fortlaufend informiert morden ist, seine Informationen zumTeil ohne Kenntlichmachung der einseitigen Quelle wie eigeneRedaktionSarbeiten veröffentlicht hat und das; sie von diesemHerrn, der seine Verbindung mit dem Blatt nur sehr zögerndzugab, in Sache der nichtgebuchten Zinsrückstände direktfalsch informiert worden.... Nachgewiesen ist, daffdie„Frankfurter Zeiumg" Schriftstücke erhielt und verwertete,die nur aus dem Archiv der so stark bloßgestellten Würz«burgcr Bankleitung stammen können und über deren Herkunftder Kläger Cohnstädt jede Auskunft verweigert. Ä a chgewiesen ist der„Frankfurter Zeitung", daß sie einewarnende Aeußerung einer bayerischen Ministerrede über dieWürzburger Bankaffäre und ihre Rolle darin ihren Lesern an-dauernd unterschlug, obgleich sie diese Aeußerung genau im Wort-laut kannte. Nachgewiesen ist der„Frantsurler Zeilung",daß sie schon über die Würzburger Generalversammlung von1906 in befremdlich einseitiger und entstellender Weise berichtete.Nachgewiesen ist dem demokratischen Handels- und Börken-blatte, daß sie dieselben Praktiken in verstärktem Maße hin-sichtlich der Würzburger Generalversammlung von 1907 übteDort hatte die Bankleitung, deren Partei die„FrankfurterZeitung" so einseitig gegen die kleinen Bankiers AnSbacherergriffen hatte, die sachlich berechtigte Kritik der Aktien-Minderheit so vergewaltigt, daß jetzt das Bamberger Oberlandes-gericht wörtlich entschied, wie gestern durch Verlesung der UrteilsauSferiigung festgestellt wurde: es liegt„klar zutage liegendegrobe Gesetzesverletzung in dreifacher Richtung" vor, namentlichkrasseste Beschränkung der Redefreiheit, der die„Franks.Ztg." durch die oben erwähnte Art ihrer Berichterstattung gründlichnachhalf. Ferner ist dem„führenden Finanzblatte" Deutschlandsdurch Vorlage seiner eigenen Artikel nachgewiesen, daß es bisheute weder den kompromittierenden Wortlaut der Bettelbriefe desWürzburger Stadtkommissars um Aklienbeteiligung, noch die Nach-schrift der Würzburger Direktion seinen Lesern mitgeteilt hat, inwelcher diese das Beteiligungsbegehren des Beamten nacbdrücklichunterstützt. Endlich ist der„Franks. Ztg." in Sachen des berüchtigtenKonto K nachgewiesen durch das Zeugnis Ansbacher und dasZugeständnis ihres Redakteurs Stern, daß sie seit Jahren von jenemKonto gewußt hat, ihm jedoch nicht nackigegangeu ist und eS sogarnach den zwcifelsfreien Enthüllungen unseres Blattes unter Berufungaus gar nicht in Betracht kommende Gesetzesbestimmungen vert e i d i g t hat."Unser Frankfurter Porteiblatt erklärt sich mit dem Ergebnisder Verhandlung vollauf zufrieden. Das seltsame Urteil wird eSder Nachprüfung durch die höhere Instanz unterbreiten.Die„Frankfurter Zeitung" muß sich also auf einen zweitenGang gefaßt machen, in dem sie hoffentlich nicht wieder einen Vor-sitzenden findet, der seine Meinung über den Fall schon zu Anfangder Verhandlung fertig hat und der sich durch die Ergebnisie derVerhandlung so wenig beeinflusien läßt, wie der Vorsitzende deSSchöffengerichts. Dann wird auch im Urteil zum Ausdruck kommen,was jeder denkende Beobachter schon aus der V e r h.a n d l u n gerster Instanz entnimnit, daß die Vorwürfe der«Frankfurter Volksstimme" gegen die„Frankfurter Zeitung" nur zu sehr berechtigtwaren._Der Steinbacher flufruhrprozeß.In seiner Betrachtung des zweiten TageS der Ver-Handlung zu Meiningen sagt das Saalfelder..Volksblatt", daßsich bei allen ZuhSrern die Ueberzeugung immer mehr festigt,daß die ganze Anfruhranklage bereits vollständig zusammen«gebrochen ist... Wenn eS jemanden gibt, der als Hauptaugellagter zugelten hätte, so wäre das der Gastwirt und damalige Vize-schultheiß Boden st ein. Durch feine eigene Aussage und dieder Zeugen, sowie auf Vorhaltungen des Vorfitzenden wurde fest-gestellt, daß Bodenstein am fraglichen Abend, nachdem er denOrts diener instruiert hätte, im Orte Feierabendzu bieten, feine eigene Wirtschaft verließ, ohnedort feinen Gasten Feierabend geboten zu haben und seineWitticdast zu schließe». Hätte er das getan, die ganze„Steinbacher Affäre" wäre nicht entstanden! Nun gingBodenstein nach dem Markte, wo er anscheinend den Orts-diener im Feierabendbieten unterstützte ldort stand ein Karussell),und da? verleitete den jetzt als„Rädelsführer" angeklagten Kehr-Fuckel, den Bodenstein zu fragen, ob er denn schon in seiner eigenenWirtschaft Feierabend geboten habe? Auf diese wiederholt an ihngerichtete Frage antwortete der Herr Vizeschultheitz Bodenstein miteinem Fanstschlage nach dem Halse des Fragers. Auf diese offen-bare Roheit hin nahmen eine Anzahl dieser Szene BeiwohnendePartei für Kehr-Fuckel und tadelten Bodenstein. Kehr-Fuckel aberhatte unterdessen den Schlag zurückgegeben, und da Bodensteinjedenfalls fürchtete, daß ihm auch noch aus der ihn wegenseines Angriffes tadelnden Menge Hiebe zuteil würden,flüchtete er, rief aber, wie schon gestern erwähnt, dem ihm in denGesichtskreis kommenden Ortsdiener zu:„Richard, tu den Säbelraus I" Bodenstein lief rasch nach Hause zu, ging aber nicht in dasHauS, sondern in seinen Hof, holte einen Stock und ging nun zumAngriff auf Kehr-Fuckel über, der ihm mit einen. Stocke gefolgtivar. Letzterer kam an der Tür Bodensteins zu Fall, Bodensteinbenutzte diesen„günstigen Moment" und gab mit seinem Stocke demKehr-Fuckel einen tüchtigen Schlag, nach anderen Zeugeuaussageukönnen es auch zwei gewesen sein. Nun verschwand Bodensteinschleunigst in der Haustür, die er hinter sich abriegelte.Das ist der nackle Hergang der Dinge. Und was hat sich nunweiter zugetragen? Es sammelt sich um den um seine„Revanche"betrogenenen Kehr-Fuckel eine größere Menge, der nun in die Er-innerung kommt, daß bei Bodenstein noch„Uebersitzer" sich befinden,darunter der Brandmeister. Bis jetzt unenldeckte Werfer nehmeneinige Fensler aufs Korn, drei zerbrochene Scheiben sind der Erfolg.„Man" soll auch geschossen haben, manche Zeugen glauben einenSchuß gehört zu haben, andere wieder haben davon überhaupt nichtsgehört. Man ruft Bodenstein, lacht und schimpft, alles durcheinander!Und nun das Haut'Nnoment, das wie kein anderes die tatsächlicheHarmlosigkeit dieser„Aufruhrer" kennzeichnet: Sie holen denFeldjäger, damit der die Boden st eins che Wirtschafr leere und die Uebersitzer aufschreibe!Und dann der Ulk des Sturmläutens! Der AngeklagteHoßfeid wird als der Swrmvogel angesehen, aber mindestens fünfZeugen erklären unter ihren, Eide, daß Hoßfeld es nicht gewesensein könne, da sie ihn kurz vor dem Slurmlaulen gesprochen habenund wenige Momente später das Stürme» ertönte.Natürlich gab eS auch eine Reihe Belastungszengen, die ob des„Aufruhrs" gezittert haben und ängstlich waren, noch mehr Zeugenund auch solche, die von der Staatsanwaltschaft geladen sinb, aberbetonen, daß kein Mensch daran geglaubt habe, daß irgendjemand in der Bodensteinschen Wirtschaft anwesend Gewesenen etwasgetan worden wäre, wenn dieselben herausgekommen wären.Am Freitag abend wurde das Urteil gesprochen. Es wurdenverurteilt: 1. der Schleifer Kehr-Fuckel wegen Landfriedensbruches und Verübung von Gewalttätigkeiten unter Zuhilligungmildernder Umstände und unter Berneinung der Frage nach Rädelsführerslboft zu b'/z Monaten Gefängnis. 2. der Angeklagte SchleiferEickel-Roßmann ivegen Landfriedensbruchs zu ll'/j Monaten, 3. dieAngeklagten Rudolf Kehr-Fuckel und Hoßfeld zu je dreiMonaten, 4. der Fabrikarbeiter Otto Bodenstein wegenLandfriedensbruchs, Körperverletzung und Beleidigung zu fünfMonaten, b. der Fabrikarbeiter Deutsch zu fünf Monaten, 9. der Tünchergeselle Oschmann, der Schleifer Reum undder Fabrikarbeiter Wilhelm Bodenstein wegen groben Unfugs zu jezwei und einer Woche Hast. Die letzten beide» Angeklagten, Gustavund Christian Malsch, wurden freigesprochen. Den verurteiltenAngeklagten wurden ll'/g Monate der Untersuchungshaft in An-rechnung gebracht. In den U r t e i l s g r ü n d e n ivurde ausgeführt,daß allen Angeklagten mildernde Umstände zugebilligtworden feien, da es sich bei dem Steinbacher Krawall in ersterLinie um eine Folge übermäßigen Akoholgenussesgehandelt habe. Den beiden Freigesprochenen soll wegen der Frage,ob ihnen ein Ersatz für die unschuldig. erlittene Untersuchungshaftzuzubilligen sei, eine besondere Entscheidung zugehen."Das Urteil ist immer noch hart genug. Wenn Studentenähnlichen groben Unfug verübt hätten, wie die angetrunkenen,meist noch jugendlichen Arbeiter von Steinbach, sie würdenwohl schwerlich wegen Landfriedensbruch aus die Anklagebankgekommen sein. Und wer Iveiß. ob das den Steinbachernpassiert wäre, wenn nicht die Vorgänge mit den vorhergegan-genen politischen Ereignissen in Verbindung gebracht wordenwären. Der Präsides, t des Schwurgerichts hat in anerkennens-werter Weise erklärt, daß beides nicht zusammengehöre, aberan der Anklage änderte das nichts mehr.Sind die Strafen aber auch noch hoch genug, für einenLandfriedensbruch-Prozeß sind sie verhältnismäßig milde.Allen Angeklagten sind mildernde Umstände zugebilligt wordenund die Begründung läßt deutlich erkennen, daß es sich lediglichum einen Kirmesradau gehandelt hat. Die Lüge von dersozialdemokratischen Stcinbacher Revolution ist elend zu-ämmengebrochen und die Ordnungspresse, die diese Lügeeinerzeit nicht brühwarm und eifrig genug verbreiten konnte,ist still geworden. Es war wieder einmal nichts!Der afrikanische Krieg.Paris, 28. November.(Gig. Ber.)Die Ereignisse an der algerisch-marokkanisaM Grenzegeben den sozialistischen Wörnern recht. Das marokkanischeAbenteuer hat die Republik in die Situation gebracht, deneigenen Besitz gegen die kriegerischen Stämme verteidigen zumüssen. Tie französischen Truppen mußten— auf a l g e r i-"ehern Boden— zurückweichen und das Gebiet der ihnenunterworfenen Stämme sowie Wohnstätten und Werkstättenvon Europäern der Plünderung und Zerstörung freigebenWohl ist es ihnen gelungen, die Eindringlinge wieder zurück-zutreiben, aber nian weiß, daß bei den Stämmen der Eindruck eines Erfolges, den sie über europäische Truppenerlangt haben, nicht durch folgende Schlappen aufgehobenwird. Wohl braucht man vorläufig an eine Erhebungalgerischer Stämme nicht zu denken, aber die Lage istDer Flüchtling.An einem sonnigen FrühlingSmorgen des Jahres 1905 kehrte derGefreite Rohwer deS X. Regiments in.... b.... mit siebenMusketieren vom Schießstande in die Kaserne zurück und meldeteseinen, Feldwebel:„Ein Gefreiter, sieben Mann vom Schietzenzurück."„Gut, daß Sie kommen, Rohwer. Sie müssen mit denSergeanten Kühuke und Plett und den, Gefreiten Stein zwei Leuteder Schutztruppe nach Ehrenbreitstein bringen. Ordonuanzanzug,Patronentaschen, Gewehr. llVa Uhr antretet,!"„Zu Befehl, Herr Feldwebel l"Rohwer freute sich. Das war eine augenehme Abwechselung inVen, ewigen Einerlei des Drilles. Er ging auf seine Stube, wo derGefreite Stein schon auf ihn wartete.„Ra. sollst Du auch mit?"„Jawohl I"„Was die Kerle wohl ausgefressen haben?"„Ich habe keine Ahnung."„Der eine soll 19 Jahre Festungshaft verbüßen."„Na, so schlimm wird es wohl nicht sein."„Ganz bestimmt!"Sie unterbrachen ihr Gespräch, als der Feldwebel die Stubedetrat und sie zur Eile antrieb. Präzise II'/z Uhr standen dieSergeanten und Gefreiten vor der Feldwebelstube und empfingen je10 Patronen. Dann schritten sie über den Kasernenhof zum Arresthaus.vor dem schon zwei Wagen hielten und nahmen ihre beiden Ge-fangenen in Empfang. Der eine war ein großer, breiter Menschpon ungefähr 90 Jahren mit einem gutmütigen, harmlosen Gesichtund großen,, blondem Schnurrbart. Der andere war klein, brünett.mit schwarzem Schnurrbart und dunklen, stechenden Augen. Ermochte 25 Jahre alt sein. Sergeant Kühnke warnte die Gefangenenausdrücklich vor einem Fluchtversuch unter besonderem Hinweisdarauf, daß man«n diesem Falle unverzüglich von den Waffen Ge-brauch machen würde. Dann befahl er kurz:„Laden!" Die vierSoldaten hielten ihre Gewehrmündungen, der Eigentümlichkeit desOrtes Rechnung tragend, zur Decke deS Arrestlokals, öffneten dieKammern und drückten jeder fünf Patronen hinein. Mit kurzem,energischem Ruck schlössen sie die Kammern und sicherten die Ge-wehre. Daraufhin nahmen der Sergeant Kühnke und der GefreiteRohwer den kleinen Gefangenen mit Namen Anger in ihre Mitte,während Sergeant Plett und Gefreiter Stein den anderen Gefangenennamens Rogowski unter ihre Obhut stellten. Alle bestiegen dieWagen und fuhren zum Bahnhof, wo der seltene Transpor, natürlichgroßes Aufsehen erregte. Die Gefangenen durchschritten gleichmütigzwischen ihren Begleitern den Bahnhof, ohne irgend welche Verlegen-h it über die Neugierde des Publikums zu zeigen. Uebrigenö warin dem bereits zur Abfahrt bereit flehenden Zuge fürsorglich einConpö reserviert, das die sechs Mann sofort bestiegen. Nach einigenMinuten setzte sich der Zug in Bewegung. Die Gefangenen hattenbis jetzt peinliches Stillichweigen beobachtet. Es schien, als fürchtetensie Unangenehmes, wenn sie sprechen würden. Sie hörten gleich-gültig und ernst, mit jener Resignation zu. die Menschen eigen istdie nichts mehr zu gewinnen hoffen. Erst als Sergeant Plett dengroßen Rogowski fragte:„Na. wie wars denn in Afrika?" kamdieser aus sich heraus und erzählte von seinen Erlebnissen. Erhatte viel durchgemacht. Besonders anschaulich schilderte er einhartes Gefecht bei Otjihinainavarero. Wie schwer es gewesen sei. denHereroS in dem felsigen Gelände beizntoinmen. Mit welch unsäg-licher Anstrengung, ohne Wässer mit quälendem Dnrst die deutschenTruppen stundenlang in glühender Sonne einem numerisch weitüberlegenen und grausamen Feind standgehalten hätten und wie eineKatastrophe unvermeidlich schien, als im letzten Augenblick Ver-stärkungen eingegriffen und die überraschte» Hereros in die Fluchtgeschlagen hätten. Und wie man endlich abends nach zehnstündige»,Kampfe die Wasserstelle im Besitz gehabt hätte.So plauderte Rogowski lustig fort, dabei sorgsam seine Ge-schichte umgehend. Aber die Soldaten waren neugierig.„Nun sagen Sie mal, Rogowski, iveshalb kommen Sie dennnach Ehrenbreiistein 1" fragte Sergeant Kühnke endlich.„Ach. das ist eine harmlose Geschichte I"„Na, na!"„Wirklich! Ich habe nichts weiter getan, als ein halb der-durstetes Äegerweib, das ich während eines Patrouillenrittes amWege fand, an einen Baum aufgehängt."Die Soldaten sahen Rogowski sprachlos an.„Ihr braucht mich nicht so entrüstet anzusehen. Sie war schonhalb tot, als ich sie fand und sie dauerte mir. Na, und da derBaum gerade so passend für die Sache war, hängte ich sie auf.Sie war sofort tot. Aber einer meiner Kameraden meldete nitchund mm habe ich drei Jahre FestnngShast bekommen. Hätte ichdas gewußt, ich hätte das Weib nicht auf diese angenehme Weisevon ihrem Durst befreit."Rogowski glaubte seiner Humanitätsduselei zum Opfer gefallenzu sein und er war überzeugt, nichts Schlechtes getan zu haben.auch so für die französische Regierung verdrießlich genug.In jedem Fall wird sie jetzt größere Operationen zurSicherung der Grenze unternehmen und die Grenzverletzungdurch die übliche„Züchtigung" vergelten lassen. Das kostetmehr oder weniger Menschenleben und in jedem Fall vielGeld. Wer aber wird dieses ersetzen? Etwa Marokko? Ja,welches Marokko— das des Sultans von Fez oder das desaus Marrakesch? Zur Abwechselung scheint wieder einmal„Muley Hasid oben", die Franzosen aber müssen Abdul Azizweiter protegieren, schon weil sie das Geld, das sie ihm ge-pumpt haben, nie zurückbekommen. Tie dauernde Besetzungmarokkanischen Landes und seine Einverleibung in diealgerische Kolonie ist hingegen durch die Abmachungen vonAlgeciras ausgeschlossen, die nur das besondere VorrechtFrankreichs in bezug auf die Grenzpolizei anerkennen. DieKolonialpartei, die hinter dein„Temps" steht, drängt aller-dings ailf eine Ausdehnung der Polizeizone hin, die voneiner Okkupation mit freiem Auge schwer zu unterscheidenist. Die Regierung hat sich der vom Gouverneur Algeriensgeforderten Offensivtaktik bisher nicht günstig gezeigt undsie ist dem Tatendrang des Generals L y a n t e y so wenigentgegengekommen, daß dieser sich in giftigen InterviewsLuft macht. In der Kammer hat der Kriegsminister heuteziemlich zurückhaltende Erklärungen abgegeben. Der Antragder S o z i a l i st e n, eine Debatte zu eröffnen, wurde ab-gelehnt. Die Mehrheit hat sicher die Lust zu einer„großen"Erpedition nicht mehr. Aber sie hat nicht den Mut, die be-gangenen Fehler gut zu machen. So scheint die weitere Ent-Wickelung in Afrika auf den Zufall— die Stimmung derMarokkaner— gestellt.—4*Die Meldungen über den Fortgang deS Krieges zeigen,daß die Marokkaner in Algier eingebrochen find. Schwächerefranzösische Posten mußten sich zurückziehen, schließlich sindindes die Marokkaner mit Hülfe der französischen Artilleriezurückgeschlagen worden. Die Franzosen haben Verstärkungenherangezogen. Eine Nachricht meldet, daß zwei Stämmealgerischer Eingeborener zu den Marokkanern übergegangenseien. Ob das ernstere Bedeutung hat, läßt sich nicht beurteilen. Die wichtigsten Nachrichten lauten:Lalla Mnrnia, 29. November. Heute früh drangen die M a-r o k k a„ e r in großer Menge gegen P o r t- S a y vor. Gesivütze.die auf den Höhenzügen aufgestellt waren, richteten ihr Feuer aufdie Angreifer, welche über den Kitz zurückgingen und ihre früherenStellungen wieder einnabinen.Lalla Marnia, 30. November. Der Angriff der Marok-kaner scheiterte vollständig. Sie zogen sich unter Mitnahme ihrerToten zurück. Nur ein Toter und niedrere Verwundete blieben aufdem Schlachtfelde liegen. Auf französischer Seite sind keine Ber-luste zu verzeichnen.Paris, 30. November. Ein Telegramm deS General?Lyautey bestätigt die schon bekannten Ereignisse am Flusse Kitzund den Rückzug der Marokkaner. Die französischen Verstärkungenkonzentrieren sich bei Bu Djenan unter den, Befehl des OberstenBranliöres. Die Vorhut ist bereits in Bab el Hasiah eingetroffen.Die Marrokkaner scheinen sich bei Aghbal konzentrieren zu wolle».wohin sie Lebensmittel und Munition geschafft haben. Die Hafen-städte sind gesichert. Am Kitz sind heute vormittag von einen,Dampfer Verstärkungen gelandet und in Oran ist eine Reserve ge-bildet worden.Paris, 28. November. Dem„Journal des DebatS" wird ausMarrakesch vom 22. November gemeldet, daß der Sultan AbdulAiiS sich durch Bermittelung deS in Marrakesch eingetroffenen„TimeS"-Korresponderiten Harris bemiibe, eine AuSsöhmwg mitseinem Bruder Mulay Hafid zu erlangen. Die Bevölkerung vonMarrakesch hält eine solche Aussöhnung für durchaus möglich.Politifcbe(leberlickt.Berlin, den 30. November 1907.Die Polenvorlage vor dem Slbgeordnetenhaufe.Die Polenvorlagc ist bereits am Sonnabend einer Kom-Mission überwiesen worden. Die Debatte war noch belang-loser als die des ersten Tages.Die Gegner des Entwurfs legten wiederum mit Rechtdas Hauptgewicht auf die Enteignungsfrage, die eineoffenbare Verletzung der Verfassung bedeutet. Tie eigen-artige Auslegung des Grundsatzes, daß alle Preußen vordem Gesetze, gleich sind, wie sie der oberste Hüter derpreußischen Justiz, Herr B e s c l e r, zun, besten gab, bc-weist, wie sehr ein Redner des Zentrums den Nagel auf denKopf traf, als er die Vorlage als einen Akt der Verzweiflungder Negierung bezeichnete. In der Tat, wie jämmerlich mußes um eine Regierung bestellt sein, die zu solchen Mittelndaß er nicht die geringsten Gewissensbissesehr glimpflich davon gekommen,"Man sah ihm an,empfand.„Aber da sind Sie dochmeinte der Gefreite Rohwer.„Na, ich danke! Jedenfalls bin ich besser daran, als Anger."„Was habe» Sie denn gemacht?" fragte der Sergeant Plettden anderen Gefangenen.„Meine Geschichte ist noch harmloser," entgegnete Anger mitausdruckslosem G-sicht. Die Soldaten sahen ihn gespannt an.„Ich habe mich an einem Posten vergriffen."„Donnerwetter!" entfuhr eS dem Gefreiten Stein.Eine Stille trat ein. Ein Posten und war es nur ein gemeinerSoldat, war Vorgesetzter. Anger hatte also einen tätlichen Angriffauf einen Vorgesetzten begangen und das im Felde. Ter armeKerl ivar zu bedauern.„Und welche Strafe erhielten Sie?" fragte Sergeant Kühnke.„Zehn Jahre Festungshaft I"„Zehn Jahre?"„Jawohl!"Dieies Strafmaß schien ihnen allen ein krasser Widerspruch imVerhältnis zu der Strafe, die Rogowski erhielt. Der eine hatteeinen Menschen gemordet, ohne Reue darüber zu empfinden, ja, erschten seine Tat als eine selbstverständliche Gefälligkeit anzusehen.die er dem Negerweib nur erweisen konnte. Und flir diese Tat er-hielt er drei Jahre Festungshaft, während der andere zehn JahreFestungsbast zu verbüßen hatte, weil er einen Kameraden schlug.der im Augenblick sein Vorgesetzter war. War das Gerechtigkeit?Jetzt verstanden die Soldaten AngerS stilles, gedrücktes Wesen.Wie mußte der arme Mensch leiden, für eine jähe, vielleicht un-bedachte Tat.„Was war denn die Veranlassung zu Ihrer Tat?" setzteSergeant Kühnke das Gespräch fort.„Ich bin auf Pserdewache unbeabsichtigt über die Postengrenzehinmisgegangen. Der Pofien rief niickran. Grob. Unkameradschastlich.Wir konnten uns nicht leiden. Ein Wort gab das andere. Schließlichschlug ich ihn mit einer Peitsche. Und da war mein Schicksal be-äegelt. Flüchten konnte ich nicht. Wohin? In den Busch, um zuverdursten oder un, mich der Grausamkeit der Neger auszusetzen?Nein! Das wäre Unsinn gewesen. Also blieb mir nichts, als meineStrafe zu erwarten. Ich konnte damit rechnen, erschossen zu werden,denn ein Angriff gegen einen Vorgesetzten kam, in, Felde mit demTode bestraft werden. Das war schließlich immer noch besser, alseinsam im Busch zu sterben. Nun habe ich zehn Jahre Freiheit füreinen Peitschenschlag herzugeben."