1. Beilage zum ,, Vorwärts" Berliner Volksblatt.
Nr. 18.
Parlamentsberichte.
Sonnabend, den 21. Januar 1893.
Staatssekretär v. Malzahn: Ich habe gestern nicht davon gesprochen, daß die Vorlage die Provinzbantiers schädigt zu Gunsten der großen Bankiers an den Börsenplätzen. Dieser Einwand gegen die Vorlage ist berechtigt, aber ich halte ihn nicht für so bedeutend, daß man deshalb zur Ablehnung der Vorlage fommen müßte. Redner berechnet, was die Kosten eines Börsengeschäftes jetzt beim Provinzbantier betragen und was sie in Zukunft betragen werden; er fommt auf eine Differenz von 0,35 pro mille, was durchaus nicht ein so hoher Betrag sei, daß die Provinzbantiers ihre Kunden verlieren würden.
10. Jahrg.
Geh. Rath
steuer, welche den Fehler hat, daß sie sehr viele berechtigte Ge- verbreitet sich in Fortsetzung seiner gestrigen Rede über die Noth schäfte trifft. Die Arbitrage wird durch die Steuer allerdings wendigkeit der ärztlichen Untersuchung bei Prostituirten, er er beeinträchtigt werden, aber die großen internationalen Aus- tlärt dieselben auch bei den Männern für nüßlich aber für uns 26. Sigung vom 20. Januar 1893. 1 Uhr. gleichungen bei ungünstigen Handelsbilanzen u. s. w. werden ausführbar. Die Lokalisirung der Prostitution sei nothwendig, dadurch gar nicht berührt werden. In bezug auf die Zeit- um die im öffentlichen Interesse gelegenen ärztlichen UnterAm Bundesrathstische: v. Malzahn. geschäfte hätte die Regierung etwas weiter gehen können, denn suchungen vornehmen zu können. Abg. Pieschel wendet sich Das Haus überweist zunächst den Bericht der Reichsschulden- fie dienen, soweit es sich um Industriepapiere handelt, die feiuen gegen die Ideologen in der Kommission, die den praktischen Kommission für 1891 an die Rechnungskommission und fest internationalen Markt haben, doch lediglich der Spekulation. Standpunkt aus den Augen verlören und den Wald vor Bäumen darauf die erste Berathung der Novelle zum Gesez über die Er- Ob gerade die Stempelsteuer der Grund ist, daß die Provinzial- nicht sähen. Er erklärt sich für die Lokalisirung, er macht Verhebung von Reich 3- Stempelabgaben( Börsensteuer) fort. bankiers von den großen Bankiers aufgesogen werden, will ich suche den Absatz 2 zu amendiren und die gegen denselben era Abg. Graf Arnim( Rp.) hält die Börsensteuer für eine sehr dahingestellt sein lassen. Die Steuerfreiheit der Geschäfte in hobenen Bedenken nach Möglichkeit zu entkräften, schlägt aber brauchbare Steuer, weil sie die mittleren und wohlhabenderen Reichs- und Staatspapieren würde nur einen kleinen finanziellen einen bestimmten Wortlaut nicht vor. Geh. Ober- Reg.- Rath Klassen belaste. In der Börsensteuer- Kommission habe er immer Ausfall mit sich bringen, aber das Publikum veranlassen, en te giebt eine Beleuchtung des gegenwärtigen Zustandes und die Empfindung gehabt, daß die Regierung das mobile Kapital seine Gunst diesen Papieren mehr zuzuwenden als bisher. versucht die Nothwendigkeit nachzuweisen im Sinne der Vorlage schütze, man könne also taum glauben, daß sie dasselbe durch Die Verdoppelung des Waarenstempels ist bedenklicher als die des eine Verbesserung desselben herbeizuführen. diese Vorlage erheblich schädigen werde. Das sei auch garnicht Effektenstempels. Der Müller muß seine Waare einkaufen unter& ucas begrüßt das Entgegenkommen Pieschel's hat aber der Fall. Die Petitionen der verschiedenen Handelspläße find Bugrundelegung von Börsenusancen. Ihn belastet der Stempel Bedenken gegen die praktische Ausführung der von dem allerdings fehr kläglich. Die Petition aus Frankfurt ist so zu Unrecht. Dagegen ist die Verdoppelung des Stempels für letzteren gemachten Vorschläge. Abg. Dr. med, Höffer jämmerlich: die ganze Börse soll vernichtet werden, so daß man Zeitgeschäfte durchaus gerecht. Ich möchte meinen, daß die Vor- erklärt sich für die Lokalisirung unter der Voraussetzung, daß die auf den Gedanken kommt: Was soll denn mit dem Börsengebäude lage nicht der Militärkommission überwiesen werden sollte, sondern Regierungen für ausreichende praktische Maßregeln sorgten, daß geschehen? Vielleicht richtet man es ein zu einem Siechenhause einer besonderen Kommission, die für diesen Zweck besonders zu der damit beabsichtigte sanitäre Zweck erreicht werde. Er hält für verarmte Bantiers. Redner bestreitet, daß die Börsensteuer sammengesetzt werden muß. namentlich die Anzeigepflicht bei geschlechtlichen Erkrankungen für die Emissionsthätigkeit geschädigt habe; er bestreitet ferner, daß nothwendig und will diese gegebenen Falles durch Androhung die Nachwirkungen der Börsensteuer noch nicht ganz einvon Strafen durchgeführt sehen. Des weiteren verbreitet er sich getreten seien. Eine solche Behauptung sei höchstens der Ausüber die Statistik der Geschlechtskrankheiten und deren Gefährlichdruck der Gewissensangst über die Sünden der letzten teit für die Gesellschaft. Von Seiten der Vertreter der Regierung Jahre, die dem deutschen Volke große Verluste gebracht haben. fagt man die Anwendung zweckentsprechender Maßnahmen für Die Depression ist nicht eine Folge der Börsensteuer, sondern der den Fall der Lokalisirung zu, doch tönne man sich hier nicht be= Ausschreitungen der letzten Jahre; das mobile Kapital müsse erst stimmter aussprechen, da diese Maßnahmen zu treffen Sache der wieder neue Spannkraft gewinnen. Alle Prophezeiungen der Einzelstaaten und ihrer Verwaltungsorgane sei. Abg. Bebel Freisinnigen feien nicht eingetroffen. Die Steuer follte blos auf verbreitet sich in einstündiger Rede über die Bedeutung der vor Sem Papier stehen, niemand werde sie bezahlen; sie hat aber geschlagenen Maßregeln, deren Halbheit und vollkommene Un ganz schöne Erträge abgeworfen. Die Arbitrage sollte vernichtet Abg. Siemens( dfr.): Die Reden haben mich nicht von der zulänglichkeit er an einer großen Anzahl praktischer Beispiele und werden, sie ist aber bestehen geblieben. Der Emissionsstempel für Güte der Vorlage überzeugen können. Man denkt durch die Steuer Thatsachen nachweist. Gegenüber der Vorlage halte er den ausländische Anleihen müßte erhöht werden, dagegen könnten die die Börse moralisch zu machen. Die Börse ist ein Ort, ebenso gegenwärtigen Zustand für den besseren. Man leugne, mit der Konsols steuerfrei bleiben, damit die kleinen Leute mehr die wie die Leipzigerstraße oder der Thiergarten. An die Börse geht Vorlage die Bordelle herbeiführen zu wollen, die Bordelle seien Staatspapiere faufen, als fremde Anleihen und sonstige Werth- jeder, der ein Geschäft betreiben will, er macht sein Geschäft und aber die nothwendige Folge der Vorlage. Der Staat, der die papiere. Ueber die Höhe des Emissionsstempels tönnte man sich geht wieder nach Hause. Die Annahme, daß irgend welche ge- Kuppelei mit Strafe belege, werde selbst Kuppler, und zwar in der Kommission unterhalten. Die Regierung sei viel zu nach- heimnißvolle Kraft in der Börse liege, daß besondere moralische Oberfuppler. Die Untergrabung der staatlichen Autorität, die giebig gegenüber der haute finance; fie müsse endlich zur Reform Anschauungen da vertreten wären, ist eine Täuschung. Der Abg. die Herren sonst der Sozialdemokratie vorzuwerfen pflegten, der Börse schreiten, wenn nicht schließlich eine Revolution ein- Alexander Meyer hatte ganz Recht: Die Moral der Börse ist werde durch die Vorlage, wenn sie Gesetz werde, gründlicher be= treten sollte.( Zustimmung rechts.) dieselbe, wie die Moral der Leute, die dort verkehren. Man trieben, als durch alle sozialdemokratischen Reden. Früher habe Abg. v. Pfetten( 3): Das Zentrum steht der Vorlage fann nicht daran denken, durch die Steuer, wie gleichsam durch man Ghetto's für die Juden gehabt, fünftig bekämen wir solche freundlich gegenüber und ist befriedigt, weil die Begründung die Erhöhung des Kartengeldes, das Geschäft oder das Karten für die Huren. Es fehle nur noch, daß man die Prostituirten vollständig auf dem Standpunkt steht, den das Zentrum spiel moralischer zu machen. Die Spielgeschäfte werden immer givinge, eine besondere Kleidung anzulegen und daß man die vertritt; die Millionen, welche an der Börse verdient werden, hervorgehoben, Geschäfte, bei denen nicht wirklich geliefert wird. betreffenden Viertel mit Thoren abschließe, um das Ghetto zu sollen eben so versteuert werden, wie die wenigen Mir sind solche Geschäfte nicht bekannt. Geliefert wird beim verwirklichen. Werde der§ 180 Gefeß, dann werde die arme Pfennige, welche bei anderer Arbeit verdient werden. effettiven Geschäft, wie beim Spielgeschäft. Alles andere, was Wittme, welche aus Noth, um ihre Miethe bezahlen zu lönnen, Es wäre wünschenswerth, wenn man eine Form finden könnte, darüber gesagt wird, ist Unsinn, ich bitte um Verzeihung, es fällt an eine Prostituirte ohne polizeiliche Genehmigung vermiethe, daß derjenige die Steuer trägt, der auf Kosten Anderer einen mir fein anderes Wort ein. Herr Singer hat auch von der bösen mit Gefängniß bestraft, aber der staatlich und polizeilich unterGewinn erzielt hat. Eine Reform der Börse ist auch dringend Börse gesprochen; er hat den Aeltesten der Kaufmannschaft in stützte Hausbesizer, der ganze Häuser an Prostituirte vernöthig. Es sei bedauerlich, daß Graf Arnim von der Börsen- Berlin vorgeworfen, daß fie bei Zulassung von Papieren nicht miethe und dadurch ein reicher Mann werde, trete bei einer enquete in Preußen feine großen Ergebnisse zu erwarten scheine. immer vorsichtig verfahren sind. Die Zulassung eines Papieres Landtagswahl als Vertreter von Besitz und Bildung als WahlEs ist aber nicht Sache der außerhalb der Börse stehenden Kreise, von Bochum ist erfolgt, bevor der Bochumer Verein seinen Ver- mann 1. Klasse an die Wahlurne. Das sei eine schöne Gesetzeine solche Reform durchzuführen, sondern diejenigen, welche lust in Savona erlitten hat. Die Aeltesten sollen über die Qualifi- gebung, die solche Zustände herbeiführe. innerhalb des Geschäfts stehen, müssen die Formen finden, in tation der zugelassenen Papiere fein selbständiges Urtheil fällen. Redner weist nun nach, wie die Lokalisirung der Prostitution denen die Börsengeschäfte sich später abwickeln werden, es liegt Rein einziges Argument ist in der Debatte vorgekommen, bei den Zuständen in unseren Großstädten ein Ding der Un bas in ihrem eigenen Interesse. Im übrigen sind wir damit ein welches meine Einwände gegen die Vorlage widerlegt hätte. möglichkeit sei. Man schaffe ein Gesetz, dessen Ausführung verstanden, daß die Vorlage der Kommission überwiesen wird. Die Debatte hat hauptsächlich bestanden in Angriffen auf die von vornherein jeder als undurchführbar ansehen müsse. Ob ( Beifall im Zentrum). Leute, welche an der Börse Geschäfte machen. Die gebe ich Ihnen man etwa glaube, daß die Männer der höheren Gesellschaftsa gern preis, wenigstens viele von ihnen. schichten, Offiziere, Kaufleute, Beamte 2c., die gegenwärtig prozen tual ein unverhältnismäßig großes Kontingent zu den Geschlechtsfranken stellten, fünftig die offiziell anerkannten Häuser besuchen würden? Daran sei gar nicht zu denken und damit werde ein großer Herd für die Berbreitung von Geschlechtskrankheiten vom Gesetz gar nicht getroffen. Dazu komme, daß gerade auf dem hier in Frage stehenden Gebiete für die Korrumpirung der Beamten der Sittenpolizei durch Bestechung in den verschiedensten Formen eine besondere Gefahr vorhanden sei. Des weiteren weist Redner nach wie die in den Toleranzhäusern lokalisirte Prostitution in einem unverhältnißmäßigen Grade Träger und Verbreiter von Geschlechtsfrankheiten sei. Der Gesezentwurf, der auf diesem Gebiete beffernd eingreifen solle, werde das Gegentheil erreichen. Die von den Abg. Dr. Endemann und Dr. Höffer vorgetragenen statistischen Thatsachen seien durchaus unzuverlässig und irreführend, eine zuverlässige Statistit sei überhaupt nicht vorhanden und so weit eine solche vorhanden sei und das sei halbwegs Dritte Signng der VIII. Kommission lex Heinze. Die die dänische beweise sie gegen die Auffassung der Debatte über den Absatz 2 des§ 180, welcher von der sogenannten Abgeordneten. Redner resumirt sich dahin: der genannten Lokalisirung beziehentlich der Kasernirnng der Profti- Absatz II sei aus den angeführten Gründen unannehmbar, er sei fution handelt, wird fortgesetzt. Abg. Dr. med. Endemann aber auch für Streichung des§ 180 und der Ziffer 6 des§ 361.
Abg. Funk( fr.) führt aus, daß die Verdoppelung der Börsensteuer die kleinen Provinzbantiers schädigen würde zu Gunsten der großen Bankiers an den großen Börsenpläßen namentlich in Berlin .
Nach einigen mehr persönlichen Bemerkungen der Abgg. Graf Arnim und Siemen 3 wird die Debatte geschlossen und die Vorlage der Militärkommission überwiesen.
den Entwurf eines Gesetzes wegen Ergänzung des Gesetzes vom 2. Juni 1869 betreffend die Kautionen der Bundesbeamten ohne Debatte.
Schluß 33/4 Uhr. Nächste Sitzung Sonnabend 1 Uhr ( Vorlage betreffend die Abzahlungsgeschäfte und Novelle zum Wuchergesez).
Abg. Gamp( R.-P.) bestreitet, daß von der Börsen- Darauf genehmigt das Haus in erster und zweiter Berathung enquete teine großen Ergebnisse zu erwarten seien. Im Gegentheil, er glaube, daß das Ergebniß ein gutes sein werde. Eine Besteuerung der Börsengeschäfte sei dringend nothwendig, aber die Vorlage habe nicht überall den richtigen Weg eingeschlagen. Die Geschäfte müßten individualifirt werden, damit berechtigte Geschäfte nicht zu hoch, unberechtigte nicht zu niedrig besteuert werden. Gegen eine Erhöhung des Börsenstempels wird geltend gemacht, daß gute ausländische Werthe dadurch von unserem Markte ausgeschlossen würden. Das sei durchaus nicht zutreffend; Frankreich habe eine viel höhere Emissionssteuer als Deutschland , und trotzdem haben die guten Anleihen in Frankreich überall Eingang gefunden. In Frankreich besteht für Aktien eine Emissionssteuer von 1 pet.; diesen Betrag tönnten Aktiengesellschaften bei uns auch bezahlen, wenn sie dadurch den Vortheil erlangen, ihre Attien an der Börse gehandelt zu sehen. Die Börseninteressenten würden eine solche einmalige Steuer sehr viel lieber entrichten, als die Umfaß
Baumeister Solues.
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Parlamentarisches.
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werden können. Einen Ausweg aus dem Meer der und ein dunkler Glaube daran, daß er das, was er wünscht Korruption weiß die bürgerliche Literatur nicht anzugeben, und will, anderen Leuten als greifbare Thatsachen fühlbar Schauspiel in 3 Aufzügen von Henrik Ibsen. der dumpfe Druck, unter welchem sie lebt und dem sie nicht machen kann, unterscheiden ihn wesentlich von denjenigen R. C. Als vorgestern Abend im Lessing- Theater der entfliehen kann, treibt selbst hervorragende Geister, die sich Leuten, die wir im gewöhnlichen Leben els vernünftige zu Borhang niederging, applaudirte man von der einen Seite aus dem Bann ihrer hergebrachten Anschauungen nicht bezeichnen gewohnt sind. Um einen jüngeren Gehilfen, heftig, etwas aufdringlich sogar; einige Zuschauer zischten, herauszuarbeiten vermögen, dunklen Gewalten zu, in deren dessen Talent er fürchtet, unschädlich zu machen, nimmt er und ein großer Theil des Publikums ging mit dem er- eiserner Umklammerung sie schließlich ersticken, ruhmlos ver- dessen Verlobte in sein Haus auf und stellt sie als Buchhebenden Gefühl aus dem Theater, nicht zu wissen, was enden. In der bürgerlichen Gesellschaft sehen wir, daß sich halterin in seinem Geschäfte an. Auch diese Person iſt eigentlich zu thun sei. Zu diesen Letzteren gehörten ganz überall ein dämonisches Sehnen nach Befreiung, nach förperlich und geistig frankhaft veranlagt, sie wendet sich der äußere Ausdruck dieser von ihrem Verlobten ab, weil sie unter der Suggestion leidet, offen gestanden auch wir, und es bedurfte lebhafter An- Rettung geltend macht strengungen, um uns aus den Irrgängen vierdimensionaler Strömung verkörpert sich theilweise in spiritistischen und daß sie nur von dem Baumeister selbst geliebt werde. Auch Lebensanschauung wieder in dieses irdische Jammerthal hypnotischen Vereinigungen; mit blöden Augen flüchtet man die Frau des Herrn Solneß ist geistig nicht intakt, sie krankt hinüberzuretten. sich in das Reich der Mystik in allen ihren Abstufungen, an dem Glauben, daß durch ihre Schuld ihre Kinder bei Henrit Jbsens neuestes Schauspiel„ Baumeister Solneß" weil man das glühende Wetterleuchten einer neuen Zeit, einem Brande ums Leben gekommen sind. Unter diesem erblickte das Licht der Lampen; die Gemeinde Derjenigen, das goldene Morgenroth einer frohen Zukunft nicht sehen Gedanken zermartert sie sich selbstquälerisch in einer Weise, daß sie schließlich, als Ersaz der Mutterfreuden, sich mit die Ibsen aus seinen vorhergegangenen Dramen verehren, will, vielleicht nicht zu ertragen vermag. war vollzählig zur Stelle, und die Berliner skandinavische Und der literarische Vertreter dieser Erscheinung des Puppenspielen beschäftigt. Kolonie war bis auf den letzten Mann vertreten. Ein bürgerlichen Lebens scheint uns Henrik Ibsen zu sein. Er Unvermittelt und urplötzlich tritt in dem Stück eine Ibsen - Abend ist stets ein Ereigniß für alle Literatur- kämpft als Heros einen aussichtslosen, vergeblichen Kampf; dritte Dame auf, deren Person so bizarr gedacht, wie ihr freunde und solche, die es zu sein sich einbilden, so daß also aber die Verhältnisse, die stärker sind als er, drücken ihn Charakter mystisch durchgeführt ist. Der Baumeister Solneß die Frucht nicht auf einen unfruchtbaren Boden fallen konnte. nieder, und leichtsinnigen Schrittes wird die bürgerliche hatte vor mehr als zehn Jahren in einem kleinen nordischen Wer ehrlich in seinen Busen greift und ein offenes Wort nicht Welt über ihren Warner hinwegeilen: ihrem Untergange Städtchen eine Kirche erbaut. Als der Kirchenbau vollendet scheut, der kann sich, wenn er sich die Frage vorlegt, was zu. war, hatte er selbst den Kranz an dem Thurmkreuz befestigt. wohl mit einem deutschen Autor geschehen wäre, wenn er Das vorliegende Schauspiel hat von den verschiedensten Hilda Wangel, die damals Dreizehnjährige, war von diesem ein solches oder ähnliches Stück auf die Bretter gebracht Seiten die verschiedenste Beurtheilung gefunden. Ibsen ist Anblick geradezu berauscht, fanatisirt, und sie hatte es nach hätte, nur die Antwort geben, daß ein solcher Dichter ohne stets der Schilderer des Judividuums gewesen, seine Figuren Schluß des festlichen Attes so einzurichten gewußt, daß sie Zweifel der Fresko- Bühne zugetheilt werden würde. Es sind niemals typisch. Auch im Baumeister Solneß" treten mit dem Baumeister einen Augenblick sich allein befand. sollen damit die unzweifelhaften Verdienste Jbsen's, sein uns ausschließlich Figuren entgegen, die, soweit die Er- Auch sie gehört zu jenen seltsamen Menschenkindern, die glorreicher Pessimismus, sein Adlerblick für die Schäden kenntniß und das Verständniß eines normalen Menschen von sich glauben, daß, wenn sie etwas durchaus wollen, und Schwächen seiner Gesellschaftsklasse in keiner Weise in reichen, aus sich selbst heraus erklärt werden müssen. wenn sie die ganze Kraft ihres Geistes auf einen Wunsch Frage gestellt werden: in Jbsen aber sehen wir einen Ver- Der Baumeister Halvard Solneß ist einer jener Menschen, fonzentriren, daß der andere Mensch, auf den sich der treter der bürgerlichen Klasse als Menschen in der Weise die in brutaler Selbstsucht Rücksichten überhaupt nicht kennen. Wunsch richtet, glauben muß, daß dieser Wunsch verirren und zu Grunde gehen, wie einstmals die Klasse ab- In unserer bürgerlichen Gesellschaft sind derartige Charaktere, wirklich erfüllt sei. Man sieht, daß es nicht ganz sterben und vergehen wird. Der bürgerlichen, literarischen wie Jedermann weiß, gewiß nicht selten, und der Baumeister leicht ist, sich in die mystischen Ideenverbindungen Produktion find Grenzen gezogen: jemehr sie in ihren Solneß unterscheidet sich von dem modernen Egoisten nur das Ibsen's hinein zu versetzen. Also an jenem Tage Ketten knirscht und sie zu sprengen droht, desto un durch, daß er unter dem Banne irgend welcher firen Ideen, um vor zehn Jahren soll sie der Baumeister geküßt und überwindlicher stellen sich ihr Hindernisse entgegen, uns ganz gelinde auszudrücken, lebt. Ein Stück Verfolgungs- ihr versprochen haben, daß er nach zehn Jahren wiederHindernisse, die in dem Wesen der bürgerlichen Gesell- wahnsinn, eine geradezu abergläubische Furcht vor der Jugend", fehren, sie wie ein Unhold" entführen, sie zur Prinzessin ichaft liegen und die erst mit dieser überwunden von der er verdrängt und vernichtet zu werden vermeint, machen und ihr ein Königreich Apfelsinia" schenken werde.
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