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tische Prostitution&c5 Reich-Zverbandc-Z. In dein Flu -zblait Nr. 57 betitelt: Die Sozialdemokratie ein Geschäft" dichtet der Reichsverband der Sozialdemokratie an. bei ihr werde»nach Arbeirergroschen gefischt mit dem Volke schmeichelnder Schreibweise und mit allen Kiiiisten der Bolksvcrfuhniiiz". Wie treffend hat sich doch damit der ReichZvcrband selbst abkonterfeit! Will er Geld haben von den Kapitalisten, dann redet der ReichZverband von der außerordentlichen und nachahmenswerten Opscrwilligkeit" der Sozialdemokratie, während er sonst doch nur von demEr- Pressen" der Beitrage zu reden weiß. Daß der Neichsverbandmit allen Künsten der VolksvcrfuSnmg arbeitet, zeigt ferner die Tatsache, daß in dem Flugblatt Nr. 50 der Reichsverband die Sozialdemokratie in den Augen der Arbeiter herabzuwürdigen sucht mit der verlogenen Behauptung, daß die Einnahmen der P a r t e i k a s s e von K a p i t a l i st e n stammen. Wörtlich heißt eS in dem Flugblatt:Der sozialdemokratische Partei- vorstand kann sich nicht vor dem Vorwurf schützen, daß er in allerletzter Zeit durch die Leistungen aus kapitalistischen Kreisen viel Geld in die Kasie bekommen" hat. Was soll da? anders bedeuten, als daß in den Augen des Reichsverbandes der gerichtet ist, der Geld von den Kapitalisten annimmt? I Und der Reichsverband selbst tut das, was bei der Sozialdemokratie von ihm als Verbrechen gebrandmarkt wird I Dabei ist der Porwurf gegen die Sozialdemokratie obendrein erlogen! Von Interesse ist endlich noch die Bemerkung, daß Herr Nölke hofft, von den staatlichen Behörden dauernde Zuwendungen zugesagt z» erhalten! Die Gelder der staatlichen Behörden fließen aus den Steuern, da nicht überall L-Äasjen vorhanden sind. In den amtlichen Etats, wie sie vom Landtag bewilligt werde», sind Ausgaben für den Nsichsverband nicht verzeichnet. Eine Zuwendung kann demnach nur im Wege des Amts- Verbrechens erfolgen. Sonach scheint der Reichsverband, um zu Geld zu kommen, selbst vor der Berleitung zu unerlaubte» Handlungen nicht zurückschrecken zu wollen! Ler ZwietrachtS'Kdrn. stcoch hat dieentscheidende" Stelle in der Keim- Affäre nicht gesprochen die N.o r d d. A l l g. Zeit g." verharrt noch immer in stoischem Schweigen. Aber wird bald Zeit, daß eine Erklärung erfolgt, denn der arme Keim der Mohr, der seine Schuldigkeit bei den Hottentotten- block-Wahlen getan hat wird bereits von seinen nächsten Angehörigen im Stiche gelassen. Wird doch vom Wolffschcn Depeschenbureait folgende Erklärung verbreitet: 'Berlin , U./IL. Der Hauptausschuß des Deutschen Flotten- Vereins für Berlin und die Mark Brandenburg ersucht uns nach- stehendes den geehrten Redaktionen mitzuteilen: In der Sitzung der Ludgetkoimnission vom 13. Dezember haben verschiedene Mitglieder der Kommission gegen die Flotten- Versammlung der Ortsgruppe Verlin am Dienstag, den 10. Dezember Stellung genommen. Es sei ausdrücklich bemerlt. daß es sich nicht um eine Versammlung der Provinzlalgruppe Bcrlin-Mark Brandenburg des Deutschen FlottenvereinS oder elne solche ihrer Untergruppen handelt, sondern um eine Versammlung. die von der Deutschen Kvlonialgesellschast berufen war. Die Leitung der Prohinzialgruppe Berlin - Mark Brandenburg des Deutschen Flotten- Vereins hätte nie eine Resolution zur B o r l a g e ge- bracht, durch welche dem Staatssekretär des Reichs- »narineamtö ein Mißtrauensvotum ausgesprochen worden wäre, ivie es in der dort angenommene« tatsächlich geschehen i st. Auch hätte bei einer Ber- sammlung der Provinzialgruppe die Leitung eine Aeußerung, wie sie der Abgeordnete S t r e s e m a n n getan hat, n i ch t u n- widersprochen gelassen. In Berlin find bereits zahlreiche Austritts- e r kl ärun g en erfolgt. Die Provinzialgruppe richtet an alle Mitglieder die Bitte, ihre Entschließungen betreffend ihren eventuellen Austritt so lange zurückzustellen, bis eine Klärung der ganzen Sachlage erfolgt ist. Diese Kundgebung detz Hauptausschusses des Flotten- Vereins für Berlin und die Mark Brandenburg richtet sich offensichtlich auch gegen den geschäftsführenden Vorsitzenden desFlottenvereins, Herr Keim s e l b st, war dieser doch in der fraglichen Versammlung als Referent anwesend, ohne daß er gegen die Aus- führungen StresemannS und die angenommene Resolution das Wort ergriffen hatte I Die Aktien KclmS stehen also äußerst schlecht I Demgegenüber ist es höchst seltsam, daß die Meldung, daß Prinz Heinrich von Preußen das Verfahren des Präsidiums des Flottenvereins , Herrn Keim zum geschäftS- führenden Vorsitzenden zu ernennen, ausdrücklich als korrekt bezeichnet habe, bisher völlig unwidersprochen geblieben ist, trotzdem sie auch in die Berliner Presse übergegangen ist! Es scheint also, als ob tatsächlich der Hohenzollernprntz ein Vorgehen für lobenswert erklärt habe, das der einstige bayerische Thronfolger als gröbliche Brüskierung enip- funden hat! Inzwischen hat auch der bayerische Staatsminister v. P o d e w i l s seinen Austritt airS dem Flottenverein erklärt! Femer soll durch eine am Montag zu veröffentlichende bayerische K a b i n et ts o rd e r der Austritt aller aktiven Offiziere aus dem Flottcnverein befohlen iverden I Eine tolle Wirrnis I Der Kronprinz soll sich bemüht haben, in l'/gstündiger Verhandlung mit dem Fürsten B ii l o w eineEinrenkung" der Affäre zustande zu bringen. Wie sich zeigt, bis jetzt vergeblich. Erst das Eingreifen der e n t- scheidenden" Stelle wird dieKlärung" bringen. Offen- bar wird der ZwietrachtS-Keim über die Klinge springen müssen, um die Versöhnung zwischenNord und Süd" zu ermöglichen. Das Zentrum wird sich dabei schmunzelnd die Hände reiben l fisch ein Kapitel Korruption. Paris , 11. Dezember. (Cig. Ber.) .DieHumanitä" hebt heute wieder einen Zipfel von den, patriotischen Mantel aus. unter dem sich die schmutzigen Affären der bürgerlichen Mächte bergen. Man kennt den Einfluß, den sich eins der gemeinstcn Zeitungsgeschäste von Paris , derMatin", in den regierenden Ä> eisen erworben hat. Dieses Blatt übt ans die wechselnden Ministerien einen wahren TerroriSnms ans. Es erpreßt Interviews der leitenden Staatsmänner. veröffentlicht straflos NntersuchungSakten schwebender Prozesse und verschafft sich durch den Schrecken, den es um sich verbreitet, politische Fnsormationen, die sein stark gesunkenes Renommee beim Publikum verbessern sollen. Wenn sich ein Minister seinen Zumutungen zu widersetzen wagt, riskiert er eine bor keiner Schurkerei zurückschreckende LerfolguuaSkainpagnc. wie dies der ehemalige Justiznnnister C h a u m i s erfahren mußte. ES ist charakteristisch, daß diese Mittel desMatin" gegenüber den regierenden Politikern zu einer Zeit»och wirksam bleiben, wo sich simple Bürger schon zn einem erfolgreichen Widerstand gegen das Blatt aufgerafft haben. Als vor einigen Monaten der 1Matin" zu Reklmnezwscken in, Namen der Moral gegen die Schnapsbudiker zu Felde zog, taten sich diese zusammen und setzten eS nach einer kurzen Boykottkampagne durch, daß das mächtige Blatt einen demütigen EntschnldigungSartikel broäite. die Kanipagne ein- stellte und zur Dokmnentierung seiner tätigen Reue dem Komitee der Budiker sogar die Kosten der Demonstration ersetzte, die es gegen denMatin" in Szene gesetzt hatte! Die' Regierungen der Republik haben bisher einen solchen Mut, sich gegen denMalin" zu wehren, nicht aufgebracht. DieHunranits" deckt die Tatsache auf, daß man nicht einmal eine alte Geldschuld vomMatin" einzufordern wagt I Die Geschichte ist sehr ergötzlich: Im Januar 1003, zur Zeit deS Konflikts mit England, veröffentliwte derMatin" einen politischen" in Wahrheit von einem Bankhaus inspirierten Artikel:Berteidigen wir uns!", der die Notivendigkeit auseinander­setzte, eine t r a n s s a h a r i s ch e Bahn zur Verbindung Algeriens mit dem fronzSsischen Westasrika zu schaffen.... DerMatin" erklärte pathetisch, daß er selbst dort einspnngen wolle, Ivo die Re- gierung säume: Er werde s e l b st eine Sw'dienkommission an Ort und Stelle schicken.DerMatin" weiß. waS das kosten kann und wird. Und wird es selbst eine Million sein, er nimmt eS auf sich!" Run, die patriotische Großmut desMaiin" bestand darin, daß er sich die Kosten für diese Expedition, die übrigens resuliatlos blieb, von der Ncgiening vorstrecken liest und bis heute nicht bezahlt hat! Vergebens wurde vom obersten Rechnungshof wiederholt die Ordnung der Angelegenheit verlangt. Keiner der Kolonicnminister, die seit 1000 auseinander folgten, hat die Energie aufgebracht, die vorgestreckte Summe, die sich auf 04 891 Frank beläuft, vomMatin" zuräckzusordern. Wie dieHumanitv" behauptet, hat der jetzige Kolonienminister, Herr Millios-Laeroix, der vomMatin" zum Gegenstände»viedcrholrer Angriffe gemacht worden war, un- längst den Herausgeber des M a j i n" empfangen, und seither sind die Angriffe eingestellt worden. DieHumanitö" kündig: noch weitere Enthüllungen in dieser Affäre an. Der Kolonicnminister hat bisher nur imMersidor" G erault- Richards ziemlich verschwommene Erklärungen abgebe» lasten: er bchernptet, die Angelegenheit sei im Stadium der Untersuchung. Der Matin" schweigt, Ivie immer, wenn man ihm eine Schmutzerei nachweist. Paris , 13. Dezember(Eig. Ber.) Di«Humaniiö" setzt heute ihre Enthüllungen über die famose Mission Blanche!", die derMatin" zu Reklamezwecken ausgerüstet bat und-von dir Regierung hat bezahlen lassen, fort. Er beschuldigt den jetzigen Kolonienminister M i l l i ö S- L a- c r o i x, zweimal den Versuch gemacht zu haben, den Schuld- Posten unter einem anderen Titel ins Budget einzu- tragen und so verschwinden zn machen. DaS einemal sollte er unter den Missionen der Zentralverwaltrmg des Ministe­riums verrechnet werden, aber der Generalkontrolleur ließ es nicht zu. Da« anderemal sollte er im Budget von F r a n- zösisch-Westasrika eingestellt werden. AVer der G o u- verncur protestierte. DieHumanitü" erzählt auch, wie neulich die Unterredung zwischen dein Herausgeber deSMatin" Bunau-Verilla und dem Kolonienminister zustande kam. Der Vermittler war Herr Gervais, Berichterstatter über das Kolonienbndget. Der Minister mochte wohl, als er sich zur Bersöhnm'g mit diesem rücksichtslosen Gegner ent- schloß, an die Worte gedacht haben, die jener einst gegenüber seinem Vorgänger D e c r a i S gebrauchte:Wenn Sie uns noch einmal mit dieser Sache lairgiv eilen, sind Sie in acht Tageir kein Minister mehr". Herrn MilliöS-Lacroix wird persönliche Anständigkeit nachgesagt. Um so veriverflicher ist denn daS Regiennigssystem, das die Herrschenden selbst wider Individuen wie den Machern desMatin" unterwürfig macht l Nachgetragen sei übrigens noch, daß derMatin". als er, des Patriotismus"voll, die afrrlanische Mission organisierte, nicht ledig- lich Reflamezivecke verfolgte. Sein damaliger Direktor, ein Herr P o i d a tz. war der Hauptbeteiligte in einem Bank- hause, B 5 n a r d und Jarilowsky. da« im Senegal Bahnen bauen und Schwefelgruben ausbeuten wollte. Der französische Staat hat also dieser vörsenfinna bei- springen müssen. Die RegierungSpreste schweigt die Enthüllungen derHnmanitö" tot. Nur derM e s s i d o r" gibt Erklärungen des KolonicnministerS wieder, der nun doch ellvas redseliger geworden ist. Er behauptet. daß er mit Bunau-Verilla gar nickst von der alten Schuld, sondern von einer Konzession am Kongo gesprochen habe. Aber damit würde seine Sache mcht besser werden. Denn wie konnte der Minister mit einem Menschen, der die alte Schuld zu zahlen verweigerte, über neue Begünstigungen verhandeln? Und dann ist cZ doch nachweislich, day derMatin" nach der Unterredung seine An- griffe eingestellt hat. Und daß derMatin" nichts uncntgelt- l i ch tut, braucht man gar nicht erst nachzuweisen. Politische(lederlickt. Berlin , den lt. Dezember 1307. Wasser in DernbnrgS Kolonialwein gießt der Gouverneur von Deutsch-Ostafrika , Frhr. v. Rechcnberg. Er ist von einem Mitarbeiter des Scheriblattcö interviewt worden und hat sich dabei nni bemerkenswerter Zurückhaltune> über die wirt- schaftliche Zukunft Ostafr'kaS geäußert. Und er»st doch min- d e st e n s ein ebenso kompetenter Beurteiler der Kolonien, wie Herr Dernburg. der Wüstenfahrer. lieber die B a u in w o l l k u l t u r. diesen wichtigsten Faktor in den kolonialen ZukunftSrechnungen, könne, so erklärt der Gouverneur, heute ein abschließendes Urteil noch nicht gefällt werden. Die Versuche, nainentlich die mit künstlicher B e- Wässerung, seien noch zu jungen Datums. Doch stehe schon heute soviel fest, daß die Kultur mit künstlicher Bewässerung und die anderen Kulturen sind großenteils eingegangen nur für Groß-'und GcilossenschaftSbetriebe, nicht für Eingeborenenkulturen in Frage kämen. Und Herr Dernburg rechnet doch gerade mit den Eingeborenen tulturen I Man sieht: Herr v. Rrchenberg urteilt außerordentlich viel nüchterner als Herr Dernburg ! Auch von den ausschweifenden Eisenbahnprojekten deS Herrn Staatssekretär« für das Rcichskolonialamt fcheim Herr v. Rechen- berg nicht allzuviel zn halten. Er erkläne. daß er Persönlich niemals den Bau cmer Eisenbahnlinie befürworten werde, die lediglich von einer Anzahl Ansiedlern gewünscht würde. Vor allem müffe die Verzinsung deS aufzuwendenden Kapitals, daS doch meistens ans den Taschen der Steuerzahler fließe, auch vollkommen gesichert sein. ES bleibt abzuwarten, ob der Gouverneur seinen Standpunkt auch Herrn Dernburg gegenüber zur Geltung bringen wird! Der Kamarilla-Jude. Der Erfrischimgsraum für die M-ichStagSabgeortmeien darf be­kanntlich nur von solchen Nichiparlamentariern betrete» werden, die von Abgeordneten eingeführt werden. ES ist deshalb auigefalle», daß der famose Herr L t m a n, der GegenseiligtcilSiachverständig« des Herrn Horden und der lltfann der doppelten politische» Buch. führung, sich neuerding» ohne Begleitung von Abgeordnelen häufig in dem Erflischungsraum sehen läßt und dort gewöhnlich geschäftig zwischen Nationalliberalen und Freikonservativen hin- und berpcndclt. Bald hat er mit dein nationalliberalen Streseniann, bald mit den Engeren»»i Lieber! eifrige Gespräche zn führen. Ob Lima» direkt niit derTäglichen Rlindschau' in Verbtnduncz sieht, ist nnS nicht bekannt. Bekanntlich hatte Lima » im Leipziger Prozeß dargelegt. daß er den Lesern derDeutschen Tageszeitung" andere Kost serviere, weil daSgeistig schwerfällige" Leute seien. Das scheint die Führer der Block-Kamarilla veranlagt zu haben, ihn als für ihre Leute be- sonders geeignetm Preßagenten zu benutzen. Aus dem sächsischen Landtage. Dieser Tage hat die Wahl der außerordentlichen Wahlrechtsdeputation die Zweite sächsische Kammer lebhast beschäftigt. Der mehrtägige Streit, der allerdings zum Teil hinter den Kulissen in de» bürgerlichen Fraktionen geführt worden ist, drehte sich darum, ob der einzige Sozialdemokrat im Hause, der Abgeordnete Goldstein, einen Sitz in der Deputation bekommen sollte oder nicht. Di« Situation gestaltete sich höchst sonderbar. Jede der beiden Mehrheitsparteien ließ ireben den Freisinnigen erklären: Wir sind dafür, daß der Sozialdemokrat Goldstein als einziger Vertreter einer großen An- hängerschaft in die Deputation hineinkommen soll. Vorher aber hatten die bürgerlichen Gruppen die Sitze der Deputation unter Führung der Konservativen so verteilt, daß auf die Rechte, die Konservativen einschließlich deS Antisemiten Zimmermann, zwöli Vertreter entfielen, auf die Linke(Nationalliberale. Freisinnige und Sozialdemokrat) neun. Die Konservativen erklärten nun. wenn die Nationalliberalen neben einein Freisinnigen auch den Sozial- demokrat Goldstein präsentieren, wählen wir ihn; die National- liberalen aber erwiderten, wenn wir Goldstein als Vertreter der Linken vorschlagen, verlieren wir einen Sitz und werden im Ver- gleich zu de» Konservativen geschwächt. Sie forderten daher eine Deputation von 22 Mitgliedern, um den 22. Sitz dem Abgeordneten Goldstein zu geben. Da das aber eine Verstärkung der Linken ge- wefen wäre, wollten die Konservativen davon nichts wissen; sie verlangten vielmehr 28 Mitglieder, wodurch die Sache für die Nationalliberalen am alten Flecke war. Genosse G o l d st e i n kenn- zeichnete dieses Gezänk mit kräftigen und treffenden Worten und erreichte damit zunächst eine Vertagung in der Dache behufs noch- inaliger Unterredung in den Fraktionen. Am Freitag kam die Sache abermals zur Verhandlung. Dabei ergab sich, daß die Kon- servativen auf 23 Mitgliedern beharrt haben, die Nalionalliberalcu hatten nachgegeben und sich bereit erklärt, den Abgeordneten Gold- stein mit vorzuschlagen. Demgemäß wurde auch verfahren. Und so kam Genosse Goldstein neben 12 Konservativen. 0 National- liberalen und einem Freisinnigen als 23. in die Wahlrechtsdeputation. Dort wird vor allem der Kampf um die Frage der Beibehaltung der ländlichen Wahlkreise, einer konservativen Forderung, entbrennen. An, Donnerstag beschäftigte sich die Zweite Kammer mit einer konservativen Interpellation gegen die Bäckerei- Verordnung. Die bürgerlichen Vertreter, einschließlich der Frei- sinnigen, forderten nicht nur ein milde Handhabung der Verordnung. sie forderten deren Außerkraftstellung für alle schon vesleheuden Bäckereien. Die Regierung ist den Wünschen schon so weit entgegen- gekommen, daß, wie Genosse Goldstein richtig betonte, die Bäckerei- Verordnung eigentlich garnicht mehr in Sachsen besteht, sondern nur noch Dispensationen. Es gab ein großes Wettrennen der Bürgerltcheii um die Gunst der Bäckermeister, in das Genosse Goldstein mit einer ton- klmgSvollenRede hineinfuhr. Er schilderte dicZustände in denBäckereicn, die Unsaubeikeit und illustriette seine Ausführungen durch Bor- legung von Trögetüchern, die von Schmutz starrten. Scharf geißelte er auch das arbeiterfeindliche Verhalten der bürgerlichen Mehrheit, die noch nicht zufrieden ist, obwohl die Negierulig ein so weites Entgegenkommen an mittelständische Rückständigkeit gezeigt hat, daß die Bäckereiverordnung eigentlich nur noch auf dem Papiere steht, Die geistigen Waffen deS Zentrums. Zurzeit verbreiten unsere rheinischen Parteigenossen ivie alljährlich eine» V o l t S k a l e n d e r zu AgitailoilSzweckeii, der sich natlirgemäß vorloieaend mit dem im Rheinland vorherrschenden Z e n t r u», be- faßt. Gegen daS in dem Kalender niedergelegte Material weiß die Zentrwnöuresse nichts Stichhaltiges vorzubringen, und so kann c-3 bei der durch und durch intoleranten Natur der Klerikalen nicht wundernehmen, daß bei ihnen mittelalterliche An- Wandlungen erwachen. Eine ganze Reihe von ZentrumSblättern bringen, jedoch jedes Blatt unabhängig vom anderen, die Auffordc- rung, den Kalender dem Feuer zu überliefern. So schreibt dieM ül- Hemer BolkSzeitung":Wir raten jedem, den Kalender, wenn er ihm ins Hau? gebracht wird, ins Feuer zu werfen." Die53.«Gladbach er Zeitung" schreibt:Zum Teil fand der Kalender seinen Platz sofort im Ose», und wo eS noch nicht geickehen, wird daS Versäumte hoffentlich noch t» vielen Familien nachgeholt." DieMalmedy-St. Ä ither Volks- z e i t u n g" berichtet über die Verbreitung des Kalenders wie folgt: Papier zum Feucranzündc» ist in der Nacht zum Sonntag den Bürgern unter die Haustür geschoben worden." DieKoblenzer BolkSzeitung" meint, es fehle auf der Vorderseite des Kalenders die Aufschrift:Man kaim mit diesem Kalender auch Feuer an- machen." In früheren Jahren forderten die rheinischen ZentrmnSblätier teils offen, teils versteckt zur körperlichen Mißhandlung der Kalender- Verbreiter auf. Seit Genosse Bebel diese KampseSart von der Tribüne des Reichstags herunter gekennzeichnet hat, ist man vomchtiger geworden. Nur die Sehnsucht nach dem Scheiterhaufen können die ZenlrumSchristen nicht unter­drücken._ Agrarier und Lehrer. Wie hoch die Agrarkonservativcn die Volksbildung und die Volkslehrerschaft einschätzen, zeigen wieder mal deutlich die ver- Handlungen deS mecklenbnrgisckien Landtage? über die von der Schweriner Regierung gestellte Forderung einer Gehaltserhöhung der an iogen. riiterichaftlichen Schulen tätigen Lehrer. Schon i» den Jahren lgv5 und tvvö sorderte die Regierung eine beicheidene Er­höhimg des Grundgehalts und der AltsrSzulagen, die Ritterschaft des Ldotritenlandes lehnte jedoch das thren Geldbeutel an­greifende Ansinnen ab. Tarauf hat in diesem Jahr die Schwerincr Regierung wiederum dem Landtag einen verordnungSentwierf vorgelegt, doch die Junker zeigten sich nicht minder hartnäckig als die Regierung st- haben die Vorlage erneut abgelehnt. Der Vosi. Ztg." ivird darüber berichtet: Die ritterschaitlichen Lehrer beziehen bisher ein Grundgehalt von 800 M. und fünf Slllerszulagen von je 100 M. in fünf- jährigen RückungSfriste», so daß das Höchstgehalt noch 25 Dienst- tahrcn l300 M. beträgt. Die PeilstoilSbercchligiuig beginnt mit oem 20. Dienstjahr. Die Pension beträgt nach dieser Zeit 450 Mark und steigt dann in 30 Jahren bis auf 810 Mark. Die Regiermia verlangte nun vor zwei Jahren, daß daS Grund- gebalt ans 900 M. erhöbt werde und mindestens 450 M. in bar ibisber 330 M.) betragen müsse. Weiter forderte sie, daß die PeitsionSberechtigung mit dem 10. Dienstjahr beginnen und nach dieser Zeit 324 M., nach 20 Jahren 752 M und nach 50 Jahren 1440 M. betrage. Die Verhondlnngen mit dem Landtage führten damals zu keinem Resultat. Auch die später stattfindendeu kam- missarisch-deputatischen Verhandlungen förderten die Sache wring. Trotzdem brachte die Regierung ihre Vorlage 1005 in wesentlich un- veränderter Form wieder vor den Landlag. Dieser stellte min neue Grundsätze über die Veranschlagung der Natiiralieu ans und kam hierbei zu dem Ergebnis, daß der Lebrer jetzt schon auf ein Grund- geholt von 000 M. komm«. Er willigte darein, daß hiernach die Höhe der Pension berechnet werden und daß statt fünf Alters- zulagen von 100 M. deren sechs gezahlt würden. Die Regiernng wie? diese Vorschläge de» Landtages zurück- In diesem Jabre hat sie nun wieder«ine Vorlage eingebracht, die 1000 M. bis 1800 M. In 22 Dienstjahrc» fordert und die alte Anrechnlutg der Rainralien bestehen lassen will. Der Landtag beschloß nun auf Grund eines Komitlcnberichis folgendes: Bei-der Bcrechuuitg de» Grimd- aehailes kommen die von thm im vorigen Jahre eittwvrfenen Grundsätze über die Veranschlagung der Naturalien zur Anwendung. Danach hat das Grundgehalt schon jetzt einen Wert von 000 M.