Nr. 12. 25. Jahrgang.
7 Sigung bom Dienstag, den 14. Januar 1908, nachmittags 1 hr.
Auf der Tagesordnung steht zunächst
die Interpellation des Grafen v. Kanik( 1): Was gedenkt der Reichskanzler zu tun, um den Unzuträglich feiten zu begegnen, welche sich aus der jezigen Höhe des Bankdiskonts ergeben?" Staatssekretär v. Bethmann- Hollweg erklärt sich zur Beantwortung der Interpellation bereit.
aber bei uns vielmehr die Taler eingezogen. Auch schaftspolitik des Reiches ändern.( Lebhafte Zustimmung links, für den Kriegsfall brauchen wir mehr Silber. Beachtens Widerspruch rechts.) Da liegt der Hund begraben.( Heiterkeit.) wert sind die Vorschläge, die der Präsident der See- Ich hätte gewünscht, daß der Reichskanzler auf die Interpellation handlung, Herr Heiligenstedt, gemacht hat. Viel verspreche ich mir geantwortet hätte: Helfen Sie mir umfehren mit unserer Wirtschaftsauch von einer eingehenden Enquete des Bankwesens. Wir müssen politik, dann wird es besser werden.( Lebhafter Beifall bei den fein wird, umso sicherer wird der Goldschak fein.( Lebhaftes Bravo! um unseren Goldichatz eine filberne Mauer errichten; je dicker sie Freifinnigen, Bifchen rechts.)
rechts.)
Abg. Frhr. v. Gamp( Rp.): Wie unrecht der Borrebner hat, geht daraus hervor, daß auch England, das Musterland des Freihaudels, unter derfelben Strije leidet wie wir.( Die folgenden ausführungen bleiben, zumal da der Redner der Tribüne den Rücken zuwendet, völlig unverständlich.)
Staatssekretär v. Bethmann- Hollweg : Der andauernde Aufschwung unseres Wirtschaftslebens kann nicht ohne Einfluß auf die Gestaltung der Geldverhältniffe bleiben. Die gesteigerte Intensität und Stapital gezeitigt, was zu einer außerordentlichen Erhöhung des einstimmig angenommen. Hierauf vertagt sich das Haus auf des Güteraustausches hat eine außergewöhnliche Nachfrage nach Geld Ein von allen Parteien gestellter Bertagungsantrag wird Mittwoch 1 Uhr( Fortsegung der heutigen Beratung; BolenLeibpreises für Geld geführt hat. Gestern konnte der Reichsbankdistont um 1 Broz. herabgefeßt interpellation über die Enteignungsvorlage; die Interpellation über werden, weil die noch am Jahresschluß andauernde starte Spannung die Reform des Knappschaftswesens). des Status der Reichsbank in den ersten fieben Tagen des laufenden Schluß 6 Uhr. Monats merflich nachgelassen hat und weil auch die internationale Spannung eine Abschwächung erfahren hat. Daß dies gerade am
Abgeordnetenbaus.
Am Bundesratstische: v. Bethmann- Hollweg , Safen tein. Eingegangen ist eine Interpellation Albrecht u. Gen.( Soz.): Aus welchen Gründen hat der Reichskanzler in der Sigung des preußischen Landtages vom 10. Januar die Uebertragung des Reichstagswahlrechts auf einen Bundesstaat als dem Staatswohl nicht entsprechend bezeichnet; und billigt der Herr Reichstanzler, daß aus Anlaß der am 12. Jamuar in Berlin zur Propaganda diefes Reichstagswahlrechts ein berufenen sozialdemokratischen Volksversammlungen zum Zwecke etwaigen Einschreitens Militär in den Kasernen fonsigniert war?" Die Verlesung der Interpellation wird von den Konservativen mit Lachen aufgenommen. Sie soll auf eine der nächsten Tages- Vorabend der Beantwortung der heutigen Interpellation eintreten ordnungen gesetzt werden. würde, hat niemand voraussehen können.( Sehr wahr! links.) Wenn das deutsche Wirtschaftsleben in seiner Gesamtheit als durchaus ge- 10. Sigung vom Dienstag, den 14. Januar, 12 Uht. fund zu bezeichnen ist, so haben zweifellos unsere Münzverhältnisse Am Ministertische: Frhr. v. Rheinbaben, v. Moltke, dazu beigetragen.( Sehr richtig! links.) Es gereicht mir zur Beseler. besonderen Befriedigung, dies gerade in dem Moment feststellen zu Die erste Lefung des Etats wird fortgefeßt. können, in welchem der langjährige Präsident der Reichsbank von Abg. Herold( 3.): Die fortgefeßten Etatsüberschreitungen sind seinem verantwortungsvollen Boiten zurückgetreten ist.( Bravo ! fehr zu bedauern. Die Abwanderung in die unterste Wagen links.) Tas Festhalten an der Grundlage unserer Geld und Bant- klasse der Eisenbahn- bekanntlich trägt diese vielerörterte Tatverfassung hindert uns aber nicht, in eine Erörterung darüber einfache beträchtlich dazu bei, die Eisenbahnerträge zu fentenZur Begründung der Interpellation erhält das Wort zutreten, ob bei voller Aufrechterhaltung unserer Goldwährung in geht auf die vermehrten Annehmlichkeiten zurück, daß die vierte Abg. Graf v. Kanit( L.): Nachdem gestern der Bankdiskont der einen oder anderen Richtung bessernde Maßnahmen ergriffen Slaffe jezt viel tomfortabler eingerichtet ist, als früher. Man kann etwas herabgefeßt ist, scheint der Moment zur Beantwortung, die werden können. es feinem Menschen verdenken, daß er so billig wie möglich reifen Tange hinausgeschoben wurde, heute sehr sorgfältig gewählt.( Heiter- Auf Antrag des Abg. v. Normann( f.) wird in die Be- will.( Bustimmung.) Ob zurzeit fdjon neue Steuern notwendig find, feit.) Unsere Interpellation ist aber auch heute feineswegs gegen- fprechung der Interpellation eingetreten. fcheint mir zweifelhaft. Wir haben ja glücklicherweise sparsamt gea standslos. Ein Grund für das lange Hinausschieben der Beant- Abg. Dr. Weber( natl.) wirft dem Abg. Grafen Kanig vor, aus wirtschaftet. Um den Etat günstiger zu gestalten, haben wir ein ivortung der Interpellation ist wohl der Wechsel im Reichsbant- den an fich richtig angegebenen Ziffern der deutsch- amerikanischen einfaches Mittel: wir brauchen nur 40 Millionen Schulden präsidium. Ich benutze diese Gelegenheit, um dem scheidenden Handelsbilanz gewagte und zum Teil offensichtlich unrichtige weniger zu tilgen.( Große Heiterkeit.) Die Schwierigkeiten, Bräsidenten, Herrn Koch, Worte der Anerkennung für seine Arbeit Folgerungen gezogen zu haben. Es gehe nicht an, die stabile fran- die der preußische Etat bietet, tverden erhöht durch und Pflichterfüllung in schweren Zeiten zu widmen. Einen ähn- zonich- amerikanische Handelsbilanz mit den zunehmenden Riefen- die völlig unsichere Finanzlage des Reiches. Unsere Partei lich hohen Bankdiskont haben wir auch schon früher ziffern des deutsch- amerikanischen Handels in Bergleich zu stellen.ift ja für die Reichspolitit ausgeschaltet. Wir wissen nicht, wie man gehabt, in den Jahren 1899 und 1900. Was aber die jetzige Er- Redner bestreitet unter heftigem Widerspruch des Abg. Dr. Arendt, die Sanierung der Reichsfinanzen bewerkstelligen wird. Wir halten scheinung so bedrohlich macht, ist ihr internationaler Charakter. Die daß der hohe Bankdiskont irgendwie mit der Währungsfrage zu daran fest, daß die direkten Steuern den Einzelstaaten vorbehalten gegenwärtige rife ist nicht durch eine leberproduktion fammenhänge. In der Schweiz , die doch Doppelwährung bleiben.( Zustimmung rechts und im Zentrum.) Jch bchervorgerufen, sondern durch Geldknappheit und mangelnde hat, ist der Bankdiskont so hoch wie bei uns.( Dr. Arendt wider dauere, daß Abg. Dr. Friedberg gestern fagte, die Aufnahmefähigkeit des Marktes. Infolgedessen haben spricht fortwährend.) Vielerorts wird die Einziehung der Talerstücke Souveränität der Einzelstaaten habe infolge der Reichsgefeywir eine große Arbeitslosigkeit. Nur das Kohlensyndikat behält den beklagt.( Abg. Dr. Arendt niat melancholisch zustimmend.) gebung aufgehört. Solche Aeußerungen sind nicht geeignet, die Stopf oben und erhöht noch die Preise. Der hohe Diskont bedeutet Aber schließlich wird sich das deutsche Bolk auch an andere Münz- Bundesfreudigkeit zu erhöhen.( Sehr richtig! im Zentrum.) ein folossales Anwachsen unserer Zinslaft. Die Wertpapiere haben forten gewöhnen. Das Publikum, namentlich auch die kleinen Leute, An der bewährten Etatsaufstellung halten wir fest troß der ab25 Proz. ihres Wertes verloren. Der geringe Stand der Pfand- die Arbeiter usw. müssen sich nach englischem Vorbild mehr daran sprechenden Kritik der Abgg. Dr. Friedberg und Frhr. v. Zedlig. briefe schädigt aufs schwerste die Landwirtschaft.( Zustimmung gewöhnen, statt in Gold und Silber ihre Löhne usw. wenigstens Wenn ich mich zu der Steuerpolitik im allgemeinen wende, fo rechts.) Traurig sieht es auch auf dem Hypothekenmarkte aus, wo zum Teil, in Papier ausgezahlt zu erhalten. Hoffentlich bemerke ich, daß wir einen Antrag gestellt haben, toonach in höheren durch wieder die Mieten gesteigert werden. Der Anstoß zur gegen findet man bei der angekündigten Enquete über das Bankwesen Maße als bisher die Erziehungslasten bei der Einkommensteuer abwärtigen Arise ist von Amerika ausgegangen. Als Ursache ist Maßregeln, die ciner Wiederkehr cines Bankdiskonts von zugsfähig fein sollen. Der Kohlenteuerung müßte entgegenzum Teil das Vorgehen des Präsidenten Roosevelt gegen 72 Prozent vorbeugen.( Beifall bei den Nationalliberalen.) gewirft werden. Dem ungefunden Wirken der Syndikate, dic Trusts zu betrachten.( 1) Aber das ist nicht allein der Grund für Reichsbankpräsident Havenstein: Man muß sich zunächst über die insbesondere des Kohlensynditats, sollte durch Schaffung eines den Goldbedarf Amerikas ; viel zu wenig beachtet ist unsere un Gründe der Erhöhung des Diskonts flar werden. Ich teile nicht die Aufsichtsrates über die Syndikate entgegengetreten werden. günstige Handelsbilanz beziehen wir doch von Amerika Meinung, daß er in entscheidender Weise bedingt ist durch den Geld- In den Kolonien baut man Bahnen ohne Rücksicht auf die Nenfür 500 Millionen Mark mehr waren als Amerika von uns, ja im umlauf, und ich glaube nicht, daß eine Aenderung der Umlaufsmittel tabilität, aber im Vaterlande wird immer die Rentabilität in den Jahre 1906 betrug unfere Unterbilanz fogar 600 Millionen Mark. genügt, ihn herabzusetzen.( Die weiteren Ausführungen des Redners Vordergrund gestellt.( Bustimmung im Zentrum und links.) Bu beDer hierdurch verursachte Goldabfluß nach Amerika verursacht den werden mit so leifer Stimme gemacht, daß sie auf der Tribüne im grüßen find die in Aussicht genommenen höheren Aufwendungen für hohen Bankdiskont. Durch welche gefeßlichen Maßnahmen tann die Zusammenhange unverständlich bleiben.) das landwirtschaftliche Schulwesen. Die Mahnung zur Sparsamkeit, Wiederkehr solcher Zustände vermieden werden? Blicken Sie zur Abg. Kaempf( frf. Vp.): Die gegenwärtige Krise ist aus Amerika die der Minister aussprach und die er besonders auch an die Kom Beantwortung dieser Frage nach Frankreich , das keine ungünstige zu uns gekommen, dem gepriesenen Lande des Bimetallismus. munen richtete, tvaren uns wohl allen sympathisch. Aber gerade die Handelsbilanz gegen Amerika bat, das aber auch von der jezigen Unser Goldwesen hat sich dem amerikanischen Ansturm gegenüber in Kommunen werden gegen ihren Willen von der Staatsregierung zu Strife nicht berührt ist und einen Diskont von 4 Proz. gehalten geradezu bewundernswerter Weise behauptet.( Sehr richtig! bei den erheblichen Ausgaben veranlaßt, 3. B. auf dem Gebiete des Schulhat, den es jetzt auf 3 Proz. herabgefezt hat. Dort spielt aber Freifinnigen.) Graf Kanig verlangt eine stärkere Ausprägung von und des Krankenwesens.( Sehr richtig! im Bentrum.) Auf dem auch das Silber eine viel bedeutendere Rolle Silbermünzen. Das ist nicht eine Frage der Bankpolitik, sondern Gebiete der Schulaufsicht halten wir die Anfrechterhaltung neben dem Golde als bei uns. Von einem ähnlichen Vorgehen des Verkehrs. Ich habe nichts dagegen, wenn der Verkehr der geistlichen Schulaufsicht(!) für das richtige. Der Ortsfchul unserer Reichsbank fürchtete der Präsident Koch eine Erschütterung mehr Scheidemünzen verlangt, aber das Verkehrsbedürfnis muß inspektor darf in seinen Vollmachten nicht zu fehr eingeschränkt unserer Währung. Hätte der leitende Staatsmann aber vor das Maßgebende sein, nicht etwa der Wunsch, einen werden. Die Schule soll der Kirche nicht untergeordnet set, aber 34 Jahren alle Konsequenzen vorausgesehen, so wären wir nicht Münzgewinn zu machen und dadurch den Finanzen aufzuhelfen. Sirche und Kommune sollen gemeinsam die Schule leiten, dann wird zur reinen Goldwährung übergegangen.( Bu- Das wäre das verkehrteste, was man tun könnte.( Lebhaftes Sehr ein gesundes Geschlecht erzogen werden.( Bustimmung im Zentrum.) stimmung rechts, Widerspruch links.) Auch bei uns sollte die Reichs- richtig! bei den Freifinnigen.) The Sie nicht beim Militär und der Der Abg. Fischbeck hat es am Freitag als erfreulich bezeichnet, bank die Befugnis erhalten, statt die Diskontschraube anzuziehen, Marine erhebliche Ersparnisse machen können, kommen Sie nicht zu daß die Regierung fich überhaupt mit der Reform des Wahlrechts ihre Zahlungen in größerem Umfange als bisher einer vernünftigen Finanzpolitik.( Sehr richtig! links.) Und was beschäftigt. Wenn das so erfreulich ist, so ist der Abg. Fischbeck außer in Silber zu leisten.( Buſtimmung rechts, Widerspruch links.) das allerwichtigste ist: Wir kommen in Deutschland nicht zu einer ordentlich bescheiden geworden.( Seiterkeit.) Kein gleiches Wahlrecht, Anstatt das umlaufende Silber gu bermehren, werden vernünftigen Bank- und Finanzpolitik, toenn Sie nicht die Wirt- teine geheime Stimmabgabe stellt die Regierung in Aussicht. Do
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Kleines feuilleton.
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Eine
fie verbringt ihre Zeit mit Weinen und ruft die Milde ihres Ge- Regie über, wo er sich bald die ersten Sporen verdiente. Dann mahls an, um das Leben dieses Elenden zu retten." Und über die fam er vorübergehend ans Wiener Deutsche Volkstheater. Am HebbelHinrichtung berichtet derfelbe Feudale:" Die Regierung hatte einen Theater schien ihm die erwünschte Stelle zu teil geworden, an der bedeutenden Aufwand an Truppen, fechstausend Mann, für nötig er feine Fähigkeiten entfalten konnte. Nun ist er gestorben, che seine Ein Bombenattentat vor 50 Jahren. Am 14. Januar war ein gehalten, aber die Menge verhielt sich ruhig und die Ordnung wurde Absichten zu Taten wurden. halbes Jahrhundert verflossen, seit der glühende italienische Freiheits - nicht gestört. Die schöne Welt ist von der Würde, der Ergebung, schwärmer und Republikaner Orsini gegen Napoleon III. , in dem der Seelengröße des Mörders Orsini entzückt. Besonders fiel die von dem Münchener Komponisten Adolf Vogl , erzielte bei der Opernchronit. Maja", ein Musikdrama in 2 Aften er einen Feind der italienischen Bestrebungen fah, in Paris das Vornehmheit feiner Gebärde auf, mit der er feine dichten pech- Uraufführung in Stuttgart einen starken Erfolg. Es ist bereits ungeheures Aufiehen erregende Bombenattentat unternahm. Napoleon schwarzen Haare vom Nacken streifte, bevor er sich dem Scharfrichter vor 12 Jahren vollendet worden und hält sich dem Inhalt und der der Kleine kam damals mit dem Schrecken davon, Drsini und einer überlieferte..." feiner Gefährten wurden hingerichtet. Der ehemalige Adjutant von musikalischen Ausführung nach ganz in den Bahnen Wagners. Der Humoristisches. Garibaldi , der schon durch sein mutiges Eintreten für die italienische Erlösungsgedante ist der Grundgehalt des Textes, der die Macht Sache in jungen Jahren fich hervorgetan und durch seine außer Versammlungsfreiheit. Im Pommerschen wurde reiner Menschenliebe verherrlicht. Die eklektische Mufik ist reich an Chrischem Schwunge. ordentlich fühne Flucht aus der Festung Mantua bekannt geworden war, ein Pfarrer von einem Amtsvorsteher in cine Polizeistrafe von malerischer Erfindung und wurde zu einer von allem romantischen Schimmer umkleideten legendären fünf Mark genommen, weil er dem Vereinsgesek zuwider eine jiddische Oper in London . Die Feinmaniche Gesellschaft Persönlichkeit. Gambetta schrieb damals unter dem frischen Eindruck öffentliche Versammlung unter freiem Himmel ohne polizeiliche führt am Bavillon- Theater in London ein jiddisches" Melodrama an feinen Vater: Orsini und seine Gefährten find so stumm wie Genehmigung abgehalten habe. Diese öffentliche Versammlung mit Mufit auf, das begeisterte Aufnahme findet. Der Text bejemand, der von Geburt taubstumm ist. Sie find entschlossen zu bestand in einer Kirchhofsfeier am Totensonntag. Dem strebsamen handelt die Geschichte des jüdischen Nationalhelden Simon Bar sterben, denn es sind keine Verbrecher, wie man sie jeden Tag sieht; Amtsvorsteher winkt für seinen Pflichteifer eine besondere Aus- Kochba, der die Juden bei ihrem heldenhaften Aufstand gegen die Mörder aus politischer Ueberzeugung, von falschen Grundfäßen in zeichnung; man schwankt zwischen dem Kronenorden 4. Klaffe und römischen Unterdrücker, fiebzig Jahre nach der Zerstörung von die Frre geführt, sind sie wahrscheinlich von ihren Stechten durch einem Denkmal im Berliner Tiergarten . Das wird ihn hoffent- Jerufalem, anführte. Der Bösewicht des Stückes ist ein samaritischer drungen; sie halten sich für Brutusse und würden sich wie der lich zu weiteren Taten anspornen, so daß wir aus seinem Bezirk Diamantenhändler Papus , der dasselbe Mädchen tvie Bar Kochha liebt und die Juden an den römischen Fel Sherrn verrät. Der Held Bruder des Harmodius ihre Zunge abbeißen, damit sie sie nicht ver- bald folgende Meldungen lesen werden: rate."... Won Orsini entwirft er folgendes Bild:" Orsini ist ein Der Amtsvorsteher erließ gegen die Erben des sozialdemo- wird gefangen genommen, zerreißt aber seine Stetten und vereinigt noch ganz anderer Mann als Bonaparte; Orsini würde selbst kratischen Stadtverordneten Blutrot einen Strafbefeht, weil ihr sich am Ende mit der Geliebten. Die Berfonen sprechen im jüdischen aus der Hölle entweichen, Bonaparte ist nur aus Ham ent- Erblasser eine öffentliche Versammlung unter freiem Himmel ohne Jargon und nur bei den Höhepunkten der Handlung greift die Musit wichen; wenn man ihn in die Festungstürme von Mantua gefeßt polizeiliche Genehmigung veranlaßt hatte. Die öffentliche Verein, die in einem fentimental weichlichen Stil gehalten und von einem Komponisten namens Goldfaden komponiert ist. Bei der Ersthätte, wäre er, wie ich wetten möchte, noch heute da. Er wäre fammlung war das Begräbnis des Herrn Blutrot. nicht der Mann gewesen, aus einem streng bewachten Kerker zu ent Auch gegen den Gefängnisdirektor Haft von Zellfiz ging der aufführung jubelte das Publikum, das hauptsächlich aus Juden fliehen, mit Hilfe eines zu furzen Strides aus einer Höhe von Amtsvorsteher aus demselben Grunde vor; dieser hatte die sämt- bestand, dem Helden zu und verfluchte den Verräter. Einige be90 Fuß herunterzuspringen und trotz des furchtbaren Sturzes mit lichen Gefangenen seiner Anstalt jeden Mittag zum Spaziergang fonders enthusiasmierte Zuschauer mußten aus dem Theater entfernt gebrochenem Stnie den See von Mantua zu durchschwimmen. Mit im Gefängnishofe versammelt. Vergebens wandte der Gefängnis- werden. Ein Festspiel, bas feinen Beruf verfehlte. solchen Taten verglichen, sind die Taten Latubes nur ein Kinderspiel; borsteher ein, die Versammlung sei keine öffentliche, sondern eine er hat dreißig Jahre gebraucht, um Kerferwände von 20 Fuß zu geschlossene Gesellschaft gewesen. Der Amtsvorsteher entschied, diefe Bur Ginweihung des neuen Weimarer Theaters hatte außer dem durchbohren. Drsini öffnete sich in dreißig Tagen ein dreifach ver- Bersammlungen seien deswegen öffentlich, weil der Zutritt jedem offiziell bestellten Festdichter Richard Voß auch 23 ildenbru gittertes Fenster, das sich zwanzig Fuß unter dem Boden befand, nach Belieben gestattet sei; er brauche nur zu stehlen oder zu be- feiner Lyra hochgespannte Töne entlockt. Aber das Hohelied zu und drang durch ein Gudloch, in das nicht einmal die Sonne hinein- trügen oder zu unterschlagen, was im Belieben jedes Einzelnen Weimar " blieb unaufgeführt, da irgendwo der höfisse Kontaft ver sehen konnte, ins Freie. Wenn man ein Pantheon für Verbrecher stehe. fagte. Wildenbruch ist jetzt unter die Männer mit Bürgerstols ge errichten fönnte, würde ich diesem Manne in aufrichtiger Bewunde- Nur dem Warenhausbesißer Schlauwik, der eines Tages durch gangen und hat seine zum Papierdasein verurteilte Festdichtung der rung einen Votivfranz stiften." eine interessante Schaufensterdekoration eine öffentliche Versamm- Stadt Weimar in Liebe dargebracht. Das schmeckt ja beinahe nach In der Welt, in der die Sensation und die schöne Geste alles lung vor seinem Geschäftslokal veranlagt hatte, gelang es, feine Revolution in der Literatur und ist für deutsche Verhältnisse ja unt ift, wurde Orfini fogar populär. Der Graf Aler. von Hübner, der Freisprechung zu erzielen. Er wies nach, daß es an diesem Tage gefähr eine Tat, freilich eine posthume abgelegte. Sollte Wildenbrud, Samals österreichischer Botschafter in Paris war, gibt folgendes geregnet und daß jeder Mensch vor seinem Lotale einen aufge- der übrigens eben von Wien aus für den Grillparzerpreis in AusStimmungsbild aus der Pariser Gesellschaft:" Frankreich war durch spannten Regenschirm getragen habe. Jeder Teilnehmer habe also ficht genommen ist wegen oder trop feines legten Dramas„ Die das Attentat in eine Art Rausch verfeßt, und diese aufgeregte unter Dach gestanden, so daß die Versammlung nicht unter freiem Rabensteinerin", Karl Augusten und die anderen Begründer der Klassischen deutschen Literatur etwa hinter die beiläufigen Goethe und Stimmung griff auch noch in den Prozeß ein, der Drfini und feinen Simmel stattgefunden habe. Schiller zurückgestellt haben? 11. A. w. g. Helfershelfern gemacht wurde. Jules Favre , der mit flammender Notizen. Rhetorit den Mörder verteidigte, las einen Brief Orsinis an den -Holger Drachmann , der fraftvolle, ungebundene Staiser vor, der seine Motive stolz auseinandersezte und den Satz- Bühnenchronit. Richard Ballentin, der Ober- ba ef bei Stopenhagen Dienstagvormittag gestorben. Der noch ein Bühnenchronit. Richard Vallentin , der Ober- dänische Dichter und Kämpfer, ist in einer Heilanstalt in Hornenthielt:„ Mögen Eure Majestät bedenken, daß die Ruhe Europas regisseur des Hebbel - Theaters, ist in jungen Jahren nach längerem Rede schien an Lebensmut und Frische, ist nun doch nur 62 Jahre und die Eurer Majestät, insolange Italien nicht unabhängig ist, nur Leiden in Berlin einer Lungenentzündung erlegen. Als Schau- alt geworden. Von seinem Leben und Dichten, das auch nach Denischeine Schimäre bleiben wird."" Mittlerweile ist Orsini der Held spieler war er von 1896-1901 am Deutschen Theater und dann am land hinüberspielte, wird noch ausführlicher zu reden fein.
( Jugend".)
des Tages geworden," schreibt Hübner in feinem Tagebuch Leffingtheater tätig. Obwohl seine Kunst des Charakterisierens ihm unterm 28. Februar: Der Kaiferiu ist gänzlich der Kopf verdreht, Erfolge gewährleistete, ging er an Reinhardts Klcinem Theater aur