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Nr. 291. 24. Jahrgang.

Reichstag .

1. Beilage des Vorwärts " Berliner Volksblatt. Streitag, 13. Dezember 1907.

72. Sigung. Donnerstag, 12. Dezember 1907. 1 Uhr nachm. Am Bundesratstisch: Delbrüd, b. Bethmann- Holl. weg.

Die Anträge der Geschäftsordnungskommission, die Genehmi gung zur Strafverfolgung der Mitglieder Schwabach ( natl.) und Dr. Pichler( 3.) nicht zu erteilen, werden debattelos angenommen, desgleichen die Anträge, die Genehmigung zur Einleitung des des Strafverfahrens gegen die Abgeordneten Dr. Pfeiffer( 3.) und Oefer( Vp.) zu erteilen, da die be­treffenden Abgeordneten selbst um die Erteilung der Genehmigung gebeten haben.

Nächster Gegenstand der Tagesordnung:

Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes, betr. Aenderung des Börsengesetzes.

Abgeordnetenbaus.

6. Sihung vom Donnerstag, 12. Dezember, 11 Uhr. Am Miniftertische: v. Moltke, Frhr. b. Rheinbaben, v. Arnim.

Erster Gegenstand der Tagesordnung ist die

gemacht werden, damit wieder Ordnung in die Arbeiterverhältnisse gebracht wird.( Beifall rechts.)

Die zweite Interpellation begründet

Abg. Dr. v. Woyna( ff.): Mit der gesteigerten Lebens­haltung und der fortgeschrittenen Schulbildung werden die Arbeiter immer mehr der Landwirtschaft entfremdet, und auch die philan thropischen Bestrebungen bringen uns die Arbeiter nicht auf den Mist zurück. Wir sind der Meinung, daß Maßregeln gegen die Ar­erste Beratung des Entwurfs eines Polizeifostengesetes. beiter direkt nicht getroffen werden sollen, da diese leicht völker­Nach dem Entwurf sollen die Orte mit föniglicher Polizei- rechtliche Komplikationen zur Folge haben könnten. Wir halten verwaltung zu den Kosten dieser Verwaltung zwei Fünftel es für notwendig, daß die ausländischen Arbeiter unter eine ein­beitragen und an den Einnahmen aus dieser Vertvaltung zu heitliche Kontrolle gestellt werden und daß sie dann eine Begiti zwei Fünfteln teilnehmen. Für Berlin wird von den Kosten und mation erhalten, welche dem Arbeitgeber zu übergeben ist, bei den Einnahmen ein Abschlag von 4 Proz. festgefeßt. Die Stoften- dem sie arbeiten. Wir wünschen auch strafrechtliche Bestimmun anteile der Gemeinden werden alljährlich durch den Regierungs- gen gegen solche, die zum Kontraktbruch verleiten, meinen aber, daß präsidenten, für Berlin durch den Oberpräsidenten festgesetzt. es noch wirksamer ist, wenn die Arbeiter, die in dolofer Weise von Gegen diese Festsetzung ist Beschwerde an den Minister des Innern Arbeitgebern anderen Arbeitgebern weggenommen werden, und an den Finanzminister zulässig. an die Grenze befördert

Minister des Innern v. Moltke: Ich bedauere, daß dieser Ent­

Landwirtschaftsminister v. Arnim:

unserer großen und größten Städte kein willkommener sein wird. für sehr notwendig.( Beifall rechts.) wurf, die erste Vorlage, die ich zu machen habe, einem großen Teil werden! Wir halten die Einführung des Legitimationszwanges ( Sehr richtig! links.) Da aber aus der bisherigen Regelung der Materie sich eine lebervorteilung des Staates ergab, so mußten wir bei allem Wohlwollen gegen die Städte einen anderen Ver- gegen fie Maßregeln zu treffen, ware Sache des Reiches. Bei Die Industriearbeiter unterstehen der Gewerbeordnung, und teilungsmaßstab für die Polizeikoften festzusetzen suchen. Aus dem ben Maßnahmen gegen die landwirtschaftlichen Arbeiter bisherigen Modus der Verteilung ergab fich eine Ueberlastung des handelt es sich in der Hauptsache um eine Bekämpfung des Kontrakt­Staates. Der Beitrag der Städte wurde pro Kopf auf 0,70 bis bruchs. Die Gesindeordnung, welche Bestimmungen darüber ent­2,50 M. je nach der Größe der Stadt festgesetzt. Die Einwohner hält, hat nicht vermocht, den Kontraktbruch zu verhindern, und eine zahlen sind aber erheblich gewachsen, und es ist naturgemäß, daß Ausdehnung dieser Bestimmungen würde eine erhebliche Ber­die Kosten der Polizei progressiv stärker steigen als die Zunahme schlechterung der Rechtslage der Arbeiter bedeuten, die agitatorisch der Bevölkerung. Während bisher die Beiträge der Städte etwa ½ der ausgenutzt werden könnte.( Widerspruch rechts.) Der von der Kosten betrugen, verlangen wir jetzt der Kosten als Beitrag. Regierung 1904 vorgelegte Gefehentwurf zur Bestrafung des Kon­Dadurch wird auch der Unterschied zwischen den Orten mit staat- trattbruchs kam nicht zur Verabschiedung, weil eine Einigung licher und den Orten mit nichtstaatlicher Polizei vermindert; denn zwischen der Regierung und dem Hause nicht möglich war. Nach die letteren haben jest doppelt so viel aufzubringen als die den damaligen Erfahrungen fönnen Sie es der Regierung nicht ersteren. Ich bitte Sie, den Entwurf wohlwollend zu prüfen.( Bei- verdenken, wenn sie davon Abstand nimmt, diesen Weg nochmals fall rechts.) zu betreten. Sie hat aber ein anderes Mittel angewandt. Es hat sich herausgestellt, daß die Wanderarbeiter zum großen Teil mit einer ganzen Reihe von falschen Bässen vers sehen find. Wir haben daher für die Einwanderung über die öft­liche Grenze eine Legitimationskarte

1896 hat die daran geknüpften Erwartungen nicht erfüllt. Um Breußischer Handelsminister Delbrück : Das Börsengeset von das Spiel an der Börse zu beseitigen, wurden die Termingeschäfte berboten, das Börsenregister geschaffen und bestimmt, daß Geschäfte ein Schuldverhältnis nicht begründen, wenn beide Kontrahenten nicht in das Register eingetragen sind. Völlig versagt hat das Börsenregister; cs hat zu einer Vernichtung kleiner Bantiers, zu einer Stärkung der großen Banten geführt. Außerdem haben Kaufleute sich nicht gescheut, den Registercinwand auch gegen Aus­länder zu erheben; dadurch haben sie das Ansehen des deutschen Kaufmanns im Auslande schier geschädigt. Um die Schäden zu beseitigen, soll das Verbot des Termingeschäfts in Getreides und Mühlenfabrikaten bestehen bleiben, aber nicht für Landwirte, Kauf­Leute und eingetragene Genossenschaften, sofern der Abschluß solcher Geschäfte zu ihrem gewöhnlichen Handelsbetrieb gehört. Das Ter minregister soll zwar bestehen bleiben; es soll aber das Handels­register ihm gleichberechtigt sein, so daß das Börsenregister, das bisher eigentlich nur ein Register für Unbefugte war, eigentlich nur für solche Personen bestehen bleibt, die nach der Auffassung des Gea setzgebers Börsentermingeschäfte nicht machen. Wenn von nicht Abg. v. Tresdow( f.): Bu prüfen wird sein, ob der Abschlag von 4 borjenterminsfähigen Personen Terminsgeschäfte abgetidelt und Proz. in Berlin genügend ist, um diese Stadt vor ungerecht­erfüllt sind, so sollen die Forderungen nicht wieder eingeklagt fertigter Belastung zu schützen. Wir werden die Vorlage in der werden können. Irgendwelchen politischen Zweck hat der Entwurf Kommission eingehend prüfen und beantragen, fie an eine Kom­nicht, sondern er soll die Bestimmungen und Einrichtungen bes miffion von 21 Mitgliedern zu verweisen.( Beifall rechts.) feitigen, die zur Demoralisierung des Publikums und der Kauf­Abg. Schrader- Stassel( natl.): Wenn gesagt wird, daß die Ge­mannschaft anreizen und unser Ansehen im Auslande schädigen. meinden mit eigener Polizeiverwaltung höhere Kosten aufbringen Beifall bei den Nationalliberalen.) müssen als diejenigen mit staatlicher Verwaltung, so kommt das wir haben ja stets darüber geklagt, daß der Staat seine Polizei­vielleicht daher, daß die Gemeinden ihre Beamten besser bezahlen. beamten nicht genügend besoldet. Markt-, Wohlfahrts- und Bau­polizei gehören in erster Linie der Gemeinde.

Abg.Semler( natl.): Der Zwed des neuen Entwurfes ist, wieder eine lebensfähige Börse herzustellen. Ob das Termin­geschäft in Getreide und Mühlenfabrikaten verboten bleibt, ist eine agrarische Frage( Widerspruch links), aber verlangen müssen wir die uneingeschränkte Wiederherstellung des Termingeschäftes in Zuder, Kaffee und in allen Gffekten.( Zustimmung bei den Na­fionalliberalen und Freisinnigen.) Die Wiederherstellung der Börse ist notwendig auch mit Rüdjicht auf die Bedeutung, welche eine starke Börse für den Fall eines Krieges hat. Unter wachsender Unaufmerksamkeit des Hauses geht der Redner auf die einzelnen Bestimmungen des Entwurfs ein. Auf der Tribüne bleibt er bei der wachsenden Unruhe im Zusammenhang unverständlich. Eine feiner Bemerkungen ruft lebhaften Widerspruch rechts hervor. Redner fährt darauf fort: Jn agrarischen Fragen wollen wir Ihnen die Beurteilung überlassen."( Lebhaftes Oho! und Heiterkeit bei den Sozialdemokraten.)

schen Freunde steht dem Geseßentwurf nicht unsympathisch gegen­Abg. Dr. König- Krefeld( 3.): Der größte Teil meiner politi­über. Die bisherige Berechnung der Beiträge hat sich infolge der Verschiebung der Berhältnisse nicht bewährt. Der jebige Entwurf trägt den tatsächlichen Verhältnissen besser Rechnung.

mit der Ueberweisung an eine Kommission einverstanden, in der die Bedenken gegen die Vorlage geprüft werden müssen. Abg. Dr. Rewoldt( ft.): Auch meine politischen Freunde find

in die Rechte der Selbstverwaltung, wenn sie bei der Verteilung Abg. Caffel( frs. Vp.): Es bedeutet einen schweren Eingriff der Kosten gar nicht mitreden darf, sondern sich einfach mit dem abfinden soll, was die Regierung festsetzt. Für Berlin soll von Abg. Bitter( 3.): Die Börsentermingeschäfte find im wesent liner Polizeiverwaltung hat in so außerordentlich hohem Maße den Kosten ein Abschlag von 4 Proz. gemacht werden. Die Ber­lichen Differenzgeschäfte , in denen die Spekulation zum Selbst- landespolizeiliche Befugnisse zu erfüllen, daß es zweifelhaft ist, zweck wird; deshalb darf der Börsenterminhandel nicht anders be- ob diefer Prozentsaz einen genügenden Ausgleich für die Mehr­handelt werden als das Spiel.( Bustimmung im Zentrum.) belastung Berlins bietet. Berlin soll nach der Berechnung der Re­Was alles an der Börse angeboten wird, kann niemand liefern, und gierung über 2% Millionen Mark mehr an Polizeikosten zahlen, was alles nachgefragt wird, kann auch der reichste Kapitalist nicht in Wirklichkeit wird aber nach der Vorlage der Beitrag zu den taufen. Der Börsenterminhandel nimmt eben keine Rücksicht auf Polizeikosten in Berlin im Jahre 1910 bereits zirka 3,3 Millionen den Produzenten und den Konsumenten. Man fact, die Erhebung mehr betragen als jetzt. Wenn das Oberverwaltungsgericht im Be­des Differenzeinwandes sei unmoralisch.( Sehr richtig! links.) schwerdeverfahren ausgeschaltet wird, so ist der Staat Richter Das Umgekehrte ist richtig; wer ihn nicht erft, verschleiert dem in eigener Sache. Wir hoffen, daß das Abgeordnetenhaus Richter den Tatbestand und das ist unmoralisch.( ebhaftes Sehr auf die Einfügung des Verwaltungsstreitverfahrens in die Vorlage richtig! im Zentrum und rechts.) nicht verzichten wird. Die Uebertragung der Wohlfahrts­polizei an die Gemeinden ist schon in den fünfziger Jahren von den Konservativen im Herrenhause verlangt worden. Auch die Vorlage von 1892 ging davon aus, daß dieser Zweig der Polizei den Gemeinden übertragen werden solle und die Gemeinden die Soften dafür von den Polizeikosten abziehen dürfen, das soll nach der jetzigen Vorlage nicht zulässig sein! Die Ueberlassung der Wohlfahrtspolizei an die Städte liegt nicht nur in deren Intereffe, sondern auch im Interesse des Staates.( Lebhafter Beifall links.)

Abg. Graf Kanių( f.): An dem Rückgang der Börse ist nicht das Börsengesetz schuld, das zeigen uns die ähnlichen Verhältnisse an ausländischen Börsen. Deshalb kann man zweifelhaft sein, ob gerade jetzt, wo die geringe Widers dskraft unserer Börse gegen ausländische Borgänge sich deutlich zeigt, der geeignete Zeitpunkt zu einer Reform des Börsengesetzes ist.( Der Redner, der einige Minuten mit gewohnter Lebhaftigkeit gefproden hat, wird plöslich unwohl und muß von seinen Freunden aus dem Saale geleitet werden.)

Städte ein unerträglicher Zustand, wenn sie alljährlich die Fest­fetzung ihrer Steuerzuschläge von Ausgaben abhängig machen follen, die sie gar nicht kontrollieren können.( Beifall linie.) Die Tebatte wird geschlossen. Die Vorlage geht an eine Stommission von 21 Mitgliedern. Es folgt die

Interpellation

Abgg. b. Pappenheim ( f.) und Genossen:

Abg. Kaempf( frs. Vp.): Ich bedaure, daß mein hochberehrter Abg. Münsterberg( frf. Vg.): Es ist vom Standpunkte der Kollege foeben den Platz hat verlassen mi en, nachdem er durch fein förperliches Befinden gehindert ist, weiter zu sprechen. Ich hoffe, daß er seine Ausführungen in den nächsten Tagen wird machen können, denen wir, wenn sie unseren Anschauungen auch nicht überall entsprechen, mit vollster Aufmerksamkeit zuhören werden.( Bravo !) Im Gegensatz zu der letzten Bemerkung des Grafen Konig scheint mir der Zeitpunkt für die Einbringung des Gesetzentwurfs sehr wohl geeignet. Das Börsengesez hat die der Rechtssicherheit und das Bertrauen in die geschäftliche Vertrags­treue erschüttert, es hat den Getreidehandel gelähmt und durch das Verbot des Termin andels in Montanierten auch zur Verschärfung der Geldteuerung beigetragen.( Sehr richtig! links.) Mit der Aufhebung dieses Verbots find wir einverstanden, dagegen wird in der Kommission noch zu prüfen sein, ob die Beschränkungen, die der Entwurf für Termingeschäfte in Getreide und Mühlenfabri­taten bestehen lassen will, nicht ebenfalls aufzuheben sind. Die Be­stimmungen über den Terminhandel in Getreide tragen den Charakter eines Ausnahmegesetzes; denn für Kaffee und Zucker sollen diese Beschränkungen nicht gelten.

Abg. Dr. Arendt( Rp.): Dem vorliegenden Gefeßentwurf tehen meine Freunde mit ernsten Bedenken gegenüber. Eine Börse wird groß durch die Spekulation; aber gerade davor wollte das Börsengesetz weite Voltstreise bewahren. Es hat, wie gerade die Zahlen der Motive des Entwurfs beweisen, in diesem Sinne und also günstig gewirkt.( Zustimmung rechts.) Nur die We= stimmungen des Entwurfs über das Register sind diskutabel, und daran wollen wir in der Kommission mitarbeiten; dagegen halten wir an dem unbedingten Verbot des Börsentermingeschäfts in land­wirtschaftlichen Erzeugnissen fest.

a) Welche Anordnungen gedenkt die Staatsregierung zu treffen, um den überhandnehmenden Rechtsverlegungen ausländischer Arbeiter Einhalt zu tun?

b) Welche geseklichen Maßregeln beabsichtigt die Staats­regierung gegen den Kontraktbruch in Arbeitsverhältnissen? Ferner liegt gleichzeitig zur Beratung vor die Inter­pellation der Abgg. Boeder( ft.) und Genossen:

geberische und im Verwaltungsinege zu treffende Maßregeln das Beabsichtigt die Staatsregierung durch schleunige gefeß­Üleberhandnehmen des Kontrattbruchs ausländischer landwirtschaftlicher Arbeiter zu verhindern?" Landwirtschaftsminister v. Arnim erklärt sich zur Beant­wortung der Interpellation bereit. Zur Begründung der ersten Interpellation nimmt das Wort Abg. v. Pappenheim ( f.):

eingerichtet, in der der Name und die Nationalität des Ar­beiters sowie auch der Name des Arbeitgebers enthalten ist, welchem Lösung des Arbeitsvertrages auf einen anderen Ort geschrieben er verpflichtet ist. Die Karte darf nur bei ordnungsmäßiger werden. Der Besitz einer solchen Legitimation ist Vorbedin gung für den Antritt der Arbeit, ihr Mangel hat unbedingt Aus­weisung zur Folge. Notwendig ist

"

ein möglichst dichtes Nch von Legitimationsämtern. weise hat sich der Regierung hierzu zur Verfügung gestellt und Gine große Zahl gemeinnüßiger Arbeitsnach. einem Teil der posenschen Grenze errichtet worden. Im Laufe des mit ihrer Hülfe sind Legitimationsämter an der schlesischen und Jahres ist die Organisation auf die ganze östliche Grenze ausgc= Starten versehen. Da die Landwirtschaftskammer die Einrichtung dehnt worden, sie hat schon Zehntausende von Arbeitern mit solchen befürwortete, hat die Regierung beschlossen, vom 1. Februar 1908 ab die Einführung der Legitimationskarten an der ganzen östlichen Grenze strikte durchzuführen.

Es wird abzuwarten sein, wie sich diese Maßregel bewährt, che wir zu weiteren Maßregeln übergehen.

Abg. Dippe( natl.): Wir begrüßen jedes Mittel, das uns ge­eignet erscheint, dem Kontraktbruch der Arbeiter entgegenzuwirken. Das vom Minister genannte Mittel des Legitimationszwanges greift an die Wurzel des Uebels. Wir müssen vor allem dahin streben, daß die Arbeiter auf dem Lande dasselbe finden, was sie in der Stadt haben.( Sehr richtig! links.) Man kann nicht für die Landwirtschaft allein ein Gefeß zur Bestrafung des Kontrakt­bruches machen. Auch wir sind der Meinung, daß man erst die Wirkung des Legitimationszwanges abwarten muß, che weitere Maßregeln getroffen werden.( Beifall bei den Nationalliberalen.) Landwirtschaftsminister v. Arnim: Ich habe noch nachzus tragen, daß

mit Legitimationen versehen werden, und sie werden ebensogut auch die industriellen ausländischen Arbeiter ausgewiesen wie die landwirtschaftlichen Arbeiter, wenn sie keine oder eine falsche Legitimation haben.

Abg. Goldschmidt( frs. Vp.): Wir haben die Erklärungen des Ministers mit lebhafter Befriedigung entgegengenommen. Wir freuen uns, daß auch die Staatsregierung der Meinung ist, daß die Arbeiterfrage in der Landwirtschaft nicht durch Polizei und Strafgeset gelöst werden kann. Notwendig ist vor allem die Koalitionsfreiheit für die ländlichen Arbeiter. Stehen diese auf dem gleichen Rechtsboden wie die Industriearbeiter, dann können auch auf dem Lande paritätische Arbeitsnachweise gebildet werden. Herrn v. Pappenheim genügen ja Geldstrafen nicht, er wünscht Gefängnisstrafen.( Abg. v. Pappenheim : Woher wiffen Sie das?) Das habe ich aus Ihren Aeußerungen vorhin verivilbert nach Hause zurückkehren, so muß ich erwidern, daß wir geschlossen. Wenn Herr b. Pappenheim meinte, daß die Arbeiter feine nationale Politik treiben, wenn wir durch besondere Maß­nahmen die Polen nach dem Westen drängen und dann wieder Polen und Galizier von auswärts hereinlassen. Vor allem sollte Lande hinwirken. Polizeimaßregeln gegen die auswärtigen Ar­man auf die Se Bhaftmachung der Arbeiter auf dem platten teiter sind nicht notwendig. Die Legitimationstarten halten wir für 3 wed mäßig.

wird eine besondere Prüfungsstelle einzusehen sein. Der Amts. Bei Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern vorsteher wird hierfür nicht in Frage kommen können, da er ge­wöhnlich materiell interessiert ist. Die Ausschreitungen der der Herr v. Wohna. Aber alle diese Fragen durch besondere Ges deutschen Arbeiter auf fremdem Boden beklage ich ebenso sehr wie setze zu lösen, will mir nicht einleuchten. Wir haben niemals die Besonders im Osten findet ein sehr starkes Zusammenströmen Arbeiterfrage allein als eine Lohnfrage betrachtet, wir wollen den ausländischer Arbeiter statt, und dadurch wird eine außerordentlich Arbeitern auch Bildung zugänglich machen. Er darf nicht bloß große Unsicherheit hervorgerufen. Die Ueberwachung dieser Leute Pflichten, sondern muß auch echte haben. Wenn die Herren, durch die Polizei ist deshalb so schwierig, weil viele drei verschiedene die immer von uns neue Ausnahmegeseze verlangen, es einmal Pässe auf verschiedene Namen haben. Es ist notwendig, die Befuge mit liberalen Anschauungen versuchen wollten, ich glaube, fie Abg. Mommsen( frs. Va.): Die Nede des Herrn Bitter war nisse der Polizei zu verstärken und zwar sowohl gegenüber den würden ein gutes Resultat erzielen. Daß die Arbeiterverhältnisse agrarischer als jemals eine Rede des Zentrums. Das Börsengesek landwirtschaftlichen wie auch gegenüber den gewerblichen Arbeitern. auf dem Lande besser werden, wünschen wir gleichermaßen im hat nicht den unsoliden fleinen Banfiers das Handwerk gelegt, Der reichlichere Verdienst, den die ausländischen Arbeiter hier Interesse der Landwirtschaft und der Arbeiter.( Lebhafter Bei­fondern gerade die solidesten ausgeschaltet, die für das Publikum finden, veranlaßt sie auch zum leichteren Ausgeben des Geldes, und fall lints.) viel notwendiger find als Angestellte von Großbanken. ( Sehr 10 kehren die Arbeiter schließlich Abg. Herold( 3.): richtig! bei den Freisinnigen.) Im einzelnen werden wir in der Kommission Ausstellungen an manchen Bunkten des Entwurfs zu machen haben. Notwendig ist vor allem die möglichst rasche Durch beratung dieses Gesetzes im Interesse unseres ganzen Wirtschafts­lebens.( Lebhaftes Bravo! bei den Freisinnigen.)

verwildert, entsittlicht und um keinen Pfennig reicher

Die Darlegungen des Herrn Ministers haben uns im all.

in ihre Heimat zurück. Notwendig ist, daß den ausländischen Ar- gemeinen befriedigt. Er hat erfreulicherweise auch an beitern Legitimationen ausgestellt werden, daß diese Ar­beiter streng überwacht werden und daß die Arbeiter aus: gewiesen werden, die keine Legitimation haben! Wir richten die dringende Bitte an die Staatsregierung, nicht mit halben Maßregeln vorzugehen! Es muß gegen den Kontraktbruch der Arbeiter

Darauf vertagt sich das Haus. Nächste Sibung: Freitag, 1 Uhr. Tagesordnung: 1. Rechnungssachen. 2. Fortsetzung der Be­ratung über das Gesetz betr. Aenderung des Börsengesetzes. vorgegangen werden, aber nicht in erster Linie, wie ca vor einigen 3. Erste Beratung eines Gefeßes betr. Erleichterung des Wechsel- Jahren geplant war, gegen die Arbeitgeber. Gegen diese muß protestes. 4. Erste Beratung eines Gesetzes betr. den Vogelschutz. auch vorgegangen werden, wenn fic doloferweise kontraktbrüchige Schluß Uhr, Arbeiter annehmen. Es muß ganze Arbeit

den Schutz der Arbeiter gedacht. Man wird auch das Streifrecht den ländlichen Arbeitern nicht länger vorenthalten können, vielleicht unter Beschränkung des Rechtes für die Erntezeit! Die Be­schwerden der Landwirtschaft werden nicht durch Zwangsmaßregeln beseitigt. Dazu muß das Ansiedelungswerk ausgebaut werden. Die Wohlfahrtseinrichtungen auf dem Lande müssen gefördert werden. Der Zuzug nach der Stadt wird vielleicht bald zurück­strömen, und in Zukunft werden wir möglicherweise ohne aus­ländische Arbeiter auskommen.

Abg. Nehbel( f.): Der Kontrattbruch ist unmoralisch, und er muß daher auch bestraft werden. Den Minister möchte ich bitten, wenn er den Legitimationsawang durchführt, dann auch mit den