Erneuerung des Meistbegünstigungsvertrages mit England und seinen Kolonien.
greift, daß sie den Sak aufstellt, die Geseze müßten zwar geteilten Rollen passen, daß sie Tüchtiges zu leisten wissen, gegen alle Breußen gleich angewendet werden, aber es sei die Konservativen in Zweckbewußtsein, die erlaubt, gegen einzelne Bevölkerungsklassen Ausnahmegeseze reisinnigen in der Selbst beherrschung. zu erlassen! Weder Herrn Beselers tiefsinnige, dem gewöhnlichen Menschenverstand aber nicht faßbare juristischen Darlegungen, noch die Kriegerpereinsrede seines Kollegen Frei herrn v. Rheinbaben vermochten irgendwie die Gegner der preußischen Politik zu befehren. Ja selbst die Freunde derselben, abgesehen von den Gruppen, die mit der Regierung durch dick und dünn gehen, werden schwerlich von der Zweckmäßigkeit dieses Ausnahmegeseges überzeugt worden sein. Damit die Kommission möglichst schnell arbeiten fann, bertagte sich das Haus bis Donnerstag. Auf der Tagesordnung stehen Initiativanträge.
Das staatsgefährliche Turnen.
Ein Gesezentwurf, der England bis zum 31. Dezember 1909 die Vorteile einräumt, die das Reich den meist begünstigten Ländern gewährt, ist soeben dem Reichstag unterbreitet worden. Die Erneuerung des Meistbegünstigungsvertrags ist notwendig. da das Gefeß vom 20. Dezember 1905, das auf der gleichen Grundlage be ruhte, am 31. Dezember d. J. außer Straft triit.
Bassermann als Totengräber.
in
einstimmung mit wirtlichen Rennern des Landes vor einem zu weitgehenden Optimismus und vor jeber Ueberstürzung warnen zu müssen. Unsere Stolonialpolitik verträgt heute keine Nackenschläge mehr, die aus dem Verlust großer investierter Kapitalien etwa entstehen tönnten."
An dieser Auslassung ist auch nicht uninteressant, daß die Berliner Neuesten Nachrichten" Herrn Dernburg und seinem mutmaßlich allzu großen Optimismus die Ansicht von wirklichen Kennern des Landes" gegenüberstellten! Das Blatt ist also nicht allzu sehr davon überzeugt. daß Herr Dernburg sich auf seiner oftafrifanischen Sprigtour eine wirkliche Kenntnis der Verhältnisse angeeignet hat!-
Ueberspannung der Disziplin. Man schreibt uns:
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Die Nationalliberalen find über die wegwerfende Art, in der gestern der Finanzminister von Rheinbaben auf die faden staatsmännischen Tiraden des Herrn Bassermann antwortete, höchst erbost, Rürzlich teilten wir den Verlauf eines Disziplinarberfahrens meinte doch der Herr Finanzminister böhnisch, der nationalliberale die legtens im Vorwärts" erwähnte Verhandlung vor dem OberWie es um die berühmte preußische Disziplin bestellt ist, hat mit, in dem ein 44 Jahre alter herzleidender Polizeibeamter von Führer fenne zwar die Absichten der Regierung nicht, aber er friegsgericht des IV. Armeekorps erwiesen. Festgestellt ist worden, der Turnberpflichtung, die ihm der Oberbürgermeister zu Barmen auferlegte, durch das Oberverwaltungsgericht befreit ist. Im vollen mißbillige sie. Die„ National- Zeitung" hat sich über diese daß es auf den Bernburger Scheibenständen nichts Seltenes war, Gegensatz mit diesem Versuch, herzleidende Polizisten zur Turnerei Aeußerung jogar dermaßen geärgert, daß sie dem Herrn daß die alte Wache das Wachtlofal eher verließ, bevor die neue zu veranlassen, untersagt anderwärts in Preußen eine Be- von Rheinbaben einen ganzen Leitartikel widmet, dem Wache zur Stelle war. Die Ablösung, die so peinlich genau vorhörde in flarem Widerspruch mit dem Reichsrecht und der beamtlich sie ihn beschuldigt, die Zerfahrenheit im Block absichtlich geschriebene llebergabe des zu bewachenden Geländeabschnittes und beeideten preußischen Verfassung die Erteilung von Unterricht au verstärken und den„ Totengräber" des Blods zu spielen: der Gebäude und Utensilien wurden also auf der Landstraße im " Herr v. Stengel," schreibt sie. weiß zwar noch nicht, was er Borbeigehen ausgeführt. Fürwahr ein glänzendes Zeugnis für will; dafür weiß Herr v. Rheinbaben um so beffer, was die schädlichen Wirkungen einer übertriebenen Disziplin, er nicht will. Als vor Wochen erstmals etwas vom Spiritus eines Jahrhunderte alten Drills und der so hoch geMonopol durchfickerte, da war die Stimmung gar nicht fo ungünstig. Hätte die Regierung damals mit einem leiblichen priesenen erzieherischen" Eigenschaften unseres Militarismus. Projekt aufwarten können wer weiß, auf welchen Wegen Daß der Anklagevertreter solche Vorkommnisse" als„ einfach die Finanzdebatte heute wäre! Aber im Reichsschazamte war unglaublich" bezeichnete, beweist weiter nichts, als daß er trob man hülflos, man klagte ob der großen Not, nur von Mitteln seines abgeleisteten Dienstjahres nichts vom Fach versteht und zur Abhilfe ließ man nichts verlauten. Mittlerweile hat mancher, bemzufolge den Grab der Verfehlungen auch der sich mit dem Monopolgedanten schon halb und halb befreundet nicht richtig abschäßen kann. Die auf Wachtvergehen hatte, sich wieder in die liebe, alte, doktrinäre Abneigung dagegen angedrohten Strafen sind wahrhaftig schver genug, um 20jährige hineingearbeitet. Die Stimmung innerhalb bes Menschen davor zu bewahren, sich aus purem persönlichen LeichtBlods ist flau, fehr flau, hauptsächlich deshalb, finn oder einiger Minuten Zeitgewinn wegen der Bestrafung ausweil niemand weiß, wo die Regierung eigentlich hinauswill, und dieser kritische Moment dünkt den preußischen zusehen. Der Wachtdienst wird in der Armece in einer Weise beFinanzminister geeignet, ben Führer der National- handelt, welcher einem Fetischfultus gleichkommt. Der Widerliberalen zu verhöhnen, weil er die Absichten der Re- spruch zwischen dem vorher veranstalteten Tamtam und der gierung nicht fennt" und sich doch schon ernste Gedanken über die nüchternen Wirklichkeit, der Kontrast zwischen den Finanzreform machte, und dann noch den Trumpf bom sio volo den Wachtdienst begleitenden Unannehmlichkeiten und der sic jubeo des Bundesrats auszuspielen! Wenn einst in der Re- Wert oder Gefahrlosigkeit des zu bewachenden gierung oder auch vom Zentrum die Preise dafür verteilt Objekte s wird dem rückständigsten Soldaten sehr bald klar und werden, wer am meisten zur Entgleifung der löst bei ihm im Augenblick des Unbeobachtetfeins eine ungeahnte Blodpolitik beigetragen hat, dann wird Herr von Rhein
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solchen Personen, die das Herz auf dem rechten Fleck haben. Heute liegen mehrere Bescheide auf Einsprüche gegen solche behördlichen Eingriffe vor. Bekanntlich hatte das Provinzialschulfollegium fünf trefflichen Turnlehrern, die im Verein Fichte" Stählung der Körperkraft und Gewandtheit Turnlustigen beibringen, bei 100 m. Strafe verboten, ohne Unterrichtserlaubnisschein ihre hüßliche Tätigkeit auszuüben. Die Berliner Schuldeputation, an die fünf so Beglüdte sich wendeten, lehnte die Erteilung des Erlaubnisscheins mit der ebenjo furzen wie bezeichnenden Begründung ab: auf Veranlassung des Provinzialschulfollegiums". Ferner ging einem der Turnlehrer die Verfügung zu, nunmehr 100 M. Strafe zu zahlen oder 10 Tage zu brummen. Selbstverständlich ist hiergegen der Beschwerdeweg beschritten. Inzwischen tröstet sich der vom Provinzialschulkollegium" zu unrecht Bedachte damit, daß dem Turnbater Jahn von reaktionären Behörden noch böser mitgespielt ait. alldieweil Turnen ein staatsgefährliches Unternehmen, so eine Art Vorbereitung zum Hochberrat sei. Der Turnverein" Fichte" wird außerdem ein paar Turnwarte anstellen, die auf Grund des § 33 der Gewerbeordnung nunmehr gewerbsmäßig Turnunterricht erteilen und lehren werden, wie revolutionäre Kippe, umstürzlichere Hode und staatsgefährliches Stabhochspringen auszuführen ist. Der Ruhm des Brandenburger Provinzialschulfolle. giums hat andere Behörden nicht schlafen lassen. Die Regierung zu Hannover hatte sich mit dem Verbot des Hannoverschen Polizeipräsidenten zu beschäftigen, durch welches mehreren Turnvereinen die Erteilung von privatem Turnunterricht an jugendliche Personen unter 18 Jahren untersagt Der Regierungspräsident von Philippsborn hat die Be schwerde zurückgewiesen. In einem langen Schreiben legt er dar, daß der Geist der dem Arbeiterbund angehörigen Vereine" ihm nicht zusagt. Besonders hat's ihm das Liederbuch„ Der freie Turner" angetan.„ Der Inhalt zahlreicher Lieder lasse keinen Zweifel darüber, daß der Herausgeber des Buches, der Arbeiterturnerbund, und mit ihm die zugehörigen Vereine von revolu tionärem Geiste erfüllt sind. Es bedarf keiner Ausführung, daß Angehörigen eines Vereins, in welchem solche Gesinnungen Selbst ein enragiertes Kolonialblatt, wie die Berwahrscheinlich in einer Großstadt abgedient hat, ist das dann einfach gepflegt werden, die zur Erteilung von Unterricht an jugendliche liner Neuesten Nachrichten", sahen sich veranlaßt, Personen erforderliche sittliche Fähigkeit nicht zuerkannt werden vor allzu großem kolonialem Optimismus zu warnen. Sie tann." Fast wörtlich dieselben Wendungen, mit denen die preußische schreiben: Reaktion der 20er und 30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts Ernst M or it Arndt, Jahn und. Dußende geistig und moralisch Hochstehender Patrioten verfolgte. Vor dem Gesetz ist jeder Breuße gleich" nicht vor der Polizei. Eigenartiger Humor der Weltgeschichte, daß die Sozialdemokraten die Geseßlichkeit gegen die Behörden zu verteidigen haben.
baben wohl gegründeten Auspruch auf den ersten erheben dürfen. Wurschtigkeit aus. Schreiber dieses kennt z. B. aus seiner DienstDenn er weiß in, was er nicht will. Herr von Stengel, der seit das Postenstehen auf dem Scheibenstand beinahe nicht anders nicht weiß, was er will, dürfte Anspruch auf den zweiten Preis als Gewehrriemen lang" und die Tabatspfeife im Munde. haben."
Gerechte Teilung.
In seiner Darlegung des Blockprogramms tat Bülow am Sonnabend in den hohen Reichstagshallen einen Ausspruch, der eine sehr treffende Charakterisierung der Blockpolitik enthält. Er meinte, sie müsse von allen Parteien geführt werden mit 8 wedbewußtsein und Selbstbeherrschung.
Der Kanzler hat indes diesen sehr richtigen Gedanken nicht ganz zu Ende geführt. Er hat offenbar hinzusehen wollen, daß das 8 we dbewußtsein für die Konservativen, die Selbstbeherrschung aber für die Frei sinnigen ist: Das ist die zweckentsprechende Teilung, denn beide Parteien haben längst gezeigt, daß sie für die ihnen zu
Bitter flang es von seinen Lippen. Die anderen schwiegen. Es schien ihnen allen nahe zu gehen. Jeder dachte, daß ihn ein gleicher Schicksalsschlag treffen konnte. Anger blickte gedankenverloren aus dem Coupéfenster hinaus in die sonnige Heide. Alles sollte er zehn Jahre entbehren. Nie sollte er auch nur eine Viertelstunde allein gehen dürfen. Wenn er flüchten fönnte? Er würde das Gefährlichste wagen für seine Freiheit. Aber wie flüchten, wie? Der Zug rollte unaufhaltiam weiter, dem Ziel entgegen. Sein monotones Ratata Ratata flang wie eine melancholische Melodie. Die sechs im Coupé blickten still vor sich hin, jeder mit seinen Gedanken beschäftigt. So tamen R......! Vier Minuten Aufenthalt!" schrien die Schaffner. Gestatten Herr Sergeant, daß ich austrete," wandte sich Anger an den Sergeanten Kühnte. Er sagte es ruhig. Keine Bewegung in seinem düsteren Geficht verriet feinen plöglichen Entschluß. " Jawohl! Rohwer gehen Sie mit."
fie in St.
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Gefreiter Rohiver nahm sein Gewehr und ging mit Anger zum Abort. Ich warte hier," sagte Rohwer. Gut."
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Anger ging hinein, Rohwer blieb vor dem Eingange stehen. Es währte zwei Minuten, Anger fam nicht. Im Augenblicke mußte der Zug fahren. Anger!" rief Rohwer. Keine Antwort. Anger!"
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Wie immer äußert sich die Wut der nationalliberalen Gerne mit seiner Anschuldigung nicht. Als guter strammer preußischer große in der alberusten Weise. Aber so ganz unrecht hat das Blatt Bureaukrat war Herr v. Rheinbaben nur ein Freund des Bülowschen Voltigierens auf dem blockpolitischen Seil und fühlte sich stets in der politischen Nähe des Zentrummsadels weit behaglicher als in jener der Herren Baffermann und Pachnicke oder gar der Wiemer, Stopsch und Fischbeck.
Warnung vor kolonialem Optimismus!
Ablösungen wurden sehr häufig auf der Wachtftube vollzogen und bei kalter Witterung wurde während der zwei Stunden posten haben sehr oft auch die dem natürlichen Stältegefühl entBostenzeit auch gelegentlich mal Staffee getrunken. Scheibenstandspringende Pflicht, in der nächsten Umgebung Holz zum Heizen der Wachtstube zu finden und anderes mehr. Ebenso wie in Forbach Dinge passierten, welche von der vielgepriesenen Offiziersehre nichts erkennen ließen, ebenso sind auf den sehr oft überflüssigen Scheibenstands, Lazarett- und Bulberhausmachen anderer Kleiner Garnisonen Tatsachen zu verzeichnen, die mit dem Begriff Disziplin nichts gemein haben. Für einen Militärjuristen, welcher sein Jahr
unglaublich; für den denkenden Unparteiischen ist es selbstverständlich; eine ganz natürliche Folge des Ueber. treibens alles deffen, was man hierzulande unter dem Begriff Disziplin vereinigt.
Die zufällig Gefaßten aber müssen als Sünden bod dann die Fehler des Systems büßen! Das beleidigte Gottesgnadentum.
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Nunmehr ist Herr Dernburg in sein Amt zurückgekehrt, und damit beginnt eine neue Epoche in unserer Kolonialpolitif, in der die großen Hoffnungen, die in der Zeit der nationalen Bewegung der Reichstagswahlen von dem Leiter unferer Kolonialverwaltung erweckt wurden, auch verwirklicht werden müssen. Wir zweifeln nicht, daß Herr Dernburg sich der großen Verantwortung bewußt war, die er auf sich nahm, Sto stod, 80. November. als er unter Einsetzung seiner Person die Bürgschaft für den ( Bribatdepesche des Vorwärts".) Erfolg einer Kolonialwirtschaft übernahm, welche neue und viels Genosse Redakteur ihn von der Mecklenburgischen leicht große Opfer, vom Reich erfordert. Das Maß der Verant Volkszeitung wurde heute wegen Majestätsbeleidigung zu wortung liegt eben in der so engen Verbindung von national 6 Monaten Gefängnis verurteilt. Die Artikel beleuchteten das und kolonial, daß ein Fehlschlag auf letterem Gebiete auch Gottesgnadentum" anläßlich der Wahl des Herzogs Johann der allgemeinen Politik erheblich die reise stören Albrecht von Mecklenburg zum braunschweiger Regenten. Der An tönnte. Wir wissen nicht, ob die Eindrücke, die Herr Dernburg geflagte bestritt, daß Beleidigung vorliege, überdies sei er der Meis in den letzten Monaten in der oftafritanischen Kolonie gewonnen nung, der Herzog sei durch die Wahl in Braunschweig aus dem hat, seinen Optimismus und feine Bilanz zu einem Schwanken mecklenburgischen Fürstenbause ausgeschieden. Es müsse also auch nach oben oder unten gebracht haben; es ist feine berechtigte schon aus§ 59 des Strafgesetzbuches Freisprechung erfolgen. Das Eigenart, von seinen Gedanken und Plänen vorzeitig so wenig Gericht stellte sich auf den Standpunkt, daß diese Schußbehauptung wie möglich verlauten zu Lassen. Wenn er aber nun jeder Grundlage entbehre. Der Herzog fei überhaupt nicht aus der nach Rückkehr in sein Amt die Erfüllung seiner Zusagen Mitgliedschaft des mecklenburgischen Fürstenhauses ausgeschieden. In durch Neuschöpfungen in den Kolonien verwirklichen lezterer Beziehung hatte Verteidiger Dr. Herzfeld- Berlin eindrudswill, ohne daß neue Rückschläge eintreten, wie wir sie so oft zum volle staatsrechtliche Ausführungen gemacht. Schaden der Sache erlebt haben, so glauben wir in voller Ueber
Flüchtling würde die Verwundung zwingen, sich zu stellen. Er irrte. Der Afrikaner lief trotz der Verlegung wie gehegt weiter. Rohwer blickte zurück und fab, daß sein Sergeant und einige Leute auch die Berfolgung aufgenommen hatten. Das aber leuchtete ihm ein, ehe deren Eingreifen wirksam würde, hatte der Flüchtling längst den nur noch fünfhundert Meter entfernten Wald erreicht und dann hatte der Afrikaner seine Freiheit zurück.
weiter.
,, Und ich tomme statt seiner auf die Festung," dachte der Gefreite. Unwitürlich fielen ihm die Konsequenzen ein, die aus dieser lucht für ihn entstehen konnten. Noch sechzig Tage hatte er zu dienen. Dann begann für ihn wieder ein neues Leben. Dann war er freier Mann. Enikam ihm aber der Gefangene, war es für lange Beit vorbei mit der Freiheit. Es nugte nichts, er mußte wieder schießen. Er blieb stehen und schrie erneut: " Halt!... Halt!" Der Afrikaner lief genau wie vorher „ Halt! Oder ich schieße!"..... Umsonst, Anger ließ sich nicht beirren. Rohwer holte tief Atem, legte an, zielte forgfältig mit genau gefstrichenem Korn, fo, wie man es ihn als Refrut gelehrt hatte, nahm Druckpunkt und frümmte langsam aber stetig den Zeigefinger am Abzug, bis scharf der Schuß knallte. Rohwer sah wie der Afritaner schwankend nach rechts taumelte, dann ein paar Schritte geradeaus lief und plöglich in sich zusammenbrach.
" Der sigt", sagte Rohwer tief aufathmend für sich und lief zu dem Angeschossenen, um diesem Hülfe zu leisten. Der Afrifaner lag mit blutleeren Lippen nnd totblaffem Geficht in dem Heidekraut, sich mühsam mit dem rechten, unverwundeten Arm aufstüßend. Rohwer trat hinzu, um ihm zu helfen, aber Anger schüttelte abweisend den Kopf und murmelte:
Alles still. Ahnungsvoll ging Rohwer in den Abort, mit einem Blick übersehend, daß der Afrikaner durch das Fenster, das oben in der Rückwand des Abortes eingebaut war, feinen Weg ins Freie gefunden hatte. Im Augenblick war Rohwer wieder draußen, rannte um den Abort und fah ungefähr 200 Meter vor sich Anger über die Heide laufen. Der Gefreite rannte so schnell er vermochte, hinter dem Flüchtling her, der gerade mit großer Gewandtheit über ein Geh weg, Du Hund, Du hast mir das Leben und die Freiheit reichlich einundeinhalb Meter hohes Staket fette. Die Entfernung geraubt. Weshalb schossest Du nicht vorbei? bergrößerte sich augenscheinlich, denn Rohwer fonnte troz des besten„ Sei ruhig, armer Kerl. Ich fonnte doch nicht," sagte Rohwer Willens mit seinem Gewehr nicht so schnell laufen wie der Afrikaner. mit tränenden Augen, es ist vielleicht auch besser so für Dich. In langen Säßen fam Rohwer an das Stafet, das vor wenigen Glaube mir, einer von uns beiden hätte doch seine Freiheit opfern Augenblicken sein Flüchtling überstiegen hatte. Kurz entschlossen blieb müssen."
Anger lief unbeirrt weiter.
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er stehen und legte den Gewehrlauf auf das Statet, entsicherte das Der Sterbende schüttelte traurig den Kopf. Gewehr und schrie: Das Geschoß hatte ihn im Rücken getroffen und war an der " Halt!... Halt!" rechten Brustseite herausgetreten. Anger mußte im Augenblick verHalt! Oder ich schieße!" Anger fümmerte sich auch um diesen scheiden. Ehe denn auch Sergeant Kühnke und die übrigen Verfolger legten Anruf nicht. Im nächsten Augenblick frachte der Schuß. herangekommen waren, hatte der Flüchtling, den Kopf an den neben Rohwer fah, daß der Afrifaner nach seiner linken Schulter griff, aber ihm Inieenden Gefreiten gelehnt, ausgelitten., weiterlief. Ein Fehlschuß", fagte Rohwer für sich, sprang über das G. S.
Aus dem fächsischen Landtage.
In den ersten Tagen der Woche verhandelte die Bwveit. Kammer über das neue Wassergeset, das schon den vorigen Landtag beschäftigt hat und das in einer Zwischendeputation vollständig umgefrempelt worden ist. Die Regierung beabsichtigte durch ihren ersten Entivurf, alle fließenden Gewässer für öffentliches Gut unter staatlicher Aufsicht zu erklären. Damit stieß sie aber auf den heftigsten Widerspruch der Konservativen, die den Regierungsstandpunkt als Wasserfozialismus bezeichneten und den besitzenden Anliegern ein Besitzrecht am fließenden Wasser gesichert und daraus auch das Benußungsrecht auf privatrechtlicher Grundlage abges leitet wissen wollten. Nur mit Mühe und durch ein beinahe uns mögliches Kompromiß ist die Vorlage in der Zwischendeputation aus dem Streite darüber, ob die Flußläufe nach öffentlichrecht lichen oder privatrechtlichen Grundsägen beurteilt werden sollten, vor dem völligen Scheitern bewahrt worden. Man hat auf jedes Prinzip ganz verzichtet und dem Staate lediglich ein Aufsichtsrecht zugesprochen, so daß aus dem Wasserrechtsentwurfe ein Polizeigesek geworden ist. In der Verhandlung im Plenum versuchten die konservativen und nationalliberalen Redner die Sonderinter=" essen der Besitzenden bei der Wasserbenußung mit großem Eifer zu berfechten; sie forderten ein Benußungsrecht, das zum Teil darauf hinausläuft, die Flüsse und Bäche im Interesse des Profits nach Belieben berunreinigen und ver. schwenden zu können. Genoffe Goldstein machte der Regierung zum Vorwurf, daß sie den öffentlich- rechtlichen Standpunkt verlassen und dadurch die Allgemeinheit schwer benachteiligt habe. Das letzte Wort ist darüber noch nicht gesprochen, doch wird das Kompromißprodukt wohl gesichert werden.
Am Donnerstag stand eine Lehrervefoldungsvor Tage zur Beratung. Danach sollen ständige Lehrer 1300 M. Anfangs- und 2800 M. Endgehalt, lekteres nach Vollendung des 55. Jahres beziehen. Die Lehrer fordern dagegen 1600 M. Anfangsgehalt und 3600 M. Höchstgehalt. Die Kammer war fast cinstimmig der Ansicht, daß die Regierungsvorlage zu wentg biete; die bürgerlichen Parteien erklärten 1500 2. Anfangsgehalt und 3000 M. Endgehalt als das mindeste, was gewährt werden müsse. Der Vertreter des Kultusministeriums erklärte demgegenüber hülflos, er könnte da nicht viel sagen, weil das mehr koste und über den Kostenpunkt der Finanzminister zu bestimmen habe. Am 4. Dezember fommt die Wahlrechisfrage zur Vorberatung, wie heute im Landtage angekündigt wurde. Es sind mehrere Tage dafür in Aussicht genommen.
Statet und nahm seine Verfolgung wieder auf. Er hoffte, den