die GeivaSrSmZnner Herrn Silchmuller jetzt arg im Stich lassen. Aus der Vertretung scheiden am t. April turnusmäßig aus: in der 1. Klasse Herr B e n z, in der 2. Klasse Herr S t e l l e r und in der L. Klasse unser Genosse D o b s l a w. Anläßlich der vor Awei Jahren erfolgten Vermehrung von 9 auf 12 hat letzt ein weiteres Mitglied auszuscheiden. Durch das Los wird hierzu Genosse G r u n o w ans der dritten Kläffe bestimmt. und hat nach Losung der Bezirk mit dem Ortsteil Ostend diese Ersatzwahl vorzunehmen.— Da ab 1. April eine abermalige Ver- w hrung von 12 auf 18 stattfindet, hat jede Klasse weitere zwei Vertreter zu wählen. Dank der famosen Bestimmungen der Land- gemeindeordnung ist es für die dritte Klaffe auch jetzt noch nicht möglich, einen weiteren Nichtangesessenen zu wählen. Es kommen für die dritte Klaffe folgende Wehlen in Betracht: Anläßlich der Vermehrung 2 Hausbesitzer, Ersatz für Silchmüller 1 Haus- besitzer, Ersatz für den Genossen DobSlaw 1 Hausbesitzer, Ersatz für den Genossen Grunolv 1 Mieter.— Für die Stelle deZ besoldeten Schöffen sind bisher 25 Bewerbungen eingegangen. Die hierfür eingesetzte Kommission soll am 3. Februar eine Prüfung derselben vornehmen. Die Etatskommission, der auch Genosse Grunow angehört, wird wiedergewählt. Eine Petition der Gemeindebeamten auf Erhöhung der Ruhegehaltsbezüge sauläßlich der staatlichen Aufbesserung) wird zur Etats- beratung zurückgestellt. Die Mielung von Privaträumen für vier Schulklaffen wird gegen die Stimmen unserer Ge- nassen, welche diese Räume als unwürdig erachten, beschlossen. Wegen Aenderung der völlig unzulänglichen postalischen Verhältnisse sollen an zuständiger Stelle Anträge gestellt werden. Die An- gelegenheit der Herausgabe eines umfangreichen Verwaltungsberichts anläßlich des zehnjährigen Bestehens der Gemeinde gab zu reger Debatte Anlaß. Beschlossen wird, diesen Tag in den Schulen festlich zu begehen. Seitens unserer Genoffen wird die Verschleppung der Errichtung eines Gewerbe- und KanfmannsgerichtS kritisiert. Diese Sache soll dem anzustellenden Schöffen übergeben werden. Die An- schaffung von eigenen Gespannen wird anläßlich einer vorgelegten Rentabilitätsberechnung abgelehnt. Baukolv. Die Gemeindevertretung beschäftigte sich in ihrer letzten Sitzung mit der Neubildung der Schuldeputation zum 1. April 1993. Von der Gemeindevertretung wurden die alten Deputations- Mitglieder wiedergewählt, unsere Genossen enthielten sich der W- fthnmung. Auf eine Anregung des Magistrats der Stadt Char- lottenburg schloß sich di« Vertretung dem Protest an, daß die Bolksschulferien auf Anordnung der Schulbehörde von 84 Tagen auf 70 Tage im Jahre gekürzt werden. Für das Pankower Krankenhaus soll ein Mcdizinalpraktikant eingestellt werden, des- gleichen wurde eine neue Lohnfcstsetzung für die im Krankenhause beschäftigten Personen vorgenommen, durch welche zum großen Teil Lohnerhöhungen eintreten. Die Pflegcsätze für diejenigen, welche als Kranke zweiter Klasse im Krankenhause behandelt werden, wurden von 4,50 M. auf 5,50 M. erhöht.— Für die Einstellung eines Rechnungsführers für das Rieselgut Mühlenbeck wurden 1500 M. bewilligt. Auf Antrag des Pankower Volksküchen- Vereins wurden demselben 500 M. aus Gcmeindemitteln bewilligt. Bei dieser Gelegenheit wurde festgestellt, daß im vorigen Jahre 853 Portionen Suppe, 23 523 Portionen Essen» 7962 Portionen Fleisch und 3000 Kinderportionen verabfolgt wurden. Bei diesen Zahlen behauptet man immer noch, daß ein Notstand nicht existiert. Auf Antrag des Vereins für Ferienkolonien werden demselben 1500 M. überwiesen. Die von unseren Genossen geltend gemachte Forderung, daß die Gemeinde die Einrichtung der Ferienkolonie selbst in die Hand nehmen soll, wurde von der bürgerlichen Majorität wiederum mit der Motivierung verworfen, »man solle die freie Betätigung der christlichen Nächstenliebe nicht unterbinden". Die Auslosung von zwei Gemeindeverordneten zu den bevorstehenden Gemeindewahlen ergab, daß aus der zweiten uno dritten Abteilung einer auszuscheiden hat, aus der dritten Abteilung hat Genosse Röder auszuscheiden, außerdem scheiden aus der dritten Abteilung noch aus Genosse Clemen und der bürgerliche Vertreter Holtkötter, es müssen in der dritten Abteilung drei Angesessene gewählt werden.— Für die zweite Abteilung weigerte sich der Bürgermeister Kühr eine Auslosung der vor zwei Jahren ncugewählten Personen vorzunehmen, weil nach einer Entscheidung des Obcrverwaltungsgerichts Lücken vorhanden sein müssen, um eine Auslosung vorzunehmen, da in der zweiten Ab- teilung Gemeindcverordneter Lippelt freiwillig ausgeschieden ist, soll einer der vor zwei Jahren ncugewählten in die Stelle des Aus- geschiedenen treten. Jedenfalls ist die angeführte Verwaltungs- gcrichtSentschcidung hier zu Unrecht angewendet, die Landgemeinde- ordnung bestimmt, daß ein Drittel der Vertreter auszuscheiden haben, von einem Einrücken in ein Mandat, welches durch Aus- scheiden vakant geworden, kann keine Rede sein, es muß in diesem Fall eben eine Ersatzwahl vorgenommen werden. Nieder-Schönhausen. Die gutbesuchte Generalversammlung des Wahlvereins tagte am Dienstag in Neu-Carlshof._ Allgemeines Erstaunen erregte die An- Wesenheit der Polizei, da seit Bestehen des hiesigen Wahlvereins die Mitgliederversammlungen noch nie polizeilich bewacht wurden. Seit dem 12. Januar wird auch hier der Partei von der Behörde eine ganz besondere Aufmerksamkeit entgegengebracht. Es wird deshalb das eifrigste Bestreben unserer Genossen sein. durch gediegene Vorträge in den Versammlungen den Wissens- drang der Polizei zu fördern. Den Jahresbericht deS Vorstandes gab Genosse Pätzold. Abgehalten wurden 11 Wahl vereinsversammlungcn, 9 öffentliche Versammlungen, 23 Vorstands sitzungen. Ferner fanden statt 8 Flugblattverbrsitungen und 4 Agitationstouren. Den Kassenbericht erstattete Genosse Rißmann. Einer Einnahme von 350,60 M. steht eine Ausgabe von 733,55 M. gegenüber. Die Mitgliederzahl beträgt im ganzen Bezirk 288. Davon entfallen auf Nieder- Schönhausen 213, Mühlen Heck 35, Zühlsdorf 13, Schildow 14 und Blankenfelde 3 Mit glieder. Die Zahl der.Vorwärts"- Leser beträgt 369. Die Neuwahl des Vorstandes hatte folgendes Ergebnis: Erster Vor- sitzender Pätzold, zweiter Käsehagcn, Kassierer Rißmann, Schrift� führer Hellrich, Beisitzer Paul Babst, Hennig und Richard Lehmann . Revisoren Zander, Blank und Emrl Korbis, Lokalkommission Pirch. Ohmut. Als Bezirksführer wurde» bestäligt: für den 1. Bezirk Brückmann, 2. Bezirk Schelle, 3. Bezirk Risch und für Nordend Amm. Als Delegierte zur Kreisgeneralversammlung wurden Pätzold. Vesper, Schelle und als Stellvertreter Krüger ge- wählt. 5 Neuaufnahmen wurden bestätigt. Genosse Hellrich berichtete über die Gemeindevertretersitzung. Hierüber entspann sich eine rege Diskussion, an der sich die Genossen Pätzold. Vesper und Schünemann beteiligten: zugleich wurde auj die bevorstehenden Gemeindcwahlcn hingewiesen und die Genossen ersucht, tüchtig zu agitieren. Nur wenn jeder einzelne der Genossen am Orte seine Schuldigkeit tue, könne der erste Vertreter in das Dorfparlament einziehen. Zum Schluß machte der Vorfitzende noch auf das am 15. Februar stattfindende Winterfest aufmerksam. Tegel . Ein schwerer Automobilunfall hat sich vorgestern nachmittag in der Müllerstraße zugetragen. Der elfjährige Schüler Hermann BialaS, dessen Eltern in der Berlinerstraßc wohnen, war gegen ein Automobil, das einem Laftfuhrioerk ausweichen wollte, geraten. Er wurde zur Erde gerissen, und die Räder des schweren Kraft- Wagens gingen ihm über den Unterkörper hinweg. Mit Kopfwunden und schweren inneren Verletzungen wurde der Knabe dem Kranlen- hause zugeführt. Spandau . Der polizeilichen Zensur waren bei der Beerdigung deS Genossen GoSpodar am Mittwoch die Kränze mit roten Schleifen ausgesetzt, die der sozialdemokratische Wahlperein uud der Ientralverband der Maurer dem Verstorbenen gewidmet hatten. Bereit? in der Kloster- straße fuhr auf der Straßenbahn der Polizeisergeant Böhm an dem Trauerzuge vorüber. Äks der Zug am Eingang des Friedhofe? an» langte, wurde er von dem pflichttreue» Beamten, wie ihn der Ober- bürgermeister namtte, empfangen. Eifrigst nahm er die an den Kränzen befindlichen roten Schleifen in Augenschein, ob vielleicht auf denselben etwas stand, was die Ruhe des Toten zu stören geeignet wäre. Doch er.entdeckte" nichts. Hierauf konnte der Leichenzug unter seiner„Begleitung" bis ans Grab marschieren. Ob der Be- amte in höherem Auftrage oder auf eigene Kappe gehandelt hat, dürfte vielleicht später einmal zu erfahren sein. kommunales. Der Natljaiissreisinn über das Arbeitslosenproblem. Na also, nun wissen wir'S: die Arbeitslosigkeit ist ja gar nicht so schlimm, wie das Geschrei der Sozialdemokraten sie hingestellt hat. Herr Fischbeck sagt's uns, Stadtrat Fischbeck, der Sachverständige des Magistrats in allen Fragen der Sozialpolitik— und wenn er es sagt, muß eS stimmen. Das war in der gestrigen Sitzung der Stadtverordneten für die freisinnige Mehrheit das Ergebnis der vierstündigen Debatte, die um den Antrag der s o z i a l d e m o- kratischen Fraktion— um die Forderung, schleunigst Matznahmen zur Linderung der Arbeits- losigkeit und ihrer Folgen zu ergreifen— ge- führt wurde. Als unser Genosse D u p o n t den Antrag begründete, sah man's sogleich, wie sehr es der Mehrheit wider den Strich ging, daß er ihr das Konzept verdarb. Er gab den Wort- führern deS Freisinns nicht den erwünschten Anlaß, nach alt- bewährtem Rezept sich mit einem wüsten Geschimpfe über die verhetzende Sozialdemokratie aus der Affäre ziehen zu können. Seine sachkundigen Ausführungen über den Um- fang der Arbeitslosigkeit sowie seine sehr beachtenswerten Vorschläge zur Abhülfe wurden von Herrn Goldschmidt mit einer Rede beantwortet, die deutlich genug er- kennen ließ, daß der es anders erwartet hatte. Ganz ohne Geschimpfe über die Sozialdemokratie im allgemeinen und den„Vorwärts" im besonderen ging eS selbstverständlich bei diesem Bezirksvereinsredner nicht ab. Nach ihm sprach der Magistratsvertreter, der Stadtrat F i f ch d e ck. Ihn hat einmal der Oberbürgermeister Kirschner den„richtigen Mann" genannt, als in der Stadtverordnaten- Versammlung die Gewaltherrschaft beleuchtet wurde, die Herr Fischbeck gegen die Insassen des Obdachs ausübt. Der „richtige Mann" im Sinne des Rnthausfreisinns ist Stadtrat Fischbeck auch gegenüber dem Arbeitslofenproblem. Wo es gilt, eine Forderung kommunaler Sozialpolitik mit b r u- talem Hohn zurückzuweisen, da ist er am Platze. Er bewies der Mehrheit ganz nach Wunsch, daß die Sozial- demokratie in ihren Schilderungen der Arbeitslosigkeit über- treibt, daß die Arbeiter selber durch Streiks den Be- schäftigungsmangel gesteigert haben, daß sie zur Abwehr der Folgen höchstens ein Anrecht auf Armenunter st ützung haben, und so weiter. Als gelehriger Schüler seiner junker- lichen Blockbrüder empfalst er den Arbeitern, aufs Land zu ziehen, und schließlich versprach er großniütig, daß sogar der Magistrat die Frage der Arbeitslosenhülfe„vorsichtig" prüfen werde. Im weiteren Verlauf der Debatte wurde Herrn Fischbeck die gebührende Antwort gegeben von unserem Genossen Glocke. Er führte den Nachweis, daß die Streiks und AuS fperrungen. für die der Magistratsredner in gewohnter Dreistigkeit die Arbeiter verantwortlich gemacht hatte, durch das Verhalten der Arbeitgeber heraufbeschworen worden sind. Herr Fisch deck und Herr Goldschmidt bekamen dann noch in dem Schlußwort zum Antrage, das unserem Genossen Singer zufiel, etliche sehr bittere Wahr- heiten zu hören. Besonders mit Fischbeck rechnete Singer so gründlich ab. daß der große„Sozialpolitiker" Hülflos wie ein gescholtener Schulbube dreinschaute. Herr F i s ch b e ck versuchte eine nochmalige Erwiderung, aber er vermochte den Eindruck dieser Abstrafung nicht zu verwischen. Der Antrag unserer Genossen wurde einem A u s s ch u ß überwiesen. Nach der Empfehlung, die ein Fischbeck ihm mit auf dem Weg gegeben hat, und nach dem Beifallsjubel, mit dem die Mehrheit die Ausführungen dieses Mannes be gleitete, kann man sich ungefähr denken, was aus dem Aus schuß herauskommen wird. Sericktg- Leitung. Der beleidigte Streikbrecher. Als im Juli vorigen Jahres die Böttcher der a,cm,)chen Fabrik von Schering wegen eines Lohnabzuges streikten, sollen einige der Streikenden einen Arbeitswilligen beleidigt haben. Die Sache ist an sich durchaus nicht bedeutend und doch hat sie schon mehrere Made daö Gericht beschäftigt, zu verschiedenen tommissarifchen Vernehmungen geführt. Bände von Alten sind zusammengeschrieben worden, ehe es gelang, die„Schuldigen" abzuurteilen. Und d«S alles wegen der angeblich verletzten Ehre eines Arbeitswilligen. Wegen Beleidigung, Körperverletzung. Nötigung. Vergehen gegen § 153 der Gewerbeordnung waren drei Böttcher, die damals den Streik mitmachten, angeklagt. Einer derselben ist schon vor längerer Zeit zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Bezüglich der beiden anderen war die Sache damals noch nicht klargestellt. Neue kam» missarische Vernehmungen des angeblich beleidigten Streikbrechers, der inzwischen nach Köln verzogen war, machten sich notwendig. Am Donnerstag fand nun vor dem Charlottenburger Schöffen- gericht die erneute Berhandlung gegen die beiden anderen An- gellagten statt. Einer derselben, Böttcher Wedel, wohnt zurzeit in Bremen und ist deshalb vom persönlichen Erscheinen vor Gericht entbunden. Der zweite Angeklagte. Böttcher Zach, war zur Stelle. Ihm wird vorgeworfen, daß er den Arbeitswilligen Trost durch die Bezeichnung Streikbrecher beleidigt habe. Das soll einmal auf dem Wege zur Fabrik, ein andermal während der Fahrt im Stadtbahnzuge geschehen sein. Auch der Angeklagte Wedel soll sich an der Beleidigung deS Arbeitswilligen beteiligt haben. Zach soll den Trost außerdem auch mit der Faust in den Mund gestoßen haben. Zach stellte alles, was ihm zur Last gelegt wird, entfchieoen in Abrede uno behauptete auf das bestimmteste, er habe den Trost weder beschimpft, noch geschlagen, sondern ihn auf dem Bahnhofe angeredet: Erlaube mal, Kollege... Txost, der den Angeklagten als einen der Streikenden kannte, habe ihn dann ohne weiteres geschlagen.— Die Protokolle, welche über die kommissarische Ver- nehmung des Zeugen Trost vorliegen, sind, wie auch der Vorsitzende Richter anerkannte, unvollkommen und widerspruchsvoll.— Mit Rücksicht darauf, und weil die durchaus nicht unglaubwürdigen An- gaben des Antzeklagten benen des Zeugen Trost entgegenstehen, wahrscheinlich als« eine Personenverwechselung vorliege, beantragte der Verteidiger, Rechtsanwalt Heine, den Zeugen Trost in Person vorzuladen, anders könne der Sachverhalt nicht aufgeklärt werden. Das Gericht hielt aber den Tatbestand für genügend auf- geklärt. Es stützte sich sowohl auf das Zeugnis des Trost, wie auf die Aussagen von zwei anwesenden Zeugen, die allerdings nur gehört hatten, daß Zach im Eisenbahnwagen von Streikbrechern gesprochen und dabei auf den Arbeitswilligen Trost hingewiesen habe. Das Gericht hielt für festgestellt, baß Zach den Trost fe» schimpft und geschlagen habe, um ihn zur Teilnahme am Streik zu bewegen. Zach wurde deshalb wegen Beleidigung zu 50 Mark verurteilt, Wedel , gegen den nichts erwiesen werden konnte, wurde freigesprochen._ Wegen wissentlich falscher Anschuldigung hatte sich gestern der Gerichtsvollzieher Karl Neumann bor der 1. Strafkommer des Landgerichts I zu verantworten. Die Dinge, welche in der Berhandlung zur Sprache gebracht werden mußten, waren derart, daß der Gerichtshof den Ausschluß der Oeffentlichkeit beschloß. Dem Vernehmen nach haben zwei Frauen über den Angeklagten bei seinen Vorgesetzten Beschwerde geführt» indem sie bchoupteten, daß der Beamte bei einer Zwangsvoll- streckung, die er in der Wohnung der einen Beschwerdeführerin vorzunehmen hatte, sich nicht nur gegen die Dienstvorschriften vergangen, sondern auch die Frauen durch obftöne Redensarten und sogor tätlich durch unonständige Berührungen beleidigt habe. Es ist auch ein Verfahren gegen den Angeklagten eingeleitet worden, welches zu einem Ergebnis nicht geführt zu haben scheint. Der Angeklagte hatte nun aber die Beschwerde der beiden Frauen damit zu parieren gesucht, daß er eine Strafanzeige gegen sie er- stattete, worin er sie beschuldigte, ihm bei Ausübung seines Amte» nicht nur passiven, sondern auch ganz erheblichen aktiven Wider- stand geleistet zu haben. Diese Beschuldigung war nach der An» klage eine wissentlich falsche. Die Ergebnisse der Beweisaufnahme waren dem Angeklagten so ungünstig, daß der Staatsanwalt gegen ihn 5 Monate Gefängnis und Aberkennung der Befugnis zur Bekleidung öffentlicher Aemter auf die Dauer von drei Jahren in Antrag brachte.— Das Urteil lautete auf 3 Monate Gefängnis. Ein Opfer der Straße ist das kleine dreijährige Töchterchen des Gärtners Krohn geworden, welches am 9. Oktober in der Uferstraße von einem Kohlen» wagen überfahren worden ist. Das Kino saß in einem sogenannten Kindersportwagen, der von dem kleinen Bruder des Mädchens auf dem Fahrdamm dicht an der Bordschwelle fortgeschoben wurde. Da versucht« der Führer eines Kohlenwagens vor dem Kinder- wagen vorbeizufahren, er irrte sich aber in dem Abstand, den er von diesem zu nehmen hatte und so fuhr dann der Wagen gegen das Rad des Kinderwagens. Durch die Erschütterung kippte der letztere etwas nach hinten, das Kind flog heraus auf den Damm und ein Hinterrad des Kohlenwagen? ging ihm über das rechte Bein. Das Kind wurde nach dem Kaiser- und Kaiserin. Friedrich-Krankenhause transportiert. Hier ergab sich eine voll- ständige Zermalmung deS rechten Oberschenkels, daö Bein mutzte amputiert werden und nach 6 Stunden war das Kind eine Leiche. Der Führer deS Kohleawagens, Kutscher Paul Kurzweg, stand gestern unter der Anklage der fahrlässigen Tötung vor der Straf» kammer des Landgerichts III. Der Staatsanwalt erkannte an, daß der Angeklagte, der noch ganz unbescholten ist, sich einer grobe» Fahrlässigkeit nicht schuldig gemacht, bei dem Unglücksfall vielmehr ein Unstern mitgewaltet habe. Immerhin sei ihm vorzuwerfen, daß er beim Vorbeifahren nicht die richtige Distanz gewählt habe. Das Gericht erkannte auf 2 Wochen Gefängnis. Brandstiftung. Das Schwurgericht verurteilte gestern den 22jährigen Gürtler Richard Neander zu 1 Jahr Gefängnis wegen Betruges, den er dadurch begangen hatte, daß er in seiner Wohnung in Rixdorf, Hobrechtstr. 3, Feuer aisiegte, um von der Versicherungsgesellschaft die den Wert der versicherten Gegenstände übersteigende Ver- sicheruugSsumme zu erhalten. DaS Feuer wurde bald gelöscht. Der Angeklagte hatte versucht, einen Einbruchsdiebstahl zu fin- gieren und suchte in der Verhandlung vergeblich einen Alibi. beweis zu fuhren._ Ei« Musterpolizist. Der Polizeisergeant Johann PosimSki aus Königshütte stand dieser Tage vor Gericht. P. ist bor seiner Einstellung als Polizei. beamter wegen Gefangenenbefreiung und qualifizierter Körper» Verletzung vorbestraft und 14mal disziplinarisch wegen verschiedener Versehlungen im Dienste. Am 22. März v. I. kamen BiSmarckhütter junge Leute von der Gestellung auS Beuthcn nach Königshütte, wie gewöhnlich in solchen Fällen etwas angeheitert. Mit dem Polizeibcamten Mensel bekamen die angehenden Vater» landsverteidiger Krach. Er konnte sich schließlich am Postamte in Königshütte nicht mehr erwehren, so wurde er denn von 25 bis 30 Mann an die Wand gedrückt. Der Stadtrat Botzian holte den angeklagten PosimSki herbei. Dieser griff gleich mit rauher Hand ein. Die Leute verzogen sich langsam und Mensel konnte die„Hauptmacher" Schmidt und Smolka festnehmen. In» zwischen hatte PosimSki den Grubenarbeiter Kolodziej auf- gefordert, vom Bürgerstcige zu gehen. Da K. nicht gleich ging, gab ihm P. mit der Faust einen Schlag ins Gesicht, daß ihm der Hut in den Dreck fiel. K. verlangte nun, P. solle ihm den Hut abputzen. Worte, das werde ich gleich machen, sagte P., faßte den K. an der Schulter und schleppte ihn nach der Wache, ohne daß K. für verhaftet erklärt worden war; er widersetzte sich auch nicht. Beim Eintritt in den Hof des Polizeigefängnisses nahm sich PosimSli den Kolodziej nochmals bor , er stieß ihn zweimal mit der Faust in die Rippen und gab ihm drei Schläge mit der Hand inS Gesicht und drei Schläge auf den Hinterkopf. Aus dem gegen» übcrliegenden GerichtSgebäude sahen Amtsrichter Dobraschke und Referendar Fritz Köster dem Schauspiel zu. In der Strafanzeige, die die beiden Gerichtsherren erstatteten, schrieb Herr Köster: „Die Sache machte auf uns einen so widerlichen Eindruck, daß wir beschlossen, den Polizeibeamten anzuzeigen; ich kannte ihn nicht dem Namen nach, habe mir aber am nächsten Tage seine Nummer gemerkt." Der Staatsauwalt bezeichnet das Vorgehen des P. als äußerst verwerflich und beantragte— 50 M. DaS Gericht erkannte auf ganze— 75 M. Geldstrafe. Trotz der an den Tag gelegten Feigheit, die sich in der Attacke eines Bewaffneten aus einen Wehrlosen offenbart, und trotz der Roheit der Straftat ist also auf eine außerordentlich milde Straf» art und niedrige Strafe erkannt worden. Derartige geringfügige Strafen gegenüber feigen Roheitsdelikten von Polizisten können weder bessernd noch abschreckend, viel eher zu Wiederholungen er- muntcrnd wirken. Wer weiß, ob, wenn nicht zufälligerweise die Gerichtsbeamten den Vorfall bemerkt und zur Anzeige gebracht hätten, nicht noch gar gegen den Mißhandelten ein Verfahren wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt usw. eingeleitet worden rjtzp wäre. Die preußischen Zustände sind dank der Junkerherrschaft so empörend, daß Angriffe sogenannter SichcrhcitSbcamter aus die, persönliche Integrität des Arbeiters keineswegs in allen Fällen überhaupt zur Sühne gelangen. Und da zetern die bürgerlichen Parteien über Terrorismus— der Arbeiter. Schivere Strafen. Vor der Strafkammer in Köln hatten sich am Mittwoch sechs Anarchisten wegen Verbreitung von Druckschriften zu vcrant- ivorten, in denen aufgefordert sein soll, im Kriegsfalle auf die Offiziere zu schießen. Das Urteil lautete gegen zwei der An» geklagten auf ,e 10 Monate Gefängnis. Ein dritter erhielt wegen Begünstigung zwei Monate und ein anderer wegen Beihülfe fünf Monate Gefängnis. Zwei Angeklagte wurden freigesprochen. eingegangene Druchrchnften. Der Sieg bei Jena . Ein Beilrag zur„Geschichte" Preußcn-Deutsch» land. 10 Pj. Verlag„Die Einigkeit". Berlin 0. 54.- Sozialdemokratie. Militarismus und Kolanialpolitik. Von A. DIx. 50 Pf Verlag der nationalliberalen Partei, Berlin W. 9.— JJJord»»d Sud." Eine deutsche MonalS christ. Hest 1 1908. Verlag I. Schottländer, Berlin W. 33.-. Hygiene der geistigen SlrbeU. Von Dr. med. O. Dornblüth. Geb. 4 M. Verlag für VollSwohIsabrt, Berlin W. 30.—- Bismarck im Lichte der Naturwisjenschast. Von Dr. G. Lomer. 3,75 Tl. Verlag E. Marhold in Halle a. S.--
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