früheren Angestellten der Vanlen die gesetzliche Bestimmung beobachtethaben, welche die Höhe der Darlehen, die den Angestellten gewährtiverden darf, auf 10 Proz. des Kapitals der Bank festsetzt. DieUntersuchung soll sich auch darauf erstrecken, festzustellen, ob dieReservefonds der betreffenden Banken sich in Ordimug befinden.Die National Tity-Bank hat das mit Rücksicht aus die ungünstigeFinanzlage nach Europa gerichtete Gesuch um Sendung von löOOÖODollar Gold annulliert.In welcher Weise die Situation von einigen der„Finanz-genieS" ausgenutzt wird, geht ans folgendem hervor: Die Bank-firma G. Pierpont Morgan hat von der Bundesregierung2ö Millionen Dollar zinsfrei erhalten gegen Hinterlegung von�«reuritäten�.«fclche nach Angabe ei»es Fachmannes gegenwärtig„keine acht Cents per Rie»" auf dem offenen Markte erzielen würden.Sie lieh das Geld durch ihre Makler zu 10 bis 20 Proz. Zinse»aus, ihr eigenes gar zu 50 Proz. Die Rockefellersche„NationalCity Bank' pumpte ihre» Maklern 10 Millionen Dollar zu 6 Proz.,welche hinwieder von ihren Kunden ebenfalls 50 Proz. heraus-schlugen. Die Firma Kuhn, Loeb u. Co., mit welcher der Präsidentder letztgenannten Bank. Stillman. in„freundlichen Beziehungen"steht, nahm ebenfalls an dem Segen teil und heimste sogar 60 Proz.ein. Einzelne der in Geldnöte» befindlichen Spekulanten habensogar bis 1000 Proz. geboten.—Der amerikanische Stahltrust verteilt eine regelmäßige Viertel»jahreSdividende von 7� Prozent für die Vorzugsaktien und'/g Prozent für die getvohnlichen Aktien. Nach dem Bericht derDirektoren war der Profit in dem mit September abgeschlossenenVierteljahr 43 304 285 Dollar, eine Zunahme von 5 039 001 Dollarim Vergleich mit demselben Quartal des Vorjahres. Aufträge inHöhe von 0 425 008 Tonnen lagen am 30. September vor, das istum 1 511 870 Tonnen weniger als an demselben Datum 1000.Zur wirtschaftlichen Lage in Rußland.Wie das Ministerium des Handels und des Gewerbes meldet.ist die Ausfuhr von Getreide aus Rußland in diesem Jahre außer-ordentlich groß. Und doch meldet das Ministerium des Innern, daßin diesem Jahre 22 Gouvernements der BerpflegungShiilfe bedürfenund dazu mindestens 7 732 000 Rubel nötig fein würden. Alsogewaltige Ausfuhr deS Getreides einerseits und Hunger andererseits.Und das wiederholt sich in Rußland jahraus jahrein. Die Bauernverkaufen das Getreide, nicht weil sie Ueberfluß daran haben, sondernum Steuern und Pachtgeld zu bezahlen. WaS ihnen übrig bleibt.ist gänzlich unzureichend, um damit das ganze Jahr leben zu können.Und Saatkoni müssen sie nachher zu erhöhte» Preisen wieder ein-kaufen. Mit Kosaken, Feldgerichten. Deportationen uiw. sind dieseWidersprüche im wirtschaftlichen Leben Rußlands nicht zu be-seitigen._Krisenfokge». Der Großindustrielle Wittling in Lemberg istnnt 1 000 000 Kronen in Zahlungsschwierigkeiten geraten.Aus New g o r k wird gemeldet: Die Bankbilanz weist einDefizit auf, wie«S niemals zu verzeichnen gewesen ist. Die Gesamt-sumine der erhobenen Gelder übersteigt den Höchstbetrag, der bisherentnommen worden ist. Der Kassabestand ist der geringste, welcherseit 1005 aufzuweisen ist._Sozialed«Darf ber Titel„amerikanischer Zahnarzt" in Deutschlandgeführt werden?Recht interessante Ausführungen über die Bildung des deut-fchen Publikums zeitigte die in jüngster Zeit vor dem Reichsgerichtangeschnittene Frag- der Titelführung auslandischer Zahnärzte.Kürzlich fällte daS Reichsgericht zu dieser Frage zwei verschiedeneUrteile. Durch das eine wird dein 35jährigen in Amerika studiertenZahnarzt Gustav Wirsing zu Dresden die Führung des Titelsamerikanischer Zahnarzt verboten; das andere gestattet dem nurkurze Zeit in Amerika studierten Zahnarzt Kloeden und der Zahn-ärztin Jacobi, beide in Görlitz, die Führung der Bezeichnungen„approbiert" in Verbindung mit„Doktor»f Dental Surgrry".Beide Unterlassungklagen, die des Dresdener ZahnarztesKühnast sowie die der Bereinigung der GSrliyer Zahnärzte, sindauf§ 1 des Wettbewerbgesetzes gestützt und liegt ihr Schwerpunktin der Feststellung, ob die Bezeichnungen„amerikanischer Zahnarzt"und„Doktor of Dental Surgery" unrichtige Angaben tatsächilcherArt darstellen, und ob das Publikum durch diese Bezeichnungen irregeführt wird.In der Dresdener Sache hatte das Landgericht Dresden dieBcrwechselungSgefahr zwischen dem amerikanischen Zahnarzt unddem deutschen Zahnarzte verneint. In der Berufungsinstanzsprach sich das Oberlandesgericht Dresden aber dahin aus, daß derdeutsche Zahnarzt zu seiner Approbation eine ganz andere Bildungnötig habe als der amerikanisch«, und deshalb das Publikum beiLesung deS Titels„amerikanischer Zahnarzt" leicht glauben könne,derselbe besitz« die nämlichen Kenntnisse oder sei vielleicht nochbesser wie der deutsche. Es bejahte die Berwechselungsgcfahr undverbot die Führung des Titels„amerikanischer Zahnarzt" wegenIrreführung de» Publikums.In der Görlitzer Sache handelt« es sich um drei Angriffe.Einmal waren die Görlitzer Zahntechniker im Adreßbuchs unterdie Rubrik„Zahnärzte" gelangt. Da» Landgericht Görlitz wie daSOberlandesgericht Breslau verneinten jedoch hier ein Verschuldender Beklagten, da dies auf ein Versehen deS Verlegers des Adreß-buchs zurückzuführen sei. Eodan» handelte es sich um die Bc-zeichnung„approbiert". Das Oberlandcsgericht führt hierzu aus,daß das Wort„approbiert" nur mit dem Titel„Doktor of DentalSurgery" zusammen gebraucht werden könne und sich der Deutschenichts besonderes darunter vorstelle, das Wort vielmehr erst Be-deutung im Zusammenhang des Gewerbes habe. Diese Bezeich-nung sage nichts andere», als daß der damit verbundene Titel au«gesetzlichem Wege erworben sei. Und das sei in diesem Falle aucherwiesen, denn die Beklagten hätten an einem respektablen ameri-konischen Institut ihr Examen bestanden. Was aber den Titel„Doktor of Dental Surgery" anlange, so komme es auf das deutschePublikum an und zwar darauf, wie dieses den Titel auffasie. ESmöge wohl ein Teil Leute geben, die darunter glauben, daß sieeinen deutschen Zahnarzt vor sich haben, d. h. einen solchen, der dasExamen auf der deutschen Universität bestanden habe. DieseLeute bildeten aber nicht daS deutsch« Publikum. Au« dem Titelwürde jeder Verständige herauslesen, daß er e« mit einem aus-ländischen Doktor zu tun habe. Wer die Titel nicht verstehe, tuedaS lediglich au» mangelhaftem Jntereffe.DaS Dresdener wie daS BrcSlauer Urteil wurden von denunterlegenen Parteien durch Revisionen angefochten. Zu der Re»Vision gegen das BreSlauer Urteil führte der Vertreter der Ber-einigung der Görlitzer Zahnärzte aus, daß in Beziehung auf daSVerständnis des Publikums gerade darauf ankomme, daß dasWettbewerbgesctz Leichtsinn und Leichtgläubigkeit schützen wolle;eS sei für diejenigen gemacht, die niemals alle werden. Deshalbdürfe nicht damit gerechnet werden, daß das Publikum an einemIrrtum eventuell selbst schuld sei. Diesem widersprachen die Per-«er der Beklagten insofern, als der Titel„Doktor of DentalSurgery" fast jedem Deutschen erkennen lasse, daß es was anderessei als ein deutscher Doktor, den er vor sich habe und das un-lautere Wettbewerbgesetz auch nur dazu sei, um unlauteren Re-ilamen vorzubeugen, aber nicht richtige Behauptungen zu der-bieten. Für die Dummheit der Leute sei es nicht gemacht. DerDeutsche sei im Durchschnitt so gebildet, daß er wisse, was unterdem Dr. med., dem Dr. jur., dem Dr. Phil, gemeint sei, auch denDr. ing. kenne man. Wer sich aber unter dem einen„Doktor ofDental Surgery" ein Wundertier vorckelle, dem sei auch durch dasWettbewerbgesetz nicht zu helfen.Der zweite Zivilsenat des Reichsgerichts erkannte in beidenSachen auf Zurückweisung der Revisionen. Es ist also der Ansicht,daß die Führung des Titels„Doktor of Dental Surgery" und inVerbindung damit die Bezeichnung„approbiert" gestattet, aber dieFührung des Titels«amerikanischer Zahnarzt" verboten ist»Die nützliche» Elemente.In einem Orte bei Wunsiedel fingen zwei Brüder, die Fabrik-arbeiler Seifelt, mit dem Dienstknechl Schädel im Wirtshaus einenStreit an, der in Tätlichkeilen ausartete. Während der ältere Seifertden Schödel festhielt, stieß ihm der jüngere kaltblütig sein griff-festes Messer ins Herz, sodaß der Gestochene nach wenige» Augen-blicken'eine Leiche war. Der Mörder hat bei dem Streik in derPorzella» fabrik Wunsiedel Streikbrecherdienste geleistet, ist also einesjener„nützlichen" Elemente, die scheel anzusehen schon beinahe einStaatsverbrechen ist._Die völlige Unzulänglichkeit der heutigen Yrrenfürsorgewurde auf der kürzlich in Köln abgehaltenen Generalversammlungdes„Hülssvcreins für Geisteskranke in der Rheinprovinz" be-sprachen. Der Direktor der Provinzial-Heil- und PflegeanstaltGrafenberg, Dr. Herting, hielt einen Vortrag über die Hülfsvercincund die kriminellen Geisteskranken. Nach der sich hieran an-schließenden Debatte wurde eine Resolution angenommen, worines heißt:„Der Hülfsverein erwartet, daß nach einer etwaigenReform der Strafgesetzgebung auch der K 493 der Strafprozeßordnung betr. Anrechnung des Krankenhausaufenthalts auf die Straf-zeit auch auf die geisteskrank gewordenen und in eine Irrenanstaltübergeführten Strafgefangenen sinngemäße Anwendung findenmuß und zwar in einer die bisherige Anstaltsbehandlung der un-befcholtenen Geisteskranken nicht berührenden Form. Der Hülfs-verein erklärt eö ferner für wünschenswert, daß die Boraus-fetzungen für die Festhaltung geisteskranker Verbrecher entwederim Wege des Entmündigungsverfahrens oder in einem besonderszu schaffenden Verfahren für jeden einzelnen Fall festgestelltwerden."LandeSrat Horton führte aus, eS fehle jede Rechtsgrundlagefür die Entlassung geisteskrank gewesener Verbrecher.Ein Vortrag deS Oberarztes Dr. Schröder mußte wegen dervorgerückten Zeit ausfallen. Der Redner beschränkte sich darauf,mitzuteilen, daß eine positive?lntwort auf die Frage:„Haben dieGeisteskranke» zugenommen?" nicht gegeben werden könne, weilkeine bündige Statistik über die Geisteskranken besteht. Da die inden Llnstalte» untergebrachten Geisteskranken an Zahl bedeutendzugenommen hätten, sei auf eine allgemeine Vermehrung derGeisteskranken zu schließen.Die im„Hülfsverein" besprochenen Mißstände geben nur einkleines Bild von der völligen Unzulänglichkeit der Jrrcnpflege inTeutschland überhaupt. Diese beschränken sich keineswegs auf die„kriminellen" Geisteskranken. Es fehlt, wie auch nach der Zivil.prozeßordnungsnovelle in Einzelfällen sich offenbart hat, ein hin-reichender Schutz gegen ungerechtfertigte Entmündigung, noch mehrein wirksamer Schutz gegen Unterbringung und Festhaltung Ge-sunder als Geisteskranker in Irrenhäusern und ebenfalls eineGarantie für eine ausreichende, unparteiische Untersuchung deSGeisteszustandes von Zivil- oder Militärgerichten Verurteilter.Der Jnstmann und feine Wohnung.DaS Gesetz vom 24. April 1854, betreffend die Verletzung derDienstpflichten des Gesindes und der ländlichen Arbeiter, bestimmtim§ Sc:„Die Bestimmungen deS§ 1(die bekannten Strafbestim-mungen) finden auch Anwendung auf das Verhältnis zwischen demBesitzer eines Landguts oder einer anderen Acker- oder Forstwirt-schaft, sowie den von ihm zur Aufficht über die Wirtschaftsarbeitenbestellten Personen und solchen Dienstleuten- welche gegen Gewäh-rung einer Wohnung in den ihm gehörigen oder auf dem Gute be-endlichen Gebäuden und gegen einen im voraus bestimmten Lohnoehufs der Bewirtschaftung angenommen sind(Jnstleute, Herrschaft.liche Tagelöhner. Einlieger. Katenleute und dergl.)' Der KnechtW o l n i a k sollte sich durch unberechtigtes Verlaffen de» Dienste»gegen das genannte Gesetz vergangen haben. Wolniak, der miteiner Frau zusammenlebt und mit dieser einen selbständigen Hauö-halt führte, hatte zwar erst auf dem Gut feines Dienstherrn inPosen im Gesindehaus gewohnt, war dann aber wegen Raum»mangels vom Gutsherrn in einer Mietswohnung untergebrachtworden, die außerhalb deS Gutes lag. Es war in Aussicht ge»nommen, daß er später, wenn etwas frei würde, wieder im Ge-ändehaus untergebracht werden sollte. DaS Landgericht Liffa alsBerufungsinstanz sprach nun den Angeklagten deshalb frei, weil ernicht zu den Jnftlruten im Sinne des§ 2c de» Gesetze» gehöre, daein Dienstmann in dem Sinne nur ein solcher sei, dem der Guts-Herr u. a. eine Wohnung in den ihm gehörigen oder auf dem Gutebefindlichen Gebäuden gewähre. Der Angeklagte habe weder ineinem Haufe auf dem Gute noch einem Haufe de» Gutsherrn ge-wohnt, sondern in Räumen, die von einem Nachbarn gemietetwaren.DaS Kammergericht gab der hiergegen eing-legten Revision derStaatsanwaltschaft statt, hob das Urteil auf und verwies die Sachezu nochmaliger Verhandlung an das Landgericht zurück. Der ersteStrafsenat verwarf die Auffassung de» Landgerichts. In dem� 3c heiße e«:.... und solchen Dienstleuten, welche gegen Ge.Währung einer Wohnung usw. usw. angrnommen sind." Diese»:„... angenommen find" sei da? wesentliche. ES komme daraufan, ob der Vertrag zum Ziele hatte, den Mann zwecks Bewirtschaf-hing gegen Lohn und Wohnung in einem dem Dienstherrn ge-hörigen oder auf dem Gute befindlichen Gebäude anzunehmen, undob die Vertragsbedingungen zunächst auch erfüllt wurden. Derbloße Umstand, daß der Dienstherr eS nötig finde, ihn dann ander-weitig unterzubringen, ändere nichts daran, daß er als Jnstmannangenommen sei. Man denk« daran, daß daS HauS des Dienst.Herrn abbrenne. Sollten dann die Leute den Dienst lösen dürfen?DaS fei nicht der Fall. Es komme auf den Einzelfall an. Beidem hier festgestellten Tatbestande, wo der Knecht anderweitig nuruntergebracht wurde, weil der Raum im Gesindehause knapp ge.worden war, und wo die Absicht bestand, ihm bei Gelegenheitwieder eine Wohnung im Gesindehause zu geben: da habe W. denCharakter des JnstmanneS gemäߧ 2c des Gesetzes vom 24. April1854 nicht verloren.Diese Entscheidung des Kammergericht» steht in allerschroffstemWiderspruch zu der historischen EntWickelung deS Institut« berJnstleute. zu dem Begriff eine» JnstmannS, zu der EntstehungS-geschichte des Gesetzes von 1854 und zu den bislang allseitig an-erkannten Auslegungsregeln eines Gesetzes. E» widerspricht diesenAuslegungsregeln auf das allcrentschiedenste, dem Buchstaben einesGesetzes über den Zweck und Sinn der gesetzlichen Vorschrift dieHerrschaft einzuräumen. DaS tut aber die kammergerichtliche Ent«scheidung im Gegensatze zu der de» Landgerichts. Die preußischenLandstände hatten ja gar im Jahre 1837 beantragt, die JnstleutealS Gesinde zu behandeln. Eine Kabinettsorder von 1838 wie«dieS Ansinnen zurück. Da» Gesetz von 1854 unterwirst Inst-leute usw. nicht deshalb, weil ihnen eine steie Wohnung ver-fprochen, sondern weil ihnen eine solche eingeräumt ist, den straf.rechtlichen Ausnahmebestimmungen des Z 1(wegen unbefugtenBerlassenS des Dienstes, Vergehens usw.). weil sie gemeinhin daSGesindehaus mit dem Gesinde teilen. Fällt diese ausdrücklich imGesetz betonte Voraussetzung fort, so entfällt auch die Möglichkeiteiner Anwendung des Gesetze». Wäre des Kammergerichts Buch.stobeninterpretation zutreffend, so würden die Jnstleute danach ja garschon strafbar sein, bevor sie in Dienst getreten st"»», weil ihnen jaeine Wohnung versprochen ist. Der Fall zeigt von neuem, wiedringend gewerkschaftlicher Zusammenschluß der Landarbeiter unddeS Gesindes ist und ausdrücklicher Ausschluß der gegen sie gcrich-teten Ausnahmegesetze durch Vertrag, solange die Schmach bcson-derer gegen die ländliche Arbeiterklaffe und das Gesinde gerichteten Ausnahmegesetze in Deutschland nicht durch die Gesetzaebungbeseitigt ist._Em der frauenbewegiiiig*Der Liberalismus und die bürgerlichen Frauen l„Sprich mir von allen Schrecken, nur nicht von der— Frauen-bewegung." Dies ist der Stoßseufzer, der sich bei jedweder Ge-legenheit dem Munde der wackeren Freisinnsmannen entringt undder auch in allen Versammlungen und Reden den Grundton bildet.Die edlen Spießerseelen verspüren schon mit Schreck und Graus denErdball in seinen Fugen erzittern, wenn auch nur mit einem Wortvon der Emanzipation des weiblichen Geschlechts und von seinenRechten im Gegensatz zu seinen Pflichten die Rede ist. Am schärfstentritt dies bei der Aufrollung der Frage des Frauenstimmrechts zu-tage. � Hier offenbart sich die ganze Engherzigkeit, Borniertheit undRückständigkeit des Bierbankphilisters, daß jeden modern denkenden,fortschrittlich gesinnten Menschen das Gefühl des Mitleids über-kommt. Der beschränkte Bürger merkt nicht die treibenden, ge-schichtlichen und wirtschaftlichen Kräfte, die eine vollkommene Um»ivandlung der überkommenen Anschauungen und Einrichtungen be-dingen. RatloS steht er dem ehernen Gesetz der Entwickelunggegenüber, das mit unverrückbarer Sicherheit sich seinen Weg bahnt.Die fabelhafte Ausbreitung der Industrie und de» Handels, dierevolutionierende Wirkung der Maschine, der Dampfkraft, derElektrizität, die stetige Vervollkommnung der Technik, allesFaktoren, die im ökonomischen und gesellschaftlichen Leben Um-ivälzungen von eminenter Bedeutung hervorriefen, die mit denalten, patriarchalischen Zuständen ausräumten, die das Familien-leben einer Umwandlung unterzogen und Millionen Frauen vorden wirtschaftlichen jwmpf stellten, sind spurlos an dem ver-kümmerten Spicßerhirn vorüber gegangen. Nur wenige, ach, sowenige sind es in den bürgerlichen Reihen, die mit offenem Blickund sozialem Verständnis Ursache und Wirkung dieser neuen Er-scheinung zu erfassen und zu würdigen suchen. Namen wie Gerlachund Breitscheidt tauchen gleich freundlichen Oasen in der öden,dürren Wüste steisinniger Politiker auf. Dies zeigte sich wiederin der von uns besprochenen Versammlung des„PreußischenLandesausschuffes für Frauenstimmrecht" direkt sinnenfällig. DasReferat GerlackiS war getragen von gut demokratischen Anschauun-gen, wenngleich auch der Kern der entschiedenen, unweigerlichenStellungnahme, des unerschütterlichen KampfesmutS und des un-beugsam eisernen und konsequenten Willen? von unserem Stand-Punkt aus, nicht genügend herausgearbeitet war. Doch, von alle-dem abgesehen, ivar es ein erfreulicher Lichtstrahl aus der Dunkel-kammer des Freisinns, und hob sich wohltuend ab von der Schaukel-Politik jener„Auch"liberalen, die mit den Namen„Demokratie"und„Liberalismus" nachgerade einen Unfug treiben, den manpolizeiwidrig nennen kann. Desgleichen berührten unS die Ausführungen Breitscheidts in angenehmer Weise, wenn auch dieFreude stark beeinträchtigt wurde bei dem Hinblick darauf, daßdiese beiden weißen Raben Rufer in der Wüste sind, Anführer ohneGefolgschaft. Tie„linksliberale" Frauenrechtlerin, FräuleinLischnewska, verlieh ihrer Freude unverhohlen Ausdruck, daß dasböse Zentrum und die noch bösere Sozialdemokratie zurückgedrängtseien und gab dem edlen Mischmaschblock ihren jungfräulichenSegen. Bezeichnenderweise fand sie in dieser bürgerlichen Versamm-lung keinen Resonanzboden und als sie gar noch gegen(I) die so-fortige Einführung des Reichstagswahlrechts sprach und recht„sachteund stufenweise" vorzugehen empfahl, zog sie sich den ungeteiltenUnwillen der Versammlung»u. WaS sonst noch von den bürger-lichen Rednern verzapft wurde, war„um auf die Bäum« zuklettern". Sin Sozialdemokrat, der rückhaltslos die Forderungdes ReichStagSwahIrechts für Männer und Frauen vertrat, erntetein dieser gegnerischen Versammlung lebhasten Beifall. Uebcrhauptdämmert eö jetzt merklich auch in der bürgerlichen Frauenwelt undman kann daselbst schon ansteigende» Jntereffe für öffentliche An-Gelegenheiten feststellen. Nur sollten sie nicht der lockenden Pfeifedes freisinnigen Rattenfängers folgen und sich nicht Sand in dieAugen streuen lasten. Hier paßt da» Wort: Die ihr hier emtretet.lasset alle Hoffnung hinter Euch! Wer auf den Freisinn hofft.hofft Umsonst....-„».-riWie in allen vorwärtSwetsenden, bahnbrechenden Fragen isteS auch hier wieder einzig und allein dt« Sozialdemokratie, dieuneingeschränkt für volksrechte eintritt. Sagte doch selbst Herrv. Gerlach: ES wäre zwecklos, jetzt das yrauenwahlrecht zu der-langen. Wir aber sagen: zwecklos ist das Harren und Zögern. daSZagen und Zaudern. Heraus mit dem ReichstagSwahlrecht fürManner und Frauen! Mit vereinten Kräften und schmetterndenFanfaren hinein in den Wahlkampf und die junkerlichen Trutzfestenwerden unter dem Ansturm de» Volles in sich selbst zusammensinken:Rache oder Recht?Vor einiger Zeit(Nr. 211 vom 1. August) stand in der„Frank.furter Zeitung" eine Aeußerung des bekannten Psychopathologe»und Neurologen Dr W. Hellpach zu dem Fall Hau. In begrüßens-werter Weise war der dem modernen Rechtsempfinden entsprechendeStandpunkt begründet, daß nicht„dekadente Sentimentalität".sondern die unserer Einsicht und Kultur genugtuende Gerechtig-keit es verlange, daß sowohl bei der Strafbemessung als auch bciniStrafvollzug das psychologische Moment stärker berücksichtigt werde.Man müsse auch hler individualisieren und nicht vom Standpunktder Vergeltung und deS GcgenschlageS, sondern von dem der er-ziehlichen Beeinflussung und Besserung auf der einen, dem deSSchutzes und der Abwehr auf der anderen Seite, zu Straffest-setzung und-Vollzug kommen.Die ebenso sachliche wie schlüssige Beweisführung, auf Grundderen H. zu feinen Deduktionen kommt, hat einen Vertreter derklassischen Kriminalogie nicht ruhen lassen. In einer Sprach«, diede» delphischen Orakel» würdig wäre, sich aber dennoch al» die„auf einen einfachen Ausdruck" gebrachte Sprache Kants deklariert,erhärtet Herr AmtSgerichtSrat Marcus aus Essen, daß das alt-testamentliche..Auge um Auge und Zahn um Zahn" jung undschön und erstrebenswert fei— heute wie vor 5000 Jahren. Die„Legalmottvation"(auf diesen„einfachen" Ausdruck wurde dieKantsche Terminologie zurückgeführt) im Gegensatz zur„Opportuni-tätSmotivation". Habe ich« recht verstanden, so bedeutet da», daßdie schnöden Neuerer der unverbrüchlichen Begründung des RechtS-bruches aus einen, absoluten, d. i. also ewigen Recht und einerdiw Moral eine Begründung auS der besonderen Wesenheit deSjeweilig vorliegenden StraffallcS entgegensetzen. Sie individuali.sieren. Und sie erschweren die Sachlage durch Berücksichtigungenopportunistischer Art. Nicht nur Charakteranlage, LebenSgang undMilieu des Straffälligen sollen da herangezogen und geprüftwerden. Diese Umstürzler wollen bei der Behandlung und Be-urteilung von Straffällen den für die Allgemeinheit zu erwar-tenden Swaden oder Nutzen mitberücksichtigt haben. Wenn danicht die Sintflut kommt!Unserm Klassiker Preßt da» denn auch den Ruf avS:„Einoberstes Sittengesetz lautet: Der Mensch— also auch der Ver-brecher— soll nicht als Mittel zum Zweck der Opportunität, d. b.de» Nutzens anderer Menschen behandelt werden; vielmehr sollder Mensch nur dem über aller Opportunität stehenden reinenGesetze, der Gerechtigkeit unterworfen sein. Dann aber ist da?Verbrechen ein Bruch des Gesetze», die Strafe aber ist nichts, alsder physische Gegenstoß gegen den GcsetzeSbruch, und nach den,Prinzip des reinen Gesetzes, das wir nach der Analogie desNaturgesetze? anzuwenden haben, besteht die physische Reaktion ineiner äquivalenten Gegenwirkung gegen den Stoß."So wird da? Verbrechen ganz roh, ganz mechanisch zum„BruchdeS Gesetzes", de» ewigen, unverrückbaren Gesetzes, und die Strafeist der„Gegenstoß". Man greift sich an der. Kovf. Ist dasmöglich? Ist all unser« psychologische Forschung, all unsere aufErgründung der Psychopathologie gewandte Mühe umsonst gc-Wesen? Gi bis wirklich psychologisch geschulte Menschen, Richtergar, die so denke», so urteilen und im Zusammenhang den„un-mittelbar einleuchtenden" Satz formulieren:„Man soll dieGrenzen der Wissenschaften nicht ineinander laufen lassen."Und doch läuft in dieser Welt alle? ineinander. Alle» istUrsache und Wirkung zugleich. ES gibt weder in der Wsssenschäftnoch im Leben deutlich erkennbare Grenzen oder gar unüberbrück-bare Scheidungen. Alle? fließt. Die alte Weisheit des Heraklitbesteht heute wie je. Wir, wir selbst sind eS, die in Recht, Wissen»schaft und Leben Grenzen ziehen und Unterscheidungen machen.Diese Grenzlinien hat die Not gezogen. Die nun einmal gegebenequantitative und qualitative Beschranktheit menschlichen Intellekts,der nicht alle» zugleich umfassen und ergründen kann.Das Genie überspringt die Schranken.