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Beilage zumVorwärts" Berliner VolMatt. Ur. 9. Mittwoch, den 11. Jannar 1893. 19. Jahrg. V�rlÄmenksbrevichke. pritn, von on Riedel Deutscher Reichstag. 17. Sitzung vom 10. Januar. I Uhr Am Tische des Bundesraths Graf von C a x Maltzahn»Gültz , bayerischer Finanzminister v und andere. Präsident von Levetzow eröffnet die Sitzung mit einem Neujahrsgruß an die Mitglieder des Hauses und widmet den seit der letzte» Sitzung verstorbenen Abgeordneten Lange-Liegnitz und Peter Reichensperger den üblichen Nachruf. Zu Ehren des Andenkens der beiden Dahingeschiedenen erheben sich die Mit- glieder von ihren Plätzen. Das Strafverfahren gegen den Abg. Ahlwardt ist gemäß dem Beschlüsse des Reichstags vom 10. Dezember für die Dauer der gegenwärtigen Session sistirt wordm. Auf der Tagesordnung steht die erste Lesung des Gesetz- entwurfs, betreffend die Erhöhung der Braust euer. Die Berlage verdoppelt den bisherigen Brausteuersatz für Getreide. Reis und grüne Stärke von 4 auf 8 M. und schreibt die Ein- beziehung von Elsaß- Lothringen in die Braufteuer- Gemein- kchaft vor. Die Diskussion wird eingeleitet durch Staatssekretär von Maltzahn: Es dürfte überflüssig sein. besonders zu motiviren, warum die verbündeten Regierungen nicht einfach die Mehrkosten, welche die Militärvorlage ver- ursacht, auf die Matrikularbeiträge geschlagen haben. Seit über die Erhöhung des Friedenspräsenzstärke verhandelt wird, sind auch diese besonderen Steuergesetze in Vorbereitung gewesen. was hervorgehoben werden muß. weil in der ersten Beralhung der Militärvorlage eine gegentheilige Meinung von einer Seite ausdrücklich geäußert wurde. Die drei Steuervorlagen sollen gerade nur den Bedarf der Militärvorlage decken. Eine Steuerreform im großen Stile einzuleiten, dazu war der Zeitpunkt schon deswegen nicht geeignet, weil sich einmal die finanziellen Ergebnisse der Handelsverträge noch nicht übersehen lassen und dann, weil in Preußen gleichzeitig eine große Steuer- resorm ihres Abschlusses harrt. Auch haben wir geglaubt, daß eine Vorlage, welche mehr als das momentane Bedürfniß deckt. im Reichstage kaum Aussicht auf Annahme haben dürfte. Art. 70 der Retchsverfaffung bestimmt ausdrücklich, daß. wenn die ordentlichen Einnahmen zur Deckung der Ausgaben nicht reichen, zunächst neue Reichssteuern und dann erst die Matri- kularbeiträge in Betracht kommen. Neue Reichssteuern sind Ihnen indeffen nicht vorgeschlagen, vielmehr haben wir den richtigen Weg in einer größeren Ausnutzung der bestehenden Reichssteuern wählen zu sollen geglaubt. Das vorgeschlagene Gesetz, betreffend die Brausteuer, bringt einen Betrag, der mehr als die Hälfte des Bedarfs erreicht. Das Gesetz hat allerdings in letzter Stunde einen scharfen Widerstand aus den betheiligten Interessentenkreisen gefunden, der aber von den verschiedenartigsten Gesichtspunkten ausgeht. Was zunächst die Belastung betrifft, so beträgt sie in der Brausteuergemein- schaft durch Steuer und Zoll pro Kopf 79 Pf.; dagegen in Baden 3.34, in Württemberg 4.2S, in Bayern sogar ö,S3 Mark. Dabei ist in Bayern , wo die Brausteuer drei Mal so hoch, das Bier durchweg billiger, als in der Brausteuergemeinschaft. Vor mehr als 70 Jahren bereits ist der jetzige Steuersatz in Nord- deutschland festgestellt worden; sollte eine Erhöhung desselben durchaus und überhaupt unmöglich sein? Die vorgeschlagene, nicht übermäßige Erhöhung kann unstreitig getragen werden. Wie die Erhöhung im Einzelnen wirken wird, läßt sich ja nicht mit absoluter Sicherheit voraussagen. Daß der Brauer die Erhöhung zu tragen haben wird, ist in den Motiven keines- wegs gesagt, es heißt dort vielmehr nur. daß die Er- höhung nicht nothwendig auf den Ausschankpreis ein- wirken werde. Jedenfalls kann nicht behauptet werden, daß dieses Gesetz den Steuerzahlern eine unerträgliche Last aufbürdet. Bei gründlicher Betrachtung besonders in der Kommission werde sich zeigen, daß das Reich diese erheblichen Mehreinnahmen ohne jede Unbilligkeit gegen die interessirten Kreise oder die Kon- sumenten einstreichen könne. Abg. Goldschmidt(dfr.): Der Reichs- Schatzsekretär hat heute nichts weiter gesagt, als was uns in den Motiven schon gesagt war; er ist nicht eingegangen auf die zahlreichen Vor- stellilngen aus den Kreisen des gesammten Braugewerbes, nicht aus die Petitionen aus zahlreichen anderen gewerblichen Kreisen. die einer ganz anderen Anschauung über die Wirkung des Gesetzes Ausdruck geben. Der Hinweis auf die Süddeutschen ist ein sehr unglücklicher, denn Bier bedeutet dort im täglichen Haushalt etwas ganz anderes, als in Norddeutschland, und außerdem sind die Brausteuer- Erhöhungen, die Malzzuschläge dort immer in Zeiten des wirthschaftlichcn Aufschwungs erfolgt, während wir in ganz Deutschland jetzt mitten in einer schweren Krise stehen. deren Vorhandensein die Reichsregierung ja ganz offiziell in der Thronrede anerkannt hat. Nun stellt man einfach als Resultat der Verdoppelung der Brausteuer eine doppelte Einnahme, statt 26 Millionen 52 Millionen, ein. Die Brausteuer -Vorlage von 1881 war vorsichtiger, sie stellte nur ein Drittel als Mehrbetrag ein, wie es in Bayern thatsächlich nach der Erhöhung des Malzzuschlages von 1879 eintrat. Woher soll also jetzt die Verdoppelung der Einnahmen erfolgen? Wir haben ja Herrn Riedel, den bayerischen Finanzmimster, heute hier; vielleicht erzählt er seinem Kollegen vom Reiche, wie es damals in Bayern mit der Erhöhung beschaffen war. Der Verbrauch des Biers in Bayern vollzieht sich auf Kosten des Verbrauchs von Kaffee. Thee, Kakao. Branntwein, Zucker«.; das gelobte Land des Bierverbrauchs kann also nicht maßgebend sein für den Konsum in Norddeutschland, wo die Verhältnisse ganz anders liegen. Der Branntweinkonsum in Bayern beträgt noch nicht ein Drittel dessen in Norddeutschland, nämlich nur 2�2 Liter gegen 7.9. Die Belastung des Branntweins beträgt in Bayern nur>/4 von derjmigen in Norddeutschland. Es lassen sich also dies e Verhältnisse nicht ohne weiteres vergleichen. In Bayern bildet die Brausteuer die Hauptemnahme, das System der direkten Steuern ist dort nicht so ausgebildet wie bei uns. Nun wird ja der Zunahme des Bierkonsums in der Vorlage eine ethische Bedeutung beigelegt, im Gegensatz zu der Haltung des Fürsten Bismarck, der es als Getränk des armen Mannes überhaupt nicht gelten lassen wollte und ihm alle möglichen schlechte» Eigenschaften nachsagte. In der That hat der Bierkonsum zu- genommen, und gleichzeitig ist dieses Volksgetränk immer billiger geworden. Wir haben keinen Grund, diesem Vordringen des Bieres dem Branntwein gegenüber Einhalt zu thun. Die Motive sagen nun, die Verdoppelung der Biersteuer werde die Entwickelung des Bierverbrauchs nicht hemmen. Sie verweisen auf die großen Einnahmen der großen Brauereien, r ,c auch nur im Geringsten daran zu denken, daß es eine un- geheure Zahl von Gastivirthen giebt, die mühselig mit des Lebens Roth zu kämpfen haben, die erst neuerdings mit einer be- sonderen Betriebssteuer bedacht worden sind und demnächst auch noch von besonderen kommunalen Steuern betroffen werden können! Da heißt es nun obendrein jetzt im Reich: Die Brauer haben genug verdient, sie können auch die Verdoppelung der Brausteuer ausbringen i Die Verfasser der Motive scheinen wirklich ihre Studien ledigltch auf die großen Bierpaläste be- schränkt zu haben. Der Verdienst eines norddeutschen Wirthes übersteigt nicht nur nicht den Verdienst eines bayrischen, sondern bleibt meist hinter demselben zurück. Herr Zeitz in Meiningen , unser früheres Mitglied, bestreitet auch von seinem Standpunkt als mitteldeutscher Brauer, daß das Bier in Bayern billiger sei als in Norddeutschland. Im Durch- schnitt ist das Bier im Norden billiger, und unzweifelhaft ist es falsch, wenn die Motive sagen, es betrage in Norddeutschland der Unterschied zwischen dem Ausschankspreise und dem Verkaufspreise der Brauer 19,3 Pfennige für das Liter, während er in Bayern nur 7,3 Pfennige beträgt. Niemand anders als der Brauer wird die Steuererhöhung zu tragen haben, er wird die 26 Millionen aufbringen müssen, welche die Vorlage verlangt; ihnen wird also eine Spezialsteuer mit diesem Gesetz neu auferlegt. Es ist bereits mit aller Schärfe in der Oeffcntlichkeit nachgewiesen worden, daß die Aktien-Brauereien ihr Kapital nur noch mit 1 Prozent verzinsen ivürden. wenn die Vorlage Gesetz wird. Wie sollen sich die Verhältnisse bessern, wenn solche Verluste den Interessenten der Aktienbrauereien zugemuthet werden? Als in Bayern derMalzauffchlag erfolgte, war die Brauindustrie in einer großen Umwälzung begriffen; damals wurden die Eismaschine und andere technische Fortschritte in den Dienst der Brauereien gestellt. Heute, nach 12 Jahren, ist der Konsum des Bieres in Bayern noch nicht so groß, wie er vor der letzten Erhöhung war. Die Produktion ist freilich gestiegen, aber nur, weck die Brauereien zur Ausgleichung des Verlustes gezwungen waren, sich auf den Export zu werfen und zwar auf den Export nach der Brausteuergemeinschaft. Die Bierpaläste dürfen also auch aus diesem Grunde nicht als eine günstige, sondern müssen als eine ungünstige Wirkung jener Steuererhöhung in Bayern angesehen werden; und wenn einige heimische Brauereien in der Errichtung von Bierpalästen nachfolgten, so haben sie es gethan,der Noth gehorchend, nicht dem eigenen Trieb". Die norddeutschen Brauer haben kein Aequivalent für die Ver- doppelung der Steuer wie die süddeutschen; sie haben keine Mög- lichkeit der Abwälzung. Der Bierkonsum geht ohnedies in der Brausteuergemeinschaft und in Bayern und Baden zurück. Eine Steuererhöhung durch Erhöhung des Bierpreises abzuwälzen ist also ganz ausgeschloffen. In Frankreich ist gerade jetzt der Vor- schlag gemacht worden, um dem Biere den Kampf gegen den Branntwein zu erleichtern, die Biersteuer aufzuheben und gleich- zeitig die Steuerfreiheit des Branntweins als Haustrunk aufzuheben, Die neue Bicrsteuer muß die kleinen Brauereien ruiniren, sie wird auch die großen schädigen; sie wird einem großen JndustriezweigVerderben bringen. DieFrage, aufweiche Weisedennsonstdie Mittelaufgebracht werden sollen, beantworte ich nicht, denn ich bestreite die Roth- wendigkeit der Mittel. Wenn aber doch solche Nothwendigkeit sein sollte, so hatte die Regierung schon den richtigen Weg dazu gefunden, indem sie die Liebesgabe für die Branntweinbrenner einschränken wollte, leider ist sie davon wieder zurückgekommen. Die Vorlage hat schon Schaden genug angerichtet seit ihrem Er- scheinen; ich bitte Sie, ihr so früh als möglich das Grab zu graben.(Beifall links.) Staatssekretär von Malüahn: Die Zahl von 19,8 Pfennig als Unterschied zwischen dem Ausschankpreis und dem Verkaufs- preis der Brauer beruht auf sorgfältigen Erhebungen, über welche ich in der Kommission gern nähere Auskunft geben würde.(Zuruf: Darauf können wir aber nicht warten!) Wenn in Bayern ein Rückgang der Zahl der Brauereien eingetreten sein sollte, so wäre damit nicht bewiesen, daß der Rückgang eine Folge i jener Gesetzgebung ist, denn im Elsaß ist keine Steuer- Veränderung eingetreten und doch eine Verminderung von 317 auf 194 erfolgt. Der Rückgang liegt vielmehr daran, daß, weil das Geschäft ein gutes ist, große Aktienbrauereien die kleinen an- gekauft haben. Unter den Dividenden der Aktienbrauercien finden sich solche, welche bis 45 ja 50 pCt. betragen(Zuruf: Eine ein- zige, und auch die nicht mehr). Diese einzige kennt der Herr Vorredner, es sind aber auch zahlreiche Dividenden zwischen 20 und 30 pCt. darunter. Bayerischer Finanzminister v. Riedel: Der Abgeordnete Goldschmidt hat behauptet, die letzte Erhöhung des Malzauf- schlags in Bayern habe Taufenden von Existenzen Schaden ge- bracht. Diese Behauptung ist irrig. Unsere aufmerksamen und eifrigen Ermittelungen über die Wirkung dieser Erhöhung sind rechtzeitig angestellt und dem bayerischen Landtage mitgetheilt worden. Es ergab sich daraus, daß von 1380 bis 1883 im Ganzen 563 Betriebe eingegangen, 342 neu entstanden sind. Bei diesen Zahlen ist zu beachten, daß ca. 6000 Brauereien vorhanden sind; davon sind 221 eingegangen. Es handelt sich aber dabei nicht um bloße Betriebseinstellungen, sondern aus der Nachforschung nach den Grün- den der Einstellung ergab sich, daß nur bei 10 die Steuercrhöhung die Ursache war.(Hört! Hört!) Ganz gewiß befinden sich die kleineren Brauereien in einer wenig günstigen Lage dem Groß- betrieb gegenüber. Das liegt aber nicht an den Steuerverhält- nissen, sondern an der besseren Ausnützung der maschinellen Ein- richtungen und dergleichen, die fast allein den Großbetrieben möglich ist, ebenso an der Einrichtung des Großkapitals, das den Großbetrieben mehr zu Hilfe kommt, endlich an der Leichtigkeit und Billigkeit des Eisenbähn-Transports. Die Abstufung, welche wir 1389 infolge dieser Wahrnehmung eingeführt haben, sind den Kleinbetrieben günstig gewesen. Auch die Behauptung, daß in Bayern blas 30 pCt. eingegangen sind, beruht auf einem Mißverständniß. In der Hauptsache ist die Erwartung der bayrischen Regierung in bezug auf die Höhe des Eingangs vollkommen erfüllt worden; denn 20 Millionen Brausteuer 1879 standen 32 Millionen 1881 gegenüber. In Bayern wird keineswegs das Bier auf Kosten der anderen Getränke außerordentlich bevorzugt. Der Bier- konsum unterligt ganz außerordentlichen Schwankungen. Auch der Kaffeekonsum ist in Bayern sehr beträchtlich. Der Bierpreis ist trotz der Steuererhöhungen nicht in die Höhe gegangen, jedenfalls sind irgend erhebliche Klagen aus dem Publikum darüber nicht laut geworden. In der Pfalz , die früher blos ein Aversum bezahlte, ist die Einführung der Braustener und bald darauf die der Erhöhung des Malzzuschlags am Konsum spurlos vor- übergegangen. Abg. Hug-Konstanz(Z.):... für die Brausteuergemeinschaft zieht eine Erhöhung der Matrikular- Hug-Konstanz(Z.): Die Verdoppelung der Brausteuer beitrüge für die süddeutschen Staaten Bayern , Württemberg und Baden von 12 Millionen nach sich, wovon Baden etwas über 2 Millionen tragen soll. Baden steht hiernach vor der Frage, ob es eine entsprechende Vermehrung der Einnahmen oder eine entsprechende Verminderung der Ausgaben eintreten lassen kann. Vermehrung der Einnahme ist- kaum denkbar, weder bei den direkten, noch bei den indirekten Steuern, und ebenso wenig scheint eine Minderung der Ausgaben ausführbar. Ich kann nur wünschen, die Militärvorlage erfährt eine solche Reduktion, daß es nicht nöthig wird, die Brausteuer zu erhöhen, daß es überflüssig wird, auf diese Vorlage zurückzukonunen. Abg. Gamp(Rp.): Wir sind zunächst mit den verbündeten Regierungen darin einverstanden, daß die Deckung der neuen Bedürfnisse für die Heeresvermehrung aus der größeren Aus- Nutzung der vorhandenen Einnahmequellen des Reichs gewonnen wird. Zu diesen rechnen wir auch das Steuerobjekt des Bieres und sehen in der Verdoppelung der Brausteuer den Weg, auf welchem mindestens die Hälfte des Bedarfs zu erlangen ist. Die Gründe, welche Herr Goldschmidt gegen die beab- sichtigte Erhöhung augeffchrt hat, haben durch die Ent- gegnung des bayerischen Finanzministers schon viel an Gewicht verlcre», wenn er aber auf die sogenannte Liebesgabe hinweist, so bedauere ich die ungeheure Einseitig- keit dieses Vorschlages, dem die Mehrheit des Hauses gewiß keine Sympathie entgegen bringt. Es bleibt ja bedauerlich, daß die Regierung ihren ursprünglichen Plan einer Champagner- steuer nicht weiter verfolgt hat; es gab auch noch andere Wege, auf denen hohe Beträge von Reichswegen zu gewinnen waren, wie die Quittungs- und Jnseratensteuer. Darüber wird wohl in der Kommission noch etwas ausführlicher zu reden sein. Die Brausteuer hat die Natur einer Konsumsteuer und muß sie haben; im allgemeinen soll auch der Konsument diese Steuer tragen. Damit ist aber durchaus vereinbar, daß in einzelnen Fällen, zumal da, wo der Konsument schon durch ungebührliche Vortheile des Produzenten überlastet ist, die Steuer dem letzteren auserlegt wird. Das norddeutsche Bier ist thatsächlich theurer als das süddeutsche. Als Sedlmayr in Berlin zuerst einen Bierpalast errichtete, wollte er das halbe Liter mit 25 Pfennig verlausen, und nur die Be- schwörung der hiesigen Brauereien veranlaßte ihn schließlich, den Preis auf 30 Pfennig zu normiren.(Widerspruch links.) Es giebt eine ganze Reihe von Mitteln, diese Mehrbelastung, wie es meiner Meinung nach in der Ordnung ist, auf den Konsumenten zu übertragen; man braucht ja nur daran zu erinnern, wie es mit der Jnnehaltung des Aichstrichs in Wirklichkeit beschaffen ist, eventuell braucht man vor einer Preiserhöhung nicht zurückzuschicken, denn auch in Leipzig z. B. wird das �/io Liter-Glas mit 13 Pf. bezahlt. Die Berwerthung der wirthschafllichen Bedeutung des Bierkonsums als Nahrungsmittel gegenüber dem Branntwein läßt sich heute nicht mehr so leicht betreiben, wie es Herr Gold- schmidt glaubt. Der Konsum an Trinkbranntwein ist seit 1885/87 um ca. 120 Millionen Liter zurückgegangen. Die in Llord- deutschland gebrauten Biere fallen außerdem keineswegs ohne weiteres unter die unbedenklichen Genußmittel. Die Aus- führungen des Abg. Goldschmidt über die bayerischen Verhält- niffe hat schon Herr von Riedel als unrichtig nachgewiesen. Ich bemerke nur, daß schon 1882, verglichen mit 1377, rn Bayern das Anderthalbfache der Einnahmen zu verzeichnen war, nachdem das Jahr 1379 die Erhöhung des Malzzuschlags von 4 auf 6Mk. gebracht hatte. Die Einbeziehung der Reichslande kann ich nicht billigen, denn es würde damit denselben nur ein erhebliches Geschenk gemacht, nachdem sie ein solches schon bei der Branntweinsteuer erhallen haben. Die Uebergangsabgabe muß meiner Meinung nach er- heblich erhöht werden, ebenso die Ausfuhrvergütung; auf diesen beiden Gebieten muß man den norddeutschen Brauereien entgegen- kommen. Auch der von verschiedenen Seiten geforderte zwei- monatliche Steuerkredit sollte gewährt werden. Ferner sollte der Unfug des Verkaufs des Bieres in ungeaichten Gefäßen und gleich- zeitig die Benutzung aller Surrogate, wenigstens nach einer gewissen Uebergangszeit, verboten werden� Hätte die Regierung die Aussichten den Brauern von vorne herein eröffnet, so würde der Wider- stand gegen die Vorlage garnicht einen solchen Umfang ange- nommen haben. Erfreulich ist mir, daß Herr Goldschmidt au- erkennt, daß die Steuer sich nicht auf den Konsumenten abwälzen läßt; hoffentlich wird er die Konsequenzen ziehen, wenn es sich um die Branntweinsteuer, und auch. wenn es sich um die Ge- treidezölle handelt. Abg. Rösickc(wild): Die Thronrede und der Reichs- kanzler haben gleichmäßig an den Patriotismus des Hauses appellirt, die Lasten auf sich zu nehmen, welche die Ehre und Würde des Reiches erforderten, und zwar würden diese Lasten keine unerschwinglichen sein. Was aber an Steuern vorgeschlagen ist, entspricht diesen Aeußerungen nicht. Man hat das Bier herausgegriffen und eine Steuererhöhung vorgeschlagen, die der Reichstag schon wiederholt abgelehnt. Die Motive der Vorlage sind so einseitig von dem Gesichtspunkte ausgegangen, daß die Brauer die Erhöhung tragen können und daß eine Erhöhung des Ausschankpreises gleichfalls nicht nöthig St, da der Ausschank ganz außerordentliche Gewinne in der rausteuergemeinschaft abwerfe, daß es wirklich schwer fällt, gegen solcke Motive ernsthaft zu polemisiren. Die kleineren Brauereien werden unzweifelhaft der Steuererhöhung zum Opfer fallen und auch die größeren, aber nicht genügend kapital- kräftigen Brauereien schwer geschädigt werden. Die Ver- Minderung der kleinen Brauereien ist eine Folge der Konzentration des Kapitals. Diesen Prozeß können wir nicht ändern, aber wir dürfen ihn auch nicht durch gesetzgeberische Maßnahmen beschleunigen. In Norddeutschland hat sich der Biergenuß erst in den letzten Jahrzehnten eingebürgert; ihm steht immer noch der Branntwein als Konkurrent gegenüber. Die Gefahr, daß mit Rücksicht auf eine eintretende Vertheuerung des Bieres weitere Kreise der Bevölkerung sich dem Branntwein- genusse zuwenden könnten, ist nicht etwa ausgeschlossen, wie die Vorlage meint, sondern wird sicher eintreten, wenn die Steuer- erhöhung eine Vertheuerung oder eine Verschlechterung, was ungefähr dasselbe ist, verursacht. Und dabei hat die­selbe Regierung uns auch ein Trunksuchtsgesetz vorgelegt! Jedenfalls hat in Bayern die Brausteuer -Gesetzgebung zu einer Stagnation des Gewerbes geführt; wenn man in Bayern damit zufrieden ist, so hat das Bayern mit sich selbst abzumachen. Wir aber wollen einer entsprechenden Gesetzgebung im Reiche nur dann zustimmen, wenn die Entwickelung des Gewerbes dadurch überhaupt nicht gehemmt wird. Was Herr von Riedel aus- geführt hat über die Frage des Rückganges des Konsums, würde nicht blos die Verdoppelung, sondern auch die Ver- fünffachung der Brausteuer rechtfertigen.(Sehr richtig! links.) Bayern kann für uns Norddeutsche überhaupt kein Vor- bild sein und kann auch nicht angeführt werden als Beispiel für die Berechtigung der Belastung der Großbrauereien, denn diese haben das Ventil des Exports, wenigstens auf absehbare Zeit. Was die Motive über den Ausschankgewinn sagen, widerspricht direkt den Thatsachen.(Hört! jpört!) Der Betrag von 19,8 Pf. ist der höchste Betrag, der in Norddeutschland vorkommt, nicht der Durchschnitt. In Norddeutschland sind von 32 Millionen Hektoliter 3 Millionen oberjähriges Bier, welches überhaupt für nur 820 Pf. pro Liter verkauft wird. Aber auch bei den besseren Bieren wird dieser Betrag von 19,8 Pf. lange nicht erreicht. Die betreffende Berechnung geht davon aus, daß das Vio-Literscidel durchweg für 15 Pf. verkauft wird. Das ist eben so unrichtig. In Hcssen-Nassau, Thüringen sind die Bierpreise durchaus wie im Süden, in Sachsen kostet das Liter etwa 30 Pf. Wenn Herr Gamp den Berliner Brauereien unterschiebt, sie wären in Erregung gerathen über ihre angebliche Schädigung durch die Absicht des Herrn Sedlmayr, den halben Liter für 25 Pf. zn verkaufen, so gehört diese ganze schöne Erzählung in das Gebiet der Fabel. Herr Gamp und sein Gesinnungsgenosse Herr v. Frege kommen eben nicht in die einfacheren Lokale der Berliner Brauereien, und daher erklärt sich ihre Unkenntniß der wirklichen Verhältnisse. Die Regierung hat aber auch noch einen wichtigen Faktor ganz vergessen, der das Ausblühen der nord- deutschen Bierindustrie mit herbeiführte, das ist der Umsatz des Flaschenbieres, der in manchen Städten den vierten Theil der ganzen Konsumtion beträgt. Nur im Punkte der Uebcrgangs- abgäbe stimme ich mit Herrn Gamp überein. Wenn wirklich der Bundesrath sich auf die Forderung der bayerischen Brauer einließe, die Uebergangsabgabe nicht zu erhöhen, dann würden alle Brauereien in der Nähe der bayrischen Grenze aufs äußerste gefährdet seien. Ich hoffe und erwarte, daß die große