Laien des Pete»S! Diese Talen aber seien in den beiden Dis- ziplinargerichten festgestellt. Darüber hinaus aber habe der diesmalige Prozeß erwiesen, daß Peters sich die ungeheuer- lichsten Brutalitäten habe zuschulden kommen lassen. Dr. Falk verwieg auf das beispiellos roh« Wort an den Maler Kuhnert: „Wollen Sie nicht noch einen Schwarzen fckiiesicn?"» auf den noch von grauenhafterem Zynismus zeugenden Trinkspruch:„Es lebe der selige Mabrukl", auf die mit ungeheuerlicher Roheit vollzogene AuSpeitschung der Jagodja usw. usw.! Gravierend für den Peters sei auch, daß er zu einer Zeit, wo noch Belastenderes für ihn festgestellt gewesen sei, die Tis- ziplinarurteilung ruhig habe über sich ergehen lassen. Erst nach 15 Jahre», als er Gras über die Geschichte gewachsen wähnte, habe er seine„Rehabilitierung" versucht. Aber Peters sei tot. Und mit ihm die Petersrlique! Denn die Versuche des Herrn Arendt, die Zeugenaussagen des Konsuls Bau mann und deS ehemaligen Leutnants Bronsart v. Schcllcndorff als unglaubwürdig hinzustellen, seien schmählich mißglückt! Scharf und schneidig fertigte dann noch H e r r v. B e n n i g s e n f e l b st den Peters und Herrn Sello ab. Er sei nach wie vor der Ueberzeugung, daß Peters sich der Ehre eines deutschen Beamten durch seine Taten verlustig erklärt habe. Die ungeheuerliche Brutalität der Urteile gegen Mabruk und die Jagodja seien nur dann erklärlich, wenn sexuelle Motive mitgesprochen hätten. Wenn Herr Sello gemeint habe, er, Bennigsen, habe in seinem Vorgehen den Grundsatz nicht bedacht:„dlodlesse adlige", so bestreite er Herrn Sello jede Kompetenz zu solchem Urteil. Und wenn er jemals im Zweifel darüber sein sollte, wozu der Adel verpflichte, so werde er sicherlich nicht Herrn Sello um seinen Rat bitten. Er sehe dem Urteilsspruch mit vollem Gleichmut entgegen. Sollte wirtlich eine Verurteilung erfolgen, so werde er sich mit dem Worte trösten: Lumma jus, summa injuria. (Das hoch st e Recht ist das hoch st e Unrecht.) Das Urteil wird erst am 22. Januar verkündigt werden. Wie «S auch ausfallen mag, der Peters und die Peterssippe ist gerichtet für alle Zeiten, gebrandmarkt! Auch die Aussagen des kommissarisch vernommenen ehemaligen Gouverneurs v. Soden haben den Peters noch mehr belastet. Und nicht nur den Peters, sondern unsere ganze Kolonialverwaltung. die sich von der Petersclique, den Arendt und Konsorten terrorisieren ließ. Herr v. Soden bekundete, daß er vergeblich den Kolonialdirektor K a h s e r zur Einleitung einer Untersuchung veranlaßt habe. Auch E a p r i v i habe ein Einschreiten gegen PeterS abgelehnt. Und das, trotzdem Herr v. Soden Caprivi geschrieben hatte, daß„ein solcher Bursche" wie Peters nicht länger im Kolonialdienst ge- duldet werden könne! Der Petersprozcß entrollte also nicht nur die Schande des Peterö und seiner Hintermänner, sondern auch die Schmach der deutschen Kolonial Politik! Ob nun die Begnadigung des Peterö wieder rückgängig ge- Wacht werden wird? Das ßeichsvminsgeietz vor der Kommiiiion. Die Kommission zur Borbcratung des VereinsgesetzcS trat am Mittwochvormittag unter dem Vorsitz deS nationalliberalen Abg. ch i e b e r zusammen. Ein Antrag unserer Genossen, zunächst in einer Generaldebatte die Grundlagen des Gesetzes zu er- örtern, wurde gegen unsere Stimmen und die der Polen abge- lehnt. Die Einzclberatung begann mit dem tz 1, der da lautet: „Alle Reichsangchörigen Häven das Recht, zu Zwecken, die den Strafgesetzen nicht zuwiderlaufen, Vereine zu bilden und sich zu versammeln." Hierzu liegen eine Reihe Abänderungöanträge vor. Die Sozialdemokraten stellen folgenden Hauptantrag: ß 1: „Zur Veranstaltung und Abhaltung von Versammlungen und zur Bildung von Bereinen dedarf es weder einer Anmeldung bei einer Behörde noch einer Erlaubnis durch eine Behörde. Versammlungen, die auf öffentlichen Straßen oder Märkten statt- finden, sind spätestens 6 Stunden vor ihrem Beginn durch den � Veranstalter oder Einberufer bei der mit der Ordnung des öffentlichen Verkehrs betrauten Ortsbchördc anzuzeigen. Alle den vorstehenden Bestimmungen widersprechenden Gesetze und Aorordnungen, einschließlich derer, welch« die Verabredung und Vereinbarung zum Zweck der Erlangung günstiger Lohn- und Beschäftigungsbedingungen hindern, untersagen oder unter Straf« stellen, sind aufgehoben." Eventualantrag:§ 2: „Vereine und Versammlungen aller Art sind nur den Bc° schränkungcn der RcichSzesetze unterworfen. Die geltenden landesrechtlichen Gesetze über Vereine und Versammlungen sind aufgehoben; neue dürfen nicht erlassen werden. Anordnungen von Verwaltungsbehörden aller Art, wodurch die Abhaltung von Versammlungen und Vereinszusammenkünften allgemein oder in einzelnen Fällen verhindert oder beschränkt wird, sind nur nach Maßgabe des RcichSrechts zulässig. Den Vereinen und Ver- sammlungen stehen gleich belehrende oder religiöse Vorträge, sowie Vereinigungen und Zusammenkünste zum Zwecke körper- licher Ausbildung." Die Fr e i s i n n i g e n beantragen, dem Z 1 folgende Fassung ZA geben: „Die Vereins- und Versammlungsfreiheit unterliegt nur den- jcnigen Einschränkungen, welche durch dieses Gesetz vorgeschrieben und zugelassen find. Bereine und Versammlungen, deren Zweck dem Strafgesetzbuch zuwiderläuft, sind verboten." Das Zentrum empfiehlt folgende Fassung: „Jedermann hat das Recht, zu Zwecken, die den Strafgesetzen nicht zuwiderlaufen, in Gemeinschaft mit anderen Vereine zu bilden und sich zu versammeln." Die Konservativen schließlich beantragen, jungen Leuten erst vom 20. Jahre an das Vereins- und Versammlungsrecht zu gewähren und die grauen vou den Wählerversammlungen auS- zuschließen. Zur Begründung der sozialdemokratischen Anträge sagte Genosse Seine: Der erste Antrag stelle den grundsätzlichen Standpunkt der Sozialdemokratie dar, die jede Beschränkung des Vereins- und Versammlungsrechtes verwerfe. Da aber anzunehmen sei, daß die Kommission diesen Standpunkt nicht teilen werde, sei der zweite Antrag eingebracht, um das Reichsvereinsgefctz zu verbessern. Die Ausländer müßten den Inländern gleichgestellt fein, wie sie es freilich nur der richtigen Ansicht nach, nicht in der Praxis, in Preußen bereits wären. Eine gesetzliche Bestimmung, die die Polizeiwillkür ausschlösse, wäre deshalb nötig. Nach den Motiven gum Reichsvcreinsgesetz sollten die allgemeinen Polizeibcfugnisse rruch Vereinen� und Versammlungen gegenüber gelten. Dadurch würden die Präventivverbote von Versammlungen, Ivo sie jetzt gelten, zum großen Teil aufrecht erhalten, z. B. in Sachsen-Weimar . In anderen Staaten, z. B. in Preußen, wo«s bisher keine Präventiv- Verbote gäbe, wäre zu befürchten, daß sie nunmehr als zulässig an- gesehen würden. Ueberhaupt wären die hauptsächlichsten Schikanen gegen das VereinSrecht nicht mit Hülfe der Vereinsgesetze, sondern auf Grund dieser allgemeinen polizeilichen Machtmittel der Gesund- heits-, Bau- und Gewerbepolizei ausgeübt worden. Heine forderte bann die Hineinbeziehung des Koalitionsrechtes in das Vereins- recht, das nur ein Fall spezieller Anwendung deS Vereins- und Versammlungsrechtes wäre, und verlangte freies Koalitionsrccht für die Land- und Staatsarbeiter. Wenn staatliche Behörden ihren Beamten und Arbeitern durch Dienstvertrag das Vereins- und Versammlungsrecht beschnitten und raubten, so oerstoße das ebenso gegen die guten Sitten, und müsse ebenso unmöglich gemacht werden als wenn private Unternehmer ihren Arbeitern durch den Arbeits- vertrag die Ausübung des Vereins- und Versammlungsrechtes unter- sagten. Unser Redner öckämpfte die rückschrittlichen konservativen Anträge aus Einschränkung des Versammlungsrechts der Jugend- lichcu und der Frauen und forderte schließlich einen geordneten Rechtsweg gegen alle behördlichen Verfolgungen. Gegen die konservativen Anträge wendete sich auch der Abg. Dt. Müller-Meininge», der die freisinnige Fassung de»§ 1 teidigte, und der Abg. Trimborn, der den Zcntrumsanirag vertrat. Trimborn erklärte, daß auch der Teil seiner Fraktion, der bisher in der Frage des Vereins- und Versammlungsrechtes der Frauen anderer Ansicht gewesen sei, seine Bedenken nunmehr aufgegeben habe.>. Der konservative Abg. Dietrich suchte den Antrag seiner Fraktion damit zu verteidigen, daß er auf den wachsenden Einfluß unserer Partei auf die Jugend hinwies. Diese systematische Einführung der Jugend in die sozialdemokratische Gedankenwelt soll durch die Polizeifaust verhindert werden. Der Antrag sei so bedeutungsvoll, daß die Konservativen es sich noch überlegen müßten, ob sie für das ganze Gesetz stimmen könnten, wen» dieser ihr Vorschlag ab- gelehnt würde. ES sei geradezu ein Unfug, den Jugendlichen das Vereins- und Versammlungsrecht unbeschränkt zu Überlassem Der Antrag seiner Partei, das Versammlungsrecht der Fraueij einzuschränken, fei der Hochachtung vor der deutschen Frau entsprungen, die den Roheiten des Wahlkampfes cnt- rückt werden müsse. Dürften die Frauen in die Wählerversamm- lungcn hinein, so sei das der erste bedenkliche Schritt auf dem Wege zur Verleihung des allgemeinen Stimmrechts an die Frauen. Der konservative Vorschlag fand aber keine besonders warme Unterstützung. Selbst der Reichsparteiler Fürst Hatzfeld wollte eine Beschränkung des Vereins- und Versammlungs- rechts der Jugendlichen nur bis zum 18. Jahre gelten lassen und der Natioualliberale Junck war gleichfalls hoch- stcns mit der Beschränkung auf 18 Jahre einverstanden, während er die Einschränkung des Versammlungsrechtes der Frauen grund- sätzlich ablehnte. Im übrigen sagte er höchst nationalliberal: Wir haben uns enthalten, Anträge zu stellen, da noch keine RegierunAs- crklärungcn vorliegen, die uns in die Lage setzen werden. Anträge zu formulieren. Natürlich war Herr Junck durchaus der Ansicht, daß die Disziplinargewalt der Behörden gegen die Beamten nicht durch das Vereinsgesetz beeinträchtigt werden dürfe. Die von den Nationalliberalen so sehnlichst erwartete Erklärung der Regierung gab Staatssekretär v. Bcthmann-Hollweg ab. Er meinte, nur der Rcichsinländer könne aus dem§ 1 Rechte für sich beanspruchen. Tie Bestimmungen des Frcmdenrechtes würden da- durch juristisch nicht berührt. In keinem Staate der Welt sei den Ausländern das Recht auf Vereins- und Versammlungsfreiheit garantiert. Das Reichsvereinsgesetz werde unbedingt alle schilanösen Anwendungen der Landesgesetze ausschalten. Das Disziplinarrecht der Behörden, das Recht von Unternehmern, Privatverträge abzu- schließen und die Gewalt des Vaters über daS Kind könne in diesem Gesetze nicht geregelt werden. Er müsse Verwahrung gegen die Bemerkung deS Abg. Heine einlegen, daß die Verträge der Behörden mit ihren Beamten, die das Vereins- und Versammlungs- recht einschränken, gegen die guten Sitten Verstößen. Nach Ver- abschiedung des Gesetzes würde der jetzige Rechtszustand in Preußen bestehen bleiben, wie er nach den Erkenntnissen des Oberverwaltungs- gcrichts festgelegt sei. Die Absicht des neuen VereinsgesetzeL sei nicht, der Polizei Hintertüren zu öffnen; wenn es nach seiner An- ficht ginge, würden alle Schikanen unterbleiben. Auf der anderen Seite dürfe man aber auch die Staatsgewalt nicht gegen jeden Verein und jede Versammlung lahmlegen wollen. Baupolizeiliche Beschränkungen würden immer notwendig bleiben. Die Polizei niüsse doch das Recht haben, einzuschreiten, wenn z. B. eine Ver- 'ammlung auf einem zugefrorenen Teiche abgehalten werden solle. DaS Koalitionsrecht solle nicht mit dem Vereins» und Versamm- lungsrecht verknüpft werden, sonst würden dem Vereinsgesetz nur unnötig weitere Schwierigkeiten bereitet» Dem Vereins- und Versammlungsrecht der ländlichen Arbeiter solle keinerlei reichö- gesetzliche Beschränkung in den Weg gelegt werden, nur die landes- gesetzlichen Bestimmungen, die Verbote enthielten, müßten aufrecht erhalten bleiben. Der Schlußsatz des sozialdemokratischen Evcntual- antrags sei von viel zu großer Tragweite, er würde die voll- ständige Lchrfreiheit bringen, da nach seinem Wortlaut auch die Schulen unter das Gesetz fallen müßten. Eine Rede des konservativen Abg. Kreth bildet den Schluß der heutigen Kommissionsverhandlung. In seiner bekannten Manier rühmte Herr Kreth seiner Fraktion nach, daß sie bei ihren An- trägen eine Mäßigung und ein Entgegenkommen bewiese» hätte. das ihre Wähler kaum verstehen würden. Wenn man das Vereins- und Versammlungsrecht regeln wolle, müßte man die Großstadt- drille ablegen. Die Jugendlichen sollten wenigstens nicht vor dem 20. Jahre mit Gesinnungen infiziert werden dürfen, die sie u> Rekruten untauglich machten, und— die eigentliche U r- ache der Soldatenmißhandlungen(!) wären. Auch ie Ausschließung der Frauen aus der Wahlversammlung sei schon aushygic nischen Gründen nötig. Der Bauer wolle nicht. daß seine Frau mit dem Säugling auf dem Arm sich in den ver- räucherten Lokalen an der Gesundheit schädige, wenn er zu ernsten politischen Beratungen zusammentrete. Morgen Fortsetzung. Die OMzimgehAter vor der Budget- Kommission. (Sitzung vom 16. Januar.) Die Beratung wird bei Kapitel 19(Höhere Truppen- befehlöhaber) fortgesetzt. An Gehältern für 135 höhere Offiziere im Range von Generalen werden 3 421 593 M., 20 658 M. mehr als im Vorjahre, erfordert. In der allgemeinen Besprechung über diese Position werden die Zeitungsnachrichten über eine kommende Artillrrievorlage zur Sprache gebracht. Der Krieasminister v. Einem bespricht ein- gehend die artilleristischen Einrichtungen des HeereS und versichert, daß Aenderungen nicht geplant und an eine neue Artillerie- Vorlage nicht zu denken sei. Für Dienstwohnungen werden sehr große Aufwendungen ge- macht, insbesondere für die Dienstwohnung deS Bouver- neurS von Berlin , die allein 10 000 M. Unterhaltungskosten, zusammen 34 000 M.. erfordert! Gegen diese hohen Ausgaben wenden sich der Referent sowie andere Redner. S ü d e k u m kritisiert sehr energisch die Ausgabe für die Wohnung des Berliner Gouver- neurS. N o S k e schließt sich dem an. Der KriegSminister und andere RegicrungSvertreter suche» diese großen Ausgaben zu rechtfertigen. Der KriegSiniuister beklagt sich über starke Preistreiberei der Hausbesitzer, wenn die Militärverwaltung mieten will I N o S k e nagelt diesen„Patriotismus" der besitzenden Klasse fest. DaS Zentrum hat zu Kapitel 19 folgenden Antrag ge- stellt: Titel 1 einzufügen: 2 Armeeinspektoren je 30000 M. Gehalt und je 8 Rationen. Die Armeeinspektoren empfangen an Stelle der ihnen zustehenden, aber nicht vorhandenen„freien Dienst- Wohnung mit GerätcauSstattung und FeucrungSinaterial" Geld- eutschädigungen für Rechnung deS Kapitels 27 Titel 14..... Der Antrag bezweckt, die, mit dem Budgetrecht auf recht ge- spanntem Fuße stehende Einrichtung deS AggregtertenfondS. mit dem ganz willkürlich geschaltet werden kann, zu beseitigen und die Be- dürsiiisse deS AggregiertenfondS zu etatisieren. Ueber den Antra., wird noch bei Kapitel 21 verhandelt. Die Anforderung des Kapitel 19 wird g e n e h n, i g r. Bei Kapitel 20, Gouvemeue, Kommandanten, Platzmajore, fragt Svdekum an, ob man nicht die Kommandanturen von G log au und König stein in Sachsen einziehen wolle; in Königstein genügt ein Feldwebel als Kommandant. Wenn endlich Ersparnisse gemacht werden sollen, so ist da» die beste Ge- legenheit dazu. Der KriegSiniuister lehnt für Glogau eine Aende- rung ab, über Königstein will er keine AuSlunft geben und die sächsischen Vertreter schweigen. Die Anforderung wird genehnrigt. Beim nächsten Kapitel, bei dem das Gehalt deS EhefS deS Militärkabinetts verrechnet ist, kündigt S ü d e k u ni an, daß er im Plenum die Stellung des Aiilitärlabinetts besprechen werde: Der Kriegsministcr ist meist nur formal verantwortlich. das Schwergewicht liegb im Mililärlabinett.— Der Kriegs- m i ii i st e r verzichtet mit Rücksicht auf die angelündigte Erörterung jetzt auf eine Antwort. Titel ö des Kapitel 21 betrifft den sogenannten Aggregierten- fonds. ES werden angefordert für 200 Offiziere vom Leutnant bis zum Generalseldmarschall 489 237 M. Diese Summe untersteht keiner speziellen Kontrolle, sie kann beliebig verwendet werden? In den Erläuterungen zu der Position ist indessen an- gegeben, daß u. a. 60 000 M. für zwei Generalfeldmarschälle ausgegeben werden sollen! Gegen diese Absicht wenden sich zwei Zentrumsanträge. Der Referent v. E l e r n will den Fonds un- beschnitten erhalten, nur so viel gibt er zu, daß die Ärmeeinspektorcu nicht aus dem Fonds bezahlt werden sollen. Im übrigen müsse die Militärverwaltung Geld zur Verfügung haben, um alte verdiente Militärs, wie Blumeuthal, Mottle, Waldersee usw. als General - feldmarschälle bezw. Armeeinspekteure zu halten. Erzberger begründet die Zentrumsamräge sehr eingehend und führt Zahlen dafür ins Feld, daß eine Herabsetzung des Fonds auf 252 000 M. sehr wohl möglich ist. Der K r i e g S m i n i st e r spricht sich zunächst zu der Frage der Armeeinipektioii auS: Die Stellen niüsse man haben; er habe auch gegen EtatisierUng nichts, nur könne er nicht einsehen, warum dann die Fürstlichkeiten, die heute in den anderen Stellen sind— es bestehen 6 In- spektionen— kein Gehalt beziehen sollen. Auch der Erbprinz von Meiningen habe als kommandierender General Gehalt bezogen. Im übrigen wendet sich der Kriegsminister gegen die Beschneidung des AggregiertenfondS. Erzberger erkannte an, daß der Kriegsminister etwas Ordnung in den Fonds gebracht hat, aber die Zahl von 120 Osfizieren muffe ausreichen, da früher ja nur 94 gewährt werden sollten, obwohl diese Zahl allerdings stets überschritten wurde. Der Kriegsmini st er will sich über die Zahl der Offiziere nicht streiten, die Hauptsache sei daS Geld, die Summe dürfe nicht herabgesetzt werden 1 Es gilt mit diesem Fonds auch, die Verschiedenheiten in den Avancementsverhältnissen auszugleichen. Gröber will mehr Material zum Nachweise der Notwendigkeit dieser Forderung haben, v. Einem verweist auf die außerordentlich schlechten Avancementsverhältnissc. Man könne doch nicht so und so viele Offiziere verabschieden, um Platz zu schaffen? Referent v. E l e r n will für die beide» Armeeinspekteure 80 000 M. nach Kapitel 10 nehmen und schlägt vor, die Entscheidung auszusetzen, bis aus Grund einer besonderen Vor- läge der Fonds genau festgestellt werden kann. Graf O r i o l a will die volle Summe bewilligen; der Fonds sei stüher zu Unrecht für die— 13. Hauptleute benutzt worden, jetzt, da dieselben auf den Etat übernommen worden sind, müsse er in der alten Höhe seinem ursprünglichen Zweck zugeführt werden. Gröber will nur zulassen, daß ausnahmsweise Härten in der GehaltSstage durch den Fonds ausgeglichen werden, nicht aber, daß er zu einer Einrichtung für Verbesserung des AvaneementS wird. N o S k e sieht in dem Fonds ein Mittel, eine ganze Mengt Osfiziersstellen zu schaffen, welche im Etat nicht vorhanden sind. ES sei auffällig, daß im Etat die Offiziersstellen gegen das Vorjahr um 400 zugenommen haben, während die Mannschastsziffcr nur uni 1000 gestiegen seil Die Sozialdemokraten würden für den Zentrumsantrag stimmen. Liebermann er- sucht um probeweise Bewilligung. Schräder will die Probe von unten her machen, das heißt: die kleinen Summen be- willigen, um sie später etwas zu erhöhen. Die Abstimmung ergibt Annahme der Zentrums- antrage. Der Ueberführung der Armeeinspekteure sowie einigen kleinen Aenderungen stimmte der Kriegsminister zu. Die ent- scheidende Abstimmung über die Herabsetzung der Sumine auf 252 000 M. ergab Annahme mit 13 gegen 11 Stimmen. DerBlockwar gespalten: Schrader.GyßliiiguiidSchweickhardt stimmten für Herabsetzung, während der Freisinnige Eickhoff treu zu den Konservativen und Nationalliberalen hielt. Entsprechend diesem Beschlüsse werden auch die AggregiertenfondS für Württeni- berg und Sachsen gekürzt. Die Kapitel 22 und 23. Generalstab und Ingenieur« und Pionierosfiziere werden ohne erhebliche Debatte genehmigt. Die Kapitel erfordern zusammen ß1� Millionen Mark. Erzberger wendet sich dabei gegen die zahlreichen Abkommandierungen. Am Donnerstag wird die Beratung mit Kapitel 24, Natural- verpfleguug der Truppen, fortgesetzt. Die erite Session der dritten Duma. Aus Petersburg wird uns geschrieben: Die„arbeitsfähige" Duma hat sich beeilt, Ferien zu machen: sie vertagte sich auf 24 Tage, bjs zum 8.(21.) Januar. Schon lange litt sie unter großer Müdigkeit. Die Mehrheitsabgeordnetcn blieben den ÄommissionSsitzungen fern, so daß in der Woche vor der Vertagung keine Kommission mehr zusammenzubekommcn war, weshalb selbst die dringendsten Sachen, wie die Geschäftsordnung, nicht erledigt werden konnten! Tie Unfähigkeit der meisten Abgeordneten der Mchrheits- Parteien, sich an den gesetzgeberischen Arbeiten zu beteiligen, haben wir schon bei früheren Gelegenheiten mit krassen Beispielen be- legt. Viele Abgeordnete blieben den Kommissionssitzungen fern, weil sie sich schämten, dort ihre Unwissenheit zu zeigen! Wagte sich aber einer von ihnen an die Berichterstattung über Kommissions- beschlüsse oder dergleichen, dann endete das meist mit einer Blamage für den Betreffenden. Der einzige wesentlichere Duma- Beschluß, aus Staatsmitteln für die Unterstützung der hungernden Bevölkerung 16 Millionen Rubel zu bewilligen, ist juridisch so schlecht geraten, daß die RcichSrats- Kommission jetzt in der offiziösen Presse über ihn spottet! Wie wird es erst werden, wenn die Kommissionen schwierigere Materien erhalten? Die anderen Beschlüsse der Duma in der ersten Session bc- wegen sich um äußerst kleine Dinge. Tie Generalgouvcrneure von AkmolinSk und Scmipalatinsk wurden auf Antrag der Regierung zu Gouverneuren gemacht, cS wurde die Verwaltung der Aus- erstehungSkirche in Petersburg geregelt, die Zahl der Geschworenen in Moskau und Petersburg vergrößert, einige kleine Steuer- änderungen vorgenommen. Das ist alles, was die„arbeitsfähige" Duma in den anderthalb Monaten erledigen konnte I Allen diesen kleinen Sächelchen liegen Vorlagen der Regierung zugrunde, die „Gesetze" dieser Art. nicht mehr und nicht weniger als 375 ein- gebracht hat. Tie„Volksvertreter" der dritten Duma werden also gut noch fünf Jahre bei solchen Dingen sitzen können, ohne daß daS Land auch nur einen Schritt weiter kommt.... Tie Re- gierung kennt aber ihre Pappenheimer; sie weiß, daß diese Tumo nichts anderes will! Außer mit den kleinen Verwaltungssachen beschäftigte sich die Duma sehr viel mit der Wahl von Kommissionen, deren es bereits 41 gibt. Ferner nahm die Duma die Antwortadrcsse an und schloß den Abgeordneten Roditschew für 16 Sitzungen aus! Im ganzen beanspruchte diese„Tätigkeit" in den anderhalb Monaten 607 Reden, die sich auf 17 Sitzungen verteilen! AuS den A b st i m m u n g e n ist zu ersehen, daß das so» genannte„Zentrum" noch ziemlich schwankender Natur ist; eS festigt sich aber, wie dies das Kartell zwischen der Mehrheit deö Reichsrates und dem„Zentrum" der Duma, das in den letzten Tagen vor dem Sessionsschluß perfekt wurde, zeigt. In diesem Block vereinigt sich die Burcaukratie, das Junkertum und die
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten