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Nr. 20.

Erscheint täglich außer Montags. Preis pränumeranda: Viertel­jährlich 3,30 Mart, monatlich 1,10 mt, wöchentlich 28 Pfg. frei in's Haus. Einzelne Nummer 5 Pfg. Sonntags- Nummer mit illuftr. Sonntags- Beilage Neue Welt" 10 Pfg. Boft- Abonnement: 3,30 Mt.pro Onartal. Unter Kreuz­ band : Deutschland u. Defterreich­Ungarn 2 Mt., für das übrige Ausland 3 Mt.pr.Monat. Eingetr. in der Post Zeitungs- Preisliste für 1893 unter Nr. 6708.

Vorwärts

10. Jahrg.

Insertions- Gebühr beträgt für die fünfgespaltene Petitzeile oder deren Raum 40 Pfg., für Vereins- und Bersammlungs- Anzeigen 20 Pfg Inserate für die nächste Nummer müssen bis 4 Uhr Nachmittags in der Expedition abgegeben werden. Die Expedition ist an Wochen­tagen bis 7 Uhr Abends, an Sonn­und Festtagen bis 9 Uhr Vor­mittags geöffnet.

Fernsprech- Anschlus Amt I, Nr. 4186.

Berliner Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands .

Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.

Bergmannsfreunde.

Dienstag, den 24. Jannar 1893.

Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.

nach dieser Auslegung auf Solche, welche die Interessen Bernerstorfer kürzlich im dortigen Reichsrath auf den Minister der Bergleute gegen die Bergwerks- Verwaltung vertheidigten, Taaffe anwandte: es fehlt jede Spur von sittlichem Ernst!

Schon Wochen vor dem unglücklichen Bergarbeiterstreit und sie trifft deshalb die Bergleute doch mit, die mit Und so etwas spielt im Namen des Staates den Sitten­im Saarrevier hat der Vorwärts", wie Liebknecht im feinem Worte zu erkennen gegeben haben, daß sie die Be- richter über die Bergleute und nennt sich Bergmanns­Reichstag hervorheben konnte, auf den legten Anlaß des nennung als Lohnsklaven" entehrend finden, die freund". Blutiger Hohn! Ausstandes, auf die unglaubliche Arbeitsordnung aufmerksam selbe vielmehr sehr oft oft selbst gebrauchen. In gemacht, welche damals auf den staatlichen Gruben ein- dieser Hinsicht sollte der fiskalische Bergmanusfreund" geführt werden sollte und jetzt eingeführt ist trotz aller mehr um die Ehre der Bergverwaltung, als um diejenige Gegenwehr der Arbeiter. Aber die Arbeitsordnung selbst der Bergleute besorgt sein, die ihm gar keinen Auftrag zur

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war noch nicht einmal das Schönste. Das Aergste in der Wahrung ihrer Ghre gegeben haben. Aber noch mehr! Politische Lebersicht.

Beschimpfung der fiskalischen Bergleute leistete ein Die bodenlose Unverschämtheit" ist nur ein winziger Blättchen, das die königliche Bergwerksdirektion im Saar- Theil aus dem eisernen Bestand von

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An­

Berlin, den 23. Januar. revier herausgiebt, um die Bergarbeiterbewegung zu Schimpfwörtern, mit denen das staatliche Blatt im Aus dem Reichstag . Vor Eintritt in die Tagess bekämpfen auch ein Unikum! und das sich Saarrevier während des Streits gearbeitet hat. Dieser ordnung nahm der Abgeordnete Singer Gelegenheit auf die den schönen Namen Bergmannsfreund" zugelegt hat. Nachweis soll jetzt erbracht werden, da der edle" Berg - letzte Anrempelung des Herrn Dr. von Frege zu antworten. Diese Art" Bergmannsfreund" ist für unsere Be- mannsfreund" zu dieser zu dieser Auseinandersehung geradezu Dieser Herr, der die Frechheit hatte, im Reichstag die wegung unter den Bergleuten unbezahlbar. Sie provozirt. sozialdemokratischen Wähler grüne Jungens zu nennen, gestattet uns, allen Schimpf und alle Schande, deren Eine nur oberflächliche Durchsicht der Nummern und wußte letthin auf die treffliche Abfertigung Singer's nichts man sich im Saarrevier gegen die Bergarbeiter schuldig ge- Extrablätter des staatlich herausgegebenen Bergmanns zu antworten, als die aus diesem Munde recht schlecht an­macht hat, schwarz auf weiß nachzuweisen und festzustellen, freundes" zur Zeit des Streits ergiebt folgende hübsche gebrachte Erklärung, seine Erziehung verbiete ihm, auf die und wir müssen dem preußischen Staat dafür dankbar sein. Blumenlese aus dem Schimpflexikon des redigirenden Berg- Singer'schen Angriffe zu antworten. Mit beißendem Hohne Neuerdings fordert dieser edle Bergmannsfreund", wahr- affeffors: 31. Dezember: unglaublich frivol"," ehrloses erwiderte Singer heute darauf, daß er nur bedauern scheinlich im Uebermuth des augenblicklichen Sieges über Manöver", wahnwizer Streit", Warken's" unsauberer könne, daß Herrn Dr. von Frege seine Erziehung nicht die armen Bergleute, zu seiner Kennzeichnung in dieser Fuß"," Schmach und Schande"," bodenlose Unverschämtheit verhindert habe, zu der ihm gewordenen nothwendigen Hinsicht förmlich auf, und wir können daher um so zeit der Führer"( Lieblingswort!); 3. Januar: Bande", Abweisung den Anlaß zu geben. Hierauf trat das Haus gemäßer eine Auseinandersegung mit ihm vornehmen, die ruchlose Thaten"; 4. Januar: Schmach und Schande"; in die Tagesordnung ein. Dieselbe konnte, wie voraus­er längst heraufbeschworen hat. 6. Januar: grobe Lüge" rohe Gesellen"," Warken- zusehen war, heute nur zum Theil bewältigt werden. In der Polemik mit dem Vorwärts" über die übel schüler"; 9. Januar: sozialdemokratischer Zeitungs- genommen wurde nach kurzer Debatte der Gesetzentwurf berufene Arbeitsordnung hatte der fiskalische Bergmanns- kolporteur"( damit ist ein Redakteur gemeint!); 10. Januar: betreffend die Einheitszeit. Eine von der Kommission in freund" an der Saar den Ausdruck gebraucht, es sei eine Schurkenstreiche"," grölende Haufen, Hezergesellschaft", Borschlag gebrachte Resolution, Abänderung der Zeit­bodenlose Unverschämtheit", von den Saarbergleuten zu be- ungewaschenen Mund spazieren führen"; 13. Januar: bestimmungen in den Vorschriften der Gewerbe- Ordnung haupten, sie seien schwarze Lohnstlaven". Als anständiges wird den Bergleuten nicht weiter gepumpt, so werden sie betreffend die Kinder und jugendlichen Arbeiter wurde ab­Arbeiterblatt war der Vorwärts" natürlich damals nicht frech"," Wormser Schnuckelchesfreund"," Lausbuben"," Bild- gelehnt.- Die Debatte über den zweiten Gegenstand der auf diesen Ton eingegangen, den sich vielleicht ein von der stocker Zirkusreiter"; 17 Januar:" Streifbruder", Tagesordnung, Wuchergesetz- Vorlage, konnte nicht zu Ende preußischen Verwaltung bezahltes und von einem Berg-" Blutsauger auf Bildstock" u. s. w. in reicher Auswahl! assessor redigirtes Staatsblatt leisten kann. Der Vorwärts" So hat das staatlich herausgegebene und subventio- geführt werden und wird dieselbe morgen fortgesetzt werden. tachtelte damals den Bergmannsfreund" sa chlich der- nirte Blatt, eine schöne Sorte von Bergmanns - ,, Aufklärung über die Militärvorlage" betitelt sich artig ab, daß er nicht wieder kam, und das genügte. Nach freund" im Saarrevier, vor, während und nach dem eine bei Ernst Siegfried Mittler und Sohn erschienene träglich scheint aber der rüde Ton des edlen fiskalischen Streit zu den Bergleuten gesprochen oder seine Mit Broschüre, die massenhaft verbreitet wird. Sie ist augen­" Bergmannsfreundes" an der Saar doch irgendwo arbeiter sprechen laffen, indem es die noch arbei- scheinlich offiziösen Ursprungs und soll für die Militär­aufgefallen zu sein, natürlich erst nach dem Streit, tenden Bergleute in der widerlichsten Weise lobte und an- vorlage Propaganda machen. Sie führt zu diesem Zwecke da die Brutalität der Sprache in dem staatlichen Blatte schmeichelte, die ältesten Weiberklatschgeschichten aus dem das bekannte Zahlenmanöver aus, wonach die Russen und ihre Schuldigkeit gethan hatte; in der Presse und durch die natürlich nicht immer feinen Bergmannsleben erzählte und Franzosen über ein viel größeres Heer gebieten als Deutsch­Hinweise des Genossen Auer bei den letzten Streitdebatten jedesmal, wenn ein Beamter oder Nichtstreifender einen land und der Dreibund. Wenn die Militärvorlage nicht im Reichstage ist man wohl aufmerksam geworden kurz Ausständigen recht roh angefahren oder gründlich verhanen durchginge, dann hätte im Kriegsfalle, selbst wenn die ber fiskalische Bergmannsfreund" an der Saar kommt hatte, einen überschwänglichen Lobhymnus auf diese Helden- Präsenzstärke um 25 000 Mann vermehrt würde, Deutsch­in seinem neuesten Extrablatt vom 18. Januar auf tha ten anstimmte! So hat die würdige" Haltung der Berg- land um 840 000 Soldaten weniger als bei Annahme der die Sache zurück und entschuldigt sich nachträglich da behörde in der Praxis und Wirklichkeit ausgesehen; leider Vorlage. Verschwiegen wird wohlweislich, daß diese an­mit, daß er keineswegs mit seiner bodenlosen Unverschämt haben ja die wenigften, die über die Streitbewegung schnell geblich weniger verfügbare Zahl sich auf eine Armee von heit" die Bergleute selbst, sondern nur Diejenigen gemeint und leichthin urtheilen, eine Ahnung von dieser Wirklichkeit. 42 Millionen Soldaten beziehe. Das weiß jeder im Volke, habe, welche die Bergleute mit dem entehrenden" Namen Man fann den ganzen Eindruck dieses Verhaltens seitens daß der Sieg um kein Haar breit mehr gesichert ist, ob wir schwarze Lohnstlaven" belegt hätten. Das ist nun eigent des fiskalischen Bergmannsfreundes" im Saarrevier, der 3 oder 4 Millionen ins Feld schicken. Dann aber lich eine recht merkwürdige Ausrede. Die schöne Redens- von Gebildeten" zur Belehrung und Unterhaltung" der marschirt die Broschüre mit dem Märchen auf, art von der bodenlosen Unverschämtheit" im Munde eines Bergieute geschrieben sein soll, nicht anders kennzeichnen, daß bei der Bewilligung der Vorlage es im Kriegs­öffentlich auftretenden Staatsbeamten bezog sich doch auch als mit den Worten, die der österreichische Abgeordnete falle möglich wäre, ungefähr 460 000 ältere meist

Feuilleton.

Macbrua verboten.]

Haus Nuzingen.

Soziale Studie von H. de Balzac . Deutsch von Curt Baate.

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Gerade bin ich dabei!" rief Bigiou. Ihr seid bis jetzt dem Lauf all der kleinen Bächlein gefolgt, aus denen Rastignac's vierzigtausend Franks Rente, die so vielen Leuten in die Augen stechen, zusammengeflossen sind. Rastignac hatte damals all' die Existenzen, von denen ich gesprochen, am Faden."

Also Desroches, die Matifat's, Beaudenord, die Aldrigger's, d'Aiglemont..."

Und hundert Andere!" ergänzte Bigiou. " Aber wie ging das zu?" rief Finot.

Ich weiß zwar viel, aber dies Räthsel fann ich doch nicht lösen."

Bigion begann wieder:

"

Gläubiger mit fiktiven Werthen zu entschädigen, ihr Geld möglich. Mehr als ein redlicher Bankier hat mit Billigung aber in der eigenen Tasche zu behalten. Im Geschäfts- einer redlichen Regierung den feinsten Börsenfüchsen Papiere leben bezeichnet man eine solche Absicht freilich nicht so angedreht, die in absehbarer Zeit völlig entwerthet sein mathematisch bestimmt, wie ich hier. mußten. Ihr habt ja selber noch ganz andere Dinge ge­Eine Liquidation, wie er sie vorhatte, besteht darin, fehen: Hat man nicht und zwar immer mit Wissen, ja großen Kindern für einen Louisd'or ein Pastetchen in die unter dem kräftigen Beistand der Regierung Anleihen Hand zu drücken, großen Kindern, die noch immer wie kleine emittirt, nur um die Zinsen anderer Anleihen damit zu Kinder Pasteten einem Geldstück vorziehen, ohne zu wissen, decken und ihren Kurs aufrecht zu erhalten, weil man sie daß sie sich für ihr Geldstück zweihundert Bastetchen kaufen an den Mann bringen wollte? Solche Operationen haben fönnen." mehr oder weniger Aehnlichkeit mit Nuzingen's Liqui­dation."

" Wie kannst Du nur so etwas sagen, Biriou!" rief Couture." Nichts kann loyaler sein. Jezt vergeht fast keine Woche, wo man dem Publikum nicht Pasteten anbietet und einen Louisd'or dafür verlangt. Aber ist denn das Publikum gezwungen, sein Geld herzugeben? Hat es nicht das Recht, flug und aufgeklärt zu sein?"

"

"

Im Kleinen mag's sonderbar scheinen," sagte Blondet, aber im Großen ist's hohe Finanz. Es giebt Handlungen der Willkür, die zwischen Individuum und Individuum hart bestraft werden, die aber zu nichts werden, wenn sie auf eine Masse sich erstrecken, sowie ein Tropfen Blausäure in einem Kübel Wasser unschädlich wird.

Stiehlst Du fünfhundert Franks aus einem Geldschrank, so wirst Du ins Zuchthaus gesteckt. Angelst Du aber Tausende mit dem Köder angeblichen Profits und veran­laßt sie Anleihen irgend einer bankrotten Republik oder Monarchie zu kaufen, mit deren Erträgniß nach Couture die Zinsen derselben Anleihe bezahlt werden, so darf Dich feiner deshalb schief ansehen. Das sind in Wirklichkeit die Prinzipien unseres goldenen Zeitalters!"

Na, na!" versetzte Biriou." Euch wäre es doch am liebsten, wenn jeder gezwungen werden könnte, Aktien zu kaufen." Nein," crwiderte Finot. Wo wäre dann das Talent?" Gehr gut, sehr gut für Finot," urtheilte Birou. Blondet hat Euch en gros von Nuzingen's zwei ersten Wer hat ihm den Witz eingeblasen?" fragte Couture. Liquidationen erzählt, jetzt sollt Ihr von seiner dritten Nuzingen hatte also," fuhr Biriou fort, zweimal gegen en détail hören. Seit dem Frieden von 1815 war seinen Willen das Glück gehabt, eine Bastete zu vergeben, Nuzingen dahinter gekommen, daß das Geld, was wir die sich später für viel werthvoller erwies, als was er dafür Um eine so gewaltige Waschine in Bewegung zu setzen, erst heut begreifen, nur in kolossaler Menge eine Macht ist. erhalten hatte. Dies unglückliche Glück hatte ihm Gewiffens waren" fuhr Bigiou fort gar viele Marionetten er­Er war im Geheimen auf die Gebrüder Rothschild eifer- bisse verursacht. Ja ein Mann wie er fann an solchem forderlich. Zunächst hatte die Firma Nuzingen ihre fünf süchtig. Fünf Millionen besaß er, und zehn Millionen Glück sterben. Er wartete zehn Jahre lang, um sich besser Millionen absichtlich in ein amerikanisches Geschäft gesteckt, wollte er haben. Mit zehn Millionen konnte er vorzusehen und Werthe auszugeben, die von außen gut dessen Nutzen seiner ganzen Natur nach erst sehr spät zum dreißig verdienen, mit fünf aber nur fünfzehn. Das schienen, während sie doch..." Vorschein kommen mußte. Absichtlich entblößte sie sich aller wußte er, und so entschloß er sich, zum dritten Mal Wenn man das Bankgeschäft so erklären will," unter- Baarmittel, denn- jede Liquidation muß begründet zu liquidiren. Der große Mann nahm sich vor, seine brach ihn Couture, dann ist überhaupt kein Handel mehr werden. An Privatfonds und laufenden Wechselu besaß

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