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Gilt schwerer Unglücksfall auf dem Eise, Eci welchem ein Knabe lernen Tod fand und zwei weitere Personen arg gefährdet wurden, ereignete sich gestern auf dem Tasdorfer Kanal bei Rüdersdorf . Dort versuchte der neunjährige Schüler Schwidinsli aus Tasdorf mit seiner sechsjährigen Schwester die Eisfläche des Tasdorfer Kanals zu überschreiten, als die Eisdecke plötzlich nachgab und beide Kinder einbrachen. In der Nähe der Unfallstelle befand sich der Lljährige Tischler Thiele aus Berlin , der bei dem Versuch, die Slinder zu retten, ebenfalls in das offene Wasser geriet. T. ver- mochte sich jedoch an der Bruchstelle zu halten. Obwohl er selbst auf das ärgste gefährdet war. erfaßte er doch noch das Mädchen und hielt es solange fest, bis Passanten hinzukamen und die Kleine und ihn den Wellen entrissen. Der Knabe war unter der Eisdecke bereits verschwunden, seine Leiche konnte bisher nicht aufgefunden tverden. Das gerettete Kind wurde in bewußtlosem Zustande nach einem Krankenhause übergeführt, es befindet sich außer Gefahr. T. hat bei dem kalten Bade keinen Schaden genommen. Unter den Kufen eines Schlitten? den Tod gefunden hat am Sonntagnachmittag in Oranienburg der vierjährige Sohn des Kaufmanns Schindler. Der Knabe spielte in dem genannten Vor- ort auf dem Fahrdamm vor dem Hause Berliner Straße 22, als ein Schlitten herannahte, dessen Pferde vor einem Automobil scheu geworden waren. Die Tiere liefen auf das nichtsahnende Kftid zu und wiewohl sich der Kutscher bemühte, den Rossen eine andere Richtung zu geben, wurde der Knabe von den Hufen des Gespanns erfaßt und unter den Schlitten geschleudert. Die rechte Kufe ging dem Kleinen über die Brust hinweg. Schwer verletzt wurde der Knabe nach der elterlichen Wohnung gebracht, wo er noch vor Ein- 'reffen eines hinzugerufenen Arztes verstarb. Im Gefängnis Selbstmord verübt hat der Gelegenheitsarbeiter Karl Haufe, der im Tegeler Polizeigcfängnis eine längere Strafe zu verbüßen hatte. Er war am Freitag nach Rathenow über� geführt worden, wo er sich eines Diebstahls wegen vor dem Schöffew gcricht verantworten sollte. Als H. am Sonnabend über den Korridor des Gefängnisgebäudeö geführt wurde, kam ihm dort ein Barbierlehrling entgegen, der die Gefangenen zu rasieren hatte. Der Lehrling trug in der Hand ein Rasiermesser. Plötzlich stürzte sich Haufe auf den Lchrburschen. entriß diesem das Messer und bedrohte damit den Gefangenenaufseher, der dem Gelegenheits- arbeiter die Waffe abnehmen wollte. Der Beamte hielt die rechte Hand des Gefangenen fest und versuchte, ihm das Messer zu ent. winden. Dabei gelang es aber dem H.. sich die Pulsader der linken Hand aufzuschneiden. Bevor eS gelungen war, die Ader zu unter- binden, hatte der Gefangene bereits soviel Blut verloren, daß er in fast hoffnungslosem Zustande nach dem Krankenhause gebrächt werden mußte. Eine Nilfahrt bis zum zw.eitcn Katarakt lautet der zweite Teil des Vortrages über Aegypten , der gestern in der Urania in der Taubenstraße von Herrn O. Wagner gehalten und durch Licht bildcr dein Verständnis näher gebracht wurde. Die erste Fahrt geht von Kairo nach Luxor. Der Vortragende erzählt uns von den Quellen des Nils, von seinem Lauf und den Ueberschwemmungen, die er anrichtet, Ucbcrschwemmungen, die aber bei der herrschenden Dürre außerordentlich ersprießlich für die Vegetation sind. Wir lernen Land und Leute kennen und besuchen zahlreiche althistorische Stätten, Ueberbleibsel einer vieltausendjährigen Kultur. Wir werden erinnert an das alte Pharaonenreich durch die Tempel von Dcndcra mit seinen Reliefs. Wir sehen das alte Theben mit feinen hundert Toren, den Tempel Luxor mit seinen Säulenhösen und Statuen, der eine Schöpfung Ramses II. ist. Mit einer gc- wisse» Ehrfurcht durchwandern wir den vor 3450 Jahren errichteten Säulengang, dessen 14 Säulen mit 13 Meter hohen Reliefs, Szenen aus einem Ammonsfest darstellend, bedeckt sind. Wir schauen einige Trümmer der Sphinxe, wo ehemals eine ganz« Sphinxallec vorhanden war. dann die KönigSgräber von Biban el Mulak und schließlich die Memnoskolosse, die nach der Sage seit den Tagen des Kaisers Septimus Severus mit ihrem klagenden Klinge» beim Kuß der Morgensonne aufgehört habe». Es ist ein Stück altägyptischer Geschichte, das sich da vor unserem geistigen Auge auftut. Im zweiten Abschnitt des Vortrages setzen wir unsere mit einem Dampfer begonnene Fahrt fort, und zwar von Luxor bis zu den Stromschnellen des zweiten Katarakts bei Wadi Halfa. Erhebliches Interesse nötigen uns auf der Fahrt die Stromschnellen und nicht zuletzt die Wunder der Wasserbaukunst ab. Dabei statten wir der Tempelinsel Philae einen Besuch ab und bestaunen auch hier die Ueberreste, die an die Pracht längst entschwundener Zeiten erinnern, an die Zeiten einer niedergegangenen Kulturepochc. Der Zoologische Garten hat neuerdings ein Paar Pinsel ohrschweine erworben, die vorläufig während der kalten Jahreszeit im Elefantcnhause unmittelbar rechts neben dem Ein- gang untergebracht worden sind. Diese auffallenden Westafrikaner sind im Gegensatz zu ihren Verwandten geradezu als farbenprächtig zu bezeichnen: von der leuchtend rotgelben Grundfärbung hebt sich ein scharf abgesetzter weißer Rückcnstrcif und eine ebensolche Kopf- zeichnung ab, die Ohren sind mit langen weißen Pinsel» geschmückt. Beide Tiere sind prächtige, erwachsene Stücke, wie sie nur sehr selten in den Handel kommen und lebend gezeigt werden können. Im Berliner Aquarium fällt dem Besucher unter den neuen Erscheinungen zunächst ein hellgcsichtigcr Schimpanse auf, der die linke Seite des Affenhauses bezogen hat und sich hier, in lebhafter Verbindung mit den nebenan hausenden kleineren Vertretern des Affcngeschlechts, Meerkatzen, Makaken und dergleichen sehr wohl zu befinden scheint. Dank der vorzüglichen Verpflegung und auf- merksamen Behandlung, deren dieser Menschenaffe bisher im Besitz des Herrn Ingenieur Otto Widmann hier auf der Uebcr- fahrt, vorher und nachher zuteil wurde, gibt er sich als ein ebenso auf alles merkender wie zu Spiel und Scherz geneigter drolliger Bursche. Die beiden erwärmten Wandbecken gegenüber dem Vogclhause beherbergen eine Anzahl aus warmen Gebieten, Indien und Afrika , stammende Süßwasserfische. Unter ihnen macht sich ein Fisch durch seine außerordentliche Länge er mißt nahezu Vj Meter besonders bemerklich: und diese Länge läßt es uns sehr begreiflich erscheinen, wenn wir lesen, daß derartige Fische, die wegen ihres in Form und Bekleidung sehr einem Schlangen- köpf ähnelnden KopfesSchlangenkopffische genannt werden, in ihrer Heimat bezw. in China als Teichfische zu Küchenzwccken ge- halten werden. Feuerwehrbericht. In der letzten Nacht um 2 Uhr brannte bor dem Hause Wilhclmstraße 111 eine Automobildroschke. Etwas später, um 3H Uhr, stand schon wieder eine Automobildroschkc vor­dem Hause Leipziger Straße 12S in Flammen. Der 13. Zug löschte diese. Die Droschken mußten fortgeschleppt werden. In der Fehrbelliner Straße 21 wurden bei einem Brande Lumpen, Kisten, eine Nähmaschine u. a. ein Raub der Flammen. Gestern nach- mittag um 3 Uhr brannte in der Brüderstraße 24 ein Bauzaun und gleichzeitig in der Prinzen-Allee 47 ein Treibhaus in einer Gärtnerei. Außerdem mußten noch mehrere kleinere Brände an verschiedenen Stellen gelöscht werden. Vorort- I�aelmekten» Rixdorf. Stadtverordneten-Versammlung. In der Sitzung am Donners- tag wurden unter den üblichen Reden der Stadtverordnete Honfall und der inzwischen bestätigte zweite Bürgermeister Dr. Weinreich durch den Ersten Bürgermeister Kaiser in ihr Amt eingeführt. Den Stadtverordnetenvorstehcr Sander wählte die Versamm- lung wieder in dies Amt. Bei der Wahl des Stellvertreters appellierte der Stadtv. Wutzkh(Soz.) namens der sozialdemo­kratischen Fraktion an das Gerechtigkeitsgefühl und den parla» mentarischen Anstand der Mehrheit und verlangte, daß ein Ver- tretrr der III. Abteilung mit ins Bureau gewählt werde. Doch bewiesen die Vertreter von Besitz undBildung", wie fremd ihnen parlamentarische Tugenden sind: sie wählten den bisherigen Stella Vertreter des Vorstehers, Stadtv. Vögelke, wieder gegen die Stimmen unserer Genossen, welche sich auf den Genossen Oster mann vereinigten. Hierauf brachte die sozialdemokratische Fraktion einen Dringlichkeitsantrag ein, nach welchem das Bureau um einen Beisitzer vermehrt werden sollte. Auch hier machte der Block" von seiner Macht Gebrauch und lehnte die Dringlichkeit ab; der Antrag wird nunmehr die nächste Sitzung beschäftigen. Eine Anfrage des Stadtv. Groger(Soz.) nach dem bereits vor Jahresfrist beschlossenen Bürgerbuch beantwortete der Erste Bürgermeister dahin, daß dasselbe nach etwa 2 Monaten fertig vorliegen werde. Bei der Bestimmung der Ortszeitungen für die Bekannt machungen der Stadtverordnetenversammlung beantragte Stadtv Boeske(Soz.) die Einbeziehung desVorwärts", um auch das Gros>der Bürgerschaft, das diese Zeitung lese, über das kommu- nale Leben zu informieren. Der gegenwärtige Zustand sei eine Begünstigung der im Orte erscheinenden Wintelblättchen, von denen die Bürgerschaft in chrer ungeheuren Mehrheit nichts wissen wolle. Die Stadtvv. Abraham und Kay« wußten darauf nichts Besseres zu antworten, als daß es dem Ansehen einer Großstadl schade, wenn sieauswärtige" Unternehmungen in Fällen, wie dem vorliegenden, berücksichtige: sie forderten schließlich die Ablehnung des sozialdemokratischen Antrages. Stadtv. Wutzzky(Soz.) nagelte diesen unsinnigen PartiiulariSmuS fest, der jede Ohjcktivität ver- missen lasse und darauf hinauslaufe, die Bürgerschaft zun, Lesen ver hirnvcrseuchendenunparteiischen" Lokal- presse zu zwingen oder sie andernfalls kommunalpolitisch noch um ein weiteres rechtlos zu machen. ES half alles nichts, die Mehrheit hielt ihren Rixdorfer Leiborganen die Konkurrenz desVorwätrS" vom Halse und lehnte den Vorschlag unserer Ge Nossen ab. Als nächster Punkt stand die Bewilligung einer Beihülfe an den gemeinnützigen Verein für Rechtsauskunft in Groß-Berlin erneut auf der Tagesordnung. Ter Gegenstand wurde von der vorigen Sitzung auf Wunsch des Bürgermeisters Kaiser abgesetzt. weil wie dieser sagte erst nochInteressenten" Gelegenheit zur Aeußerung über die vor einiger Zelt eingerichtete hiesige Rechtsauskunftsstelle gegeben werden sollte. Inzwischen hat eine Versammlung vonInteressenten" getagt, in der wie uns mit­geteilt wird lediglich die Herren Rechtsanwälte allerlei zu kritteln hatten. Schließlich mutz man aber doch in den anfangs anscheinend sauren Apfel gebissen haben; denn Stadtv Abraham leitete sofort die Debatte in der Stadwerordnetenversanrmlung mit einer großen Rede ein, die natürlich getragen war von dem Wohlwollen der Anwälte einem solchen gemeinnützigen Institute gegenüber, derenwenn" undaber" jedoch die Zweifel an eben dieser Sympathie nicht zerstreuen konnten. Die Vorlage wurde genehmigt. Eine recht lebhafte Debatte rief der Antrag des Magistrats auf Anstellung eines Schularztes für die Hülfsfchulen zum l. April 1308 hervor. Derselbe soll mit 800 M. jährlicher Entschädigung eingestellt werden. Als Begründung war der Borlage eine Denk. schrift beigegeben, welche vom zweiten Bürgermeister Dr. Weiw reich verfaßt ist. Stadtv. Dr. Silberstein(Soz.) präzisierte namens unserer Fraktion deren Stellungnahme zum Magistrats antrage. Als unser Antrag auf Anstellung von Schulärzten vor einem Jahre so führte Redner etwa aus gegen unseren Willen der Schuldeputation zur Erwägung überwiesen wurde, da waren wir überzeugt, daß in dieser Deputation die Sache in den schlechtesten Händen war. Wie berechtigt dies Mißtrauen war, beweist der Antrag und die Denkschrift. Dieser Antrag bedeutet einfach nichtSI Unglaublich ist aber die Denkschrift. Sic wimmelt von Fehlern und Widersprüchen. Statt iwie doch verlangt werden muß die vorhandene neue Literatur und die neuzcit- lichen Tatsachen zu berücksichtigen, wird darin veraltetes, längst überholtes Material vorgetragen.(Redner weist dies bezüglich mehrerer Städte an Beispielen treffend nach). Auch über Berlin sind falsche Angaben gemacht, indem statt 99 nur 73 Acrzte als angestellt angegeben werden. Was«soll denn eine. Denkschrift, die über die Berliner Vororte so gut wie nichts zu sagen weiß und verschweigt, daß diese letzteren ziemlich alle Rixdorf"in der Schul- arztfrage vorangeeilt sind? Es gibt überhaupt keine Großstadt, ja keine größere Provinzstadt in Deutschland mehr, welche nicht Schulärzte angestellt hätte. Da ist es doch geradezu unvcrständ- lich, wenn die Denkschrift behauptet, Rixdorf bedarf deren nicht, iveil der Gesundheitszustand unserer Volksschüler sich von dem in den anderen Gemeinden nickst wesentlich unterscheiden soll. Letzteres ist bei den ungünstigen Lebens- und Wohnverhältnissen der Rix. dorfcr Arveiterbevölkerung einfach unmöglich, TaS Gegenteil ist richtig. Und deshalb braucht Rixdorf eher wie manche andere Stadt, mindestens aber ebenso notwendig Schulärzte. Im übrigen scheint der Verfasser der Denkschrift das Prinzip der Schularzt- frage gar nicht zu kennen, welches in erster Reihe die Gesund- crhaltung der Kinder wolle.(Zurufe.) Wenn hier immer wieder die Kosten ins Treffen geführt werden, sa erkläre ich es für eine Schande der Stadt Rixdorf, wenn für Flügel in den hvbere» Schulen 5990 Mark ausgegeben iverden. für Schulärzte aber nicht die zum ersten brauchbaren Anfang benötigten 12 999 Mark vorhanden sind,(Stürmischer Protest beim Block, lebhaste Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) So wie der Antrag vor- liegt, ist er einfach untauglich, ganz abgesehen von der unHalt- baren Denkschrift. Wir beantragen daher Ueberweifung an eine Kommission und Bereitstellung von 12 999 M.. um etwas Per- nünftigcs zustande zu bringen. Bürgermeister Dr. Wein reich beklagt sich über die herbe Kritik des Vorredners an der Denk- 'chrifi, welche«inestille Arbeit später Nachtstunden" sei, gibt aber im wesentlichen die gerügten Mängel zu. Um den vorliegenden Antrag zu stützen, genüge diese als Begründung.(Höhnisches Sehr richtig!") Er unterscheide die sozialen kommunalen Ein- richtungcn nach den Bogriffennotwendig",nützlich" undan- genehm". Die Anstellung von Schulärzten bezeichne er nur als nützlich". Und da fei als Anfang 1 Schularzt für die kranken Kinder der Hülföschulen genügend. Auch müsse auf die Finanzen der Stadt Rücksicht genommen werden, die eine größere Zahl von Schulärzten nicht zulasse. Wenn kleinere Vororte darin weiter gehen, so sei das dort leichter als in Rixdorf mit seinen 28 999 Schulkindern. Stadtv. Rosenow stimmt in der Beurteilung der faage dem sozialdemokratischen Redner zu. Tie wirtschaftlich Starken dürfen nicht bloß genießen, sie haben auch Pflichten der Arbeitcrbevölkcrung gegenüber zu erfüllen. Hauptgrundsatz müsse bleiben: die Gesunderhaltung der Kinder. Dazu reiche die Vor- läge aber nicht aus; er halte mindestens 3 Schulärzts für nötig. Stadtv. Silberstein(Soz,) widerspricht den Ausführungen des Bürgermeisters. Finanzielle Bedenken seien hier gor nicht stich. haltig, weil 12 999 M. einen Etat, wie den der Stadt Rixdorf, nicht umstürzen können; das seien Ausreden, die ja stets bei özialen Tingen herhalten müssen. Geradezu unverständlich sei �ie Logik des Bürgermeisters, nach welckicr Rixdorf dann für seine 28 999 Kinder Schulärzte bekäme. ES sei sehr schlimm, daß über den sozialdemokratischen Antrag die Schuldeputation zu befinden hatte, in der sicher außer dem Dezernenten kaum ein Mitglied von der Sache etwas versteht.(Lebhaftes Oho! im Block.) Sie bestreiten das! Nun, dann frage ich, wer von den anwesenden Mitgliedern der Schuldcputation schon ein einziges Werk über die Schularztfrage studiert hat.(Die Befragten schweigen.) Nun. also keiner! Demnach ist meine Behauptung zutreffend. Stadtv. Beiß erwies sich wieder als fcnS enfant terriblc der Mehrheit. Dieser Stadtvater produziert sich meist zum Gaudium der Ver. ammlung in allerlei Mätzchen, dabei nicht selten die wahren Gründe seiner Blockgenossen in Herzenseinfalt ausplaudernd. So auch diesmal! Ein Arzt ist kein Arzt, so sagen wir uns meinte und machen deshalb denWitz" mit. Die ganze Geschichte ist überflüssig(!) Daß bei solchen und ähnlichen rückständigen Anschauungen der sozialdemokratische Antrag von der Mehrheit abgelehnt wurde, dürste wohl kaum erst festzustellen sein. Mit Rücksicht auf das neue SchulunterhaltungSgesetz beantragt der Magistrat, die städtische Schuldeputation und die Deputation kür die höhere Müdchenfchule aufzulösen und der elfteren nach vollzogener Neuwahl auch das höhere Mädchenschulwesen zu über« tragen. Die Trvutation soll dann auch von 9 auf 15 Mitglieder erhöht werden. Stadtv. Abraham spricht gegen die Auflösmig der Deputation für die höhere Mädchenschule, die nicht wie der Magistrat behauptet ihren Zweck erfüllt habe, sondern bei dem geplanten Ausbau des höheren Mädchenschulwesens noch Aufgaben zu lösen bekomme. Redner weist nach, daß das Schulunterhaltungö- gesetz vom 28. Juli 1996 auch gar nicht die Aenderung des gogen- wärtigen Zustandes bedinge. Tie Auslösung und Vergrößerung den städtischen Schuldcputation könne bei dem umfangreichen Volks- schulwesen Rixdorfs ohnedies erfolgen und sei wünschenswert. Stadtv. Dr. Silberstein(Soz.) und Koye sind derselben Auffassung. Ersterem ist es unverständlich, wie man schon vorher auSkneifcn wolle, ehe die Regierung irgend welches Verlangen gestellt habe. Das sei eine merkwürdige Art, um die Selbstverwaltung zu wahren. Vor der Ocffentlichkeit müsse eins Aeußerung de» Dezer- mnten in der Schuldeputation festgestellt werden, nach welcher Mitglieder der Schuldeputation gedroht haben sollen, die Stadt bei der Regierung zu denunzieren, wenn nicht das höhere Mädchen- Schulwesen der städtischen Schuldeputation ausgeliefert würde. Schulrat Anders soll dabei beteiligt sein. Dagegen muß cner- gisch Protest eingelegt werden. Bürgermeister Dr. Weinreich sucht die vom Vorredner gekennzeichneten Drohungen als Harm- loS hinzustellen. Nach einigen Einwendungen erklärt er sich mit dem Antrage Abraham, der nur die Schuldeputation auflösen und neu wählen, alles andere aber vertagen will, einverstanden. Die Versammlung beschließt hierauf demgemäß. Nachdem drei weitere kleinere Vorlagen ohne nennenswert Debatte erledigt waren, fand noch ein geheime Sitzung statt. Steglitz . Gemeindevertretersivung. Der Vorsitzende teilte der Versamm» lung mit, daß der besoldete Schöffe Dr. Beyendorfs zum Gc- meinoevorsteher von Lankwitz gewählt sei und daher zum 1. April aus unserer Verwaltung zu scheiden gedenke. Die Vorberatung über eine etwaige Neubesetzung dieses Postens wurde einer Kom- Mission überwiesen. Hierauf gelangte die neue Hundesteuer- ordnung mit einem Steuersatze von 16 M. in zweiter Lesung zur Annahme. Das von der Versammlung angenommene neue Orts- statut für die gewerkliche Fortbildungsschule bringt verschiedene Neuerungen. Zunächst verpflichtet es nur die hier b c f ch ä f- t igten Lehrlinge zum Besuche der Schule und setzt als Ent- lassungstermin dasjenige Halbjahr fest, in dem die Schüler das achtzehnte Jahr vollenden. Der Unterricht findet in der Zeit von 9 Uhr morgens bis 7 Uhr abends statt. Als Schulstrafen werden festgesetzt: Geldstrafe, Verwarnung und Nachsitzen. Die ständige Vermehrung der Schüler macht abermals die Anstellung einer ganzen Anzahl neuer Lehrkräfte sowohl an den höheren wie an den Gemeindeschulen nötig. Die erforderlichen Mittel wurden bc- willigt. Das Bauprogramm für das Realgymnasium wurde genehmigt und beschlossen, zwecks Erlangung von künstlerischen Ent- würfen für die Fassade ein Preisausschreiben zu erlassen. Zur Ausführung des zweiten Bauteiles der Gemeindeschule in der Ringstraße wurden die erforderlichen Mittel bereitgestellt. Vor zwei Jahren bewilligte die Gemeindevertretung dem Gymnasium einen lährlichen Beitrag von 599 M. zwecks Beitritts zum Schüler- rudervcreinWannsee ". Nunmehr hat auch die Leitung der Oberrealschule den Wunsch, den Herren Jungens, deren Väter die üblichen, jedenfalls nicht geringen Extraausgaben für diesen Sport bezahlen können, Gelegenheit zum Nudern zu geben. Da es sich nach Auslassungen der bürgerlichen Vertreter um die Kräftigung unserer Jugend" handelt, wurden die geforderten 1459 M., und zwar 959 M. einmalig und 599 M. dauernd, bewilligt. An dem Gymnasium kommen die 599 M. 29 Schülern zugute; da bei der Realschule kaum mehr in Betracht kommen dürften, so bedeuten die 1459 M. ein Geschenk der Allgemeinheit an wohlhabende Mit- bürger von rund 79 M. pro Kopf. So sorgt unsere Gemeinde- Vertretung fürunsere Jugend". Auf Antrag des Gemeinde- Vorstandes wurde ferner beschlossen, den Lehrerinnen an den zwei hiesigen höbercn P r i v a t- Mädchenschulen Pensionen von 699 bis 759 M. jährlich zu zahlen. Hiermit war jedoch das Kapitel Schulkostcn" noch nicht erledigt. Nachdem eine ansehnliche Summe Vertretungskosten bewilligt war, kam noch ein Dringlich- keitsantrag auf Gewährung von Teuerungszulagen an die Lehrer für das verflossene Jahr. Dieser Antrag wurde vorerst der Etats- kommission überwiesen. Der schon in der vorigen Sitzung ge- kellte Antrag auf Abänderung des Gemeindewahlrechts wurde einer Kommission überwiesen, die außerdem noch folgenden Antrag vorbcraten soll:Verständigung mit den übrigen stadtähnlichcn Berliner Vorortgemeinden wegen Einleitung geeigneter Schritte zwecks Beseitigung des HauSbcsitzerprivilegS aus der preußischen Landgemeindeordnung." Gummelsburg. Dir erste Gemeindevertreterfitzimg im neuen Jahre war gegen sonst nur schwach besetzt. Beim ersten Punkt der Tagesordnung, die AuS- losung der zum 1. April ausscheidenden Gemeinpcvertreter. wurde unser Vertreter Gläser ausgelost, außerdem scheidet in der dritten Abteilung Genosse GorgaS und der bürgerliche Vertreter Werther aus. Bei Besprechung der Jahresberichte der Schulärzte nahmen unsere Vertreter Veranlassung daraus hinzniveisen, daß die Berichte wenig iibersichltich und äußerst trocken gehalten sind und daß auch die Untersuchung der Rinder allem Anscheine nach viel zu wünschen übrig läßt, nur ein einziger Arzt(Dr. Wagner) hatte Veranlassung ;e»omiiten, auch auf emzelne Uebelstände und Ursachen >es schleckten Gesundheitsbefundes der von ihm untersuchten Kinder hinzuweisen und gleichzeitig einige Borschläge zur Abstellung dieser gerügten Uebelstände gemacht. Wie wenig zuverlässig und branchbar die Berichte sind, geht anS der großen Drsserenz in der Angabe nach Prozenten der als trank und gesund ausgeführten Kinder deutlich hervor. Der eine Arzt hat z. V. als vollständig gesund 39 Proz. Kinder befunden, ein anderer Arzt dagegen nur 3.3 Proz. Als krank hat ein Arzt 25 Proz. Kinder befunden, der andere Arzt aber nur 2.5 Proz. Der Gemeindevorstand versprach für entsprechende Abhülfe Sorge tragen zu wollen. Eine rege Debatte zeitigte die Verpachtung der beiden Wochenmärkre. Der Gemoindevorstand beantragte, dem bisherigen Pächter die Wochemnärkte ohne Ausschreibung wiederum auf weitere drei Jahre gegen eine von diesem Pächter selbst gebotene jährliche Pachtsumme von 29 990 M. zu verpackten. Unsere Vertreter beantraglen und begründeten hierzu össentliche Ausschreibung, die auch nach längerer Diskussion mit großer Mehrheit angenommen wurde. Zu scharfen Auseinandersetzungen zwischen den privilegierten Hansbesitzern und unseren Genossen kam es bei Beratung einer neuen Grundsteuer- ordnung. Nack dieser neuen Grinidsteuerordnung wird als höchster Satz der Gebäudebeslenernng 3 M. von 1090 M. gemeinen Wertes estgelegt. In den letzten Jahren betrug der Satz, den die Grund- besitzer zu zahlen hallen, 3.25 M. Damit das Geschenk, das man den Hausbesitzern hiermit in den Schoß wirst, die Finanzen der Gemeinde nicht gar zu arg schädigt, sollen die unbebauten Gnntd- lüde zum doppelten Satze wie die Gebäudegrundstücke zur Steuer herangezogen werden. Da nun aber die unbebauten Terrains in der Mehrzahl der Stadt Berlin gehören, so wird der Berliner Ge- meindesäckel dieses HauLbesitzcrgeschenk hauptsächlich tragen müssen. Unsere Vertreter machten in längeren Ausführungen der Hans« besitzerpartei klar, daß es sich auf keinen Fall rechtfertigt, wenn dieselben in einer Zeit, wo der HauSwert ständig im Sieigcn ist. noch ein solches Geschenk von einer sinanziell schlecht gestellien Gemeinde annehmen wollen, geschweige sich selbst bewilligen. Die wenigen Gegcnaussührungen gipfelten hauptsächlich in dem Klage- lieb, daß die Lage der Hausbesitzer eine so trostlose sei. daß dieselben bei einer Nicht- Herabsetzung der Steuer ver- zichten müssen, noch länger das schwere Amt eines Haus­wirtes zu tragen. Die Hansbesitzer stimmten denn auch geschlossen für die Herabsetzung der Steuer auf den Höchstbetrag von 3 M. Eine für die Herren Hurrapalrioten wohl nicht angenehm« und unerwartete Erledigung fand der letzte Punkt der Tagesordnung. welcher die Wahl von Mitgliedern zu einem Denkmalsausschuß vorsah.