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zu neue» wuchtigen Hieße» ausholen. Nicht eher darf der Kampf enden, als bis daS Dreiklassen- Wahlrecht und mit ihm das Parlament des Wahl- Unrechts und die Regierung deS Fürsten Bülow zerschmettert am Boden liegt! Ber VshIrechMag in der bürgerlichen Prelle. Tie Regierungserklärung und die Parteien. Die zunächst beteiligte freisinnige Presse hat sich in große- rm Artikeln noch nicht geäußert, sondern lediglich in den Stimmungsbildern über die Landtagssitzung einige kurze Be- Wertungen gemacht. Matt wie ein Bezirksvereinsredncr sagt dieVossische Zeitung":.. Diese Erklärung war geeignet, mehr bei der Rechten als bei der bürgerlichen Linken Beifall zu wecken... DasB e r l i n c r T a g e b l a t t" bringt es zu größerer Entschiedenheit. Es erklärt:Wie man zugeben muß. eine Erklärung, die klar und unzweideutig ist. aber wohl auch die schlimm st en Erwartungen unserer größten Pessimisten noch übertrifft!.. Unzufrieden ist dieN a t i o n a l z e i t u n g". Ihr graut vor der kommenden Landtagswahl und so sagt sie: Was die Regierung in«achen der Wahlreform also nicht will, weih man; was sie will weih sie selbst noch nicht. Sie weih nicht, ob sie das Hcrumflickcn und Stückeln am Drciklaffcn- shstcm fortsetzen, oder ob sie sich mit einem neuen, zeitgemöhen Systeme befreunden soll. Ueber die Einteilung der Wahlkreise, die durch Verschiebung und Vermehrung der Bevölkerung längst zu einer Spottgeburt geworden ist, hat sie sich Gedanken anscheinend überhaupt nicht gemacht. Sie verzichtet endgültig darauf, in dieser heih umstrittenen Frage der Wahlreform die Führung zu übernehmen sie stellt die Entscheidung den Ucbertrcibungen und Zufälligkeiten des nächsten Wahlkampfes anHeim.... Die Frage,wie denken Sie über die Wahlreform?", wird keinem Äand'daten erspart bleiben; dafür wird schon die Sozial- denwkratie sorgen. Läge eine Erklärung der Regierung vor. die klare Wege und deutliche Ziele aufzeigte: so hätten sich um diese Wahlparole alle gemähigien und besonnenen Elemente sammeln können. Nachdem aber die Regierung in aller Form auf die Führung verzichtet hat; nachdem sie demselben Volke, das in ge- heimer Reichstagbwahl gegen die Sozialdemokratie und für die gesunde Ordnung entschied, ihr Mihtrauen bekundet hat: wird es ein Kampf aller gegen alle werden, wobei der rücksichtslose Kampf aller gegen alle werden, wobei der rücksichtslose Radikalismus von rechts oder von links die meisten Aussichten hat." Kühl bis ans Herz hinan verhält sich die Z e n t r u m s- presse. DieG e r nl a n i a" referiert lediglich, die Märkische Volks»Zeitung" bringt wie zur Ver- höhnung der Zentrumswähler einen Artikel, in dem sie diesen erzählt, wie fest die Zcntruinspartci aus dem Boden des all gemeinen, gleichen Wahlrechts steht und dann auseinander setzt, daß das Zentrum von einer Aenderung des Wahlrechts keine großen Vorteile haben könne. Der Artikel schließt mit den schönen Worten: Der alte lvetterfeste Zcntrumsturm kann, ohne daß seine Fundamente Schaden leiden, abwarten, bis die Zeit für eine Wahl- rechtsreform reif ist. Tie Zentrumspartei wird, wie sie es in der Vergangenheit gewesen ist, auch in der Zukunft stets sein und bleiben die treue unentwegte Hüterin des allgemeinen, gleichen, direkten und geheimen Wahlrechts im Reiche und die Vortämpferin desselben Wahlrechts für die Volksvertretung in Preußen." Mit anderen Worten: das Zentrum wird nichts für die Wahlreform tun, um sich den Weg zum Rcgicrungslagcr nicht zu verlegen. Befriedigt äußert sich bis jetzt nur das Organfür die Gebildeten aller Stände", dieTägliche Rundschau", die aus der Bülowschen Erklärung das Kommen des Plural Wahlrechts heraushört. Unzufrieden ist dagegen das Blatt der Landbündlcr. Die D e u t s ch c Tageszeitung" tut so. als seien durch die Regierungserklärung die Interessen der Junker bedroht, und erklärt: 'Den weisen Grundsatz des Quieta non movere hat also Fürst «Bülow in dieser Frage nicht befolgt. Die Uebertragung des Reichs- tagswahlrechts auf Preußen freilich lehnt er mit erfreulicher Eni- schiedenheit ab, aber zu seiner kritischen Wendung gegen das Drei- klafsenwahlrecht hat er die notwendige Ergänzung nicht gefunden: Daß auch jedes andere Wahlrecht seine Mängel haben muß. Eine eingehendere meriwrische Kritik der RegierungSabsichten ist ja nach den knappen und vorsichtigen Bemerkungen deS Fürsten Bülow heute noch kaum möglich; aber die grundsätzliche und tatsächliche Konzession der Regierung an die Wahlrechtöwünsche ist und bleibt das bedenkliche Ergebnis der heutigen Rede des Ministerpräsidenten. In dem Beifall der Rechten wie in dem Zischen der Linken kam Urteil und Stimmung der Parteien schwerlich zu ganz klarer Geltung." Wutausbrüche über die Demonstration der Arbeiterschaft. Die reaktionäre Presse ist wütend über die Kundgebung vor dein Dreiklassenhausc. Die Zehntausend, die dort den Herren von der Regierung und den Erwählten des Drei- klassenunrechts gezeigt haben, wie die gesamte klassenbewußte Arbeiterschaft Preußens über das Rumpfparlament denkt, das sich unniitzlicherweise Preußens Volksvertretung nennt, haben den Reaktionären unangenehme Augenblicke bereitet. Ihre journalistischen Knappen guitticrcn das in ihrer Weise durch giftige, hämische Beschimpfungen. Die Wut darüber, daß den Privilegierten einmal die Wahrheit ungeschminkt gegeigt worden ist. suchen die Ordnungsblätter hinter frechem Hohn und niedriger Schmähung zu verbergen. So geifert die vor- nehme Kreuz-Zeitung ": .... Zunächst kam nichts anderes als der Straßenbahn-, Droschken-, Auto- und Fußgängerverkehr, dann die gegen etwaige Ausschreitungen umsichtigerweise befohlene Polizeimannschaft, wo- von ein Aufgebot im Kunstgewerbemuseum ausgestellt war. nicht zu dessen Beschützung, sondern lediglich um dem üblichen Gassen- haucr-Unsug der Genossen vorzubeugen, falls er zu Aus- schreitungen führen sollte. Nach Spatzen pflegt die öffent- llche Sicherheitsbehörde nicht mit Browningpistolen zu schießen, aber es wurde doch notwendig, angesichts der von der Wilhelm- und jtöniggrätzerstroße stärker und stärter heranmarschicrendcn Menge schließlich diese Straße» nach der Prinz Albrechtstraße zu abzu- sperren.... Als der Ministerpräsident Fürst v. Bülow erschien, erhob sich daS Gejohle zu lärmenden Zurufen und Pfeifen mit obligatemGesang".... Dabei ballten die Genossen die Faust in der Tasche, denn es war kalt. Als die Jreiheitsgesänge, Hoch- rufe und sonstiges Gejohle zunahmen, wurde auch die Rampe des Kunstgewerbemüseums geräumt; langsam, aber sicher folgten die Genossen den polizeilichen Wegweisern. So lag denn von 1 Ubr an die Prinz Albrechtstraße gegenüber dem Äbgeordnetenhause ruhig da und jenseits der Spree warten nun die Genossen auf die Entscheidung über den Aronsohnschen' Antrag. Sie werden jeden- falls noch sehr lange warten köilncii, bis der preußische Landtag seine Zustimmung dazu gibt. Das schienen die Genossen binnen kurzer Zeit auch einzusehen, denn schon gegen 2 Uhr waren sie bis auf wenige vom Schauplatze verschwunden" Äehnlich fre'F, äußert sich das Bülow-Alatt. Von Sem offensichtlichen Bestreben geleitet, die Demonstration möglichst unbedeutend erscheinen zu lassen, schreibt die Nordd. Allg. Zeitung": «Ein Demoiistratiönchcn sozialdemokratischer Herkunft sollte heute mittag vor dem Abgeordnetenhause in der Prinz-Albrecht- Straße in Szene gesetzt werden, wo bekanntlich mittags die De- batten über die Reform des preußischen Wahlrechts begannen. Nachdem gestern abend bereits in zahlreichen sozialdemokratischen Vereinigungen lebhaft agitiert worden war, ließ heute der.Vor- wärts" eineExtranummer " erscheinen, die nur so mit den 30 MillionenBesitzloser und Entrechteter". mitvielen.Hunderttausenden Rechtloser" um- herwarf. Von diesen imposanten Mengen hatten sich nun einige Hundert vor dem Abgeordnetenhause zusammengefunden. Das Wetter war ja günstig; die Sonne schien hell, und zu kalt war es auch nicht. Natürlich hätte sich die Menge im Lause der Zeit ver- größert. wäre zum Verkehrshindernis geworden. So schritt denn die Polizei ein und veranlaßle die Freigabe der Straße. Soviel wir hörten, vollzog sich das ganz glatt und ruhig. Die Polizei sperrte dann den Perkcchr in der Prinz-Albrecht-Straße. Einzelne Hausen derDemonstranten" zogen mit den üblichen Rufen durch die umliegenden Straßen ab. Auch die Unbeteiligten hatten ihren Spaß an der Sache." Massiver noch schimpft das Landbündlerorgan. Also dreschflegelt die Deutsche Tageszeitung": ... Wer einige Zeit vor Beginn der Landtagssitzung den Weg durch die Prinz-Albrechtstraße nahm, der sah die Rampe vor dem Abgeordnetenhause wie vor dem Kunstgewerbemuseum von je ein paar Hundert Statisten besetzt, die ihn unwillkürlich an den von dem Helden so unfreundlich kritisierten Plebejerchor im Koriolan" erinnerte; nur daß sie wegen der kühlen Witterung die Kopfbedeckungen nicht in die Luft warfen und auch von den Stimmitteln einen immerhin verhältnismäßig erträglichen Ge- brauch machten. Manche dieser Spree-Aedilen ertveckien in jedem Physiognomiker den Verdacht, daß sie in direkter Fortsetzung einer Wahlrkchtsdemonstration von gestern abend die Straße bevölkerten, und daß eine Flasche Selterswasser für sie eine dringlichere»Fvr- derung des Tages" bedeutet hätte, als eine Wahlrechtsänderung. Jeder ankommende Abgeordnete, vor allem aber der Ministerpräft- dent Fürst Bülow, wurde mit weidlichem Johlen begrüßt, und mußte durch eine schnell gebildete Schutzmannskette Spießruten laufen, während ein paar Dutzend Stimm-Auwmatcn ihrWahl- recht! Wahlrecht!" riefen.. Das Blatt bedauert, daß sich die Polizei anscheinend habe überraschen lassen und schließt, dem Anfang angemessen: Das ganze war freilich eine Farce von Straßendemonstration. ein komischer Versuch, fremde Sitten in Miniaturkopie nach der deutschen Reichshauptstadt zu tragen; und bald nach Eröffnung der Sitzung und nach dem Eintreffen weiterer Polizeimannschaften zer- streute sich die Menge, um den Schauplatz ihrer politischen Betäti- gung nach behaglicheren Lokalitäten zu verlegen. Aber ein würdiges Schauspiel war dieser grobe Straßenunfug weder nach der einen noch nach der anderen Seite hin. Vielleicht halte er jedoch das Gute, eine plastische Antwort auf das Cui bono? in der preußischen Wahlrechtssrage zu geben.." Folgende gemeine Schimpfereien leistet sich Die Post": Draußen, auf der Straße, sucht die Sozialdemokratie ihre Forderung nach einer Aenderung des Wahlrechts durch kauteS Heulen und Johlen zum Ausdruck zu bringen.... Ein Teil deS hier demonstrierendenwerktätigen" Volles hat offenbar Zelt gehabt, sich ausgiebig für diese Kundgebung zustärken"." Hämisch äußert sich diefreisinnige" Lossische Zeitung": Nachdem die Sozialdemokratie gestern etliche Dutzend Ver- samnilungen zur Erörterung der Wahlrechtsfrage abgehalten hat, scheint sie sich des Gelüstes nicht mehr erwehren zu können, auch ..auf die Straße zu gehen". Als die Abgeordneten, die Mitglieder der Regierung und die Vertreter der Presse und die Tribünen- besucher sich heute nach der Prinz-Albrecht-Straße begaben, wurden sie von etlichen tausend Personen, die sich vor dem Parlaments hause aufgestellt hatten, mit dem schallenden Rufe:..Reichswahl- recht" empfangen. Daß dergleichen Kundgebungen auf die Mehr- heit oder den rechtzeitig erschienenen Ministerpräsidenten sonder- lichen Eindruck machen könnten, wird man allerdings bezweifeln dürfen... Die Arbeiterschaft wird auf diese niederträchtigen Schmähungen und hämischen Glossen im Fortgange deS Wahlrechtskampfes die richtige Antwort zu geben wissen. Ein weißer Rabe unter der Ordnungspresse ist das Berliner Tagcblat t". Es sucht den Eindruck der Demonstration nicht zu ver kleincrn, sondern referiert leidlich objektiv und schreibt zum Schluß: Auf den Straßen wurde heute eine E�tranummer des Vorwärts" verteilt, die einen vorläufigen Bericht über die gestrigen Temonstrationsversammlungcn der Sozialdemokratie zu gunsten der Wahlrechtsreform in Preuße» gibt. Es geht daraus hervor, daß die Wahlrechtstündgebung in einem Umfange statt gesunden hat, wie vielleicht nie vorher in der preußischen Mon. archie. Sie beschränkte sich nicht bloss auf Berlin und seine Vor� orte, wo Hunderttausende an den Versammlungen teilnahmen, son> dern gleichzeitig auf sämtliche preußische Provinzen. Allein in der Provinz Brandenburg außer Groß-Berlin zählen wir 40 Versammlungen, in Schlesien 60 Versamm- lungen; aus den anderen Provinzen werden ähnliche Ziffern ge- meldet. Ueberall waren die Versammlungen gut besucht; vielfach konnten die Säle nur einen Teil der Demonstranten aufnehmen; der Rest mußte vor der Tür aus den Ausgang der Versammlungen warten. Die Kundgebung stellt der sozialdemokratischen Organi- sation ei» glänzendK Zeugnis aus; sie beweist aber zugleich, daß die Dreiklassenwahl nicht länger gehalten werden kann. Die Masse des Volkes will ein gleiches Wahlrecht; sie wird ihren Willen durchsetzen."_ Die Sachverständigen gegen Peters. Während in den bisherigen Verhandlungen die Taten des Peters durch Zengenbeweise in immer schauerlichere Be- leuchtung gerückt, auch der Oeffentlichkeit bisher unbekannte Skandalosa enthüllt wurden, kamen am Freitag in erster Linie die Sachverständigen zum Wort. Und diese Be­kundungen der Sachverständigen belasteten den Peters nicht minder schwer, trotzdem sie mit der äußersten Vorsicht abgegeben wurden. Der erste Sachverständige. Vezirksamtmann von E l p h o n s, der im Jahre 1893. also nicht allzulange nach der Hänge-Affäre, als Leiter einer Strafcxpedition am Kiliman- dscharo weilte, bekundete, daß die Situation am Kilimandscharo durchaus ruhig gewesen sei. Totenstille habe geherrscht. Nach der verunglückten Expedition ZilewkiS gegen die Wahehe, durch die Peters so in Unruhe versetzt worden sein will, habe er sich in viel größerer Schußnähe befunden, nämlich nur 7 T a g e r c i s c n von den Wahehe entfernt, während Peters 39 Tagereisen davon entfernt gewesen seil Man habe ihn ja an der Küste damals auch schon tot gesagt, seinen Leuten sollten angeblich die Hände abgeschnitten worden sein! Es sei aber nicht das mindeste passiert, cL habe a b- solute Ruhe geherrscht. Befragt, was er getan habe, wenn ihm Kettcngefangene geflohen seien, erklärte er, daß er eine Z u s a tz st r a s e ver- hängt habe. Die T o d c s st r a f e sei bei der Flucht Ketten- gefangener ganz unangemessen, seines Wissens auch außer von Peters niemals verhängt worden! Malamia, zu dem die Jagodja geflohen war. sei ein Untergebener Ma reales gewesen, eines Freundes der Deutschen ! Peters sei also gegen Bundesgenossen vorgegangen. Zudem sei Malamia nur ein D o rfs ch u lz e mit kaum 100 Mann Anhang gewesen, von dem Peters keinerlei Gefahr habe drohen können! Ebenso ungünstig für Peters sagte Professor Volke n s als Sachverständiger aus. Er wies die U n g e f ä h r l i ch k c i t der damaligen Lage des Peters nach. Kurz nach der Jagodja- Affäre ist dieser Zeuge im Kilimandscharogebiet geivescn und hat die eingeborenen Stämme als d u r ct, a u 3 friedliche Leute kennen gelernt! Die Znverlässigkeit MarealeS und die Bedeutungslosigkeit seines Untergebenen Malamia schildert er genau so wie v. Elphons. Solchen Sachverständigen gegenüber hatte Peters mit seinem Sachverständigen, dem Major a. D. Tiedemann, einen schweren Stand. Zunächst mußte Tiedemann zugeben, daß er die Anstände am Kilimandscharo gar nicht kennt! Er war zudem auch so vorsichtig, die Frage, ob er unter ahn- lichen Umständen wie Peters ebenso gehandelt hätte, mit der Erklärung zu beantworten, daß er sich ja über die fraglichen Umstände kein Urteil zu bilden vermöge I Eine humoristische Episode gab es, als Herr v. Tiede- mann die Frage beantworten sollte, ob er die Hinrichtung der Jagodja auch dann für entschuldbar erkläre, wenn erwiesen sei. daß zwischen ihr und Peters geschlechtliche Beziehungen bestanden hätten. Der Herr Sachverständige verweigerte seine Aussage, weil dies Problem ihm zu neu sei und er eine schlaflose Nacht verbracht habe. Schließ- lich gab er zu. daß nach europäischen Moralbegriffen der- artiges unentschuldbar sei. Aber, so fügte er hinzu, es gäbe eben keine gemeingültige Moral. Die K o l o n i a l m o r a l sei ganz anders gc- artet, als die zivilisierter Europäer. Das begründete er aber nicht etwa mit moralischen Erwägungen, sondern mit seiner Erfahrung, daß eben Weiße in den Kolonien ihre besondere, von europäischen Ehr- und Sittlich- kcitsbegrisfen abweichende Herrenmoral besäßen!* Wir möchten bezweifeln, daß diese Ausfassung von dein Kölner Richterkollegium geteilt werden wird! Schließlich sollte Herr V. T i e d e in a n n. der Begleiter des Peters auf der Eniin Pascha-Expedition, noch auf Wunsch Sellos über die allgemeine moralische Ouali- f i k a t i o n des Peters ein Urteil abgeben. Als aber der Verteidiger Bennigsens damit drohte, daß man in solchem tille einen umfangreichen Gegenbeweis über eterL' Persönlichkeit antreten werde, zog Herr Sello es vor, von einer derartigen Vernehmung des Herrn Tiedemann A b- stand zu nehmen! Die Aktien des Peters sinken also immer mehr l Da begreift es sich, daß das offiziöse W o l f f s ch e Depeschenbureau sich verzweifelte Mühe gibt, den PeterS durch ganz auffallend tendenziös gefärbte Berichte nach Möglichkeit zu entlasten! Diese Liebesdienste werden den furchtbar Gebrandmarkten aber schwerlich rotten! politifebe GcberKcbt Berlin, den 10. Januar 1908. Bogelschutz und Matz» und Gewtchtsordnung. AuS demRcichStag. Die Gesetzcsvorlagc, die aus Erweiterung des bestehenden Vogelschutzgesetzes hinzielt, hat schon einmal, im Jahre 1906, vor der ReichstagSauflösung. den Reichstag beschäftigt. Da das unvollendete Gesetz bei jener Gelegenheit mit in die Grube siel, so war seine Wieder- einbrmgung erforderlich. Es handelt sich hauptsächlich um die Anpassung der deutscheu Gesetzgebung an die in Paris getroffene internationale Uebereinkunst vom 19. März 1902 zum Schutze der für die Landwirtschaft nützlichen Vögel. Da- nach soll das Zerstören und Ausheben von Nestern, das Aus- nehmen der Eier, das Töten der Jungen überhaupt sowie das Fangen und Erlegen von Vögeln während der Zeit vom 1. März bis zum 15. September verboten sein. Ebenso wird allgemein das Fangen von Vögeln in Schlingen verboten. Aber eine höchst bedauerliche Ausnahme wird wieder gemacht zugunsten des Fanges von K r a nr m e t s v ö g e l n i m D o h n c n st i c g. Der soll nach wie vor in der Zeit vom 21. September bis 31. Dezember erlaubt bleiben, obgleich in den meisten deutschen Staaten diese barbarische Methode des Vogelmordes bereits abgeschafft ist. Neben Oldenburg ist auch da nur noch Preußen in Deutschland und in der Welt hintenan.... Die Debatte in der ersten Lesung drehte sich Haupt- sächlich wieder um die Dohnenstiegfragc. Für den heim- tückischen Vogelmord mit Schlingen legte sich der Redner der Zentrumspartei , der Oberförster v. W o l f f- M e t t e r n i ch und der konservative Abgeordnete F e l d m a n n aus Hildes- heim ins Zeug. Aber selbst bis in die Reihen der Rechten hinein ist eine humanere Auffassung vorgedrungen; denn außer dem konservativen Abgeordneten v. Treuenfels ging mit besonderem Nachdruck auch der Freikonservative Ab- geordneter Baren hör st gegen den Dohnonstieg vor! An einigen mitgebrachten Dohnen(Pferdehaarschlingcn in einem dreieckigen Rahmen aufgehängt) demonstrierte er, wie grauenhaft die Tierchen zu leiden haben, wenn sie sich mit dem Kopf oder gar mit einem Bein verfangen, auf welch letztere Weise etwa 20 Proz. der Bogel gualvoll zugrunde gehen. Auch der Nationalliberale Fuhrmann und der Freisinnige Sommer unterstützten die Bemühungen für wirksameren Vogelschutz. Namens der Sozialdemokratie kritisierte Genosse Geck in scharfen Worten das umnenschliche Verfahren des Fanges im Dohnenstieg, durch den nach- gewiescnermaßen obendrein weit mehr Singdrosseln, Amseln und sonstige kleinere Singvögel gefangen werden als eigmt- liche Krammetsdrosseln. Die Vorlage wurde an eine Kommission verwiesen, in der es hoffentlich gelingen wird, das völlige Verbot des Dohnen- stieges durchzusetzen.