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Nr. 16. 25. Jahrgang.

3. Beilage des Vorwärts " Berliner Volksblatt.

Partei- Angelegenheiten.

Dritter Wahlkreis. Am Sonnabend, den 25. Januar, findet das 17. Stiftungsfest im Gewerkschaftshaus, Engel- Ufer 15, statt. Das Programm desselben ist in jeder Beziehung ein gutes au nennen und können wir den Besuch des Festes nur empfehlen. Der Vorstand.

Nieber- Barnim.

Am Dienstag, den 21. Januar, abends 8% Uhr, findet im Prälaten", Lehderstr. 122, eine öffentliche Versammlung der sozial­demokratischen Frauen des Kreises Nieder- Barnim statt. Tages ordnung: 1. Vortrag der Genossin Emma Jhrer. 2. Diskussion. 3. Bericht und Neuwahl der Kreisvertrauensperson. 4. Bericht und Neuwahl der Vertrauensperson für Weißensee. Es wird den Genossinnen eines jeden Ortes zur Pflicht ge­macht in dieser Versammlung zu erscheinen, sowie rege für dieselbe zu agitieren. Frau Neumann, Kreisvertrauensperson.

Zehlendorf . Am Dienstag, den 21. d. M., abends 8 Uhr, findet im Lokal von Benno Midley, Potsdamer Straße 25, die General­bersammlung des Wahlvereins statt. Auf der Tagesordnung steht: Bericht des Vorstandes, Neuwahl des Vorstandes, die Gemeinde­wahlen und Verschiedenes. Eintritt nur gegen Vorzeigung des Mitgliedsbuches. In Anbetracht der wichtigen Tagesordnung wird erwartet, daß alle Mitglieder erscheinen.

Adlershof . Am Dienstag, den 21. Januar, abends 8% Uhr, findet im Lokal von Kaul, Bismardstraße 16, die Generalversamm, lung des Wahlvereins statt. Bollzähliges Erscheinen der Genossen ist dringend notwendig. Der Vorstand.

Boffen. Am heutigen Sonntag, bormittags Uhr, findet bon dem Lokal Schimke, Baruther Straße, eine Flugblattverbreitung statt. Des weiteren werden die Genossen darauf aufmerksam gemacht, daß am selben Tage, bon nachmittags Uhr ab, bei Fiedler, Dabendorf, ein vom Gewerkschaftskartell arrangierter humoristischer Abend stattfindet. Hierzu werden die Genossen zu zahlreicher Beteiligung aufgefordert.

Die Generalversammlung ist auf Mittwoch, den 22. d. M. fest gesett, wozu das Erscheinen aller Genossen dringend erforderlich ist. Der Vorstand.

Teltow . Am Dienstag, den 21. d. M., abends 8 Uhr, findet im Lokale des Gen. W. Bonow, Zehlendorfer Straße 4, die Ge­neralversammlung des Wahlvereins statt. Tagesordnung: Bericht des Vorstandes und Neuwahl desselben, Parteiangelegenheiten und Verschiedenes. Das Erscheinen aller Genossen ist dringend noi, Der Vorstand.

wendig.

Reinidendorf- Oft. Am Dienstag, den 21. Januar, abends 8% Uhr, findet bei Schaller, Provinzstraße 69, die Generalver­sammlung des Wahlvereins statt. Es ist Pflicht der Genossen, boll­zählig zu erscheinen. Der Vorstand.

Tegel . Dienstag, 21. Januar, abends Uhr, findet beim Genossen Götz, Schloßstraße 7/8, die Mitgliederversammlung des Wahlvereins statt. Tagesordnung: Vortrag über Kommunalpolitik und Arbeiter, Referent Stadtv. Oswald Grauer; Aufstellung von zwei Kandidaten aur Gemeindewahl und verschiedene wichtige Puntte. Mitgliedsbuch legitimiert. Die Mitglieder werden ge­beten, zahlreich zu erscheinen. Der Vorstand.

Berliner Nachrichten.

In der Junkerbastille.

Breit und massig liegt sie vor uns, die zurzeit den Mittel­punkt des politischen Interesses bildet. Durch ein Labyrinth von Gängen und Treppen winden wir uns unter Anstrengung unserer ganzen Orientierungsgabe bis hinauf an die geheimnis­volle Pforte, die ins Allerheiligste führt. Wir stehen auf der Tribüne und blicken hinab in den Kreis, wo die würdigen Boltsvertreter sind, in deren Händen die Geschicke des preußischen Boltes ruhen.

Leider sind es ihrer gar so wenig und die paar, die in Gruppen gemächlich herumstehen, scheinen sich seit Jahren nicht gesehen zu haben, so eifrig sind sie in ihre Privatgespräche bersunken.

Zum großen Teil wenden sie dem Redner die Kehrseite zu, während dieser im Schweiße seines Angesichts eine Rede schließt, von der man nicht weiß, ob sie in der deutschen oder portugiesischen Sprache gehalten wird, da wir kein Wort da­von verstehen, obgleich wir die Hände als Schalltrichter be­nuzen. Zwei oder drei Abgeordnete haben sich vor dem Redner pult aufgepflanzt und heften ihre Augen unverwandt auf die Lippen des Sprechers. Ab und zu klingt ein vereinzeltes ,, Sehr richtig!" aus dem Stimmengewirr hervor, und wenn es zu laut wird, mahnt der Präsident v. Kröcher durch ein sanftes Anschlagen der Glocke zur Ruhe.

Sonntag, 19. Januar 1908.

Altar, Liebe, Monarchie" usw. Auch die Sozialdemokratie Vorgang Kapital schlägt. Echt englisch, trop aller früheren wurde oft erwähnt. Wo Argumente versagten oder verfehlten, Deutschenfresserei! Vielleicht schickt man als Ersaz eine der wurde sie als Wauwau" vorgeführt, und jedenfalls mit Berliner städtischen Ehrenjungfrauen, die wir ja massenhaft Erfolg. auf Lager haben, nach der Themse hinüber.

Die Wahlen der Gehülfenbeisiger zum Kaufmanns­gericht Berlin

dem stolzen Gefühl, wieder einmal an dem Wohl des Nach der Abstimmung treten die Volksvertreter" mit Boltes" gearbeitet zu haben, den Heimweg an. Aber nicht die Stimme des Volkes hat sie in das Parlament berufen, sondern die Allmacht des Geldfaces. Taufende und Abertausende find finden am Sonntag, den 9. Februar 1908 von 10 Uhr bor entrechtet und feufzen unter diesem schändlichen und verruchten mittags bis 3 Uhr nachmittags statt. System. Wahlberechtigt ist jeder Handlungsgehülfe, der bis zum Aber die Wellen der Volksbewegung steigen höher und 9. Februar 1908 das 25. Lebensjahr vollendet hat und in höher und unterwühlen die progige Willfürherrschaft der Berlin beschäftigt ist. feudalen Sippe, die Flut zerschmettert das morsche Fundament Eine Wählerliste wird nicht aufgestellt. Dagegen gibt der Junkerfeste und die Stunde kommt, wo ein frischer, der Magistrat Wahllegitimationen heraus, auf denen vom fräftiger Sturmwind durch die faulige, stickige Atmosphäre des Chef oder von der Polizeibehörde zu bescheinigen ist, daß der preußischen Dreiflassenparlaments braust! Gehülfe in Berlin tätig ist.

Die Gewerbe- Deputation des Magistrats hat, wie wir seinerzeit berichteten, im Juni vorigen Jahres be­schlossen, bei den Kleinhändlern Erhebungen darüber anzustellen, ob diese mit einer Beschränkung der Verkaufszeit an Sonn- und Feiertagen auf die Stunden bis 10 Uhr vormittags unter Fort­fall der Stunden von 12 bis 2 Uhr nachmittags einverstanden sind. Der Zweck dieser beabsichtigten Neuordnung durch event. Erlaz eines Ortsstatuts ist also der, sowohl den Kleinhändlern selbst, wie auch deren Angestellten einen arbeitsfreien Sonntagnachmittag zu berschaffen, zu dessen freiwilliger Einführung die Geschäftsinhaber durch die blinde Konkurrenzwut bisher leider abgehalten wurden. Zur weiteren Vorberatung dieser Angelegenheit hatte die Ge­werbedeputation eine Subfommission aus 9 Mitgliedern eingesetzt. Diese Kommission hat nach den Sommerferien zwei Sitzungen ab­gehalten und beschlossen, den betr. Geschäftsinhabern Fragebogen. zuzustellen, um festzustellen, wie sich dieselben der beabsichtigten Neuregelung gegenüberstellen. Inzwischen hat auch der Magistrat seine Zustimmung zu dieser Enquete gegeben und beschlossen, bei der Stadtverordnetenversammlung die Bewilligung der Kosten. welche die Beschaffung und Verteilung bezw. Wiedereinziehung der Fragebogen verursachen, zu beantragen.

In der am Mittwoch, den 15. Januar, abgehaltenen Sißung der Gewerbedeputation erstattete die Subkommission Bericht über den Stand der Angelegenheit und beantragte die Zustimmung der Deputation zu den Beschlüssen der Kommission.

Herr Stadtrat Dr. Weigert beantragte vergeblich, eine Ver­tagung der Angelegenheit herbeizuführen. Er begründete dies das mit, daß, wie inzwischen bekannt geworden, die Reichsregierung geneigt fcheine, eine reichsgesehliche Neuregelung der Sonn­tagsruhe im Handelsgewerbe herbeizuführen. Es sei bereits ein Entwurf ausgearbeitet und den einzelnen Landesregierungen zur Begutachtung zugestellt worden.

Die Gewerbedeputation war jedoch der Ansicht, daß man auf die jedenfalls lange Zeit erfordernden Vorarbeiten der berbündeten Negierungen nicht warten solle und beschloß einstimmig gegen die Stimme des Herrn Stadtrat Dr. Weigert, die Subkommission mit der Ausarbeitung der Fragebogen zu betrauen und die Enquete taldmöglichst zu veranlassen.

Der§ 139c der Geiverbeordnung, durch den der Neunuhr­Ladenschluß in den offenen Verkaufsstellen eingeführt wurde, ent­hält die Ausnahmebestimmung, daß an höchstens 40 Tagen, die von der Ortspolizeibehörde zu bestimmen sind, der Ladenschluß erst um 10 Uhr abends zu erfolgen braucht. In Berlin hat das Polizei­präsidium die Zahl der Ausnahmetage, an denen die Läden bis 10 Uhr geöffnet sein dürfen, auf 15 festgesetzt.

Die Gewerbedeputation hat sich wiederholt dem Polizeipräsi­bium gegenüber gutachtlich dahin geäußert, daß es genügen würde, jährlich nur zehn Ausnahmetage zuzulassen. Die Aeltesten der Kaufmannschaft und die Korporation der Kaufleute haben sich gegen diese gutachtliche Aeußerung der Gewerbebeputation erklärt und gefordert, daß nach wie vor 15 Ausnahmetage zugelassen werden sollen. Unter diesen Umständen hat sich der Polizeipräsident abermals an die Gewerbedeputation gewandt mit dem Ersuchen um noch malige Beschlußfassung darüber, ob die Deputation ihren Vor­schlag, die Bahl der Ausnahmetage mit Zehnuhr- Ladenschluß von 15 auf 10 im Jahre herabzusehen, aufrecht erhält. Es wurde beschlossen, dem Polizeipräsidium mitzuteilen, daß die Gewerbe­beputation sich nicht veranlaßt sehe, ihre früheren Beschlüsse auf­zuheben. Sie erachte troß der erhobenen Widersprüche der ge­nannten taufmännischen Organisationen 10 Ausnahmetage für

ausreichend.

Um der in einzelnen Industriezweigen üppig ins Kraut schießenden Lehrlingszüchterei, mit der sich die Gewerbebeputation wiederholt beschäftigt hatte, wirksamer entgegenstreten zu fönnen, beschloß die Deputation, sich mit der Gewerbeinspektion in Ver­bindung zu sehen.

Gegen die hiesige Fleischer- Innung, deren elende Arbeits. nachweis- und Herbergsverhältnisse die Gewerbedeputation wieder holt beschäftigten und zu ernsten Rügen veranlaßten, hat ein Mit glied dieser Innung Beschwerde geführt, weil aus den Mitteln der Innung 500 M. für ein Fenster der neuerbauten Lazaruskirche be­willigt und verausgabt worden sind. Die Mehrheit der Deputation beschloß, der Beschwerde keine Folge zu leisten, obwohl von mehreren Rednern darauf hingewiesen wurde, daß die Stiftung eines Kirchen fensters nicht zu den Aufgaben der Innung gehöre.

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Weiter rechts figen die Minister, wirkliche Minister, und wir erschauern ehrfurchtsvoll bei dem Gedanken, eine und die Zum Schluffe verhandelte die Gewerbedeputation noch über selbe Luft mit ihnen zu atmen. Schüchtern und in heiliger eine Beschwerde des Gesellenausschusses der Schmiede- Jnnung über Scheu heben wir unsere profanen Blicke von diesen Gewaltigen, die Zustände im Arbeitsnachweis diefer Janung. Es wird in der die so fest, so gewichtig bis ins Innerste von ihrer Würde Beschwerde gerügt: 1. daß die Arbeitsvermittelung durch den Her­durchdrungen dasigen und die doch ein schwacher ungünstiger bergswirt erfolgt; 2. daß nicht bestimmte Stunden für die Arbeits­Windhauch vom Schloßplay her plöglich hinwegblasen tann. bermittelung festgesetzt sind; 3. daß auch Nichtinnungsmitglieder Das beste hatten wir leider versäumt. Fürst Bülow hatte den Arbeitsnachweis benußen. Diese Beschwerde wurde für be­schon vorher gesprochen, und als wir kamen, war der zitaten- rechtigt erachtet und soll der Innung aufgegeben werden, Wandel zu schaffen. Ein Antrag des Vorstandes der Schmiede- Innung reiche Mund schon verstummt. Wir bedauern dies umsomehr, auf Ergänzung der verweigerten Zustimmung des Gesellen­als es fraglich erscheint, ob wir jemals wieder zu diesem ausschusses zur Arbeitsausgabeordnung wurde durch vorgenannten Genuß tommen werden, da laut einem zirkulierenden Beschluß für erledigt erachtet.

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Der kleine Byzantiner aus London .

G

Gerücht der Gesundheitszustand" des Fürsten seit einigen Zagen zu regen Besorgnissen Anlaß geben soll. Wir konnten uns hiervon selbst überzeugen, als der treue Fridolin Im Lokal Anzeiger" vom letzten Freitag finden wir später auf einige Minuten im Saale erschien. Zwar war der neben den Todesanzeigen ein auffälliges Inserat, wonach Scheitel so gerade wie eine Front preußischer Grenadiere ge- iener achtjährige Engländer, der dem deutschen Kaiser bei zogen, aber die Grübchen, die Grübchen waren fast ver- feinem Abschiede von London mit Genehmigung der deutschen schwunden in dem ernsten Gesicht und der müde Blick schien Botschaft einen Blumenstrauß überreichen durfte, was in der zu sagen: So leb denn wohl, du stilles Haus!" Presse der ganzen Welt kommentiert worden ist," öffentlich

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Und still war das Haus, trotzdem auf der Tagesordnung meistbietend versteigert werden soll. Das heißt, der mit einem Zweite Beratung des Gesezentwurfs über Maßnahmen zur Schlage berühmt" gewordene kleine Mann soll für eine Stärkung des Deutschtums in den Provinzen West- Beitlang derjenigen Berliner Familie als Schaustück über­preußen und Posen" stand. Auf der Tribüne schlossen lassen werden, welche am besten seine Verpflegung gewähr­die Zuhörer gemächlich die Augen, um sich einmal leistet. Als Ersatz will man ein Berliner Kind nach London gründlich von innen zu betrachten, die Journalisten krauten nehmen. Ganz gleichwertig wird dieses zweibeinige Objekt sich gähnend hinter den Ohren und die Abgeordneten schlichen allerdings nicht sein, denn hier an der Spree hat noch kein fachten Schrittes nach dem Speisesaal, um statt des Deutschtum Achtjähriger Gelegenheit gefunden, den teuren Onkel Eduard ihren Magen zu stärken. Erst der wunderliche Bodelschwingh mit Blumen zu beglücken. bringt etwas Leben in die Bude. Alle sammeln sich Die bekannte moderne Methode des Kinderaustausches dicht um das Rednerpult und hören lächelnd den pathetischen wird also in dieser Form stark auf das praktisch- byzantinische Ausführungen dieses drolligen Männchens zu. Von den Gebiet hinübergespielt. Der Junge soll Karriere machen, übrigen Reden sind nur einzelne Broden bis zu uns gelangt. und jener gerissenen Londoner Familie ist es offenbar nicht Wohl des Vaterlandes! Hat treues, prenßisches Herz, Thron, unangenehm, wenn sie aus dem so furchtbar unbedeutenden

Die amtlichen Formulare zu diesen Legitimationen find tostenlos zu haben: 1. Wahlbureau des Magistrats, Poststr. 16. 2. Bureau des Zentralverbandes der Handlungsgehülfen und Gehülfinnen Deutschlands , Neue Königstr. 36, born I. 3. Bureau der Berliner Gewerkschaftskommission, Engel­Ufer 15, I.

4. Expedition des Vorwärts", Lindenstr. 69. 5. Zigarrengeschäft Jakob Wiebe, Wendenstr. 2. Adolf Adler, Voltastr. 37. 7. Zeitungsspedition H. Raschte, Ackerstr. 36.

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Karl Mars, Lychener Straße 123. Karl Anders, Salzwedeler Straße 8. Karl Weiße, Michaelfirchstr. 49.

,, Raufmannsgerichts- Wahlen", Lifte IV, war das Thema, das Handlungsgehülfen am Freitag zu einer Bersammlung nach dem " Deutschen Hof" rief, allwo Justizrat Träger und Rettor Kopsch als Redner und Streitvermittler auftreten sollten, da, wie der Vorsitzende betonte, Nichtangehörige des Standes ein flareres lirteil hätten!

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Wenn

Nicht erschienen tar Herr Justizrat Träger! Dafür sprach Rektor Stopsch in ganz besonders schönen" und eindringlichen Worten, man fonnte beinahe sagen, es flang wie Grabgeläute! So feierlich, pathetisch, wie nur ein Pastor sein tann! Bülows Parole lautet: Nur keine Gefühlspolitik!" so hieß Herrn Ueberhaupt Ropschs Devise: Nur nicht Parteigefinnung!" teine Gesinnung"! Nur Standesinteressen! Zum Ueberfluß wies er noch hin auf seinen Stand, die Lehrer, und zeigte, wie herrlich weit man da doch immerhin schon ge­tommen sei, auch ohne jede Gesinnung natürlich! Zur Sache selbst sprach Herr Kopsch sehr wenig. Er warnte nur, von dem einen Extrem, dem Manchestertum, ins andere, dem Sozialis mus zu fallen, man folle hübsch die Mitte halten und die Rolle des ollen ehrlichen Maklers" weiterspielen, nach dem berühmten Vorbild des( reingefallenen) Freisinns!

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Lieb Baterland, kannst ruhig sein!

Sicherheit für Neellität.

In Zeiten des Beschäftigungsmangels ist dem, der Verdienst sucht, jede Arbeit recht. Da bleibt der sogenannte Nebenerwerb, so unlohnend er auch sei, für viele noch die einzige Einnahmequelle. Da muß manchem, der am Versinken ist, der färglichste Gelegen­heitsverdienst ein lekter Rettungsanter sein. In solchen Zeiten ist der Verzweifelnde bereit, selbst bei den unsichersten Anerbietungen, wie fie in gewissen Annoncenblättern sich finden, womöglich noch Geld hinterherzuwerfen, um die erhoffte Beschäftigung zu triegen. und in folchen Zeiten blüht auch der Weizen geriebener Gauner, die dem Arbeitsuchenden durch verlockendste Angaben seine legten Groschen und Pfennige abschwindeln und dann entweder überhaupt nichts mehr von sich hören lassen oder ihn narren durch Nachweisung einer Beschäftigung", bei der der betrogene Arbeitsucher elend verhungern fann.

Ein Parteigenosse P., der gleichfalls bei der Suche nach Ge­legenheitsverdienst geprellt worden zu sein glaubt, teilt uns die Erfahrungen mit, die er hat machen müssen. Wir können nicht wiffen, ob feine Vermutung zutrifft, und wir wollen uns daher jeder Kritik enthalten. Aber das braucht uns nicht zu hindern, 3.'s tatsächliche Angaben dem Urteil der Oeffentlichkeit zu unter­breiten. Da im übrigen eine schleunige Aufklärung dringend nötig ist und eine solche von den langsam arbeitenden Polizei­behörden nicht erwartet werden kann, so bleibt uns nur übrig, hier den Sachverhalt darzustellen. B. war durch eine Annonce der Morgenpost" angeregt worden, in den ihm aufgezwungenen Mußestunden sich als Adressenschreiber betätigen zu wollen. Es wurden da von einer Alice Fölmer, die Linden bei Hannover als ihren Wohnsib angab, Adressenschreiber gesucht, denen fie fürs Tausend 8 M. versprach. Ein gewerbsmäßiger Adressen­schreiber hätte das vielleicht für verdächtig gehalten, da wohl kein Mensch für bloße Adressenschreiberei solche Preise zahlt.. hielt den Preis für normal, schrieb nach Linden und meldete sich. Als Antwort kam ein offener 3 Pfennigbrief, der mit dem Firmen­aufbrud Alice Fölmer, Buchholg. und Adreßverlag, Linden bei Hannover " geschmückt war und das folgende heftographierte Schreiben enthielt( buchstabengetreu): P.

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Linden, Dezember 1907. 3. P. In Entgegnung Ihrer gefl. Offerte teile Ihnen, das es sich um Adressenschreiben handelt. Ich zahle Ihnen selbst für 1000 Adreßen Mrt. 8, ber­weise Sie also nicht an andere Firmen. Sollten Sie geneigt sein, diese Beschäftiegung zu übernehmen, so bitte ich um Ein­sendung von Mrt. 1,50, welche Sie nach Lieferung der ersten 1000 Adressend zurück erhalten. Sofort nach Eingang Ihrer Antwort werde ich Ihnen meine Anweisung zuschicken und können Sie dann gleich mit der Arbeit beginnen. Ihre genaue Adresse wollen Sie mir nochmals mitteilen. Marken nehme nicht in Zahlung. Alice Fölmer, Linden- Hannover.

P. wurde nicht stubig, sondern übersandte bie ber. langten 1,50 M. Da Alice Fölmer hierauf zunächst nicht ant­wortete, so schöpfte P. Verdacht und schickte einen Mahnbrief hinter­her. Erleichtert atmete er auf, als endlich Antwort kam. Der Inhalt dieses zweiten Fölmerschen Briefes bestand aus drei Blatt Bapier. Auf dem ersten Blatt stand folgende heftographierte Mit­teilung( buchstabengetreu):

Linden- Hannover, D. d. P. P. P. Mit gegenwärtigen gebe Ihnen Bericht, was für Adressen Sie für mich zu schreiben haben. Aus der Anlage( meinem neuen Prospekt) wollen Sie ersehen daß ich meinen Geschäftsbetrieb geändert habe und zwar sehr zu Ihrem Vorteil. Betreffs der Adressen welche ich ge­brauche, diene Ihnen folgendes. Ich beabsichtige im laufe dieses Jahres einen Gratis- Kursus in Hypnotismus usw. zu veran stalten und gebrauche ich nun die Adressen solcher Damen und Herren welche geneigt sind an demselben teilzunehmen. Die Adressen werden auf Listen nach beiliegenden Muster geschrieben. Ich hoffe baldigst in den Befiht der Resultate Ihrer Arbeit zu gelangen. A. u. Gg. Fölmer.

Das zweite Blatt, das wohl den neuen Prospekt vorstellte, stabengetreu):

enthielt die folgende, gleichfalls hektographierte Mitteilung( buch­

Magdeburg, D. d. P. In Entgegnung Ihrer gefl. Offerte teile Ihnen mit, daß ich noch immer Adressenschreiber gebrauche. Ich zahle pro 1000 Std. Mrt . 20, selbstverständlich müßen Sie sich