147. 25. Iahrgasg.1. KeilU des Jeraitfs" Serlim DsUisdlsIt.Dienstag, 35. Februar 1908./Zbgeoränetenkaus.d7. chung vom Montag, den 24. Februak 1908,vormittags 11 Uhr.A Ministertisch: Dr. Holle.T Beratung des Kultusetats wird fortgesetzt beimKapitt,Medizinalwcsen".A Keil(natl.) tritt für eine Vermehrung der vollbesoldetenKreis>te ein.A Peltasohn(srs. Vg.) spricht sich in gleichem Sinne aus.Die Sorderungen an die Kreisärzte seien sehr hoch, sie mühtendie vc Verantwortung tragen, auch wenn sie nur nebenamtlichtätig:n. und es sei daher notwendig, schneller in der Umwand-lung: nebenamtlichen in vollbesoldete Stellen für Kreisärztefortzusren als bisher.A Gyßling(srs. Vp.) bittet ebenfalls um verstärlte An.stcllun, ollbesoldeter Kreisärzte und verlangt die Einführung derobligatischen Leichenschau.Mster Dr. Holle: Die Kreisärzte haben auherordentlichschwerchflichten, sie haben abgesehen von Notfällen, nicht dasRecht, lbständige Verfügungen zu erlassen, sondern nur dasRecht, rtachten zu erstatten. Es hat sich aus der Statistik er-geben, h die Mortalität auf dem Lande größer ist als in denStädte: Um aber zu verhindern, daß auf dem Lande zu scharfeAnordngen auf gesundheitlichem Gebiet getroffen werden, sollendie Krürzte vorher in Verbindung mit Vertretern der Land-ivirtschi treten. In Aussicht genommen ist eine erhöhte Dienst.gufwanentschädigung für die Kreisärzte.Ab Dr. v. Heydebrand(k.): Wenn der Minister auf diehöhere erblichkeit auf dem Lande hinwies, so möchte ich daraufausmerm machen, dah wir auf dem Lande vielfach nur Greifeund Kirr haben, die Leute in den besten Jahren arbeiten in dengroßen tädten. Jedenfalls läßt sich also aps der Statistik überdie gröce Sterblichkeit auf dem Lande nicht die Notwendigkeitzu schäwen sanitären Maßnahmen herleiten.(Beifall rechts.)AbMünsterberg(srs. Vg.) betont die Notwendigkeit der ge-setzlichetllegelung des Hebammenwesens.Ab�Dr. Hcydweiller(natl.) schließt sich dem Vorredner an.AbxSchmedding(Z.): Die Einstellung von 50 000 M. inden Etc zur Förderung des Hebammenwesens in den östlichenProvinz ist erfreulich, es ist aber bedauerlich, daß uns das vomMinisteDr. Studt in Aussicht gestellte Gesetz noch nicht vorgelegtist. Namtlich müßte die Gebührenordnung für die Hebammengesetzlicheregelt werden.Miller Dr. Holle: Ich erkenne an, daß das Hebammenwesendringentvcrbesserungsbedürftig ist. Ein Gesetzentwurf zu dessenRegelunist ausgearbeitet. Da aber die gesetzliche Regelung docheine sehllarre werden würde und sie unter Umständen zur Ueber-lastung r stark belasteten Kommunalverbände führen könnte, sohabe ich ersucht, diese Frage in möglichster Anpassung an die ört-lichen Vhältnisse zu regeln. Aus den im Etat vorgesehenenMitteln erden den Kreisen Unterstützungen zugewiesen, die sie andie Koniuncn verteilen. Ein Gesetz über die Gebührenordnungfür Hebamen wird dem Hause im nächsten Jahre zugehen.Auf ine Anfrage des Abg. v. Conrad(fk.) erklärt ein R e.y i e r u r s k o m m, f s a r, daß die Verbreitung der Granulöse inOstpreußi erheblich zurückgegangen sei.Abg.Zrhr. v. Wolff-Metternich(Z.) regt eine vermehrte An-stellung n Weinkellerkontrolleuren im Hauptamte an.Ein tegierungskommissar legt dar, daß die Kostenfür die lusübung der Weinkontrolle ebenso wie die für dieNahrungllittelkontrolle von den Gemeinden zu tragen seien. Eswürden Uhulsen zur Anstellung von Weinkellerkontrolleuren ge-währt, den sich die Polizeibehörden bedienen könnten.Abg. traf Spee(Z.) wünscht wirksamere Bestimmungen für'»ie Ausü�ng der KellcrkontrolleDas.apitel wird bewilligtEs fqt das Kapitel„lliverfttäten und Charite-Krankenhalls Berlin".Abg. r. Hackcnberg(natl.): Auf Ausführungen des Abgc.ordneten letzenthin hat der Minister neulich erwidert, daß beider Bcsetzug der Lehrstühle für evangelische Theologie die wissen»schaftliche'efähigung der Dozenten im Vordergrund stehen müsse,und er ha hinzugefügt, es müßten auch die verschiedenen Rich-tungen in:r evangelischen Kirche berücksichtigt werden. Ich haltedie mechanche Scheidung zwischen kritischen und positiven Theo-kleines feuilleton.Wie da„Pfingstwunder" sich offendarte. Der norwegisch-ameri-konische Laioprediger Baratt, dessen„Erwecklingsversammlungen"seinerzeit au in Kristiania ungeheuren Zulauf hatten und bei einerMenge von Zenschen religiöse Verzückungen hervorriefen, macht jetztvon neuem neder von sich reden. Obwohl im allgemeinen auch inder norwegisien Staatskirche das Wort gilt:»In der Kirche sprichterst und letzt.der, den man hat hinaufgesetzt", io fand Baratt dochkürzlich Gelegnheit, in der Pfarrkirche zu Hövaag in Südnorwegenzu sprechen, io er den Pfarrer für seine Sache gewonnen halte.Bei diesen Praigten geschah es nun, daß die dreizehnjährige TochterdeS Pfarrers»n„Reden in fremden Zungen" befallen wurde.Baratt ha:e vor ungefähr einem Jahre auch„Erweckungsreisen"nach den skandaavischen Nachbarländern unternommen und besondersin Schweden vtl Erfolg gehabt, wo sich auch das„PfingstwunderdeS ZungenredeiS" sehr wirksam zeigte. Ueber diese und die ihrverwandte Ersreinung, die in der Bibel als„Besessensein" hin-gestellt wird. siNl kürzlich in den kleinen Aufklärungsschriften der schwedi-tchen Studenten'ereinigung„Verdandi" zwei populärwissenschaftlicheSchriften des Prcsessors B. G a d e l i u S erschienen, der jene Erscheinungenhauptsächlich aui hysterische Erkrankungen zurückführt. Besondersinteressant ist. was der Verfasser über die Leute, die beim„Zungen-reden" gebraucht werden, mitteilt. In den meisten Fällen sind sieganz inhaltlos, wie etwa:„King. lang, kamelo, kamele" oder„Kang,lang, long, fing" usw., immer wiederholt. Manchmal gibt der«Hungenredner" auch die Erklärung und sagt etwa: Tjang, tjang,tjingeli, tjing— das ist:„Komm, solange es Zeit ist." Die Bibel-gläubigen macht der Professor auf ein Wort Pauli aufmerksam:„Ichwill in der Gemeinde lieber fünf Worte reden mit meinem Sinn,auf daß ich andere unterweise, denn zehntausend Worte mitZungen."Eliischläferung durch Elektrizität. Aus Paris wird berichtet:Eine Reihe interessanter Experimente hat Professor Stephane Leduovon der medizinischen Schule auf den Schachthöfen von Nanteszum Abschluß gebracht. ES handelt sich um die Anwendung derElektrizität beim Schlachten von Tieren. Die abschließenden Ver-suche erstreckten sich auf ein Pferd, einen Ochsen, ein Kalbund ein Schwein. Das Pferd brach bei einem Strom von110 Volt zusammen, beim Ochsen erzielte man mit 160 Voltdas gleiche Ergebnis, während bei dem Kalb schon einsehr schwacher Strom von 20 Volt genügte. Die Experimente brachteneinen vollen Erfolg und zeigen einen Weg, den Schlachttieren jedenSchmerz zu ersparen. Sehr interessante Beobachtungen ergaben dieExperimente, die im Laboratorium vorhergegangen waren.„Durcheinen schwachen Strom", so äußerte sich der Gelehrte,„der inkürzesten Intervallen hundertmal in der Sekunde unter-brochen wird, lassen die Tiere sich auf Minuten oder Stundenin einen Schlafzustand bringen, der die Gehirntätigkeit und die(logen nicht für richtig. Wenn gesagt wird, daß die kritischen Theo-logen vor den positiven Theologen bevorzugt würden, so trifft daswohl für außerpreußischc Universitäten zu, aber nicht für diepreußischen. Das ergibt sich schon�us der langen Wartezeit derPrivatdozenten, die der kritischen Richtung angehören. Die Aus-führungen des Abg. Strosser, daß mit Ausnahme der UniversitätGrcifswald die liberale Richtung bevorzugt werde, sind nicht zu-treffend. Die Verstöße gegen die in neuerer Zeit erfolgten Bc-rufungen von Theologieprofessoren sind unbillig und ungerecht ge-Wesen. Mit Recht hat die theologische Fakultät in Halle darauf hin-gewiesen, daß die Berufung Drews' auf einstimmigen Beschlutz de?Fakultät erfolgt sei, und der Nachfolger des Professors Weiß, Deiß-mann, ist von diesem selbst empfohlen worden. Deitzmann ist einerder echt deutschen Gelehrten, die nur ihrer Wissenschaft leben. Be-dauerlich ist die Art und Weise, wie die Herren angegriffenwerden. Hat ein Professor irgendeinen Vortrag gehalten, so wirder als Agitator bezeichnet; hat er nur seiner Wissenschaft gelebt,so macht man ihm den Vorwurf des übermäßigen KritizismusHat der Schreiber solcher Acutzerungen in der Presse keine Kennt-nis von den wissenschaftlichen Arbeiten, so ist er nicht berufen zueinem Urteil über ihn(Sehr richtig! links); hat er aber Kenntnisdavon und fällt trotzdem ein so unzutreffendes Urteil, so überlasseich das Urteil über solche Handlungsweise dem Hause. Für dasUrteil des Kultusministers sind nicht Zeitungsartikel maßgebend,sondern die Urteile der Fakultäten, die den Dienst der Kirche undderen Interessen wahrnehmen.(Beifall links.)Abg. Strosser(k.): Nach meiner Ansicht wäre es angezeigt, dieKollegiengelder nach anderen Grundsätzen zu verteilen als es jetztgeschieht, denn jetzt wird Berlin gegenüber den übrigen Universitätenbevorzugt. Wenn der Abg. Hackenberg sich über die Aeußcrungenin der konservativen Presse gegen kritische Theologen beklagt, soerwidere ich, daß die Aeußerungen der liberalen Presse gegen dieAusführungen des Abg. Metzenthin und gegen die meinigen vielschärfer gewesen sind.(Sehr richtig! rechts.) Herr Deitzmann hatsich in Heidelberg keine Zurückhaltung auferlegt, sondern er hatöffentlich zur Wahl eines Sozialdemokraten aufgefordert.(Hört,hört! rechts.) Das Volk wünscht in seiner Mehrheit positive Geist-liche, nicht Geistliche, wie ich in Berlin einen hörte, der erklärte:Ich habe Euch das Evangelium vorgelesen, aber Ihr braucht esnicht wörtlich zu nehmen und die Wunder nicht zu glauben.(Bei-fall rechts.)Abg. Dr. Schroeder lKassel, natl.) empfiehlt die Einführungvon Lehrstühlen für soziale Medizin, die heute eine Wissenschastfür sich bilde.Abg. Münsterberg(frs. Vg.) befürwortet die Vermehrung derZahl der Ordinariate. Wünschenswert würde die Einrichtung einerProfessur für das Exportwesen sein. Die außerordentlichen Pro-fessoren, die weder ein aktives noch ein passives Wahlrecht im Lehr-körper der Universitäten besitzen, müßten eine andere Stellung be-kommen.Minister Dr. Holle: Die Zahl der Professuren ist in neuererZeit verdoppelt worden. Die große Zahl der Studenten verteilt sichin den verschiedenen Semestern sehr verschieden auf die einzelnenFächer, und es kann nicht immer je nach dem Besuch der Fächereine Professur eingerichtet werden. Gegen die Einrichtung vonLehrstühlen für soziale Medizin bestehen bei den medizinischenFakultäten vielfach Bedenken. Wir haben aber bereits einen solchenLehrstuhl in Berlin und in Bonn und es soll vom 1. April ab einweiterer Versuch damit in Kiel und in Marburg gemacht werden.Abg. Eickhoff(frs. Vg.): In Berlin sind die Abiturienten derOberrealschulen von allen Fächern mit Ausnahme der Mathematikund den Naturwissenschaften ausgeschloss«n, während andere Uni-versitäten diese Beschränkung meist nicht kennen. Tatsächlich wider-spricht dies Verfahren in Berlin dem Geist der Gleichberechtigungaller höheren Lehranstalten, von dem die preußische Schulreformausging.(Beifall links.)Ein Regierungskommissar erwidert, daß darüber dieFakultäten zu entscheiden haben, denen die Freiheit der Ent-schließung über diese Frage zustehe.Hieraus vertagt das Haus die Wciterberatung aufabends 7'� Uhr.Schluß 4V* Uhr._Die lsszzeM des Schutzmanns.Das Koalitionsrecht der Arbeiter ist reichsgesetzlich gewährleistet.Die Versuche, durch Landesgesetze das Recht insbesondere des Streik-Postenstehens außer Kraft zu setzen, schlugen fehl, weil die großegleichkommt. Das Ausschalten des Stromes bewirkt sofortiges Erwachen.Verstärkung der elektrischen Kräfte bringt Stillstand der Herztätig�keit, wobei die Atemorgane jedoch fortarbeiten; weitere Verstärkungunterbricht auch die Lungentätigkeit. In diesem Zustand befindetsich das Tier in einem Stadium, das der Wissenschaft fremd ist.Es ist tot. ohne es zusein. Läßt man den Strom fortwirken, sotritt innerhalb von zwei Minuten der Tod ein; wird der Stromgeschwächt, so lehrt das Leben zurück."Humor und Satire.StaatSweiSheit.Der du dienst den Fürstenthronen,O versäume nieNützliche KonnexionenMit der Industrie!Trau ihm nicht, dem hohen Scheine!Sorg, so lang du jung,Ahnungsvoll und still für ein»Rückversicherung IBringt dich ein Entschluß von obenPlötzlich aus den Schub,tühlst du. froh dich aufgehobenls Kommis bei Krupp.Ratatöskr.»Mama, bin ich— König Manuel von Portugal:nun eigentlich ein König von Gottes Gnaden?"_(„SimplicissimuS.")Notizen.— Friedrich ESmarch, der berühmte Chirurg, ist inKiel in der Nacht vom Sonnabend auf Sonntag gestorben. Erhat ein Alter von 83 Jaheen erreicht. Er wurde am 9. Januar 1823als Sohn eines Arztes zu Tönning in Schleswig geboren. 1843kam er auf die Universität. Sein Lehrer war Laugenbcck, einerder größten deutschen Chirurgen. Esmarch hatte das Glück, daßsein Wirken in das Heroenzeilaltcr der modernen Chirurgie fällt,in jene Zeit, wo die Einführung der Antisepsis, die sich an denNamen Niesters knüpft, der Chirurgie neue, bisher ungeahnte Be-tätigungsmöglichkeiten schuf. Esmarch wirkte namentlich bahnbrechendin der Anwendung der neuen Methoden in der Kriegschirurgie. Anden Kriegen der Jahre 1864, 66, 70 hat er namentlich als Reorgani-sator der kriegsärztlichen Hülfe Bedeutendes geleistet. Seine Schriftenhaben viel dazu beigetragen, den ärztlichen Dienst auf dem Schlacht«felde bedeutend zu verbessern. Durch die Veröffentlichung seinerSamariterbriefe gab er auch den Anstoß zur deutschen Samariter-bewegung. Seine bekannteste und vielleicht folgenreichste Tat istaber die Angabe des Versahrens der nach ihm benannten Blutleere.Das Verfahren ist ebenso einfach wie sinnreich. Durch Anlegen vonGummibinden, die den Zufluß des Blutes verhindern, ist es heutemöglich, Operationen an den Gliedmaßen ohne irgend einenNervenzentren vollkommen lahmlegt und einer vollkommenen Anästhesie I nennenswerten Blutverlust durchzuführen. Namentlich bei AmputationenMehrheit deS Reichstages in Veranlassung der sozialdemokratischenJnterpellatton gegen das Lübecker Streikp'ostengesetz diesen Einbruchin das Reichsrecht verurteilte und das Reichsgericht sich dieser Auf«fassung durch Freisprechung des Genossen Molkenbuhr von der An-klage anschloß, zum Ungehorsam gegen das Streikpostengesetz auf-gefordert zu haben: den Gehorsam gegen den Reichsgesetzenzuwiderlaufende Partikulargesetze schützt das Strafrecht nicht. Was aber,dem Gesetzgeber nicht gelaiig, ist einer Auslegung über die Polizei-allmacht gelungen, Streikpostensteher werden angeklagt, nicht weilsie von ihrem Koalitionsrecht Gebrauch machen— behüte!sondern weil sie einer Anordnung eines Schutzmanns nicht folgenund weil des Schutzmanns Ansicht über das, was im allgemeinenInteresse zu geschehen hat, höher stehe, also einer richterlichen Nach-Prüfung entzogen sei.Wie dadurch die Justiz des Klassen- und PolizeistaateS Preußendie gesetzlichen Koalitionsrechte des Arbeiters zunichte macht,illustriert trefflich ein Urteil, das dieser Tage die OsnabrückerStrafkammer als Berufungsinstanz im Gegensatz zum dortigenSchöffengericht fällte.. Es handelt sich um die Polizei-lichen Razzias gegen Streikposten siebende Arbeiter der Krom-schrvder'schen Gasuhrenfabrik, die im Oktober v. I.(wir berichtetendarüber in Nr. 254 des„Vorwärts") vom Schöffengerichtunter Freisprechung sämtlicher angeklagten Arbeiter als„ G c-setzwidrigkeiten" gekennzeichnet wurden. Die OsnabrückerPolizei stützte sich auf die dortige„Straßenordnung", die in ihrem§ 82 vorschreibt, daß den„von den polizeilichen Aufsichtsbeamten imInteresse der Ruhe und Sicherheit des öffentlichen Verkehrs erlassenenAnordnungen unbedingt Folge geleistet werden muß", vorbehaltlichdes Rechtes der Beschwerde.Wie wenig die polizeiliche Streikpostenjagd mit den„Interessender Ruhe und Sicherheit des öffentlichen Verkehrs" zu tun hatte, er-gaben am besten die schöffengerichtlichen Bekundungen der Polizei-beamten selber. Ein Polizeisergeant H. sagte z. B. aus: Er habebei der Gasuhrfabrik„Posten gehabt", als ihn ein Arbeiter namensKlaus nach der Fabrik fragte. Er, der Polizist, habe dann gesehen,wie Köhler(einer der angeklagten Streikposten) auf Klaus zugetretensei und mit ihm verhandelt habe. Als ihm, demPolizeisergeamen.„diese Verhandlungen zu langedauerten", sei er auf die beiden zugegangen und habe Köhleraufgefordert, den Mann„unbehelligt" gehen zu lassen. Der erstaunteGerichtsvorsitzende hielt dem Zeugen vor. daß zu einemsolchen„Einschreiten" doch gar kein Grund vorgelegen habe. Dererklärte, es sei den Beamten von ihren Vorgesetzteneine dahingehende Instruktion erteilt! Köhler habeihm erwidert, er wolle den Mann über die Lage der Dinge auf-klären, das sei sein gutes Recht. Er, der Beamte, habe Köhlerdann bedeutet, das sei jetzt in genügendem Maße ge-s ch e h e n. er müsse ihm jetzt nach der Wache folgen.... Als erdarauf Köhler„abgeführt" habe, sei Steffen(ein anderer an-geklagter Arbeiter) zu dem Klaus getreten und habe die Berhand-lungen mit diesem fortgesetzt. Deshalb sei er, der Sergeant.mit Köhler umgekehrt und habe Steffen auch gleichmitgenommen! Ein Menschenauflauf sei nicht ent-standen. Es seien auch in der Nähe andere Leute nicht zusehen gewesen; etwa 40 Meter entfernt hätten nureinige Frauen gestanden. Daß jemals eine Belästigungvon Passanten oder gar ein Krawall vor der Fabrik stattgefundenhabe, konnte kein Polizist bekunden. Das Schöffengericht hatte sichnach alledem kein Bild machen können von dem„Verkehr", derhier gerade durch streikende Arbeiter so um alle„Ruhe und Sicher-hcit" gebracht sein sollte, daß der Amtsanwalt drei Monate Ge-sängnis beantragen zu müssen glaubte! ES sprach samt«liche Angeklagten frei.Der Amtsanwalt Polizeiinspektor Lemke legte Berufungein und fand denn auch bei den gelehrten Strafrichtern mehrVerständnis und Würdigung für die Polizeijustiz. Als Zeuge ver-nommen bekundete er vor der Strafkammer, er habe die Anordnungauf Wegweisung der Streikposten getroffen, weil ihm gemeldetworden wäre, daß die Streikposten Arbeitswillige angehalten hätten.Er habe den Streikleiter Thielemann von der Maßregel in Kenntnisgesetzt und dieser habe ihn benachrichttat, die Arbeitswilligen würdennur über den Streik belehrt. Zur Belehrung von Leutensei aber die öffentliche Straße nicht da— so erklärtedieser oberste Polizist von Osnabrück IDer Staatsanwalt beantragte gegen jeden Angeklagten30 M. Geldstrafe. Die Polizei könne nicht erst abwarten, bisein Krawall entstehe, sondern müsse m ö g li ch en Krawallen vor»beugen. Das Gericht habe nicht zu prüfen, ob dieund Gelenksoperationen ist dadurch für die Patienten Großes geleistetworden.Esmarch war Professor an der Universität in Kiel und General-stabsarzt der deutschen Armee. Durch seine Verheiratung mit derPrinzessin Henriette von Schleswig-Holstein. war er ein Oheim deSdeutschen Kaisers.-- Ein Fontanedenkmal will ein Komitee, dem nebenBerufenen auch so hervorragende Kulturträger wie Bülow, Holle,Rbeinbaben, Stubenrauch angehören, irgendwo in Berlin auf-stellen. Unter der Hand ist auch schon der Bildhauer bestimmt, javielleicht ist das Denkmal schon fertig und es bedarf nur noch derBeitragzahler, Gespannt sind wir auf die Ausführung, denn eswird verheißen, daß der„Vielbewanderte ohne Feierlichkeit in ganzerFigur dargestellt ist, wie er auf der altersreifen Höhe seinerSchaffenskraft betrachtend, bedenkend, bedeutend Volk und Gesell-scbast, Persönlichkeiten und Schicksale sah". Wie Max»Klein, dererkorene Bildhauer, dieses vielseitige Versprechen zur Tat machenwird, das wird Laien, Künstler und Aesthetiker interessieren.Svatopluk C e ch, neben Vrchlicky der bedeutendste unterden tschechischen Dichtern der Gegenwart, ist am Sonntag in Praggestorben. Er war am 21. Februar zu Ostredek in Böhmen geboren,hatte die Rechte studiert, gereist und war an radikalen ZeitungenRedakteur. Eine Zeitlang saß er auch im österreichischen Reichörat.Cech(gesprochen Tlchech) ist als Lyriker, Epiker und Romanschrift-steller hervorgetreten. Kraftvoll leidenschaftliche Töne schlug er inseinen freiheitlichen„Sklavcnliedern" an, die bei seinen Landsleutenweiteste Verbreitung fanden und auch ins Deutsche übersetzt wurden.Seine lebendigen Skizzen, Erzählungen und satirisch-humoristischenRomane(einiges wurde in Reclams Universalbibliothek verdeutscht)machten ihn zum beliebtesten Dichter des tschechischen Volkes.— Ein Denkmal für Blanqui. Während in Paris dieErrichtung eines Denkmals für Marat nahe bevorsteht, wird diekleine Stadt Puget-Thöniers in kürzester Zeit das Denkmal einesanderen bekannten Revolutionärs einweihen, des Kommunisten LouiSAuguste Blanqui, der der größte Sohn des Städtchens ist. DasWerk ist eine Arbeit des Bildhauers Aristide Maillol und ein Kuiist-werk, das hoch über dem Durchschnitt der gewöhnlichen Denkmals-kunst steht. Auf einem Sockel von Porphyr erhebt sich eine Slaweaus Bronze, die ein Sinnbild der„gefesselten Tat" darstellt. AmSockel selbst befindet sich ein Medaillon Blanquis, dieses„glor-reichen Märtyrers der Gedankenfreiheit", wie ihn der Denkmals-aufruf nennt.— Eine M o r g u e in N e w D o r k. Die Stadt New Dorkplant die Errichtung einer Morgue, die bestimmt ist, da?„größte,schönste und beste Totenhaus der Welt" zu werden. Nicht das Vor-bild der einstöckigen berühmten Pariser Morgue wird befolgt werden,ein großes, sechs Etagen hohes Bauwerk wird errichtet und anarchitektonischen Ausschmückungen wird nicht gespart werden. DasHauS wird 273 Toten Raum bieten. Besondere Sorgfalt wird aufdie Särge für die unerkannten Leichen verwendet; die Behälterwerden vollkommen aus Porzellan hergestellt mit einem kristall»gläsernen Deckel. Im obersten Stockwerk wird eine Art Museumeingerichtet.