Wir behottr» tmg vor, auf die Darlegungen deS „Reichs-Nnzeigers' weiter einzugehen und lassen uns für heute daran genügen, festzustellen, daß die amtlichen Echrytstücke der unanfechtbare Beweis für die Echtheit der von uns inhaltlich veröffentlichten Quittungen sind. Tie Zhatsache, daß die im Besitz« des Hauptmanns Miller befindlichen Papiere mit„einer dünnen grün-weißen Schnur' zusammengehalten waren, ist interessant genug, um -veilaiifig erwähnt zu werden. Auch davon nehmen wir gebührend Dermer!, daß die Relchsregierung dem Botschafter in Paris mittheilt, daß .„sie alle Beranlaffung habe, die Angelegenheit für einen Schwindel der schlimmsten Art zu halten," nachdem ihr durch den deutschen Gesandten die Meldung zugegangen war, daß Hauptmann Ahller auf Ehre und Gewissen erklärt hat, die ihm als Originalquittungen übergebenen Belege zum Welfenfonds seien verbrannt. Nun noch ein Wort zu unserer Veröffentlichung: Gleich Herrn Miller nennen auch wir selbstverständlich unseren Gewährsmann nicht, dagegen werden wir uns das Ver- gnügen nicht versagen, zu gegebener Zeit weitere Mit- theilungen über die Angelegenheit zu machen und die Empfänger des Welfengeldes dabei sicher nicht schonen. Uebrigens sind die Herren ja heut schon mit Händen zu greifen, und die Körperschaften, die es angeht, müßten mit unheilbarer Blindheit geschlagen sein, wenn sie nicht ganz genau wüßten, welch«hrenwerthe Kollegen aus der Krippe des Welfenfonds gespeist worden sind. Es giebt Leute, die früher aufgestanden sind als die Welfenfondsstipendiaten und ihr Beschützer, und die weiteren Beweise für die schamlose Korruption der Bismarck 'schen Aera werden der Oeffentlichkeit nicht vorenthalten bleiben. Die schneidige Rittmeister- Rede König Stumm's Zur Ahlitärvorlage ist von seinem freikonservativen Fraklions- genossen Gehlert in gemüthlich-sächstschen Dialekt übersetzt und in der„Post' veröffentlicht worden. Sie hat zwar in der Uebersetzung etwas an strammer Schneidigkeit verloren, aber sie liest sich auch so„sehre schcene". Herr Gehlert macht sich ebenso wenig wie König Stumm aus Geld und Blut, wenn es nur nicht aus der Kapitalistentasche geht, aber er eifert mannhaft gegen die große Volksmasse, die zu bluten und zu zahlen hat, wegen der„niederträchtigen Liebe zum Gelde", und will, daß die„freie deutsche Mannesbrust" lieber den„letzten schnöden Groschen" opfere und sich unter den Trümmern von tütten und Palästen begraben lasse, ehe sie die eutsche Ehre preisgebe. Das ist sehr schön von Herrn »Gehlert gesagt, der um so stolzer auf seine Rede sein kann, t'.ls er sich selbst im Reichstags-Handbuch als„Autodidakt" bezeichnet und alles„aus sich selbst' hat. Herr Gehlert ru'nnt sich auch Staatssozialist; ob er seinen kapitalistischen Freunden gegenüber auch von der„niederträchtigen Liebe Sim Gelde' reden würde, wenn es sich darum handelte, m Loha ihrer Arbeiter auch nur um einen„schnöden" Groschen zu erhöhen? Die deutsche Mannesbrust des Herrn Gehlert ist da sofort bereit, nach Gendarm und Polizei zu rufen, um dieselben Arbeiter niederzuhalten, von denen er verlangt, daß sie Gilt und Blut für die„Ehre' des deutschen Volles opfern.— �tizeilicher SittNchkeitSschutz schulpflichtiger Kinder. Der Polizeipräsident von Dosen hat angeordnet, daß zur Verwendung von schulpflichtigen Kindern bei Theateraufführungen für jeden einzelnen Fall und für sedes einzelne Kind die Erlaubniß des Polizeipräsidenten emzu- holen ist, die jedoch erst nach Anhörung des zuständigen Kreis-Schnlinspekiors ertheilt werden soll. Die Thätigkeit von schulpflichtigen Kindern bei derartigen Aufführungen darf indeß nur bis spätestens 11 Uhr Nacht? ausgedehnt werden. Die„Pofener Zeitung", welche diese Verordnung «ittheilt, fügt ihr folgende Bemerkung hinzu: „Diese Verfügung ist angesichts der sittlichen Schäden, welche die Heranziehung von Kindern zu öffentlichen Schaustellungen nach stch ziehen kann, zu billigen. Fortan werden, bevor die Erlaubnis! erlheilt wird, die Schulorgane ihr Gutachten dahin abgeben können, ob die Kenntnisse oder sittliche Reise deS Kindes eine Mitwirkung bei öffentlichen Aufführungen ohne Nachtheil gestalten." Ob stch diese polizeiliche Fürsorge auch wirksam geltend «acht bei den B a l l e t s der verschiedenen Hoftheater? An königlichen und sonstigen sürstlichen BalletS und Ballet Ifeuilleko»». PS B e 1• A m i. Roman von Guy de Maupassant . DlleS Mögliche hätte er ruhig hingenommen, aber dies e Unwahrheit brachte ihn außer sich. Die Wahrheiten, die sie ihm ins Gesicht geschrien, hatten wohl Wuthschauer über sein Herz gejagt, aber die Lüge über das junge Mädchen, das seine Frau werden sollte, ließ in seinen Händen das wilde Verlangen zucken sie zu schlagen. „Schweig!" wiederholte er,„nimm Dich in Acht!... Schweig!" Und dabei schüttelte er sie, wie man von einem Ast Früchte abschüttelt. Mit verwirrtem Haar, wahnsinnigen Augen, weit- geöffnetem Munde heulte sie:„Du hast sie verführt!..." Er ließ sie fahren und schlug sie dabei mit solcher Kraft ins Gesicht, daß sie gegen die Wand taumelte. Aber sie wendete sich wieder zu ihm um und schrie noch einmal: „Du hast sie verführt!" Er stürzte sich aus sie, warf sie zu Boden und schlug wie aus einen Mann auf sie ein. Sie war plötzlich still geworden und seufzte nur unter seinen Schlägen. Sie hatte ihr Gesicht in den Winkel zwischen Parket und Wand gedrückt und stieß klagende Schreie aus. Er hörte ans sie z» schlagen und richtete sich wieder empor. Dann machte er einige Schritte durchs Zimmer, um seine Kaltblütigkeit wieder zu erlangen. Es fiel ihm etwas ein, er ging ins Nebenzimmer, füllte das Wasch- decken mit kaltem Wasser und kühlte seme Schläfe darin. Daun wusch ex sich die Hände, und während er sich sorg- |äl:ig die Finger abtrocknete, ging er nachsehen, was sie mache. Sie hatte sich nicht gerührt. Sie lag immer aus dem Boden und weinte leise. „Bist Tu bald fertig mit Flennen fragte er. Sie erwiderte nicht. Ein wenig beklommen nnd be- schuken nimmt kein Stöcker tmd kein Eiferer Anstoß. Das Ballet ist eben ein kratischer Genuß, und voll gilt erst der Geburts- wie der Finanz-Kavalier, wenn er neben einem Rennpferd auch eine Ballerine unterhält.— „Umstürzler" sitzen fetzt in dem Stadtverordneten- Kollegium der guten sächsischen Stadt Würzen— und zwar blas„Umstürzler". Das nationalliberale Nest ist nämlich dort vollständig ausgenommen worden— ein gründlicher Kehraus. O diese„Umstürzler"! jammert die national- liberale Presse. Und warum„Umstürzler"? Weil sie den „Ordnungsbrei" weggefegt, der von der Bevölkerung aufs schärfste verurtheilten Wirthschaft des bisherigen„Hono- ratioren- Ringes" ein Ende gemacht, und Ordnung und Sparsamkeit eingeführt haben. Dank diesen„Um- stürzlern" wird das schwer überschuldete Würzen mit der Zeit wieder gesunde Finanzverhältniffe bekommen.— Die„Finanz-Juden"-Or.qane,„Börsen- Zeitung ", „Bank- und Handels-Ztg." u. a. treten mit aller„christlich- germanischen" Begeisterung für die Militärvorlage ein. Warum sollen sie nickt in„Patriotismus" machen, wenn sie damit ein Geschäftchen machen und vor allem die Be- drohung der„Börse" abwenden können? Um diesen Preis machen die Finanzjuden, beschnittene wie unbeschnittene, selbst in Antisemitisinus.— Die Moral der Stadt Leipzig . Fran Hurtig preist Sir John Falstaff das Dorchen Lakenreißer als höchst acht- bares Mädchen an, das der Huld des ehrsamen Ritters Falstaff ganz würdig sei, Dorchen Lakenreißer erklärt Frau Hurtig als ehrbarste Wirthin und Falstaff die Schenke von Eastcheap für das auserlesenste Lokal für Ehrenmänner. Das„Leipziger Tageblatt " wirft sich zum Ritter Falstaff für die Ehre der Leipziger Bourgeoisie, der„Hochburg des Nationalliberalismus" auf. Das„Leipziger Tageblatt " ist furchtbar entrüstet über unsere Notiz betreffs der großen Skandalaffäre, welche die große Fäulniß innerhalb der Leipziger nationalliberalen Hochburg aufdeckt. Wenn das tugendsame Blatt über die Skandalvorgänge nichts Näheres berichtete, so geschah es, um mit Falstaff zu reden, nur aus„Tugend", denn das„Leipziger Tageblatt " dringt auch in die Familien. Nur aus„Tugend" hat das Haupt- organ der Hochburg sich in Schweigen gehüllt, und es kann also nur der höchste Grad der Lasterhaftigkeit sein, welcher den„Vorwärts" antrieb, das Ding„beim rechten Namen" zu nennen. Das„Leipziger Tageblatt " läßt das was geschehen, wohl geeignet sein, Leipzig in üblen Geruch und entehrenden Verdacht zu bringen,, tröstet sich aber mit dem Gedanken, wie viel versumpfter die Leipziger Bourgeoisie und deren jounvgs« doröe sein würde, wenn sie Bebel's berüchtigtes" Buch„Die Frau" läse. Der„Vorwärts" und die„Sozialdemokratie" wären somit abgefertigt. Aber auch die„Germania " und andere ultramontane Blätter sehen in den Vorgängen in Leipzig ein„niedliches national- liberales Sittenbild" und— was das Schlimmste ist— auch das sächsische Regierungsblatt, die„Leipziger Zeitung", statt mit dem„Leipziger Tageblatt " gemeine Sache zu machen zur Rettung der Ehre der Leipziger Bourgeoisie, scheint mit„Vorwärts" und„Germania " übereinzustimmen. as ist des Schmerzes zu viel I Was bleibt da dem ehr- samen Organ der ehrsamen nationalliberalen Bourgeoisie übrig, als zu schimpfen. Möge es dqmst fortfahren, wenn dies ihm eine Erleichterung giebt.— sonstiger frommer NmtdSkkisterne Gesellschaft der modernen R vorwiegend aristo- sich unter das Banner der alten „Keine Partei Bismarck " betheuern die marck'schen Reptilien—„wir denken nicht dran". Damit lügen sie. Seit Bismarck abgesetzt ist, setzt er mit seinen Kreaturen Himmel und Hölle in Bewegung, um eine „Partei Bismarck" zu bilden, mit deren Hilfe er wieder auf den Hausmeierthron gelangen und den Kaiser sich unterthan machen kann. Das ist ihm freilich mißlungen, weil die ungeheuere Mehrheit des deutschen Volkes froh ist, ihn los zu sein, und weil jeder senkende und ehrliebende Mensch das Bismarck 'sche Regiment für das volksfeindlichste und schmachvollste hält, unter dem Deutschland jemals ge- standen hat. Wie gesagt, an Anstrengungen, eine„Partei Bismarck" zu gründen, hat's nicht gefehlt, und fehlt es auch jetzt nicht, allein die Erinnerung an die Bismarck 'schen Thaten und Werke genügt, jede Aussicht auf Erfolg für immer abzuschneiden. Bios die schienenflickende, reptil- schämt war ihm doch zu Muthe, als er so mitten im Zimmer vor dem liegenden Körper stand. Dann faßte er mit einem Male ei»en Entschluß, nahm seinen Hut vom Kamin und sagte:„Guten Abend! Wenn Du soweit bist, kannst Du den Schlüssel beim Portier ab- geben. Ich habe keine Lust, auf bessere Laune bei Dir zu warten." Er ging, machte die Thür zu und begab stch zum Portier.„Meine Frau ist noch oben geblieben," sagte er. „Sie wird aber gleich gehen. Sie können dem Wirth sagen, daß ich zum 1. Oktober kündige. Heut ist der 16. August, ich kann also noch kündigen." Mit großen Schritten eille er fort, denn er hatte noch eilige Gänge vor, um Brautgeschenke zu kaufen.'! Die Hochzeit war aus den 20. Oktober nach Wieder- zusammentritt der Kammern festgesetzt. Die Trauung sollte in der Kirche de la Madeleine erfolgen. Viel war über die Heirath geschwatzt worden, die Wahrheit wußte aber niemand. Verschiedene Geschichten waren im Umlauf. Man zischelte von einer Entführung, war aber der Sache nicht sicher. fllach den Angaben der Dienerschaft hatte sich Frau Walter, die mit ihrem zukünftigen Schwiegersohn kein Wort wechselte, an dem Abend,- wo die Verbindung entschieden war, aus Zorn darüber vergiftet, nachdem sie noch um Mitternacht ihre Tochter hatte ins Kloster bringen lassen. Sie war vom Tode gerettet worden, aber jeder sah, daß sie sich nicht mehr erholen würde. Sie machte jetzt den Eindruck einer alten Frau: ihre Haare waren völlig er- graut. Sehr fromm war sie jetzt geivorden; alle Souutage ging sie zum Abendmahle. In den ersten Septembertagen theilte die„Vie ran?aise" mit, daß der Baron Du Roy de Cautel ihr Hefredakteur würde, daß aber Herr Walter den Titel Direktor behalten würde. Nun wurde ein Bataillon bekannter Chronisten, poli- tischer Redakteure, Berichterstatter, Kunst- und Theater- kritiker angeworben und kraft deS Geldes den großen, mächtigen und lange bestehenden Blättern entführt. Die alten, angesehenen und ernst zu nehmenden Jour- Raubritte, hat Raketenkist« geschaart— doch diese ist nur eine erbärmliche Kliqu«, die obendrein, lichtscheu wie st, ihrer Natur nach sein muß, nicht den Muth hat, Farbe zu bekennen. Inzwischen schwindelt der„Chef" stch und seinen Ge« treuen in den„Hamburger Nachrichten" vor, daS Jahr 1892, sonst so trüb, habe„nur einen Lichtblick" gehabt: die be- geisterten Kundgebungen des deutschen Volkes bei Gelegen- heil der famosen Schnaps-, Bier- und Weinreise! Daß der Herr Reisende die paar Hurrahpatrioten, die ihn damals anhochten, für das„deutsche Volk" hielt, ist beiläufig nicht zu verwundern. Der Zustand der.Doppel« sichtigkeit" ist bekannt, und warum sollte er nicht so ge- steigert werden können, daß der— Patient nicht blas doppelt sieht, sondern hundert- und tausendfach? An „Stoff" hat's ja bei jenem„Lichtblick" nicht gefehlt.— Die sprichwörtliche Weisheit der österreichische« Staatsmanner(sie soll dem schwedsschen Kanzler Öxen- stierna den ersten Anlaß zu seinem berühmten Wort« ge- geben haben) hat sich wieder einmal glänzend bethätigt. Offenbar um ihre Meisterschaft im Ueberwinden von Schwierigkeiten aller Welt zeigen zu können, haben sie den ahllosen Steinen nnd Felsblöcken ides Anstoßes, über die ie seit Menschengedenken fortwährend stolpern— so daß ie nie zum richtigen Stehen geschweige denn Gehen kommen können— einen neuen gewaltigen Klotz hinzugefügt— nämlich einen gesunden Kulturkamps in Ungarn . Der Schlaumeier, der diese staatsmännische That— allerdings im Einverständniß mit seinen Kollegen— vollbracht hat, heißt Weckerle, ist seines Zeichens Kultusminister„und Doktor gar"— und kann eS noch recht weit bringen. Nicht, daß wir verlangten, die Regie- rung solle sich dem katholischen Klerus auf Gnade und Ungnade überliefern— das liegt uns natürlich fern —, aber wenn man den Kampf mit dem Pfaffenthum auf- nimmt, dann darf es auch nicht in der brutal tölpelhaften Weise geschehen, wie es der„geniale" Fürst Bismarck in seinem„Kulturkampf" gethan hat— dann hat matt vor allen Dingen das katholische Volk zu gewinnen; und nicht es vor den Kopf zu stoßen, wodurch die Macht der Pfaffen nur vermehrt wird. Der biedere Dr. Weckerle handelt ganz nach dem Bismarck 'schen Muster, nur daß er noch weit weniger Aussicht auf Erfolg hat, denn die katholische Bevölkerung, die in Deutschland nur etwa ein Viertel ausmacht, bildet in Ungarn die Mehrheit— 52 pCt. der Gcsammtbevölkerung,— während sich zur protestantischen Religion nur 20 pCt. bekennen, und die übrigen LS pCt. Juden und griechische Katholiken sind.— Frankreich . Man schreibt uns auS P a r i S, den S. Januar 1892: Die große sozialistische Versammlung im„Volkshause" (Maison du Peuple), über welche wir vor ein« Woche einen kurzen Bericht erstatteten, liefert noch immer der Bourgeoispresse Stoff zu heftigen Angriffen auf die Sozialdemokratt«; die Ver- dächtigungen und Entstellungen sind so groß, daß wir uns ge- nöthigt sehen, noch einmal aus zene Ansammlung zurück- zukommen. Weil im„Volkshause", wie daS fast inj ev« größeren tranzösischen Volksversammlung der Fall ist, auch einige Anarchisten das Wort«griffen hatten, schreit sofort die ganze kapitalistische Vreffe, die Sonalisten haben mit den Anarchisten einen Bund geschloffen; beide bilden fortan nur ein Ganzes; folglich sind von jetzt an die Soziali'ien mit Recht für die Dynamitpolittk der Anarchisten verantwortlich zu machen. Hiergegen habe» natürlich uns«e französischen Genoffen, �> e s G u es d e an der Spitze, sofort auf's entschiedenste protestirt, worauf ihnen die Bourgeoispresse den Vorwurf des„Kneisens", um einen deutschen Studemenausdruck zu gebrauchen.«ntgegenschleud«te. Ueberhaupt theilteu die kapitalistischen Organe am Tage nach der Versammlung ihren Lesern alle möglichen Schauermären mit über die schrecklichen Beschlüsse, welche man im„Volkshause" ge- saßt hätte. An den folgenden Tagen, als die Sozialisten erklärt hatten, die Hauptsache der in den betreffenden Blättern enl- haltenen Berichte sei nur überspannten oder unehrlichen Reporter- Hirnen entsprossene Flunkerei, hieß eS dann triumphirend:„Ah, ihr habt Mos Angst, eure Worte in Thaten umzusetzen; ihr seid nur Maulhelden!" Es ist der allbekannte Kniff; erst erfindet man sozialistische„Pläne"; und wenn dann die Sozialisten nicht daran gehen, Pläne, welche ihnen absolut fremd sind, aus zuführen, so trompetet man in alle Welt hinaus: Die Sozial- demokratie hat eine schwere Niederlage erlitten. So verhält es sich zum Beispiel mit dem„Plane", am 10. Januar, wenn die nalisten zuckten nicht mehr die Achsel, wenn von der „Vie Franqaise" die Rede war. Ihr durchschlagender, rascher Erfolg hatte die Verachtung beseitigt, mit der die ernsthasten Schriftsteller daS Blatt bei seinem ersten Er- scheinen ausgenommen hatten. Die Hcirath seines Chefredakteurs war das, waS man ein„Ereigniß für Paris" nennt, denn Georges Du Roy und die Familie Walter waren seit einiger Zeit Gegenstand allgemeiner Neugier geworden. All die Leute, deren Namen die Zeitungen in ihren Berichten„aus der Gesell- schaft" nennen, nahmen sich vor, an der Hochzeit theilzu« nehmen. DieS Ereigniß fand an einem klaren Herbsttage statt. Seit acht Uhr Morgens waren alle Kirchendiener der Magdalenenkirche in Thätigkeit. Ueber die Stufen der hohen Freitreppe dieses Gebäudes, Idas die Rue Royale be- herrscht, wurde ein breiter rother Teppich gebreitet. Er ließ die Vorübergehenden Halt machen und sagte dem Volk von Paris , daß eine große, feierliche Zeremonie statt« haben sollte. Beamte, die inZ Bureau gingen, Arbeiterinnen, KommiS machten einen Augenblick Halt, sahen die Vorbereitungen an und dachten unbestimmt an die reichen Leute, die soviel Geld ausgäben, um sich zu paaren. Um zehn Uhr fingen Neugierige an stehen zu bleiben. Sie blieben einige Minuten stehen, hofften, daß es vielleicht bald ansangen würde und gingen dann wieder weiter. Um elf Uhr rückten einige Abtheilungen Schutzleute an lind suchten den Verkehr ausrecht zu erhallen, denn kleine Menschentrupps bildeten sich jeden Augenblick. Bald erschienen auch die ersten Gäste. Es waren die- jenigen, die etilen guten Platz haben wollten, von dem aus sie alles sehen konnten. Sie besetzten alle Seitenstühle längs des Mittelganges im Zeutralschiff der Kirche. Pllmälig kamen mehr: Frauen erschienen in von Seide knisternden Kleidern und ernste, fast ausnahmslos kahlköpfige Herren, die in vornehmer, an diesem Orte noch würdigerer Haltung einherschrltten. Langsam füllte sich die Kirche. Durch das gewaltig», offene Portal strömte das Sonnenlicht und drang bis zur
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