Also intr bei Rindern und Schafen eine kleine Zunahme, bei Schweinen und Kälbern eine enorme Abnahme des Auftriebs. Bei crsteren fällt der Minderauftrieb besonders schwer ins Gewicht und da ist er auch am größten: um 11 Mb gegenüber dem Jahre IltOb, um 60 000 gegenüber dem Jahre 1904! Am deutlichsten wird der Viehmangel angesichts der Ergeb- Nisse der Schlachtvieh, und Fleischbeschaustatistll. Danach betrug die Zahl der Schlachtungen Ochsen.».»«» Bullen««««»» Kühe««».»» Jungrinder(über drei Monate).... Kälber(bis zu drei Monate).... Schweine..... Schafe...... Ziegen...... Hunde...... Nur bei Ochsen, Ziegen und— Hunden hat also eine Zunahme der Schlachtungen stattgefunden, bei allen übrigen Viehgattungen da- gegen ein erheblicher Rückgang und zwar wurden um 12 000 weniger Rinder, um 143 000 weniger Schafe, um 186 000 weniger� Kälber und um 235 000 weniger Schweine geschlachtet! Da die Bevölkerung um 800 000 Köpfe zugenommen hat, kann man jjich von der Fürsorge der herrschenden Klassen für die Vollsernährung eine Vor- stellung machen.— Deutlich zeigt sich hier, daß die Viehproduktion eine Sache der Preispolitik der Mäster und Züchter ist und daß deren Interesse an der Viehproduktion nur so weit geht, als eS ihre Preisspekulation erlaubt. Der Hauptübelstanb ist die Beschränkung der Einfuhr, wozu in den letzten Jahren noch die Viehnot in Oesterreich-IIngarn kam, das sonst ein Hauptkontingent an Vieh liefert. 1900 betrug her ganze Rinderimport nur 268 238 Stück gegen 320 688 im Jahre 1906, also gleich um 02 270 Stück weniger! Und daß gerade die hohen EingangSzölle die Einfuhr beschränkten, erhellt aus der Tatsache, daß in den zwei Monaten vor dem Inkrafttreten der neuen Handelsverträge(Januar und Februar 1900) allein 08 309 Rinder, also mehr als ein VierteldeS Gesamtimports, über die Grenze gebracht wurden! Trotz oiescr enormen Beschleunigung und Forcierung der Viehcinsuhr war der Ausfall infolge des vorwiegend durch die hohen Zölle er- zwungenen Rückganges ein großer und konnte während des ganzen Jahres nicht wieder eingebracht werden. 1904 betrug der Fleisch. verbrauch pro Kopf 81,44 Pfund, 1906 sank er auf 70,04, 1900 auf 74.08 Pfund. Und da wagt man es noch zu behaupten, daß die industrielle Hochkonjunktur mit ihren besseren Erwerbsverhältnifsen die Bevölkerung zu größerem Fleischgenuß verleitet und befähigt habe, und daß deshalb, infolge der gesteigerte« Nachfrage, die Flcischpreise gestiegen seien!... Die Vorteile des wirtschaftlichen Aufschwung» kommen fast ausschließlich der Kapital! st en kl ass« zu. gut«._ Faßt de» Dieb! Der Stahlverband kann die Fiktion, als ob auf dem Halbzeug- markt noch rosige Verhältnisse herrschen, nicht aufrecht erhalten. Um aber nicht eingestehen zu müssen, daß er sich geirrt hat. macht er der Presse den Vorwurf, sie habe durch Bekanntgabe der den reinen Werken letzthin eingeräumten Ermäßigungen ein starke« Nachlassen de« BegehrS veranlaßt. So, nun ist der Stahlverband von aller Verantwortung für die Schäden seiner Preispolitik befreit. Kleine Stammkapitalien mit hoher RentabUitit finden flch in der Maschinenindustrie zienilich häufig, während die großen Kapitalien nicht immer eine entsprechend hohe Rente abwerfen, wie dies z. B im Bergbau der Fall ist Unter 37 Aktiengesellschaften der Maschineniudustrie, die ihr Geschäftsjahr mit dem 30. Juni ab- schließen, zahlt die höchste Dividende mit 26 Proz. eine Gesellschaft. deren Aktienkapital nur 210000 M. beträgt. Danach folgt eine Maschinenfabrik mit 24 Proz. Dividende 1900/07. die mit einem Betriebskapital von 1860 000 M. arbeitet Diese» Kapital er- scheint relativ auch nur niedrig, wenn man erwägt, daß von den 37 Gesellschaften 16 mit einein weit höheren arbeiten. Die höchste Dividende wird nach den bisherigen Abschlüssen in der Maschinen- industrie von folgenden Gesellschaften gezahlt: Aktienkapital Dividende in Proz. in 1000 Mark 1905/00 1900/07 Maschinen« Fabrik Georg Dorst Oberlind 210 21 26 » Kappel. Themnitz 1360 10 24 Werkzeugmasch.- Fabrik Vulkan 608 0 18 Nähmaschinen-Fabrik Karlsruhe 1060 17 17 Bei den Gesellschaften mit dem größten Aktienkapital stellte sich die Dividende wie folgt: Aktienkapital Dividende in Pro in 1000 Mark 1905/06 1900/0 Chemnitzer Werkzeugmaschinen» fabrik Zimmermann... 5400 l'/j 0 Maschinenbau- A.» G vorm. Gebr. Klein...... 4000 6 6 Märkische Maschinenbauanstalt Ludw. Stuckenholz... 3600 0 8 Wilhelmshütte, A.-G. f. Ma schinenbau - u. Eisengieß.. Eula 3300 4V, 5 Stillegung von Drahtwerke». Der Walzdrahtverband, der jüngst auf neuer BafiS auf fünf Jahre verlängert worden ist. wird der.Rheinisch- Westfäl. Zeitung" zufolge die Drahtwalzensträßen von fünf ihm angehörigen Werken stillegen. ES sind dies: Menden u. Schwerte mit ll 250 Tonnen Jahresproduktion, das Meggener Walzwerk mit 8600 Tonnen, Funke u. Elbers mit 22 000 Tonnen, die Eschweiler-Köln Eisenwerke mit 0000 Tonnen und die Düsseldorfer Röhren- und Eisenwalzwerke mit 1000 Tonnen. Die Vergütungen für die Stillegungen werden von sämtlichen Mitgliedern des Verbandes durch eine gleichmäßige Um- läge auf den Gesamtabsatz aufgebracht werden. Die Gesamtbeteiligung des Verbandes, dem 29 Werke angehören, beträgt 1 061 782 Tonne» Fertiggewicht(beim alten Verbände 880 927 Tonnen) und erhöht sich vom 1. Mai 1903 auf 1062 095 Tonnen. Jndustriekrise. Vom amerikanischen Eisen- und Stahlmarkt schreibt der .Jronmonger" nach einer Londoner Privatdepesche: Die Nachfrage hat vollständig aufgehört. Hochöfen werven aus- geblasen. Preise sind matt und 50 Cents bis l'/, Dollar niedriger. Es find keine Anzeichen vorhanden, daß die Nachfrage sich be« leben wird, die finanzielle Rotlage verdammt die Industrie zur Untätigkeit. Soziales« Zum Achtstundentag. In einer Neinen Schrift von G. F r o m o n t:.kkne«xpörience industrielle de reduction de la journee de travail*(Eine in. duftriclle Erfahrung über die Verkürzung des Arbeitstages) finden sich interessante Mitteilungen über die Wirkungen, die eine Ver. kürzuiig der Arbeitszeit in einer mit Gewinnbeteiligung arbeitenden chemischen Fabrik in Engis<Belgie„) gehabt hat. In dieser Fabrik war früher, bedingt durch die eigenartige ProduktionSmethoden — Herstellung von Schwefeleisen aus schwefelhaltigem Zink in sogenannte« Freiburger Oese»— die 24klLadige Arbeitsschicht üblich. Diese wurde unterbrochen durch eine große Pause von 3 Stunde« und eine Anzahl kleinerer in der Gesamtdauer von zirka 3 bis 4 Stunden, die die Arbeiter durch Regulierung des Ofens einiger» maßen nach Gutdünken bestimmen konnten. Obgleich der Arbeiter jeden zweiten Tag vollkommen frei hatte, so daß seine durchschnitr- liche Gesamtarbeitsdauer pro Tag gar nicht übermäßig lang war, wirkte doch das ganze System geradezu mörderisch aus den gesund. hcitlichen und auch auf den moralischen Zustand der Arbeiter, die sich an dem freien Tage dem WirtShauSbesuch und auch während ihrer endlosen Arbeitszeit als AufpettschungSmittel häufig dem Alkoholkonsum Hingaben. Die Einführung einer neuen ProduktionSmethode mit anderen Oese», die größere Anforderungen an die Aufmerksamkeit und Kraft der Arbeiter stellten, hatte die Einführung von zwei je 12itüudigen ArbeitSschichteo zur Folge, die sich durch Pausen auf tatsächlich 10 Stunden verkürzten. Die Arbeiter jedoch, an den alten Schlendrian gewöhnt, konnten sich mit dem neuen System nicht befreunden: eS trat eine allgemeine Arbeitsflucht ein, die als Ersatz gewonnenen Arbeiter, häufig von minderwertiger Kon- stitution, waren der furchtbaren Anstrengung, der Hitze usw. nicht gewachsen. Fast schien eS, als ob die gesundheitlichen und sonstigen Verhältnisse noch schlechter würden als unter dem alten System. Da entschloß sich die Fabrikleitung zu einem weiteren Schritt: zur (Einführung von drei Sstündigcn Arbeitsschichten, d. h. einer tat- sächlichen Verkürzung der Arbeitszeit auf 7Vb Stunde«. Sie tat dies gegen den Willen der Arbeiter, die glaubten, an ihrem Verdienst einzubüßen, mit Streik drohten und schließlich absichtlich eine schlechtere Arbeit lieferten. Aber schon im Lause von sechs Monaten hatte sich das Bild vollkommen geändert. Hatte die Fabrik erwartet, daß der einzelne Arbeiter in einer um 26 Proz. reduzierten Arbeitszeit infolge größerer Frische ein vielleicht nur um 16— 25 Proz. reduziertes Produkt liesern würde, so zeigte sich nun daS doch überraschende Ergebnis, daß die Arbeiter in IVz Stunden genau so viel fertig brachten, wie vorher in 10 Stunden. Zugleich hatte sich ihr Gesundheitszustand bedeutend gebessert, wovon die Abrechnungen der Krankenkassen, die vordem immer mit Fehlbeträgen gearbeitet hatten, Zeugnis ablegten. Auch das allgemeine Kulturniveau der Arbeiter war gestiegen. Der geheime Alkoholkonsum verschwand aus der Fabrik, die Spar- lätigkeit wurde angeregt. Noch eine Reihe weiterer Momente führt der Verfasser an, die die geradezu erstaunliche Wirkung der Arbeitszeilverkürzung auf die) Arbeiter veranschaulichen. Auch die Fabrik war unter diesen Verhältnissen natürlich nicht schlecht gefahren. Da gewisse llnkosten dieselben blieben, da? ge- samte Arbeitsprodukt sich aber gewaltig vermehrt hatte, so war auch ihr Reingewinn erheblich gestiegen. SchadenSersaYpslicht de» Geschäftsinhabers wegen eine» mangelhaften Leiter. Die Verkäuferin Gröber zu Duisburg war am 30. November 1903 im Warenhaus Althoff zu Duisburg durch einen Sturz von einer mangelhaften Leiter zu Schaden gekommen und hatte sich dabei schwer verletzt. Als ihr die Geschäftsfirma am 17. Mai 1904 auf Ende Mai kündigte, verlangte sie im Klagewege GehaltSnach. zahlung für Monat Juni in Höhe von l40 M.. da ihr nur für den Ablauf dieses Monats hätte gekündigt werden können. Sodann machte sie, gestützt auf das Verschulden der beklagten Firma an dem Unfall, erhebliche SchadenSersatzausprüche geltend. Sie behauptete. zurzeit völlig erwerbsunfähig zu sein, und verlangte außer 35 M. Auslagen pro Vierteljahr 420 M für den GehaltSauSfall, sowie auch Ersatz deS für spätere Zeiten eintretenden Schadens wegen dauernder Erwerbsbeeinträchtigung. Zum Schadensersatz sei die Firma verpflichtet, weil§ 018 B. G.-B. vorschreibt:»Der Dienst- berechtigte hat Räume. Vorrichtungen oder Ylerätschasten, die er zur Verrichtung der Dienste zu beschaffen hat, so einzurichten und zu unterhalten, daß der Dienstpflichtige gegen Gefahr für Leben und Gesundheit soweit geschützt ist,«ls die Natur der Dienstleistung eS gestattet. Dieser für alle Arbeiter gültige Grundsatz ist im Z 02 deS HandelSgefedbuchS für HandlungSgebülfen. im§ lLOa und I20b der Gewerbeordnung für Gewerbegehülfen wiederholt und dahin spezialisiert, daß die Einrichtungen usw. so zu treffen sind. daß der Arbeiter, sowect die Natur deS Betriebes eS gestattet, gegen eine Gefährdung seiner Gesundheit geschützt ist. Diese Schutz- Vorschrift sei durch die Jnbetrieblafsung der schadhasten Leiter ver- letzt. Mithin liege dem Chef volle SchadenSersatzpklicht ob. Wenn auch die Firma einen Vertreter bestellt habe, so sei sie doch nach § 278 B. G.-B. für die Verschulden dieser Vertreter haftbar. DaS Landgericht Duisburg sah den mangelhaften Zustand der Leiter und daS Verschulden der Geschäftsinhaber für erwiesen an und verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 140 und 36 M. und erkannte den übrigen Schadensersatzanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt an. Die von der Beklagten gegen daS landgerichtliche Urteil eingelegte Berufung wurde vom ObrrlandeSgertcht Hamm als unbegründet zurückgewiesen. Auf die gegen daS oberlandcs- gerichtliche Urteil eingelegte Revision hin wurde da» Urteil soweit e» die 140 M. Junigehalt wegen der verspäteten Kündigung betraf, vom Reichsgericht bestätigt, rm übrigen aber aufgehoben und die Sache zur weiteren Feststellung über den Zustand der Leiter und das daraus eventuell abzuleitende Verschulden der Vertreter der Beklagten an das Berufungsgericht zurückverwiesen. J« der er- neuten Verhandlung entschied daS ObrrlandeSgericht abermals voll- ständig zugunsten der Klägerin. Dies Urteil ist jetzt vom III. Zivil. senat deS Reichsgerichts bestätigt. Dieselben Grundsätze, die hier daS Reichsgericht für die Haf» tung des ChefS einer HandlungSgehülfin gegenüber zur Anwendung gebracht hat. gelten für die Haftung aller Arten Arbeitgeber(Ge- Werbeunternehmer, HandlungSchcf. Grundbesitzer, Dienstherrschaft und so weiter), sofern die Arbeiter nicht der reichsgesetzlichen Un- fallversicherungSpflicht unterliegen und die Arbeitgeber dadurch von einer persönlichen Haftung befreit sind. Handel mit Menschenfleisch. Die Lieferung von Streikbrechern scheint sich zu einem fixen Handelszweig ausbilden zu wollen. In Nürnberg haben sich schon wiederholt Anzeichen bemerkbar gemacht, daß das Bauunternehmer- tum für nächstes Jahr einen großen Schlag gegen die Arbeiter plant, um die Errungenschaften der letzten Jahre wieder illusorisch zu machen. Dieses Vorhaben ist auch schon bis zu auswärtigen Streikbrecherlieferanten gedrungen, wie aus einem Schreiben her- vorgeht, das an Nürnberger Bauunternehmer gelangte. Dieses bedeutsame Dokument lautet: .Berlin . Datum de» Poststempels. Emdenerstraße 39. Bei bevorstehenden Streiks bin ich in der Lage. Ihnen in kurzer Zeit für Ihren Betrieb Arbeitswillige in größerer Menge zu beschaffen. Als Mitglied des Verbandes der Saugcschäfte von Berlin und Umgegend habe ich im Sommer 1907 viele Ar- beitSwillige herbeigeholt, so daß wir eine» Sieg davongetragen haben. Sollten Sie gewillt sein, mir die Beschaffung von Arbeits- willigen für Ihr Streikgcbiet zu übertragen, so senden Sie mir bitte olle Informationen und Auftrag. Auch empfehle Ihnen Akkordmaurer und-Zimmerer zu kulanten Bedingungen. Ich beanspruche für meine Tätigkeit pro Mann 6 M. und freie Reise. Sie müssen, da Sie mindestens vier Wochen früher wissen, wann die Gesellen bezw. Arbeiter in den Streik treten wollen, mir dies mitteilen. Jedoch müssen Sie das Fahrgeld bezw. Unkosten vorher einschicken, auch muß für sichere und oroenUicht Quartrorr gesorgt werden. Ergebenst Otto GenSke, Manrermeifie, Mitglied des Verbandes der Baugewerbe von Berlin und Umgegend. Ter Streikbrecher wird also zu einem richtigen Handelsartikel, dessen Engrosvertrieb gleich dem jeder anderen Ware»rganisiert. und der um den Preis von 5 31. po Stück nach jedem beliebigen Orte verfrachtet wird» 3us der frauenbewegung« Das ReichSvereinSgesetz. In einer öffentlichen Frauenversammlung im Dresdener Kasino, die zum Donnerstag von der sozialdemokratischen Vertrauentperson einberufen war, erörterte ReichSlagsabgeordneter Wolfgang Heine nach einer allgenrcinen Einteilung über die vereinsrechtlichen Zustände in den deutschen Bundesstaaten die Frage, welche Stellung zu der bevorstehenden Einführung eines SleichsvereinSgesetzeS einzunehmen sei. Unler anderem führte er aus: Vor allem härten wir einzutreten für unser Prinzip der absolut unbeschränkten Freiheit des Vereins- und VeriammlungsrecktS. Aber wir hätten noch weiteres zu tun. Gewiß iverde die Reg'erungSvor age neben dem Schlechten, was noch den bisberigen Verlautbarungen zu befürchten sei, gewisse Erleichterungen dringen. Daß fie ausgedehnt würden, wie irgend erreichbar, müsse unsere Sorge sein. Zweitens müßten wir dem vorzubeugen trachlen, daß gesetzliche Rechte nich« nachlräglich durch die Praxis von Ver- waltung und Justiz beseitigt würden. Wir wüßten ja vom KoalitionS- recht, das 1869 im weitesten Maße gegeben wurde, wie es durch Polizei- und BerwaltungSpraxiS im Verein mit der Justiz eingeengt wordsn sei, so daß kaum mehr der bloße Name bestehe. Als Bor- arbeiten dienten zwei Dinge: erstens der von den Sozialdemokraten m jedem Jahre eingebrachte freiheitliche Entwurf und dann die Be- stltliisse der Kommission, die 1805/96 tagte, um den sozialdemokra- tischen und einen fteisinnigen Emiours zu beraten. Die Beichlnsse der Kommiisio» seien im wesentlichen von einer Mehrheit aus Zentrumsleuten. Sozialdemokraten und Freisinnigen getragen ivorden. Bei den bevoistehcnden Beratungen im Reichstag werde man dem Zentrum und dem Freisimi vorhalten müssen, was sie damals mit beschlossen hätten, und daß sie zum mindesten nicht dahinter zurück- gehen dürften. Allerdings wäre eS leicht möglich, daß alle Vor- Haltungen, die wir diesen Helden machlen, an ihrem RhinozeroSsell abprallten. Trotzdem, eS niüsse versucht werden.— Den Einzel- betrachtinigen sei vorauszuschicken, daß alle Beschränkungen, die etwa daS Vereinsrecht der Frauen trefien sollten, ohne weiteres von uns abgelehnt würden. Wie die Dinge lägen, sei für die Frauen weniger zu befürchten: sie würden wahrscheinlich Vorteile erlangen. Aber im übrigen werde viel zu tun sein, das Gesetz, über daS Regierung und Block jedenfalls schon einen Pakt so ziemlich abgeschlossen hätten, einigermaßen anS�ugestalten.— Redner verweist nun auf die bekannte Judikatur, die sich herausbildete mit Bezug auf§ 8 deS preußischen Verein«» gesetzeS , betreffend die sogenannten politischen Vereine, und mit Be- zug aus ß 2, der vereine behandelt, welche auf öffentliche Angelegen- Helten einwirken wollen. Zu den Bereinen, die in Versammlungen politische Gegenstände erörtern<Z 8), rechne man unsere Wahlvereine. Man könne es aber auch anders. Eine ganze Reihe von Jahren durch feien Gewerkschaften polizeilich und nachher gericht- lich geschlossen worden, weil fie politische Gegenstände in Versammlungen erörterten. tDamol» galt noch da» verbot deS In- verbindlingtretenS politischer Bereine.) Oder es seien andere Schikanierungen unter Berufung auf da» Gesetz aus diesem Grunde geübt worden. Nach unserer Rechtsprechung sei politisch, was den Staat oder seine Organe und Gesetze betreffe soivie jede Be- strebung, die aus die Gesetzgebung oder Verioaltuiig des Staats einwirken wolle. Das könnten tatsächlich Verwaltung und Justiz, wenn sie wollten, auch aus die Gewerkschaften beziehen. Darum gelte eS, wemi entgegen unserem Willen politische Vereine überhaupt wieder einer Beschränkung uMerworfen würden, vor allem ein- zufügen: auSgeschlofien sind die Gewerkschaften. Bonden Bestimmungen über politische Vereine müssen aber auch ousgeichlossel» «erden die BildungSvereine, sowie die Vereine und Zusammenkünfte, die die körperliche Ausbildung und Pflege der Menschen betreffen. Redner verweist auf die Schikanierung der Freien Turnerschasten, die Ueberwachuna und Be- wachung von Bildungsbestrebungen usw. E« gelte klare und deutlich« Bestimmungen zu treffen, die für die Zufunft den Unfug ausschlössen, daß die Freien Turnerschasten für politische Vereine erklärt und den entsprechenden Beschränkungen unterworfen würden.— Den vereinsgesetzlichen Bestimmungen gänzlich zu entziehen seien solche Organilalionen kleinerer Art. wie wir sie vielfach hätten(Kommissionen, Ausschüsse, Delegationen, GewertschaftSkartellc). Hier und dort würden fie nicht als vereine behandelt, wo anders aber doch. Eine Fülle von Scherereien aus diesem Gebiete ver- mochte Redner ans seiner Anwaltspraxis anzuführen. Besonders kraß lag der Fall der dreiköpfigen FrauenagitationSkommiision in Rheinland , der für einen verein erklärt wurde, der bezivccke, in Versammlungen politische Gegenstände zu erörtern, nämlich in von ihr einberuscnen Versammlungen. Nach HeineS Meirnuig wäre zu bestimmen, daß.Vereine" nur seien: auf die Dauer berechnete organisierte Gemeinschaften einer größeren Anzahl von Personen, welche ohne Auf- trag Dritter zusan, men treten, um durch ihre Organisation gemeinsame Zwecke zu erreichen. Und wenn überhaupt, dann wären nur solche Vereine irgend welchen Pflichten zu unterwerfe», welche bezwecken, aus den Staat und seine Gesetze einzuwirken durch öffentliche Erörterungen in Volk»- v e r samm l u n g e n.— Ins grenzenlose gehe auch die Begriffs- bestimmung. was Versammlungen seien in Preußen bei Anwendung deS ß l deS Gesetze», der die Anmeldung von Versammlungen vorschreibt. in denen öffentliche Angelegenheilen erörtert oder beraten werden sollen. In der Provinz würden immer noch Werkstatt- besprechungen als solche angesehen und in einer Stadt PcsenS fei sogar die Sprechstunde des Arbeitersekretärs, die er in seinem Bureau abhielt, als solche Versammlung angesehen worden. Hier sei auch die Erinnerung an de» Fall«ineS sozialistischen Frankfurter ArzteS angebracht. Man behandelte einfach gesellige gusommen- künfte in seiner Wohnung zur fozialistengesetzlichen Zeit alö Versammlungen. ES sei eine bessere Definition deS Begriffs der Versammlung zu finden, als sie heute Kammergericht und Reichs- gericht mit lhrcr:.Nicht zu kleinen Zahl von Personen, die usiv. usw." aufstelllen. Es müsse besonderZ bestimmt werden, daß alle derartigen Zusammenkünfte in engeren Kreisen und an Orten privater Statur keine Versammlungen selen. Man sei ja keinen Angenblick sicher, daß mancher Unfug wieber und mancher hinzukomme. Seit zwei Jahrzehnten habe er beobachten können, wie die Moden in der Be- Handlung de» Vereins« und Versammlungsrechts durch Verwaltung und Justiz wechselten. Es ging dem Staat und seinen Organen wie einem kranken Menschen, der sich bald Hier kratzt, bald dort, bald wieder wo anders. DaS sei immer ein Beweis gründlicher Faulheit der Zustände.— Alle Beschränkungen von Versammlungen unter freiem Himmel müßten sollen, und eine Beschränkung deö Versammlungsrechts aus öffentlichen Straßen und Plätzen, die dem öffentlichen Berkehr dienten, dürfte höchstens gestaltet sein, wenn dadurch der öffentliche Berkehr in einer»aö Gemeinwohl hemmenden Weise gebindert werden würde. Diese Einschränkung der Be- schräntung würde nicht ganz helfen, aber doch gegen gewisse Mißbräuche. Mau denke daron. wie heute z. v. Streikposten selbst ans beängstigend menschenleeren Straßen zu BerkehrShinderniffen gestempelt würden.— Dir Anmeldung von bestimmten Vereinen und die Einreichung von Statuten solle scheinbar beibehalten«erden. Die vielen Schikanierungen, die hieraus bisher entsprangen und von denen Redner einige anführt, könnten verhindert werden durch eine Be- stimniuug, daß die Anmeldung des Vereins lediglich am Sitze de? tentralvorftandes z« erfolgen habe.— Einen brennenden weit werde das beabsichtigte mehr oder minder direkte Verbot der Benutzung fremder Sprachen in Versammlungen entfachen, wodurch der größte Teil der polnische» Arbeiterschaft um sein VersammlungS- und KoalitionSrecht gebiacht werden würde. In dieser Beziehung sei den. Freifirm nicht eine Spur zu trauen; er werde voraussichtlich die skandolös« Bestimmung apportieren.— Es müßte versucht werden, eine Anzahl Bestiminungen in da« Beremsgesetz hineinzubringen, die eigentlich nicht hinein gehörten. Redner unterzog einer ätzenden Kritik die Beschränkungen deS Vereins- und Versammlungsrechts mit Hülfe der Polizeistunde, der
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