Stelle der organisierten Formen derAgrarbewegung immer häufiger Brandstiftungen auf Landgütern.Wie die Zeitungen melden, brennen in einigen Gegenden buch-stäblich ganze Gouvernements schon fortgesetzt einige Monate hin-durch. So wurde in letzter Zeit die LandschaftSvcrwaltungvon SmolenSk mit Berichten von Versicherungsagenten überhäuft,die von den immer öfter sich wiederholenden Feuersbrünsten,verursacht durch Brandstiftungen, sprechen.„In jeder Nacht", sowird aus dem Gouvernement Tschernigoff berichtet,„ist der Himmelvon bluttgem Feuerscheins gerötet." Die Gouvernements Poltawa,Kiew, Podolsk, Kursk stehen in Flammen... Im GouvernementMoskau reichen der Landschaftsverwaltung die Mittel zur Zahlungder Versicherungsprämien nicht auS— täglich laufen mehr als50 Meldungen von Feuersbrünsten in der Verwaltung ein. InMoskau tvüninelt eS gegenwärtig von Agrariern, die die Furcht vorden Feucrsbrünsten aus ihren Nestern vertrieben hat. Die Feuers-brünste hören nicht nur nicht auf, sondern sie wachsen auch in denan Moskau angrenzenden Gouvernements an: So in Tula, Kalugaund Rjäsan.Die Kosaken und die Landpolizisten bleiben natürlich nicht un-tätig, aber Nagaika und Flinte sind ein schlechtes Mittel, sozialeFragen zu lösen. Die Versprechungen der LandschaftSverwaltungvon Poltawa, eine Präinie von 300 Rubeln den Personen zu geben,die zp der Ermittelung der Brandstifter beitragen, ebenso wie die„obligatorischen Verordnungen" des Gouverneurs von Rjäsan, durchwelche die Bauern unter Androhung von Geld- und Freiheitsstrafengezwungen werden, die Feuersbrünite zu ersticken, haben ebenfallskeine Wirkung.Alle diese„Mahregeln" erhöhen nur die Erbitterung der Bauern-Massen, nähre» in diesen nur das Gefühl der Rache. Während dieFenersbrünste immer mehr Gouvernement» ergreifen, führt dieRegierung einen immer hartnäckigeren Kampf gegen jeden Versuch,die Bauerubeweglmg in offene organisierte Formen zu leiten. Esliegt aber auf der Hand, daß nur die Organisattousfteiheit. undnur sie allein. daS einzig wirksame Mittel gegen den„ökonomischenTerror" sein kann._Eue der parte!»Zur Agitation unter den polnischen Arbeiter».In dem im Verlag der. Gazeta Robotnieza* inK a t t o w i tz(Overschlesien) erschienenen Kalender ist eine guteAgitationsschrift gegeben.Der Preis beträgt pro Tausend 60 M, Bei Bestellungen genügtdie vorstehend angegebene Adresse.Das Manifest der Achtzehn und die Fraktion.Paris, 29. Oktober.(Eig. Ber.)Die heutige Sitzung der Fraktion der geeinigten Partei, die aufVerlangen JuleS G u e S d e S und feiner Freunde einberufen wordenwar. hatte die Aufgabe, angesichts des Manifestes der B r o u f f e fchenGruppe eine Klärung herbeizuführen. Dieser Zweck ist nicht er-reicht ivorden.Vier Resolutionen lagen vor. Die erste, von Allard ein-gebracht, wollte die Prüfung der Angelegenheit durch den National-rat, die zweite, von Vaillant beantragt, begnügte sich damit, dieformale Unznlässtgkeit der Defloration hervorzuheben, diedritte, die von S e in b a t eingebracht und auch von Vaillantverteidigt wurde, fordert, daß die Fraktion im Nationalrat für denUebergang zur Tagesordnung eintrete.Diese dritte Resolution wurde mit 17 gegen13 Stimmen angenommen, drei Deputierte enthielten sichder Abstimmung. 19 Deputierte, darunter JaureL waren ab-wesend.Die vierte Resolution ist die des Genoffen JuleS G u e S d e.Sie wurde am Schluffe, von 12 Angehörigen seiner Richtung unter-zeichnet, als Erklärung abgegeben. Sie besagt, daß die Unter-zeichner an der organisch fe st gelegten Aktion der Partei,deren Kontrolle für alle gefordert ist. festhalten. Sie drückenihr volles Vertrauen zu der französischen Sektion der InternationaleauS, in der Geioißheit, daß diese, ihrem Daseinsgrund undihren Statuten gemäß eine Partei des Klassen-kampfes und der Revolution bleiben und gemeinsam mitder Internationale ebenso alle Formen anarchistischerAktion wie jedes Zusammenarbeiten und alleKonfusion mit den Regierungen und denBourgeoiS-Parteien zurückweisen tv e r d c.Eine„Äkläruiig" der„Possibilisten".Paris, 27. Oktober.(Eig, Ber.)Die geeinigte französische Partei umfaßt, wie man weiß.Sozialisten der verschiedensten Schulen und sowohl die revolutionäreals auch die reformistische Richtung sind in den merkwürdigstenSpielarten und Kreuzungen in ihr vertreten. Dieses Nebeneinander-bestehen gegensätzlicher Tendenzen ist nun allerdings nicht», was ihrallein eigen ist, vielmehr tritt es ganz natürlicherweise inallen sozialistischen Parteien zutage. Aber was in den anderenSektionen der Internationale sicher verwunderlich erscheinen wird,ist die Meinung, daß eS möglich sei, einer organisiertenPartei anzugehören und doch zugleich alles zu tun. was man will,ohne Rücksicht auf die von den zuständigen Parteiinstanzen gefaßtenBeschlüsse. Diesen Grundsatz aber hat eine stattliche Gruppe vonDeputierten und Gemeinderäten, die der Partei angehören, mitprogrammatischer Entschiedenheit soeben in einer öffentlichenErklärung ausgesprochen. Diese Erklärung muß um so größereVerwunderung hervorrufen, da doch die Einigung der Partei geradezu dem Zwecke vollzogen wurde, um eine einheitliche Aktion derfranzösischen Sozialisten gegen die Bourgeoisie zu ermöglichen.Der Deputierte Varenne, einer der Unterzeichner, verwahrtsich dagegen, daß man es mit einem Manifest zu tun habe. DieForm einer Erklärung an die Partei sei mit Bedacht gewähltworden. Die Unterscheidung ist so fein, daß ihr schlichtere, informalistische Künste nicht eingeweihte Gemüter nicht leicht werdenfolgen können. Aber bleiben wir dabei, daß wir es mit einer„Er-klärüng" zu tun haben, und bettachten wir ein wenig die Unter-schriftcn und das Programm, das sie decken.Da sind vor allem die Namen von 18 Deputierten: BaSly,Breton, Brouffe, Chauviöre, Coutant, Devsze, DuboiS, Fiövet,Fournier, Goniaux, Lamendin, Lastalle, Paftte, Poulain, Rozier,Selle, Varenne, Veber. Es find dies fast dnrchgehends Deputierte,die ehemals dem„Parti Sozialiste Franeais", der„ministerialistischen"Frakion angehört haben. Verwunderung werden indes die NamenFiövet und Coutant erregen. Breton und Brouffe haben feit derEinigung der Partei in unzähligen Leitartikeln der„Petite Nöpu-blique" die Wiederherstellung des Blocks und die Wiederbeschickungder Delegation der Linksparteien durch die Sozialisten empfoblen.Brouffe hat der Gruppe auch im„Proletaire", dein tvieder-erscheinenden Wochenblatt des seligen PosfibilismuS, ein Organ ge-geben und so mag man die Richtung am tteffendsten mit der An-knüpfung an diesen historischen Namen bezeichnen. Die Bourgeois-presse hat ihr freilich sofort den Lobes- und Neflametitel der„antt-hervoistischen Sozialisten" verliehen, mit vornehmer Ignorierung derTatsache, daß gerade diejenigen Parteigenossen, gegen derenprinzipielle und taktische Grundsätze sich die Erklärung im wesent-lichen richtet, von Anfang au der Hervöschcn Agitation amschärfftcn entgegengetteten sind und darum von Hervs selbst dieärgsten Lnpöbelungen erfahren haben. Der Deputierte Varennevertritt die Polittl der linksrepublikanischen Kooperation als Leit-artikler der radikalen„Lanterne" mit nicht geringerem Eifer alsBrouffe und Breton.Bon den sechs Pariser Gemeinderäten, die gleichfalls unter-zeichnet haben, ist H e p p e n h e i m e r einer der alten AnhängerBrousses, T u r o t aber u.a. auch dadurch bekannt, daß er bei den letztenWahlen für Millerand gegen den Parteikandidaten ge-arbeitet hat.Endlich hat sich den Deflaranten noch Profeffor Fourni�reangeschloffen, der Redakteur der«Revue Socialiste", der seinerzeitin den„Sozialistischen Monatsheften" sogar für die Zulassung der„parlamentarischen Sozialisten"— der Görault- Richard undKonsorten— zum internationalen Kongreß eingetreten ist und langeJcrcmiaden darüber angestimmt hat, daß die Sozialisten die Re-gierung Clemenceau-Briand nicht unterstützen wollten.Die Deklaranten beginnen mit der„energischen Beteuerung"ihrer Anhänglichkeit an die Einheit der Partei undzugleich ihres festen Willens, ihre Meinungsfreiheit und ihreAktionsfreiheit in der Partei aufrecht zu erhalten". Dannfolgt das Programm, das sie in der Partei entwickeln und in denRepräsentativverfammluiigen zur Ausführung bringen wollen.Zunächst wird der Patriotismus der Deklaranten beteuert— wasnach den wiederholten Erklärungen der Gesanttpartei über diesenPunkt nur denjenigen nicht überflüssig erscheinen wird, die aus dieserfeierlichen Verwahrung ein Argument für ihre verleumderische Be-Häuptling werden gewinnen wollen, daß die geeinte sozialistischePartei dem AntipattiotismuS verfallen sei und unter dem Kom-mando HervSs stehe.Die folgenden Ausführungen über die reformistische Politikkönnen übergangen werden, da noch kein Sozialist den Nutzen so-zialer Reformen bestritten und niemals den gewaltsamen Mittelnden Vorzug vor den friedlichen gegeben hat. Wenn die Deklarantengegen die gewalttätigen Methoden im gewerkschaftlichen Kampfe pro-testieren, so ist dazu nur zu bemerken, daß gerade sie diejenigenwaren, die auf den letzten beiden Kongreffen am heftigsten gegendie Kooperation der politischen Partei mit den Gewerkschaften ein-getreten sind. Woher leiten sie auf einmal ihr Recht ab, in getverk-schaftliche Dinge hineinzureden?Die entscheidenden Stellen der Erklärung aber sind diejenigen,die von der„Toleranz" handeln. Darunter verstehen die De-flaranten nämlich da» Recht, sich über die Parteidisziplin hinweg-zusetzen:„Solidarisch in unserer Ertläning, wollen wir es auchgegenüber den Maßnahmen bleiben, die einige von unsbedrohen könnten". Wie man weiß, ist gegen BaSly, Lamendin undGoniaux beim Nationalrat ein AuSschlnßverfahren beantragt worden.Die Versammlung des Rationalrats ist auf den 1. November an-gesetzt. Die Deklaranten aber setzen von vornherein ihre Gruppen-solidarität über die Entscheidung der Partei.Im wesentlichen also läuft die Erflärung auf folgendes hinaus:Die sozialistische Partei soll sich damit abfinden, daß in ihrer Mitteeine Gruppe besteht, die nicht nur die selbstverständliche Freiheit derMeinung beansprucht, sondern auch eine Freiheit der Aktiongegenüber den Entschlüssen der Parteimehrheit. Und die Forderungder Parteidisziplin und das Recht der Parteiinstanzen soll an demWillen dieser Gruppe eine Grenze haben.Diese Erflärung hat begreiflicherweise in der Partei eingroßes Aufsehen hervorgerufen. Eierzehn Deputierte, die derRichtung von JuleS G u e S d e angehören, haben gemeinsam eineFraktionssitzung gefordert, die Dienstag stattfinden wird.In der heutigen„Humanitü" sagt JauräS in seinem Leitartikel ineiner Nebenbemerkung, daß die Reformisten der Partei durch einePropaganda ihrer Ideen weit eher eine Kooperation aller rcform-freundlichen Elemente sichern würden, als durch Deklarationen.Soziales.Eisenbahnprolctarier vor Gericht.Der Berlin-Kölner D-Zug überfuhr, als er nist einer Ge«schtvindigkeit von 90 Kilometer pro Stunde die Station Benrathpassiert hatte, Ende Mai dieses Jahres an der Kreuzung der Pro-vinzialstraße Düsseldorf-Köln ein mit zwei Personen besetztes Fuhr-werk, das durch die geöffneten Stfiranken das Gleise passierte. DerKnecht des Fuhrunternehmers blieb sofort tot. während der Neffedes letzteren, dem beide Beine abgefahren worden waren, balddarauf starb. Dieserhalb stand der Bahnwärter G. vor der Straf-kammer in Düsseldorf unter der Anklage, die Bahnschranken nichtgeschloffen und sich dadurch der fahrlässigen Transportgefährdung undder fahrlässigen Tötung schuldig gemacht zu haben. Der Angeklagtebezieht ein Jahreseinkommen von 800 Mark und hatdamit den Unterhalt von neun Personen: von sich, seiner Frauund sieben Kindern zu bestreiten. G. gibt an, daß er sich seinemPosten, der infolge des lebhaften Eisenbahn-, Fuhrwerk- undMcnschenverkehrS einer der schwierigsten der ganzenStrecke fei, von vornherein nicht gewachsen gezeigt habe;er sei auch wiederholt um seine Versetzung nacheinem leichteren Posten eingekommen— aber erfolg-