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Horizont doutschsr Staa'Smänner. Die stärkste Macht unter der Krone Preußens sind nach wie vor die Konservativen. Wohl ist es möglich, sie im einzelnen Falle zu zwingen, sich einer Staats- Notwendigkeit zu beugen. Aber wer es tut, wird ihrer Rache nicht entgehen. Eine Wahlreform, wie wir sie oben gezeichnet haben, hätte ja tatsächlich den Konservativen wenig Abbruch getan, aber schon dieses Wenige ist ihnen zu viel. Nur durch einen starken Druck von oben wären sie an dieses Programm heranzubringen gewesen. Ist es für einen Staats- mann, der nicht Bismarck ist, geraten, einen solchen Druck an- zuwenden? Ich gestehe, ich habe eine Zeitlang eine solche Er- Wartung gehegt; aber jetzt, da sie nicht erfüllt worden ist, ist es mir doch nicht so ganz unverständlich. Wenn man aber die Konservativen nicht kräftig heranholen will, wie will man dann die Freisinnigen am Block festhalten? Die Antwort wird sein, daß Fürst Bülow in dem Jahr, seit er nch nun mit den Freisinnigen anfreundete und mit ihnen ver- handelte, herausgefunden hat, wie überaus schwach, man darf wohl sagen schwächlich, diese Partei heute ist. Sie hat es noch nicht einmal fertig gekriegt, ihre drei Gruppen zu einer Einheit zusammenzuschmelzen, und es fehlt ihr durchaus an taktischer Führung wie an einem Führer. Fürst Bülow wird also zu der Ueberzeugung gekommen sein, daß auch ganz minimale Konzessionen, wie das neue Vereinsgesetz und das neue Börsengesetz, genügen, die Partei vorläufig an der Stange zu halten. So ergibt sich die Möglichkeit, mit den Freisinnigen zu regieren, ohne fich die Konservativen zu ver- feinden; man behält zwar den Kurs nach links, laviert aber mit solcher Langsamkeit, daß das Vorrücken sich fast unmerklich vollzieht und die Konservativen nicht ver- stimmt. Man bleibt in steter Fühlung nach beiden Seiten; sollte der Druck der öffentlichen Meinung von links stärker werden, so kann man ihm etwas nachgeben, sollte die rechte Seite so stark bleiben, wie sie heute ist, so geschieht auch weiter so wenig im liberalen Sinne, wie eS heute geschieht... In dieser Weise sich von der öffentlichen Meinung treiben zu lassen, ist nicht das Wesen einer starken Regierung, aber daß die Taktik im parlamentarischen Sinne klug und richtig ge- dacht ist, hat sie auf der Stelle gezeigt. Statt in einen allgemeinen Wutschrei auszubrechen über die Enttäuschung, die ihnen bereitet ist, haben die Freisinnigen unter einigem Seufzen und Klagen sich des allerbescheidensten ToneL befleißigt. Liegt das etwa an den Führern, daß sie sich gar zu sehr geschmeichelt fühlen, auch einmal, wenn auch ganz unten am Regierungstisch zu sitzen? So spotten die Gegner. Aber es ist nicht wahr, der Grund liegt viel tiefer. Dieser Grund ist, daß die freisinnige Wählerschaft in ihrer großen Mehrzahl konservativ, man möchte beinah sagen, reaktionär geworden ist. Diese freisinnigen Wähler, die Hausbesitzer, Kauflcute, Rentner, Klcinindustrielle, Maurermeister, Krämer, Vauern wollen in Wirklichkeit gar nicht das demokratische Wahlrecht, das in dem Programm der Partei als Paradestück prangt. Sie sind hingegen sehr zufrieden, wenn die Partei mit ihren Anhängern von den Behörden nicht mehr als eine re- gierungsfeindliche angesehen wird. Ein Teil der Freisinnigen freilich, namentlich die Juden, die unter dem stillen Antisemitis- mus der regierenden Schichten zu leiden haben, und die idea- listischen Anhänger der liberalen Doktrin. sind mit dieser Haltung der Partei nicht einverstanden, aber sie kommen nicht auf gegen die Taktiker, die eingesehen haben, wie schwach die Partei in Wirklichkeit ist und sich danach richten und gegen die Stimmung der Menge, die fast ausschließlich beherrscht wird von der einen Empfindung des Gegensatzes gegen die Sozialdemokratie." Der Charakter des heutigen Freisinns ist in diesen Aus- Rührungen im wesentlichen richtig gezeichnet. Einst die Partei Her sogen, liberalen Berufe, des fortschrittlichen Gelehrten- rums, der aufstrebenden kommerziellen Schichten, ist sie unter der unfähigen Leitung ihrer Führer vom Schlage der Fischbcck, Kopsch und Konsorten in der Hauptsache zur Partei jenes Teils des Kleinbürgertums geworden, der über die Sorge um seine rein materiellen Interessen alle liberalen Ideale eingebüßt hat, den aber ein letzter Rest alter Tradi- tioncn noch davon zurückhält, sich den antisemitischen Mittelstandsrettern anzuschließen. Aber noch ein anderes Motiv hält des Freisinns Führer davon zurück, aus die Bülowsche Vrüskierung mit der Auf- kllndigung des Vlockverhältnisses zu antworten. Sie fühlen selbst, wenn auch wohl meistens nur instinktiv, daß der Frei- sinn nach seinem Perhalten im letzten Wahlkampf und nach seinem Konkubinatsverhältnis zu den Konservativen zu sehr bloßgestellt ist, als daß er ohne weiteres wieder in die frühere Oppositionsstellung einschwenken könnte. Große Teile seiner Anhängerschaft, besonders der ihm noch verbliebenen Handels- und Börsenkreise, sind viel zu sehr in den Kolonial- und Flottenrummcl mit allen seinen Nebenerscheinungen hinein- gezogen, als daß sie solche Schwenkung mitmachen würden. Und diese Kreise sind diejenigen, aus denen die dürftigen Parteieinnahmen des Freisinns fließen; die gewerblichen Kleinbürger, die den freisinnigen Parteischwanz bilden, stimmen wohl freisinnig, aber sie zahlen nicht. So kurz auch die Mitwirkung des Freisinns an der Blockpolitik ist, hat doch seine Stellung als Rcgierungshülfs- Partei seine oppositionelle Kraft gebrochen. Das wird sich gar bald zeigen, wenn die klerikal-konservative Koalition wieder hergestellt sein wird. Neilk Sklaven. Mit dem heutigen Tage tritt die Einrichtung der Aus- stellung von Jnlandsausweispapieren(Arbeiter- legitimationskarten) für ausländische Arbeiter in Preußen in Wirksamkeit. Dies neueste Hörigkeitsverhältnis von Ausländern soll nach einer Meldung derKölnischen Zeitung " auch von den beiden Mecklenburg , von Oldenburg , Bückeburg und Lippe-Detmold nachgeahmt iverden, auch sollen Verhandlungen mit den übrigen norddeutschen Bundesstaaten über ähnliche Maßnahmen schweben. Dies Verfahren ist ein Verstoß gegen die mit Deutsch - land geschlossenen S t a a t s v e r t r ä g e. die den Ausländern dieselben Rechte wie den Inländern versprechen. Die Legitimationskarte soll den ausländischen Arbeitern ab- genommen und ihnen so unmöglich gemacht werden. eine Arbeits st elle ohne Zustimmung des Arbeitgebers zu verlassen. Tun sie es dennoch. so sollen sie ausgewiesen werden. Die unter allen möglichen betrügerischen Vorspiegelungen nach Deutschland hinübergelockten Arbeiter Rußlands . Oester- reichs, Italiens usw. sind also vollkommen rechtlos. sobald sie gegen das Verlangen ihrer Arbeitgeber sich ans- lehnen. Es ist bekannt und von Gutsbesitzern selbst offen zu- gegeben, daß nach Deutschland verlockte ausländische Arbeiter von Großgrundbesitzern in ihren Rechten schwer gekränkt werden, und daß in vielen Fällen die Besitzer die Kontraktbrüchigen sind. Nicht anders steht es mit Großindustriellen. Gewisser- maßen als Prämie für den Kontraktbruch der Arbeitgeber muß die Neueinrichtung wirken... Sie soll offensichtlich ferner Streikbrecher, die unter betrügerischen Vor- spiegelungcn nach Deutschland verlockt sind, von Informationen durch ihre Arbeitsbrüder zurückhalten. Die ausländischen Arbeiter können danach nicht dringend genug davor gewarnt werden, sich nach Deutschland anwerben zu lassen, weil sie hier fortan fast vollkommen recht- und schutzlos sind! politilcke ClcbcrUcht. Berlin , den 31. Januar 1908. Kampf um Anerkennung der Arbeiterorganisationen. Aus dem Reichstag . Bei Weitcrberatung des Marinebudgets kam es zu einer lebhaften Auseinandersetzung über die Frage, ob die Marineverwaltung mit den gewerk- schaftlichen Arbeiterorganisationen über Arbeitsbedingungen verhandeln solle. In der Budgetkommission war unter Mitwirkung unserer Partei eine Resolution angenommen worden, die verlangt, daß die Marineverwaltung nur an solche Firmen Arbeiten vergeben dürfe, die in Beziehung auf die Arbeitsbedingungen die gesetzlichen Vorschriften innehalten und falls Tarifver- träge für die betreffende Art der Arbeit am Ort des Be- triebes gelten, nicht hinter den Bestimmungen dieser Tarif- Verträge zurückbleiben. Ferner solle die Marineverwaltung angewiesen werden, die Festsetzung oder Neuordnung von Arbeitsbedingungen in den Reichsmarinebetrieben unter Mit-- Wirkung der Arbeiterausschüsse vorzunehmen. Aus dem letzteren Satze der Resolution war in der Kom- Mission das WortArbeiterorganisation" gestrichen worden. Die Sozialdemokratie beantragte nunmehr, dieses Wort wieder hinzuzufügen, so daß also mit dieser Ergänzung der Reichstag sich dahin aussprechen würde, daß die Marine- Verwaltung in Verhandlungen mit den Arbeiterorganisationen eintreten solle. Die Resolution in der Kommissionsfassung wurde von dem Zentrumsabgeordneten Gröber begründet, der nach- wies, daß ähnliche Beschlüsse über die Notwendigkeit bei der Vergebung von Regierungsarbeiten den Unternehmern die Anerkennung von Tarifverträgen aufzuerlegen, bereits früher gefaßt wurden. Zum Schluß erklärte er für seine Partei auch die Zustimmung zu dem sozialdemokratischen Antrage. Gegen die Resolution überhaupt sprach der Konservative v. R i ch t h o f e n. der darin einen unberechtigten Eingriff in die freie Vereinbarung zwischen Unternehmern und Arbeitern entdeckte. Genosse Ledebour vertrat den sozialdemokratischen Verbesserungsantrag. Er wies zunächst den von dem Admiral v. Tirpitz in der Kommission gemachten Einwand zurück, daß durch eine solche Bestimmung die den Arbeitern gesetzlich ge- währte Koalitions f r e i h c i t in einen Koalitions zwang verwandelt würde. Kein Arbeiter solle gezwungen werden, einer Koalition beizutreten, und alle bestehenden oder noch zu begründenden Arbeiterorganisationen sollen zur Teil- nähme an den Verhandlungen berechtigt sein. Unverständlich sei es, wie von freisinniger Seite geltend gemacht werden konnte, daß man der Behörde doch nicht zumuten könne, mit Sozialdemokraten zu verhandeln. Daun dürfe sie auch nicht mit den Ausschüssen verhandeln, ja sie dürfe dann überhaupt keine Sozialdemokraten beschäftigen. Hoffentlich hätten die Herren von der Freisinnigen Partei sich das mittlerweile über- legt. Hätten sie nur irgend ein Mitglied der ihnen nahe- stehenden Hirsch- Dunckerschen Organisationen gefragt, so würden sie zweifellos die Auskunft bekommen haben, daß unser Antrag im Interesse aller Arbeiter, aller Arbeiter- organisationen jedweder Richtung liege. Er hoffe deshalb, daß im allgemeinen Arbeiterinteresse auch die Freisinnigen für das Amendement stimmen würden. Zur Beruhigung der Herren, die allerhand Unheil in dem Antrage witterten, wies Ledebour nach, daß in Eng- land seit dem Jahre 1891 das Unterhaus zuerst durch einen Beschluß die Sache in Fluß gebracht habe, sich die Anerkennung der Trade- Union- Vages(Gewerkschaftslöhne) durch die Regierungsbetriebs sowie die Praxis, den Unternehmern die Anerkennung dieser Löhne bei Regierimgskontrakten aufzu- zwingen, sich mit Erfolg zuni Nutzen der Regierungsbehörden wie der Arbeiter und der Unternehmer durchgesetzt habe. Gehe der Reichstag auf unseren Vorschlag ein, so werde das dazu beitragen, die rückständige Auffassung vieler Unter- nchmer, daß die Arbeiter nicht gleichberechtigt sein dürften, aus der Welt zu schaffen. Der Abg. S e m l e r sprach sich namens der national- liberalen Partki sowohl gegen die Kommissionsresolution wie natürlich auch gegen das sozialdemokratische Amendement aus, indem er versicherte, verschiedene Schifisbaufirnien würden unter solchen Bedingungen(Anerkennung von Tarifen) konkurrenzunfähig werden. Tarauf sprach für die gesamte freisinnige Fraktions­gemeinschaft der Abg. P a ch n i ck e die Zustimmung zu der Kommissionsresolution aus, um dann in sehr gewundenen Redensarten die Aufnahme der Worteu n d Arbeiter. organisationen" abzulehnen. Seiner Ansicht nach könnten die Arbciterausschüsse in den Marinebetriebcn die Verhandlungen mit den Behörden ganz allein sübren. Die Organisationen seien nicht dazu erforderlich. Zur Recht- fertigung der in der Kommission gefallenen freisinnigen Worte ging er zu einem Angriff auf die Sozialdemokratie über, die die Arbeiter nur ins Verderben führe. Die freien Gewerkschaften müßten sich von der Sozialdemokratie cman- zipieren kurz die alte Litanei, die bei Sozialdemokraten und Gewerkschaftlern nur Heiterkeit erweckt. Weit mehr soziales Verständnis bewies der christlich- soziale Herr Behrens, der sick. allerdings nur für seine Person, nicht auch für die Wirtschaftliche Vereinigung, zu- gunsten der Resolution sowohl wie des sozialdemokratischen' Amendements erklärte. Ledebour kennzeichnete die Darlegungen Pachnickes als Verlegenhcitsausreden, die nur die arbeiterfeindliche Ab- stimniung der Freisinnigen bemänteln sollten. Die Arbeiter aller Arbeiterorganisationen würden das als einen Schlag ins Gesicht empfinden. Nachdem Herr P a ch n i ck e seinen Standpunkt abermals vertreten, die Identität der Sozialdemokratie und der Ge- werkschaften betont hatte, ergriff Genosse Hue das Wort. Seinen Darlegungen, daß auch die Hirsch-Dunckerschen Ge- werkvereine Politik treiben, knüpfte er die Bemerkung an. er für seine Person stehe durchaus aus dem Standpunkt der Neutralität der Gewerkschaften; er wolle aber nicht verhehlen. daß innerhalb der Sozialdemokratie es Genossen gebe, die eme Keil innigere Verbindung Set GeKerkschaskeli fitfl 5SI Sozialdemokratie anstrebten. Herr Dr. M u g d a n machte darauf einen heftigen An- griff auf die Sozialdemokratie, der er vorwarf, daß sie das Arbeiterinteresse gar nicht bei diesem Antrage verfolge. Wie raffiniert sie vorgehe, zeige sich wieder darin, daß sie jetzt den Abg. Hue vorgeschickt habe, um von ihm die Neutralität der Gewerkschaften betonen zu lassen. Ledebour wies diese Insinuation zurück, indem er fest- stellte, daß Hue keineswegs beauftragt sei, das Wort zu er- greifen, sondern auf seine eigene Verantwortung hin ge- sprochen habe. Mugdan habe ja früher schon seine Arbeiter- feindlichkeit hinreichend durch seine Angriffe auf die Selbst- Verwaltung der Krankenkassen erwiesen. Sein heutiges Auf- treten stehe völlig im Einklang damit. Da namentliche Abstimmung beantragt war. wurde die Abstimmung über die Resolution und das Amen- dement auf den folgenden Tag vertagt. Im Verlauf der sonstigen Marinedebatte nahm noch Ge- nosse S üd e k u m im Einklang mit Herrn Erzberger vom Zentrum Anlaß, die Marineverwaltung darauf hinzu- weisen, daß sie in den Gemeinden, wo Marinebetriebe be- stehen, auf die Einführung der Wertzuwachssteuer hinwirken möge. Zum Reichseisenbahnetat brachte Genosse Stolle die vielen Eisenbahnunfälle zur Sprache, die offen- bar häufig auf Mängel im Betriebe zurückzuführen seien. Der Präsident Schulz bestritt indes, daß da irgend welches Verschulden der Verwaltung sich nachweisen lasse. Tie Herabsetzung der Zuckersteuer. In der Kommission, die zur Prüfung des Nachtrage? zur Brüsseler Zuckerlonvention am 30. und 31. Januar tagte, drehte sich die Erörterung fast ausschließlich um den An« trag Schwerin, der die Herabsetzung der Zuckersteuer von 14 M. auf 10 M. für den Doppclzentner zur Vorbedingung der Zustimmung zu der Konvention machen will. Wie aus der ersten Lesung erinnerlich, hatte Graf Schwerin seinen Antrag verkoppelt mit der Bestimmung, daß die eventuellen Einnahmeausfälle durch Anleihen gedeckt werden sollten. Das war schon im Plenum ver- schiedenerseits für unzulässig erklärt worden. Der Antragsteller hatte deshalb zunächst seinen Antrag dahin geändert, daß der Ersatz des Einnahmeausfalls durch andere Verbrauchssteuern in Aussicht gestellt werde. Der freisinnige Abgeordnete Wiemer beantragte dagegen eine Fassung, die zwar auch die Herabsetzung der Zuckersteuer von 14 auf 10 M. forderte, aber der Regierung leine bindende Per- pflichtung auferlegte. In der Debatte wurde seitens der Konservativen, der Rational - liberalen und des Zentrums geltend gemacht, daß die Herabsetzung der Zuckersteuer unbedingt notwendig sei, um der Zuckerindustrie. der der auswärtige Markt durch den Nachtrag zur Konvention noch mehr beschränkt werde, einen Ersatz durch Vermehrung des Inland- konsums zu schaffen. Die Regierungsvertreter wandten ein, der Einnahmeausfall sei zu groß, um die Herabsetzung der Steuer zu rechtfertigen. Es handele sich zunächst um einen wahrscheinlichen Ausfall von 20 bis 25 Millionen Marl . Seitens verschiedener Vertreter der Kommission wurde daran erinnert, daß die Regierung schon 1302 eine Herabsetzung der Steuer in Aussicht gestellt habe. Ferner habe der Reichstag dreimal die Herabsetzung beschloffen und dennoch wende die Regierung auch jetzt wieder ein, sie könne dem nicht zustimmen. Namens der Sozialdemokratie erklärte Genosse Ledebour . daß der Antrag Wiemer ganz zwecklos sei, da er der Regierung keine bindende Verpflichtung auferlege. Das sei aber nach den bjs. herigen Erfahrungen durchaus erforderlich. Die Herabsetzung der Steuer sei nicht nur im Interesse der Industriellen, sondern auch der Konsumenten erforderlich. Der Antrag Schwerin fei aber auch in seiner neuen Fassung für uns unannehmbar, da er mit einer neuen Verbrauchssteuer drohe. ES sei richtiger, die Frage, w i e der Ausfall zu decken sei, hier völlig aus dem Spiele zu lassen. Ucbrigens könne der Einnahmeausfall auch durch Ausgaben» r e d u k t i o n beglichen werden. Um diesen Einwendungen entgegenzukommen, legte nunmehr Graf Schwerin am Freitag eine neue Fassung vor, die mit einer später aufgenommenen redaktionellen Aenderung S a v i g n y lautet: Artikel 1. Die Zuckersteuer wird späte st enS vom 1. Ol- tober 1909 ab von 14 aus 10 M. von 100 Kilogramm Rein- gewicht herabgesetzt. Artikel 2. Sollte vor dem 1. Oktober 1309 eine Erhöhung anderer eigener Einnahmen des Reichs erfolgen, welche eine Deckung des etwaigen Ausfalls an Zuckcrsteuer sicherstellt, so soll die im Artikel 1 gedachte Herabsetzung der Zuckersteuer a u s Anordnung des Bundesrats gleichzeitig mit dieser Er- höhung anderer eigener Einnahmen des Reichs stattfinden. Artikel 3. Dieses Gesetz tritt gleichzeitig mit der Ratifi- kation des in Brüssel am 28. August 1907 zwischen dem Reiche und mehreren anderen Staaten abgeschlossenen Vertrages in Kraft. Der Reichsschatzsekretär erklärte, daß er zweifelhaft sei. ob nicht bei Annahme dieses Antrages die Regierung die Kon- vcntion scheitern lassen würde. Er erklärte sich für den Antrag Wiemer. Trotzdem wurde der Antrag Schwerin mit der Maß. gäbe, daß die Konvention nicht«her ratifiziert werden dürfe, als bis Bundesrat und ReicbStag ihre Zustimmung zur Herabsetzung der Zuckcrsteuer gegeben hätten, mitallen gegendrei srei- sinnige Stimmen angenommen. Die Freisinnigen erwiesen sich in der Zuckerfrage also als die einzige regierungstreue Parten_ JuftizaUerlci im Treiklasfetthansc. Die Geldsackscrkorcnen in der Prinz-Albrechl-Straße stellten am Freitag den Justizetat in zweiter Lesung fertig. Nachdem Tesseu- dorffSGeist" in den vorigen Sitzungen sich ausgetobt, büeb Heini grundsätzlichen Ausschluß jeder Kritik der Klassenjustiz in diesem Klassenhause"ur noch eine kärgliche Auslese übrig. Immerhin trieb die Reaktion noch ein paar wohldiiftende Blüten. Der Zentrumsmann Dablem begeisterte sich für Einschränkung des Armenrcchlö. Sehr hübsch von einem Vertreter der Partei, die Erz- bergcr in Hobe» Tönen als christliche Volkspartei gefeiert hat. Der Abg. Baensch-Schmidtlein erzählte ein an sich nicht üblcS Siückchcn. wie er den FiSluS genötigt hat. einer zu llnrccht eingesperrten alten Frau 15 M. zu bezahlen; eigentlich bandelte es sich um 18 M., aber 3 M. ist der Fiskus»och schuldig geblieben. Das Histörchen ist bezeichnend für die schäbige Filzigkeit des Fiskus. UebrigenS kann Herr Baeusch-Schmidtlein seinem Schöpser aus den Knien danken, daß seine freikouservative Parteistetlung ihn vor jedem Verdachte böswilligen Vorbedachts schützt; ein Sozialdemokrat wäre er dem Schicksal nicht entgangen. vom Staatsanwalt wegen.Erpressung" beim Schlasittchen genommen zu werde». Aeußerst erbaulich für die freisinnigen Vlockbrüder der Katst-r- vativen. insonderheit für die Rosenow und Cassel, mag da» fröhliche