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sämtliche» Nebenstmßcn der Duma sowie in verschiedenen Stadtteilen Militär aufgestellt. Zu den Straßen nahe der Duma ist der Zutritt nur den Besitzern von Karten gestattet. Jede Ansammlung wurde strengstens verboten. Petersburg, 13. November.(23. H> Die vom Minister- Präsidenten Stolypin   und dem Chef der kaiserlichen Gchcimkanzlei Tanejew abgefaßte Thronrede, mit welcher morgen die Eröffnung der Reichsduma erfolgt, wird die Unerschütterlichkeit deZ im Oktober- manifest verkündeten kaiserlichen Willens betonen. Der Kaiser soll erklärt haben:Was einmal gegeben ist, wird nicht wiedu genommen."__ Sie Zwingkrg nieder! Herrn Barth müssen die Liberalen wirklich ausschließen. Der Mann ist kein Freisinniger mehr. Läßt er sich doch nicht einmal durch die schönsten Phrasen imponieren. Welch schöne Worte hat doch Naumann, von den liberalen Schönrednern der am schönsten Redende, mit und ohne Benutzung Schillers gesunden, und Barth, dieser prosaische Mensch, ist noch immer nicht zufrieden, verleugnet frech den Glauben an die Worte und will durchaus Taten sehen I In einem Artikel imBerk. Tagebl.' kritisiert Barth mit schneidendem Hohn die Frankfurter   Tagung. Der Gegensatz des ehrlichen Demokraten z» Raumann kommt dabei klar zum Ausdruck. Naumann habe verlangt, daß das Volk aufgerüttelt werde. Aber, meint Barth den meisten von denen, deren Taktik er verteidigt, muß man zurufen: Riittelt euch selbst auf l Wie könnt ihr verlangen, daß daS Volk sich in Bewegung setzt, wenn ihr selb st nichts tut, um eZ in Bewegung zu bringen?" Dann aber fragt Barth nach dem Nutzen der Frank- furter Tagung: Wo ist denn in all den Reden der Wille zur Tat er- kcnnbar? Eine Volksbewegung muß organisiert werden.... Man hat den Schatten Attinghausens beschworen und die Einigung air sich gepriesen. Mir scheint. man hätte von dieser Einigung einen weniger blassen Eindruck bekommen, wenn man hätte ankündigen können, daß die drei Gruppen sich über ein einheitliches Vorgehen gegen das elendeste aller Wahlsysteme verständigt hätten, daß man einen einheitlichen agitatorischen Zentral- Punkt geschaffen habe, kurz und gut, das tun werde, was Naumann das Aufrütteln deS Volkes nennt. Eine solche Aktion, bei der die drei Gruppen ein gemein- sameS Ziel, mit gemeinsamen Mitteln, von einem gemein- samen Mittelpunkte aus anzustreben hätten, wäre eine einigende Tat gewesen, und ein Appell an die liberale Bevölkerung, sich bei dieser Mobilmachung aller Kräfte zum Sturm aus die Zwingburg mit in Reih und Glied zu stellen, würde schwerlich versagen. Aber wo blieb in Frankfurt   auch nur die Andeutung, daß man bereit sei, sich zu einer Tat zu einigen?Ich höre daö Geklapper einer Mühle, doch sehe ich kein Mehl." Man versichert uns, daß die drei Fral- tionen eiir Herz und eine Seele seien, daß die Einigung unter ihnen vollkommen ist. Schön! Aber eine Einigung hat nur Wert, wenn sie erfolgt, um ctwa-Z zu tun, nicht wenn sie geschieht, um gemeinsam nichts zu tun. Im Kampf gegen das Dreiklaffenwahlsystem haben die > parlamentarischen Fraktionen bereits daraus verzichtet, ihre Stellung inr sogenannten Bülow-Block zu frukiifizieren, um in dem Kampf gegen die Zwingburg wenigstens einen Außeiiposten zu er- vbcrn. Die Diskussionen der letzten Wochen habendem preußischen Ministerpräsidenten wie den Konservativen die volle Beruhigung wiedergegeben/ daß sie von den Freisinnigen in der kommenden Session des preußischen Ab- geordnetenhauseö nichts Schlimmes zu befürchten haben. ES wird bei der rednerischen Klarlegung des Prinzips fein Bewenden haben, und da Fürst Bülow   gegen eine oonksssion 60 foi nicht daS mindeste einzuwenden hat. so wird das umgehängte Löwenfell niemand erschrecken. ES wird sich im besten Falle um ein Turnier, aber nicht um eine Schlacht handeln." Nachdem sich Barth über das Geschrei lustig gemacht hat, mit dem man jedem, der voin Freisinn ein Eintreten für seine Prinzipien verlangt, als Parteiverräter bezeichnet, schildert er kurz und trefflich die Verfehltheit der freisinnigen Blockpolitik: Man rückt init dem große» Spieß des freisinnigen Programms, in dem das Reichstagöwahlrecht auch für Preußen gefordert wird, ins Feld, Gegen wen aber richtet man diesen Spieß? Etwa gegen die preußische Regierung, die nicht die geringsten Anstalten macht, den» L i n k S l i b e r a l i s m u s auch nur die kleinste Konzession zu bewilligen? Oder gegen die Konservative», welche die Mauern und Zinnen der Zwingburg besetzt holten? Oder gegen die Nationalliberalen, die, außerhalb deS Wallgrabens stehend, mit Pluralwahlrechtö- Forderungen und ähnlichenReform- Vorschlägen" den Weg zur Zwingburg auch ihrerseits nach Möglichkeit verlegen? Beileibe nicht! DaS sind ja alleS Blockfreunde, denen man nichts ErnsthasteS zuleide tun darf. Der Block könnte ja sonst auseinander fliegen. Man richtet den Spieß vielmehr gegen die Sozialdemskraten, die in dieser Frage genau dasselbe wollen wie die Freisinnigen, ohne deren Unterstützung eS auch nie möglich werden wird, die Zwingburg zu stürmen, und in zweiter Linie gegen das Zentrum, das zwar ein recht unsicherer Kantonist ist, aber, soweit die Reform deS DreiklaffenwahlrechtS in Betracht kommt, jedenfalls er- heblich weiter geht als selbst die National- liberalen, Angesichts dieser.Haltung spricht nian von einer Aufrüttelung der liberalen Wählerschaft, fordert man eine leidenschaftliche Agitation, beklagt man sich über die Flauheit der Wähler, Die freisinnige Blockpolitik bildet ja geradezu cinru Au- reiz zur Flauheit. Wie kann man ein Volkshcer zum Sturm auf die starke Festung auffordern, wenn man zugleich die Parole aus- gibt: Aber schont mir die Verteidiger der Festung!? Muß nicht der einfache Mann zu der Ueberzeugung kommen, daß der Appell der inneren Wahrhaftigkeit entbehrt?" Barths Artikel schließt damit, daß eine BolkSbcwegung für das Wahlrecht heute zehnmal wichtiger sei als alle FraktionSpolitit. Dies allein könne den Freisinn ous der verfahrenen Situation noch retten. Aber dieser Freisinn, glauben wir, ist nicht mehr zu retten. Barths Warnungen werden ungehört verhallen, wie einst die Rufe der Kaffandra. Nicht mit den Fraktionspolitikern, mit den Nullen der Freisinnigen Volkspartei  , die für ein Lächeln Bülows zu allem bereit sind, nicht mit dem Ehrgeizigen der Freisinnigen Vereinigung  und den Ermüdeten der Süddeutschen Volkspartei, nicht mit dem im Verrat seiner Prinzipien geeinigten Liberalismus, sondern nur gegen ihn läßt sich die Politik der Demokratie noch machen I Flottentreiber und KonflHttskhiirer! Ausgerechnet in dem Augenblick, wo nach den Ver- gcherungen der bürgerlichen Presse Wilhelm II.   in Eng­land weilt, um die Beziehungen zwischen Deutschland   und England freundschaftlicher gestalten zu helfen, veröffentlicht daS Organ der Panzerflottenpatrioten, die R h e i n i s ch- W e st» fälische Zeitung", einen fulminanten Artikel, dessen Spitze gegen dasjenige Land gerichtet ist, um dessen Freund­schaft gerade jetzt der deutsche Kaiser wirbt! DieRh.-Westf. Ztg." beschwört Deutschland  , doch ja das Flottcnrüsten im beschleimigsten Tempo fortzusetzen. Unter lebhafter Zustimmung siihrt sie Darlegungen ins Feld, die der bekannte literarische Flottentreiber Graf Ernst Reventlow  in einer kürzlich veröffentlichten Broschüre niedergelegt hat. Reventlow wendet sich mit aller Entschiedenheit gegen die Anfsassung, daß sich Deutschland   nicht eine England ebenbürtige Flotte schaffen könne. Deutschland   könne vielmehr seine Rüstungen ganz außerordentlich beschleunigen. Mangel an technischem Personal werde nie einttcten:unsere Personalguellen sind unerschöpfli ch". Auch die deutschen   Schiffswerften seien nach ihrer eigenen Auskunft imstande, auch den userlosesten Bauplänen zu genügen. Hätten sie doch selbst als mög­liche Jahresleistung angegeben: Die Gerniama-Werft zu Kiel  : Jährlich mindestens zwei große Schiffe, Die HowaldtS-Werke Kiel  : Jährlich ein großes Schiff. Die Vnlkan-Werft Stettin  : Zwei Schlachrschiffe und zwei Panzerkreuzer pro Jahr: nach Ausbau der Hamburger   Filial-Werft erhöht sich die Leistungsfähigkeit um 50 bis 75 Prozenc. Die Werft von Blohm u. Voß, Hamburg  : Zwei große Schiffe pro Jahr, Die Schichau  -Werft Elbing   und Danzig  : Zwei große Schiffe pro Jahr, Die Wcser-Werft Bremen  : Bier große Schiffe pro Jahr. Die beiden kaiserlichen Werften zu Kiel   und Wilhelmshaven  zusammen wird man mit einem großen Schiff pro Jahr als Minimalmaß in Anschlag bringen können. Nach diesen Richtungen hin seien also dem Flotten- rüsten keine Schranken gesetzt! Es sei aber auch möglich, England trotz ge- waltig st er Gegenrüstungen den Rang ab zu- laufen: Je mehr Deutschland  durch wirkliche erstklassige Schlachtschiffe mit mächtig st er Armierung" den Flottenbauin die Höhe treibe", desto mehr leide darunter die Qualität der englischen Schiffsarmierung. Die englischen 30,5 Zenttmeter- Geschütze seien den Kruppschen Riescngeschützen nicht gewachsen. Folglich möge man endlich aufs Ganze gehen und den Konkurrenzkampf mit der englischen Flotte energisch aufnehmen! DieR h ein.- W e stf. Ztg." stimmt diesen Scharf- machereien enthusiastisch zu.Alle Vaterlandsfreunde" sollten der Reichsrcgierung ins Gewissen reden", damit sie ihre Forderungen im Reichstag nichtverzettele" undden einzig möglichen Grundgedanken unserer Kriegsvorbe reitungen,«iicntwegte Offen­sive" ernstlich ins Auge fasse! So arbeiten die publizistischen Vertreter des Panzer- platten- und Kanonenkapitals an derAussöhnung" mit England! Aber die Regierung, die hurrapatriottsche Volksvertretung haben diese abettvitzigen Flottentreibereien selbst verschuldet. Sie haben den Panzerplattenpatriotismus, die vom Kriegs- rüsten und von Kriegsgelüsten lebenden Riesenbetriebe selbst großgczüchtet, die jetzt als ihr gutes Recht den tollsten Flotten- wettlauf mit England fordern l Daß die Nation dabei materiell verblutet, daß dieses Wettrüsten schließlich zur Katastrophe führen muß, kümmert sie nicht: in den Schrecknissen des BölkerkriegS blüht gerade ihr Weizen! Und da will man dem Volke noch einreden, daß Kaiser- reisen wieder gut machen könnten, waS ein verbrecherischer Kapitalismus sündigt?!_ Marokko  . Tanger  , den 27. Ottober.*)(Eig. Ber.) Bei der Trauerfeicr, die nach dem letzten Mißerfolg statt­fand, den die Franzosen vor Casablanca   erlitten, sagte der General Drude, an die Chasseur d'Afrique gewandt:Ihr habt Euren Führer und Euren Kameraden verloren, Ihr müßt diese beiden Toten rächen und ich rechne auf Euch, ich verpflichte Euch beim nächsten Male kräftiger auf diese Horden von Banditen einzuhauen, die Euch die Beiden getötet haben." Horden von Banditen! General Drude kennt also nicht die Bedeutung gcwisserAusdrücke? Die Marokkaner, die ihr Land verteidigen, sind keine Banditen. Während deS letzten August hat man beinahe täglich den un- zähmbaren Mut, die Tapferkeit, die Kühnheit dieser Leute kennen lernen können, die sich wie Helden gegen einen Feind geschlagen haben. der sie auf mechanischem Wege durch Melinitkugeln tötete. Diese Männer, die eine solche Miß- achtung ihres Lebens zeigten in der Verteidigung ihres Rechts, sind keine Banditen. Man glaubte sie tot, aus- gerottet. und siehe da. sie kamen stärker wieder. als vorher. Das ist's, loas den Acrger General Drudcs erttärt, der gezwungen ist, sich in einer sehr eng begrenzten Zone, in der Defensive zu halten. Am folgenden Tage überschritt Oberstleutnant Dustetey, der eine RckognoSzierungstruppe aus zwei Eskadronen Kavallerie und zwei Kompagnien Infanterie kommandierte, die Grenze der besagten Zone und näherte sich einem der Konzentrattonsortc der Chaouia. Diese stürzten sich sofort auf den Gegner, der auf dem Puntt war, zu unterliegen, als General Drude mit der Artillerie erschien. Es war höchste Zeit. Eine halbe Stunde später hätte die Kolonne Dufretey, deren Munition erschöpft war. eine schreckliche Nieder- läge erlitten. Als derselbe Fall sich im umgekehrten Sinne ereignete, d. h. als ein Trupp Marokkaner sich dem französischen   Lager näherte, hat man die Kanonen der Kriegs- schiffe auf sie gerichtet und alle Truppen haben sich unter dem höllischen Feuer der Schnellfeucrgeschütze und der Mittaillcusen auf den Feind gestürzt. Man hat selbst noch außer- ordentlichere Sachen gesehen als diese. Man hat einen Kugelregen herabprasseln sehen auf einen friedlichen Beduinen, der sich in Begleitung eines Esels in den Umkreis verirrt hatte, der von den Schrapnells bestrichen wurde. Zum ersten Male, da die Franzosen ohne Artillerie mit den Arabern zusammenstießen, wären sie fast mit dem Säbel besiegt worden. Sie wurden nur gerettet, weil die Kanonen in Tätigkeit traten. Bei solchen Vergleichen kommen die Vertreter der europäischen   Zivilisation nicht besonders gut weg. In der Umgegend von Casablanca   ist alles wüst. Kein Baum, kein HauS steht noch. Die Felder, die Obstgärten, die Pflanzungen, die sonst von Fruchtbarkeit und Leben strotzten, sind kahle Sandhaufen, cmf denen nichts wieder scheint wachsen zu können. Außerhalb der Tragweite der Kanonen zeigt das Land sein gewöhnliches Aussehen. Die Chaouias bilden den Haupttcil der Mahalla Muley Raschids, deS Führers, dem ) Der Brief traf verspätet«i» Sultan Muleh Hafid die Avantgarde unterstellt- hat. Die Franzosen können sich keine Illusionen mehr über die Haltung der Stteitkräfte des neuen Sultans machen. Die blutige Ueberraschung der letzten Tage hat sie genügend belehrt. Muley Hafid predigt unter der Bevölkerung des Südens den Widerstand gegen die Eiudringlinge, während Muley Abd-el-Aziz, ausgelöst von den europäischen   Finanzmännern, Marotto der Spekulation und der Bewucherung ausliefert. Er ist zu Rabat   iu höchsten Nöten. Die Franzosen lenken seine Bewegungen, indem sie vor seinen Augen die Millionen der Anleihe tanzen lassen. Der Geruch der Leichen hat Abenteurer wie Raubvögel aus allen Ecken Europas   nach Marokko   gelockt. Man versucht hier die undenkbarsten Geschäfte und selbst solche, die man nicht für denkbar halten sollte. Die Kabaretts schießen zu Tanger   und Casablanca   wie Pilze aus der Erde. Man hört nur von Aktiengesellschaften, Unternehmungen und Geschäften sprechen, aber die Geschäfte stocken. Die europäischen  Arbeiter, die vor einigen Monaten hier ihren Unterhalt einigermaßen gewannen, sind jetzt ins schwärzeste Elend ge- stürzt. In der Mehrheit Spanier, wagen sie nicht fort- zuziehen, denn auf der anderen Seite der Meerenge erwartet sie noch schrecklicheres Elend als im Lande Marokko  . Bis jetzt haben nur die Politiker und die Schwindler Nutzen von Marotto. Es wird wahrscheinlich lange Zeit so bleiben. Zu ihnen kommen noch jene, die infolge der Akte von Algecieras glänzende Honorare auf den Titel eines Kommissars der Staatsbank oder eines Inspektors der öffent­lichen Arbeiten, eines RegierungSarchitekten, eines General- inspekteurs und Jnstrutteurs der künstigen Polizei beziehen. Alles auf Kosten eines bankerotten Staates, der sich darin ergibt, diese Armee von Parasiten zu bezahlen, um zu zeigen, daß er fortschrittliche Ideen annimmt und den Weg der Reformen geht. Die Ausbeutung des Maghzen durch Europa   ist eine alte Gewohnheit, die sich in vielfachen Formen zeigt. Ich will nur von den Kosten sprechen, die die außerordentlichen Gesandtschaften dem scherifischen Schatze machen. Sobald eine Gesandtschaft gemeldet ist, wird ein Amin(Verivalter) ernannt, der für alle Bedürsinsse des Gesandten' und seines Gefolges sowohl auf der Reise als in der Stadt, die die augenblickliche Residenz des Sultans ist, zu sorgen hat. Man hgt früher die Vertreter der großen Mächte bei ihrer Rückkehr nach Tanger   den Uebcrschuß öffent- lich meistbietend verkaufen sehen. Da waren wahrhafte Ballen von Kerzen, Zuckerhütcn, Kisten Tee usw. Jetzt ist der Maghzen weniger freigiebig und die Skandale sind so groß gewesen, daß die Diplomaten selbst Furcht haben, sich lächerlich zu machen und eine gewisse Zurückhaltung bewahren. So besteht die Monna (wöchentliche Ratton) der französischen   Gesandtschaft zu Rabat  , die sich aus IE Mitgliedern zusammensetzt, aus folgenden Lebensmitteln: Eine Hammelkeule alle zwei Tage, zwei Rinderfilets alle zwei Tage; 15 Hammelnicren alle vier Tage; 8 Pfund Rindfleisch, 150 Eier, 5 Hühner, 2 große Kannen Milch, 8 Pfund Brot und 5 Kilogramm Hülsenfrüchte jeden Tag. Dabei braucht man gewiß nicht zu hungern. Jeder Diplomat empfängt pro Tag:% Pfund Fleisch. i/z Pfund Brot, 31 Gramm Hülsenfrüchte, etwas mehr als % Huhn, 9 Eier, 1 Glas Milch; außerdem hat er alle zwei Tage Rinderfilet und Hammelkeule und einmal in der Woche eine Hammelniere. In einem Monat machen diese Lebens- mittel eine respektable Summe aus, aber das arme Volk zahlt sie. In der Tat, der Amin   hat die Aufgabe, die armen Bauern regelmäßig zu schröpfen; sie werden unbarmherzig ausgeplündert, und es gibt Dörfer von Elenden, die schon halb Hungers gestorben sind, die die Verpflegung liefern. womit sich die außerordentlichen Gesandten der großen und reichen zivilisierten Staaten ohne Kosten ernähren. Tie ländliche Bevölkerung der Umgegend von Rabat   betrachtet die Gesandtschast wie einen reißenden Strom, oder sie vergleicht sie mit ein«: großen Dürre, oder einem Einfall von Heu- schrecken. Die Ereignisse im Süden des Reiches bleiben ein ver- wickcltes Rätsel, das sich erst mit einem Krach entschleiern wird. Die Aufregung gegen die Fremden steigt im Innern beständig und Muley Hafid baut seine Pläne auf die Ein- Mischung der Franzosen  . Kein Marokkaner spricht mit Sympathie vom Sultan Abd-cl-Aziz. Die marokkanische Frage ist wie eine Pastete, deren Kruste man angeschnitten hat, ohne daß irgend jemand genau weiß, was sie in ihrem Innern birgt. Sie enthält Ucberraschungen, die sehr unan- genehm sein werden. Deshalb zögert man weiter zu gehen. Alles beruht auf der Fiktion des französisch  -spanischen Einvernehmens, das in Wirklichkeit nicht besteht, an das niemand glaubt, aber das dazu dient, den Schein zu wahren. womit sich die Deplomatie zufrieden gibt, die sich gern mit Formeln begnügt, selbst wenn sie die Falschheit und Haltlosig- keit dieser Formeln erkennt. Die obenerwähnte Formel gründet sich bisher nur auf eine Tatsache, die Anwesenheit des spanischen   Detachemcnts in Casablanca  . dessen ganze Rolle darin zu bestehen scheint, die Demütigungen hinzunehmen, die die Franzosen   ihm auferlegen. Die spanische Regierung wagt nicht, das Detachcment zurückzuziehen aus Furcht, gegen die 'chändlichen Vcrvflichtungcn zu verstoßen, die sie an Frank- reich binden. Verpflichtungen, denen Abmachungen finan- zieller Natur nicht fremd sind. Die spanische Regierung wagt aber auch nicht, die französische   Aktion zu unterstützen, au:- Furcht, die öffentliche Meinung ganz Spaniens   gegen sich aufzubringen, wo das marokkanische Abenteuer außerordent- ich unpopulär ist. Die Franzosen geben sich mit dieser zwei- heutigen, sonderbaren Situation zufrieden, denn sie wollen um keinen Preis allein in Marokko   bleiben. Sie bleiben da- bei, sich einer liingnerifchen Etikette zu bedienen, durch die sie sich den falschen Anschein geben, die Mandatare Europas   im Zusammenwirken mit einer anderen Macht zu sein. Diese Komödie muß früher oder später enden. Es ist zu wünschen, ) ihr Zusammenbruch dem Weltfrieden nicht gefährlich werde. m m Paris  , 13. November. Die Kammer verbandelte am Dienstag und beute eine Interpellation deZ Grafen Boni de Castellane(Rc- publikaner) über die Ereignisse in Marokko  . Aus der Antwort des Ministers des Auswärtigen, P i ch 0 n, die stark rosa malte, sind die folgenden Stellen erwähnenswert: Die Stämme seien nicht weiter in das Innere verfolgt worden. um Frankreich   nicht in gefährliche Abenteuer zu stürzen.(Beifall.)... Dank dem guten Einvernehmen zwischen Philibert, Drude und Regnault und der Klarheit unserer Haltung konnte eine Ausschiffung in den anderen Häfen vermieden werden, aber Frank­ reich   werde sich dazu verstehc» müssen, wenn dir Ereignisse es er- 'orbern sollten. Die französischen   Bevollmächtigten haben die An- Weisung, sich in keiner Weise in die innere Politik Marokkos  zu mischen. General Drude dürfte sich mit Mulay Hafid   nur in