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war ich der festen Ueberzeugung, daß für Herrn Sarden bei der ihm wieder entzogen worden. Der Schuhmann fei manch 1 den Kopf geschoffen: Wie anders als sonst in Menschen Köpfen Veröffentlichung der Artikel ausschließlich politische Gründe makmal recht iharf aufgetreten. Ueber die Portiger An malt sich in diesem Kopfe die Welt!" Das liege in der Natur der gebend waren. geflagten fann er nichts Nachteiliges aussagen. Mit diesen Anklagebehörde. Man brauche sich nur zu erinnern, daß die Vors.: Sie sind doch später noch einmal mit Herrn Harden Aussagen des Gemeindevorstandes Richter über die Angeklagten stehen Staatsanwälte nad) einem Verbote des Oberstaats­zufammengetroffen? in direktem Widerspruche die bei der Amtshauptmannschaft anwalts Icine Freisprechung beantragen Zeuge: Jawohl, es war dies im vergangenen Sommer. Bei auf deren Einfordern vom Gemeindevorstande eingereichten dürften. Der Berteidiger beschäftigt sich dann mit den seine dieser Unterredung sagte Herr Harden, es wäre ihn besonders un­angenehm, daß es nun doch zum Skandal gekommen sei. Die in deren einen es heißt, daß der Betreffende ein unverschämter sönlicher Beleidigungen gehört, die man aus dem Klienten betreffenden Anklagepunkten und fährt fort: er habe Leumundszeugnisse, bom Staatsanwalte eine Fülle trasfer per= ganze Sache hätte man viel geräuschloser erledigen können. Auch dieses Mal versicherte mir der Angeklagte, daß ihm von vornherein Mensch und Sozialdemokrat und bei Ausschreitungen zu allem Munde eines unflägers nicht hören sollte. In den Schöffengerichte. jebe Abficht einer Beleidigung ferngelegen habe. Er habe keinesfähig fei. In allen Zeugniffen ist betont, daß die Leute Sozial- verhandlungen wegen Widerstands tämen ganz andere Dinge vor, falls an das seruelle Moment als Hauptsache gedacht, sondern nur bemokraten find. Richter erfärt auf Befragen des Berteidigers, er als die Garmlosigkeiten der Angeklagten. politische Momente in erster und einziger Zinie berücksichtigen die Betreffenden Mitglieder des fozialdemokratischen Vereins gewefen ftüd auf der Amtshauptmannschaft der Bermer tätliche Beleid habe die Angabe der Parteizugehörigkeit für nötig gehalten, weil Verteidiger Dr. Kallir weist darauf hin, daß das erste Atten­Borf.: Das feguelle Moment sollte doch aber das Mittel feien. Auf den Widerspruch zwischen seinen Bekundungen als Zenge über die Angeklagter und die schriftlichen Zeugnisse aufmerksam ge sein, um jenen angeblichen Kreis" zu sprengen. macht, gibt der Beuge an, daß er in seinen Angaben in den Zeugnissen zu weit gegangen sei.

wollen.

Zeuge: E3 war ja auch allgemein bekannt, daß im Milieu des Hofes ein eigentümlicher Zon herrscht, Der Schußmann Börfchmann gibt als geuge an, im der anderen höchft merkwürdig vortam. Der Jabre 1897 als Streifbrecher tätig gewefen zu fein. Bei seiner artige Gerüchte bestanden schon seit langer Zeit, ohne daß natür Bernehmung wird festgestellt, daß in einer Klagefache wegen wider lich jemand an eine Beimischung des feguellen Moments dachte. standes gegen einen Tischler Richter Börschmann vorzeitig Der Oberstaatsanwalt richtet an den Zeugen noch eine ganze von der Waffe Gebrauch gemacht hat, weshalb der Angeschuldigte Reihe von Fragen, die der 3euge dahin beantwortet: Er habe be- freigesprochen wurde. In einer anderen Straffache hat Börsch­züglich des Nachtgesprächs zwischen dem Harfner" und dem mann die Möglichkeit zugegeben, den Leuten im Lammichen Restau Süßen" auch nicht gleich gewußt, worauf es hinauslaufen follte. rant die Brüderschaft angeboten zu haben, während er heute Er habe keineswegs den Eindrud gehabt, daß es Herrn Harden überhaupt nichts von der Brüderschaft wissen will. Bei der Vernehmung darauf ankam, dem Nebenkläger Unannehmlichkeiten zu bereiten, über die Vorgänge in der Krawallnacht bewegt sich Börschmann in fondern daß er nur einen politischen 3wed verfolgte. Bezüglich widersprüchen, namentlich in Berionenfragen. Er nimunt feine Aus­des Grafen Moltke habe er gesagt, daß diefer ohne Bedeutung und fage gegen einen der Angeklagten zurüd und erklärt, er habe nur ohne Afpirationen, daß er harmlos, aber insofern schad. angenommen, daß es so gewesen sei. Den Brigadier I ich sei, daß man ihn als ein Werkzeug des Fürsten Scholl hat die Amtshauptmannschaft mit Recherchen über das Bor­Eulenburg betrachten müsse und dies bei seiner Stellung als fomnis in Portitz beauftragt. Er schilderte Börschmann als einen Generalabjutant nicht außer acht gelassen werden dürfe. Auf die strengen und pflichttreuen Beamten, der nicht beliebt gewesen sei. Frage des Oberstaatsanwalts, ob er bestimmte Tatsachen be- Die Angeklagten find ihm, dem Brigadier, als Sozial züglich des angeblich eigentümlichen Tones bei Hofe beibringen demokraten befannt und wenn man auch nichts gegen die fönne, antwortet der Zeuge vernein end; es sei ihm schon seit Leute haben haben tönne, ſo ſei es mit ihnen doch Jahren bekannt gewesen, daß sich immer etwas zweideutig. Man nehme an, daß fie es mit den Gesetzen nicht fo genau nähmen. Die Ants hauptmannschaft habe die Absicht gehabt, in Portig einen Gendarm an stationieren, er fei jedoch dagegen geweien, wo eil er bie Sache für nicht so schlimm gehalten habe. Der Gast­wirt 2amm, der mit gegen den Arbeiterverein gehetzt hat, seitdem dieser von ihm weg in den Gasthof gezogen war, fagt aus, daß es bei ihm stets ruhig zugegangen, folange der Verein bei ihm ver febrt habe. Die übrigen Zeugen bringen nichts von Belang. Zum Schluß der Beweisaufnahme wurden die protokollarischen Aussagen verlesen, die jener Untersuchungsgefangene gemacht hat, der sich während der Nacht das Leben genommen hat. Er hat entschieden bestritten, an den Borkommnissen teilgenommen zu haben, er sei bireft nach Hause gegangen. Bei dieser Aussage ist er bis zu feinem Tode geblieben.

bei vielen Hofbeamten eine gewiffe Weichlichkeit bemerkbar mache. Ueber das Gheleben des Grafen Moltke habe ihm Harden teine Mitteilung gemacht, sondern nur gesagt, daß die Ehe geschieden sei und daß Graf Moltke dem weiblichen Geschlecht ab­geneigt sei. Für ihn hätten aber solche persönlichen Sachen im Hintergrunde und das politische Gespräch im Vordergrunde gestanden.

Oberstaatsanwalt Dr. Jienbiel: Weshalb hatte denn Herr Sarden einen so tiefen Haß gegen den Grafen Molite? Er hat doch vor dem Schöffengericht die Anregung zu einem Vergleich mit der Erklärung abgelehnt, daß es zwischen ihm und dem Grafen keinen Vergleich gebe und er lieber ins Zuchthaus gehen würde. Beuge: Saß hat ihm ferngelegen, er hat vielmehr bedauert, daß er auf den Grafen Moltte zurüdgreifen müsse, denn er halte ihn für sehr unbedeutend.

Der Staatsanwalt.

gung" getragen habe, woraus allmählich Aufruhe geworden sei. Die mishauptmannschaft habe auch die Staatsanwaltschaft aufgefordert, feste zuzufaffen. Wie den Aufruhr, so habe der Er­öffnungsbeschluß auch die Verabredung fallen lassen. In der Be­mit dem Solidaritätsgefühl der Arbeiter. Dieses politische und gründung sei letztere wieder aufgetaucht und begründet worden wirtschaftliche Solidaritätsgefühl gehe nach der Meinung des Staatsanwalts ohne weiteres auf die Straffachen über. Der Ver­teidiger geißelt zum Schluß die schablonenmäßige Art, wie bei den Verhaftungen und der Berhängung der Untersuchungshaft vor­gegangen worden ist.

Die Replik des Staatsanwalts.

Darauf erhob sich der Staatsanwalt, um sein unglaub­liches Pladoher noch weit zu überbieten. Er ironisierte den Opti­mismus der Verteidiger und verbat sich deren Unterstellungen der Voreingenommenheit. Die Angeklagten gehörten der sozial­demokratischen Bartei an und jedermann wisse, daß die Leute nue ruhig feien, wenn eine energische Polizeimacht vorhanden wäre. Dreift werden sie nur dann, wenn sie herdenweise auftreten. Ich könnte beweisen, daß Aufruhr vorliegt! Ja, das fönnte ich!" Ich habe es nicht getan mit Rüdsicht auf die Angeklagten, weil cs nicht mehr möglich war, die Sache in der letzten Schwurgerichts­periode zu verhandeln. Schweren und auch leichten Herzens habe ich mich entschlossen, den Aufruhr fallen au laffen! Bugunsten der Verteidiger nimmt der Staats­anwalt an, daß sie sich der Tragweite ihres Bor­urfes nicht bewußt gewesen seien, es feien für die Staatsanwaltschaft lediglich politische Gründe maßgebend ge­wefen. Schließlich bleibt der Staatsanwalt bei seiner unerhörten Behauptung, daß Liebknecht mit seiner Tätigkeit vergiftend auf die Angeklagten gewirkt habe.

Die Duplik der Verteidiger.

Die Verteidiger blieben die Antwort nicht schuldig. Dr. Druder replizierte: Der Staatsanwalt müsse es sich ge= fallen lassen, wenn die Verteidiger die Biele kritisierten, die er selbst bezeichnet habe in der Anklagebegründung: Schng der bürgerlichen Gesellschaft, Schuh gegen Terrorismus, Unbotmäßigkeit, Bergiftung und Berhesung der Massen. Es sollte also nur eine politische Auf eine Frage des Justizrats Dr. Sells bestätigt der Zeuge, Nach diesem fragwürdigen Ergebnisse der Beweisaufnahme ist der Partei getroffen werden. daß er der Verfasser des Buches: Kaiser Wilhelm Aufwand an Entriting schier unverständlich, den sich der Staats- Dr. Rallier antwortete, er habe in feiner langjährigen und die Byzantiner" sei. Von der Elique Eulenburg habe anwaltsaffeffor Dr. Lange leiftete. Der Herr leitete feine Ausfüh- Pragis berart, aggreffive Worte und heftige Ana cr( 3euge) schon lange Zeit sprechen hören, daß Graf Moltke dazu rungen ein mit einer Befchinipfung unseres Genossen Liebknecht . Liebknecht griffe noch nicht gehört, wie fie der Staatsanwalt äußerte. gehörte, sei ihm nicht befannt gewefen. Nach seiner Meinung habe fei vom höchsten Gerichtshof verurteilt worden, weil er die Ar- Ge sei eine Beleidigung, wenn er gefagt habe, er nähme zugunsten der Angeklagte wohl die Ansicht, daß jener ganze reis in der beiterjugend verleitet habe, die staatlichen Ginder Verteidiger an, daß fie fich der Tragweite ihrer Heußerungen Abneigung gegen δας weibliche Geschlecht richtungen mit Gewalt zu untergraben. Der zur Ver nicht bewußt gewesen seien. Gr protestiere gegen diefe Herabwürdi einig fet. handlung stehende Prozeß fei ein Beweis dafür, daß 2iebtnet gung des Anwaltsstandes. Geschmackvoll sei es auch nicht, wenn der Borsigender: Das kann man doch nom Fürsten Eulen- mit Erfolg gewirkt habe. Die Ausschreitungen der Staatsanwalt fage, die Sozialdemokraten seien nur dort dreist, wo burgwohltaum sagen, denn dieser hat doch acht Kinder. Angeklagten feien lange vorbereitet gewesen. Sie richteten fie herbenweise aufträten! Der Staatsanwalt habe weder burd) Harden: Ich habe den Zeugen geladen, um folgendes von ihm fich zunächst gegen Börschmann, der eigentliche Zwed aber war fein Amt, noch durch seine Person ein Recht zu folchen Vorwürfen. zu hören: 1. daß er in dem Gespräch vom 13. Dezember den bc- die grundsägliche Auflehnung gegen den Staat Das Urteil. stimmten Eindruck gewonnen hat, daß mir der Gedanke, sexuelle und feine Autorität. Der Gemeindevorstand habe zwar als Verfehlungen zu betonen und der Standpunkt eines Gittenrichters Senge die Dinge harmlofer gefchildert. In Bortis herrsche angen- antvalt, sondern den Verteidigern. 4 von den 13 Angeklagten er­Das Gericht folgte in seinem Urteile nicht dem Staats­völlig ferngelegen habe, es für mich vielmehr nur auf die Schilde blicklich ein unglaublicher Terrorismus. diefer hielten Gefängnisstrafen von 2 bis 6 Monaten. Von der viermonati­rung einer gewissen Atmosphäre ankam, 2. daß er das bestimmte maßlose Terror fei von Leuten ausgegangen, bie dem Gefühl hatte, daß ich ausschließlich in dem Wunsche geschrieben Arbeiterberein zu Bortig angehörten. gen Untersuchungshaft wurden drei Monate zwei Wochen ange­Benn gefagt worden rechnet, weil für ben festgefesten Tatbestand keine Untersuchungs habe, nach meinem subjektiven Wissen dem Reiche zu nußen. Auf sei, man wolle den Schutzmann in den Teich werfen, fo haft nötig gewesen wäre. Die Begründung des Urteils aber be­diese Feststellung, daß ich schon damals diesen Standpuntt einge- feien das doch keine Harmiosigkeiten, sondern Drohungen. beutet den gründlichsten Banterott der amtshauptmannschaftlichen nommen und nicht erst später wie mir imputiert wird- tommt 3m Juni hätten die 8usammenrottungen größeren Umfang und staatsanwaltschaftlichen Aktion. Das Gericht hat die Annahme es mir besonders an. Ich bin nicht von einem Nachegefühl oder angenommen. Das alles habe bie Amtshauptmannschaft als eruft abgelehnt, daß es sich um eine Auflehnung gegen die staatliche Ord­dem Wunsch, einen Menschen zu ärgern, geleitet worden, sondern hastes Beichen aufgefaßt, daß die Portiger Arbeiter jest nung, die ihren Grund in politischer Gesinnung hätte, gehandelt von dem vielleicht irrigen Wunsche, mit dieser Sache und in zur Gewalt übergehen wollten. dieser Situation dem Vaterlande nüßlich zu sein. habe. Auch der Gedanke wird zurüdgewiesen, daß es sich bei Die Beweisaufnahme habe hinsichtlich aller angeflagten bollbem Vorgange um eine lange vorbereitete Vereinbarung gehandelt Der Zeuge Graf Reventlow bestätigt dies durchaus aus dem auf bewiefen, daß die Tatbestandsmerkmale des Aufruhrs erfüllt habe. Diese Vorgänge seien vielmehr herausgeflossen aus der Miß­Eindruck, den er gewonnen und bekundet auf verschiedene Fragen feien. Es habe sich um einen planmäßig und raffiniert ausgedachten timmung gegen den Schußmann Börschmann, weil er früher den des Juftigrats Bernstein, daß er Harden schon eine Reihe von und ausgeführten Blan gegen ein Polizeiorgan, um eine Straftprobe Streitbrecher gentacht und darauf gesehen habe, daß die Sänger­Jahren fenne und fest davon überzeugt fei, daß diefer bei seinem der organisierten Arbeiter gegen die Ordnung und die Behörden ge- abteilung nicht die Polizeiftunde übertreten habe. Borgehen unerlaubte Motive nicht gehabt habe, wie er auch feft handelt. Bei dem Untersuchungsrichter feien aller­davon überzeugt sei, daß Harden bei allen feinen politischen bings die Angeklagten zahm wie die Rehe ge Die über die Angeklagten verhängten Strafen find zwar Aktionen nur immer den Nugen des Baterlandes im Auge habe. wefen; aber ftellen Sie fie fich in der Freiheit bor , auch noch unverhältnismäßig hoch. Doch abgesehen hiervon Oberstaatsantvalt Dr. Jienbiel weist nochmals auf Hardens wo sie nicht gepadt werden tonnten! Die unerhörten ist der Verlauf des Prozesses und die Urteilsbegründung eine Erklärung hin, daß er lieber ins Zuchthaus gehe, als sich Gewalttaten der Angeklagten feien als Rieberträchtigkeit, Frechheit, Niederlage für die Staatsanwaltschaft, wie sie schmählicher mit dem Grafen zu vergleichen, Sarden entgegnet aber, daß dies Nohheit und Feigheit zu bezeichnen. Die Leute müßten durch nicht gedacht werden kann. Wenn die Entstehung des Pro­mit einem Has" gegen den Grafen Moltke doch gar nichts au tun harte Strafen zur Drdnung zurüdgeführt werden. Dann wer be aeffes bei der Amtshauptmannschaft ein grelles Licht auf die have. Er habe solchen Set nie empfunden und empfinde ihn auch in Portis der Terrorismus der Sozialdemopolitischen Zustände in Sachsen und auf die Verfolgungs­fratie gegen die bürgerlichen Glemente auf­hören und das beklagenswerte Bild nicht wiederkehren, daß die sucht der Behörden wirft, so beleuchtet der Prozeß felbft bliz­Zeugen angesichts der 13 Angeklagten nicht mit der Wahrheit heraus- lichtartig unsere Justizverhältnisse in Deutschland im Jahre tamen, weil sie nicht sicher seien, daß su auie etwas mit ihrem des Blocks 1907. Durch die ungewöhnlichen Anstrengungen ab und Gut paffiere. Der unerhörte Rechtsbruch müsse durch der Staatsanwaltschaft und durch die unerhörten Beschul­schwere Freiheitsstrafen gefühnt werden. digungen des Staatsanwaltsaffeffors Dr. Lange gegen unsere Partei im allgemeinen und unseren Genossen Liebknecht im besonderen ist natürlich nur die Justiz kompromittiert worden.

heute noch nicht.

Die bis jetzt vorgeschlagenen Zeugen sind( bis auf das Schwe­ningersche Ehepaar) erledigt. Fürst Gulenburg wird endgültig entlassen. Die nächste Sigung wird vom Vorfißenden auf Montag 10 Uhr anberaumt.

Der Portitzer ,, Aufruhr" prozeß und

fein Zufammenbruch.

an

Die Verteidiger.

Also sprach der Staatsanwalt unter ständig wachsendem Er­staunen der Angeklagten, der Verteidiger und der Tribünen. Die vier Verteidiger Dr. Hübler, Dr. Druder, Dr. Marschner und Dr. Kallir zerzausten denn auch diese Anklagerede unbarm= herzig. Mit Recht sagte Dr. Hübler, wenn im Dorfe wilder Aufruhr geherrscht, das Haus des Gemeindevorstandes angezündet und eine wirkliche Reiche herumgetragen worden wäre, hätte der Staatsanwalt nicht anders reden fönnen, als er es getan habe.

Einen so schmählichen Zusammenbruchh dürfte wohl noch niemals eine zur Rettung der bürgerlichen Ordnung erhobene Anklage erfahren haben, als die Anflage im sogenannten Portiger Aufruhr" prozeß. Aus einem Dorferzeß geheiterter Arbeiter hat die Staatsanwaltschaft auf Ersuchen Von einer Verabredung fönne gar keine Rede sein; es handele der Polizeibehörde, der Leipziger Amtshauptmannschaft, die ein fich mur um einen im Altohol verübten Schera mit dem Schutzmann. festes Zufassen wünschte, einen Aufruhrprozeß aufgebaut. als eine Machtprobe. Eragisch sei allein, dag wegen Das scherzhafte Verhalten der Angeklagten fei alles andere eher Doch schon im Vorverfahren brach das mehr als fühne folcher Vorkommnisse 13 Familienväter monatelang in Gebäude zusammen, der Eröffnungsbeschluß hat das Vor- untersuchungshaft gefeht worden seien und einer der Angeklagten handenfein der Tatbestandsmerkmale des Aufruhrs abgelehnt sich das Leben genommen habe, weil er die Foltern der Unter. und was in der Anklage an staatsretterischen Beschuldigungen fuchungshaft nicht habe ertragen können. Wenn man die zur An­noch geblieben war, ist bis zum Schluß der Verhandlung restlos berpufft.

Angeflagt waren 13 Arbeiter aus Bortis und Taucha - einen Bierzehnten hat die Untersuchungsfolter in den Tod getrieben denen die Verübung ruheftörenden Lärms, Beamtenbeleidigung und Widerstand aur Laft gelegt wird. Der Tatbestand ist aus unserem Borbericht in Nr. 296 den Lesern bekannt.

lage stehenden Vorgänge objektiv betrachte, bleibe weiter nichts als ein in der berberen Form der Arbeiterkreise gefleibeter Stu dentenult übrig. Und wenn der Staatsanwalt fage, die Leute feien bie Opfer der hochverräterischen 3deen Liebknechts geworden, so richte fich das von selbst.

Hus der Partei.

Sozialdemokraten in der Rechtsprechung.

12

Aus Straßburg wird der Mülhauser Beltszeitung" geschrieben: Jm wohltuenden und löblichen Gegensatz zu anderen deutschen Baterländern, im wohltuenden Gegensatz auch zur eigenen und nicht Lothringen nunmehr begonnen, auch Sozialdemokraten in die fehr rühmlichen Vergangenheit hat die Justizverwaltung in Elsaß­Strafrechtspflege zu nehmen. Ronnten wir vor einigen Wochent mitteilen, daß Genosse Böhle, der im Reichstag den Wahlkreis Straßburg - Stadt vertritt, als Geschworener berufen worden ift, jo fönnen wir jetzt vermelden, daß der Vorsitzende des Landes­vorstandes der sozialdemokratischen Partei Elsaß - Lothringens , Ge­noffe Peirotes, Rebatteur an unserem Straßburger Parteiblatt ( Freie Bresse") für das kommende Geschäftsjahr als Schöffe berufen worden ist. Daß man gerade zwei Genoffen herangezogen hat, die in der reichsländischen Partei eine führende Stenung ein­Den Verteidiger Dr. Druder hat es mit Verwunderung nehmen, beweist allerdings, daß die grundsätzliche Ausschließung und tiefem Bebauern erfüllt, das ein gebildeter Mann von Sozialdemokraten in Elsaß- Lothringen abgelehnt wird. wie der Staatsanwaltsvertreter gegen An Immerhin bleibt abzuwarten, ob auf diesem Weg fortgeschritten hänger der Sozialdemokratie Ausbrüde wie wird und ob nicht praktisch die Berufung der beiden Genossen nur ieberträchtigteit, Gemeinheit. Rohheit usw. ein Beruhigungsmittel barstellt. So sehr erfreulich es gebraucht habe. Was habe ber Proaeg gegen Bieb auch ist, daß die Befähigung der Sozialdemokraten zum Amt necht, der mit ihm die Ehre habe, Rechtsanwalt eines Richters aus dem Bolt anerkannt ist, so wenig erfreulich zu sein, mit dem Borfall in Portis su tun? wäre es, wenn dieser Anerkennung nicht die goldene Pragis in Liebknecht sei wegen antimilitaristischer Propaganda verurteilt. Der Staatsanwalt habe offen ausgesprochen, bie Leute müßten verurteilt werden, weil sie Sozialdemokraten seien. Der Umstand, daß es sich um Sozialdemokraten handelte, have bekundet der Zeuge Gemeindevorstand Richter, daß es früher in allein die Untersuchungshaft bewirkt, bas tänne er beweisen. Bon Portis ruhiger gewesen und es erft mit dem Zuzug vieler Arbeiter Manifestation fozialdemokratischer Gesinnung sei nirgends eine Lebhafter geworden sei. Ueber den sozialdemokratischen Ortsverein Spur zu finden. Wenn man die sozialdemokratische Machtprobe" weiß er nichts Nachteiliges zu fagen. Seit die Arbeiter im Gast- und die Berabredung ausscheibe, falle das funftboll fonstruierte ju­hofe verkehrten, soll es einige Male abends nach der Singstunde ristische Gebäude zusammen. Den Schußmann Porschmann sei fein etwas laut hergegangen fein. Trotzdem aber eigentlich nichts gegen haar gekrümmt worden.( Anfänglich sollte er halb tot ge­die Arbeiter vorlag, ist dem Schutzmann von der Amtshauptmann schlagen worden sein!) fchaft die Berechtigung zum Tragen eines Revolbers berliehen worden; auf Antrag des Gemeindevorstandes ist sie

Der Schußmann Pörschmann hat in der Voruntersuchung aus­gefagt, daß, als er Feierabend geboten, gerufen worden sei, man solle ihn in den Teich werfen. Er habe sodann um Sülfe gerufen, benn er habe wirtlich geglaubt, daß die Angeklagten. ba fie Sozialdemokraten feien, ihre Drohung ausführen würden. Die Angeklagten stellen die ganze Affäre hin als das, was fie war, nämlich als in der Trunkenheit verübte uitizenen. In der

Beweisaufnahme

Verteidiger Dr. Marschner führt aus, bei den Aus führungen des Staatsanwalts fei ihm blihartig der Gebante durch

weitem Umfang folgte."

Die Boltszeitung" bemerkt dazu, daß in Mülhausen allerdings schon vor einem Jahre ein bekannter Parteigenosse, näm­lich das Gemeinderatsmitglied Josef Gsell, Gauleiter des Textil­arbeiterverbandes, als Schöffe berufen wurde. Und in Geb­meiler geschah letzte Woche dasselbe mit dem Genossen Josef Bucher, Milchhändler, Mitglied des Gemeinderats und des Be­airfstages. Natürlich verhindern solche Ausnahmefälle keineswegs Atlassen- und Tendenzurteile gegen unfere Partei.

Der Parteitag der badischen Parteigenossen findet am 7. und 8. Märs in Offenburg ftatt; die Tagesordnung ist noch nicht festgestellt. Mit dem neuen Jahre beginnt die Partei in Baden eine