Mr. 270. 24. Jahrgang.

5. Beilage des„ Vorwärts " Berliner Volksblatt. Sonntag, 17. November 1907.

Zur Landflucht.

Unser Rostoder Bruderorgan veröffentlicht folgenden Vertrag, der für die Tagelöhner des Freihern von Rodde auf Dreez bei Bütow gilt:

" Der Mieter bezieht die ihm angewiesene Wohnung auf den Höfen Zibühl, Dreetz oder Beetsch, für die 50 Mark( wöchent lich abzuzahlen) zu entrichten sind.

Er erhält dazu 70 Quadratruten Gartenland, welches selbst zu bestellen ist, 60 Quadratruten Startoffelland im Felde, 1 Fuder Dung und 4 Bund Stroh pro Jahr.

An Feuerung: 4000 Soden Torf, den er selbst zu bereiten hat, 2 Fuder Wadelholz gegen 50 Pf. Haulohn und auf Wunsch noch 1 Fuder gegen Zahlung von 5 M.

Auf Verlangen alle 14 Tage einen Scheffel Roggen zu Kauf für 4 M., Fütterung einer Kuh gegen Zahlung von 60 m.

Gedroschen wird mit der Hand um den 17. Scheffel, mit der Maschine( mit Pferden und auch mit Dampf) im agelohn.

An Tagelohn wird bezahlt: Vom 1. Novbr. bis 1. März

I. An den Mann:

1 M. 25 f.

"

1. März

1. Mai

"

1 M. 50 Pf.

1. Mai

"

"

1. Septbr. 2 M.

-

"

"

III. An den Hofgänger, wenn ein solcher überall gestellt wird, nach Bestimmung der Gutsherrschaft 50 bis 75 Pf. Für Viehfüttern am Alltag 20 Pf., am Sonntag 60 f.

Das Schulgeld( 3 M. pro Kind), Steuern und Abgaben hat der Mieter selbst zu zahlen.

In Krankheitsfällen wird für Arzt und Apotheker von der Gutsherrschaft gesorgt.

Nach Vorstehendem verpflichtet sich der unterzeichnete Arbeiter, das ganze Jahr auf den Höfen gibühl, Dreez und Beetsch der Zeit und Ordnung gemäß, wie solche in dem gibühler Guts­regulativ vom 26. Januar 1849 festgestellt sind, ruhig, fleißig und ohne widerseßlichteit zu arbeiten.

Dieser Kontraft ist gültig vom 24. Oftober eines bis zum 24. Oktober des nächsten Jahres. Eine Kündigung fann nur um Ostern geschehen, so daß am 24. Oktober desselben Jahres der Ab­zug stattfindet. Erfolgt zu Ostern keine Kündigung, so bleibt der Kontrakt von Bestand."

Es ergibt sich also, daß der Tagelöhner des Freiherrn v. Rodde für seine Mühe und Last als Barlohn erhält: Jm November für 25 Arbeitstage a 1,25 de Dezember

31,25 M.

24

"

"

a 1,25

"

"

"

Januar Februar

26

"

"

a 1,25

30,00 32,50

"

"

25

"

"

a 1,25

31,25

"

"

März

25

a 1,50

37,50

"

"

"

11

April

25

"

"

a 1,50

37,50

" 1

Mai

a 2,00

"

"

50,00

"

"

"

Juni

25

"

a 2,00

50,00

"

"

" 1

Juli

27

"

"

a 2,00

54,00

"

1 M.

•

"

August

27

a 2,00

54,00

B

"

1 M. 25

f. f.

" 1

September

25

"

"

a 1,50

37,50

"

Oftober

27

"

"

"

a 1,50

1. Septбr. 1. Nobbr. 1 M. 50 Pf.

Für 120 Quadratruten in Afford zu mähen:

Wiesen und Sommerkorn

Winterforn aufs Schwad

•

•

Winterkorn, mähen, binden und aufhocken 2 M. bis 2 M. 25 Erbsen und Bohnen mähen. 1 M. bis 1 M. 25 Pf. II. An die Frau, wenn dieselbe mit zur Arbeit geht: Bom 1. Mai bis 1. Oftober

"

1. Dft.

"

9

9

•

1 M.

80 f.

1. Mai. für den ganzen Tag. In der Heus und Kornernte für die Zeit von morgens 8 Uhr bis abends Melkezeit 75 Pf. Die Frauen müssen zum Waschen und Schaffcheren auf Ver­Tangen kommen und erhalten für ein Lamm 5 Pf., für ein Schaf 6 Pf., für einen Jährling und Hammel 8 Pf. und für einen Bod 20 Pf. Auf Verlangen müssen sie Softühe melten für 8 M. den

Monat.

Jm ganz. Jahre für 306 Arbeitstage

"

40,50 486,00 m.

Und diese Summe erhält der freiherrliche Tagelöhner nicht mal ganz, denn neben den Steuern und sonstigen Abgaben muß er davon auch noch Schulgeld und Wohnungsmiete bezahlen! Dem Tage­löhner bleibt zur Erhaltung seiner Familie ein Barlohn von kaum 8 m. pro Woche.

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Der oben mitgeteilte Vertrag ist nicht etwa ein außergewöhn- Paul Umbreit. licher. Er ist typisch für die erbärmliche Löhnung der Landarbeiter. Schaften Deutschlands . C. Legien , Berlin , Engel- Ufer 15. Und dann schreien die Junker und ihre Soldschreiber Zetermordio, wenn die Landarbeiter sich danach sehnen, endlich die junkerlichen Paradiese verlassen zu können. Möchten doch mal die Junker unter ähnlichen Verhältnissen leben wie ihre Tagelöhner wie würden sie dann schreien und kontraktbrüchig werden!

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