MtttwochSnummer der„Germania� versucht er darzulegen, das? wirseine StaatSrechtStheoretik— die. nebenbei bemerkt, nicht eigenesGeistesprodukt, sondern lediglich ein fader Abspülicht der Lehren desThomas von Aquino, Thomas HobbeS, Robert Filmer usw. ist—entstellt haben, und dast ferner das Zentrum für seine schöneklerikale StaatSrechtStheoretik absolut nicht verantwortlich ist.Datz unsere Zitate richtig find, leugnet Herr Cathrein nicht;aber, meint er:„Was hat denn das Zentrum mit einerSchrift zu tun, die ohne sein Wissen und seineBilligung erschienen ist?"Herr Cathrein erlaubt fich da einen echt jesuitischen Kniff. Dawir jedoch die Gepflogenheit der ZentrumSpreffe und ihrer geistlichenMitarbeiter kennen: jedesmal dann, wenn es ihr zum Zwecke derTäuschung paßt, einen großen Unterschied zwischen KlcrikaliSmus undZentrum ju machen und daS letztere als eine n i ch t k o n-fessionelle, rein politische Partei hinzustellen, so habenwir in unserem Leitartikel nirgends Herrn Cathrein alsLehrer der Zentrumslogik, fondern stets als Kapazitätdes Klerikalismus und als anerkannten Interpreten derkatholischen Staatslehren bezeichnet. Die Inschutznahme desZentrums vor der Verdächtigung, daß es Herrn CathreinSTheorien als für fich verbindlich anfleht, ist also zum mindestenüberflüssig; wenn wir auch damit Herrn Cathrein durchaus nicht zu-geben, daß Klerikalismus und Zentrum absolut nichts miteinanderzu schaffen haben. Seine Schrift mag nicht die offizielle Billigungder Zentrumsleitung gefunden haben, wohl aber genießt HerrCathrein in Zentrumskreisen das Ansehen einer großen Wissenschaft-lichen Autorität und seine Bücher werden in der Zentrumspresse alsMuster tiefster katholischer Kirchenweisheit empfohlen.Zweitens macht Herr Cathrein geltend, daß seine Schrift schonvor 26 Jahren erschienen ist. Das stimmt; aber was soll dieserEinwand? Er hätte nur dann einen Sinn, wenn seitdem die Auf-fassung des Klerikalisnms vom Staat sich vollkommen geändert hätte.und also heute die schönen Theorien des Herrn Cathrein der giltigenkatholischen Dogmatil nicht mehr entsprächen. Das aber wird HerrCathrein schwerlich behaupten wollen.Drittens, so erklärt Herr Cathrein, entstammten unsere Zitateverschiedenen Teilen seiner Schrift und wären„auS dem Zusammenhang herausgerissen." Das erste ist selbst-verständlich; und das Zweite nur in soweit richtig, als immer Zitatsaus dem Zusammenhang einer Schrift herausgenommen respektiveherausgerissen werden müssen, falls nicht die ganze Schrift zitiertwerden kann. Die Frage ist aber, ob die Zitate derartigausgewählt sind, daß dadurch ihr Sinn entstellt ist. Herr Cathreinweiß dafür nur ein Beispiel beizubringen, und dieses eine Beispielist höchst komischer Art. Er sagt wörtlich:„So z. B. zitiert der„Vorwärts" meine Behauptung, dieStaatsgewalt habe das Recht, offene oder verdeckte Auf-reizungen gegen die bestehende Regierung nicht zu dulden, undfügt unmittelbar daran meine Ausführungen über das Ver-halten der Regierung gegen Sozialdemokraten, Nihilisten usw.Nun hatte ich aber im unmittelbaren Anschluß an die obige Be-hauptung geschrieben:„Damit ist natürlich eine be-rechtigte Kritik der Regierungsmaßregeln nichtausgeschlossen", und diesen Satz noch naher begründet."Es ist richtig; der Staat hat nach Herrn Cathrein nur dasRecht, alle Vereine und Bestrebungen zur Verbreitung„unsittlicher"Lehren und revolutionärer Grundsätze, sowie alle offenen und ver-deckten Verdächtigungen, Aufreizungen usw. gegen die Regierung unddie bestehende Ordnung zu verbieten; die„berechtigte Kritik"ist dagegen gestattet. Aber, was ist berechtigte Kritik? NachCathreinS Weisheit daS, waS die Staatsgewalt und die Kirchedafür hält IViertens, so behauptet Herr Cathrein. sei eS ganz falsch, daßnach seiner Staatslehre„das Volk sich jeder, auch der größtenSchandwirtschaft in demütiger Unterwerfung zu fügen habe"—„ES ist," schreibt er,„kaum möglich, eine Lehre ärger undböswilliger zu entstellen, als eS hier geschieht. Entgegen der An-ficht einiger älterer Schriftsteller habe ich die Rebellionoder die gewaltsame Revolution für unerlaubterklärt. Aber daß ich lehre, das Volk habe sich jeder Schand-tvirtschaft eines Despoten in demütiger Unterwerfung zufügen, ist eine offenbare Unwahrheit. Im Gegenteil, ich habesehr ausführlich die Schranken dargelegt, an welche die Staats-tcwalt— selbst in einer absoluten Monarchie— gebunden ist.)ie obrigkeitliche Gewalt hat— wer immer ihr Träger sei—die natürlichen und wohlerworbenen Rechte der Untertanen zuschützen. Gebietet sie etwas Sündhaftes, fo darf man ihr garnichr gehorchen.„Man mutz Gott mehr gehorchen, als denMenschen." Ich habe auch eingehend dargetan, daß daS Volkfich mit allen legitimen Mitteln despotischer undungerechter Willkür widersetzen dürfe."Gewiß. Herr Cathrein lehrtZ, daß die Staatsgewalt, sogarAutokraten nicht das Recht haben, ihre Völker grausam zu malträ-tieren. Tun sie es doch, so darf das Volk mit allen„legi-timen Mitteln" dagegen protestieren, besonders natürlich dann,wenn die Staatsgewalt die sogenannten Rechte der Kirche, dasheißt des Klerus nicht respektiert. Aber, wenn nun die Staats-gewalt fich an den„legitimen" Widerspruch gegen ihre Maßnahmennicht kehrt, wenn sie Mord auf Mord häuft und„Hundertewillkürlich hinschlachten" läßt— was dann? Nundann muß sich daS Volk nach CathreinS Ansicht eben fügen; dennGewalt anwenden und rebellieren darf eS gegendie Staatsgewalt in keinem Fall.—Tatsächlich bestätigt Herr Cathrein also alles, was wir ausseinen schönen StaatSrechtsdoktrinen abgeleitet hatten; nur ver-klausuliert er nach der Art jesuitischer Moralphilosophen seineLehrsätze mit allerlei nebensächlichen„Wenn" und„Aber",damit die Volksfeindlichkeit und Knechtsseligkeit seinerStaatSdogmatik nicht in ihrer häßlichen Nacktheit offen hervortritt.Aber Herr Cathrein ist trotz seiner jesuitischen Verschmitztheit allzunaiv, wenn er verlangt, wir sollten vor diesen dürren Feigen-blättern, mit denen er seine abgestandenen volksfeindlichenLehren dekoriert, sonderliche Ehrfurcht haben.poUtifcbc Gebcrlicbtverlin. den 27. Februar 1908.Der kleine Befähigungsnachweis.Merkwürdig, wie rasch der bundesrätliche Gesetzes-fabrikationsapparat arbeitet, wenn es sich um die Befriedigungreaktionärer Wünsche handelt. Während jahrzehntelang HerrNieberding auf Anfragen wegen dringender juristischer Reformenseine stereotype Erklärung vorbringt, daß die verbündetenRegierungen mit Erwägungen beschäftigt seien, bedarf es nureines Votums der agrarisch-zünftlerischen Reichstagsmehrheit,um die Regierungen für reaktionäre Vorlagen in Bewegung zusetzen. Heute wieder hatte sich der Reichstag mit einemsolchen bureaukrattschen Machwerk zu befassen, mit einerNovelle zum Gewerbegesetz, die dem Handwerk den so-genannten kleinen Befähigungsnachweis be-scheren soll.Der Staatssekretär v. Bethmann- Hollweg gabder Vorlage seinen Segen mit auf den Weg. indem erbetonte, daß die Beschränkung des Rechtes zur Lehrlings-züchterei auf Leute mit Meistertitel oder fünfjähriger Praxisvon ungeahntem Segen für das Handwerk sein werde. Derdurch seine wahlrechtsfeindliche Rede im preußischen Ab-geordnetenhause höchst unrühmlich bekannt gewordene Kreis-blattvcrleger M a l k e w i tz aus Hinterpommeru stimmte demStaatssekretär freudig zu, deutete aber an, daß er und seineZunftbrüder noch mehr Zunftzöpfelei verlangen. Auf dengleichen Ton waren auch die Geigen des Zentrumszünstlersund des Bäckermeisters Rieseberg gestimmt, der auf eigeneFaust Mittelstandsretterei betreibt.Genosse Albrecht legte dar, daß die Gewerbefreiheitzwar nicht unser Jdial sei. da wir die sozialistische Regelungder Produktion erstreben, daß aber die Gewerbefreiheit fiir denArbeiter jedenfalls zehnmal besser sei, als irgend ein zünftlerischeSSystem. Wenn die Regierung in der Begründung zu dem Gesetz-entwurf aber sage, der kleine Befähigungsnachweis sei keineswegsaufzufassen als ein erster Schritt zur Einführung des großenBefähigungsnachweises, der den gesamten Handwerksbetriebwieder in zünftlerische Schranken bannen will, so seien dasnichts als leere Worte, da das Zünftlertum durchweg den kleinennur als Abschlagszahlung auf den großen Befähigungs-Nachweis entgegennimmt. Albrccht wies dann noch aus derSchrift eines bayerischen Beamten nach, wie schädlich inOesterreich die Wiedereinführung der Zünftelei gewirtt habe.Die verderbliche Lehrlingszüchterei werde gerade von den be-vorrechteten Meistern noch mehr bettieben werden. Dieselbeist zu beschränken und dafür die Ausbildung der Lehrlingedurch Fachschulen zu fördern.Der freisinnige Karsten und der Antisemit B r u h n 3trafen darin zusammen, daß sie das Haus mit Geschichtenvon sozialdemokratischem Terrorismus regalierten.Genosse Lehmann wies an der Hand statistischerSahlen nach, welchen Umfang die Lehrlingszüchterei in kleinenrten, besonders aber im Bäckergewerbe angenommen habe.Er betonte auch, daß die Kleinmeister der Heimindusttie, diefür die Großindustrie arbeiten, ihre Lehrlinge meist nur zuTeilarbeitern ausbilden können. Würde die Vorlage Gesetz, sowürde das Handwerk bald einsehen, daß es nichts damit ge-Wonnen habe.Nach weiterer kurzer Diskussion wurde die Borlage einerKommission von 28 Mitgliedern überwiesen.Der Etat des Polizeiministers.Das preußische Abgeordnetenhaus begann am Donners-tag die Beratung des Etats des Ministeriums desn n e r n. Zum ersten Male hatte der neue Minister seinentat zu vertteten, aber wenn auch mit Herrn v. M o l t k cein neuer Mann in das Ministerium eingezogen ist, der Geistist der alte geblieben: Die Polizei ist nach wie vor die letzteZuflucht der Regierung und der Volksvertretung, von ihrallein erwartet man das Heil des Staates.Eine Blütenlese der Aufgaben, die die Polizei erfüllensoll, bot die stockreaktionäre Rede des stockkonservativen Abg.S t r o s s e r. Vor allem ruft dieser ehemalige Major diePolizei zum Kampfe gegen die Unsittlichkeit auf.Würde sich der Kampf auf das schamlose nächtliche Treiben ingewissen Berliner Lokalitäten beschränken, in denen sich dieStandesgenossen des Herrn Strosser ein Stelldichein geben,so wäre ja kaum etwas dagegen einzuwenden, aberer verlangt mehr: die Polizei soll auch die Un-sittlichkeit in Wort und Schrift aus der Welt schaffen,sie soll sich zum Zensor aufwerfen über literarische Erzeug-nisse. Ehemalige Unteroffiziere sind allerdings für diesenZweck die geeignetsten Personen.Wie wenig die Polizei geeignet ist, irgend welche Kultur-aufgaben zu lösen, dafür brachten die Ausstihrungen des Abg.F r i t s ch(natl.) ein treffendes Beispiel. Bekanntlich hat derMinister vor einigen Monaten eine Verfügung erlassen, dieden Zweck verfolgte, zu verhindern, daß die unter Polizei-aufsicht stehenden Personen durch die Aufsicht in ihrem Wirt-schaftlichen Fortkommen gehemmt werden. Die Polizei abersetzt sich über diesen Erlaß hinweg, sie handelt nicht so, wiees den Absichten des Ministers entspricht.Einen Lichtblick in den Debatten stellte die Rede desAbg. Münsterberg(frs. Vg.) dar. der gegen die bisherigeMethode der Zwangserziehung und gegen dieReglementierung der Prostitution sprach, diemehr Schaden als Nutzen stifte. Auf diese vernünftigen Aus-führungen blieb der Minister die Autivort schuldig. Ebenso-wenig erörterte er sein Programm auf dem wichtigen Gebieteder Wohnungsfürsorge oder auf dem des Selbst-Verwaltungsrechts der Gemeinden. Dagegenwar er sofort bereit, gegenüber der Aufforderung zum Kampfegegen Dänen und Polen die Phrase herzuleiern, daß dieRegierung allen staatsfeindlichen Bestrebungen mit Nachdruckentgegen treten werde.So ist denn das Ergebnis des ersten TageS der Debatteüber daL Miniftergehalt ein recht dürftiges. Die Freisinns-Helden, die von Herrn von Moltke den Anbruch einer neuen.liberalen Aera erwartet haben, sind wieder einmal in ihrenHoffnungen bitter enttäuscht.Gesetz über Majestätsbeleidigung.DaS vom Reichstage und Bundesrat kürzlich angenommeneGesetz betreffend die Bestrafung der Majestätsbeleidigung ist gesternim„Reichsgesetzblatt' publiziert. ES tritt daher mit dem IS. Märzin Wirksamkeit. Für olle am 13. März oder später zur Verhandlungin erster Instanz gelangenden Anllagen wegen Majestätsbeleidigunggilt deshalb in Ablveichnng vom heute geltenden Recht folgendes:1. Die Strafverfolgung verjährt nicht mehr in fünf Jahren, sondernin sechs Monaten; 2. die Beleidigung ist nur dann als MajeftätS-beleidignng im Sinne der§§ 95, 97, 99, 101 Str.-G.-B. strafbar.wenn sie„in der Absicht der Ebrverletznng, böswillig und mitUeberlegung begangen" ist; 3. die Mindeststrafe ist von zwei Monatenauf eine Woche Gefängnis oder Festung herabgesetzt.Die Frage, ob das neue Gesetz auch auf diejenigen Fällerückwirkende Kraft übt, die bereits vor dem 13. März inerster Instanz abgeurteilt sind und noch in der Revisionsinstanzschweben, ist im Gesetz nicht ausdrücklich beantwortet. In der Theorieund Praxis herrscht Streit über die Frage der Rückwirkung desneuen Gesetzes für diesen Fall. Ein Teil nimmt an, in der RevisionS-instanz fei nur zu prüfen, ob das zur Zeit der Fällung des Urteilsgeltende Recht zutreffend angewendet sei. daher sei für die RevifionS-instanz für die Vorschriften des neuen Gesetzes kein Raum. Dieserauch vom Reichsgericht vertretenen Ansicht steht die Meinung be-deutender Rechtslehrer, wie Berner und Rubo, entgegen, nach der dieVorschrift des§ 2 deS Strafgesetzbuches„Bei Verschiedenheit derGesetze von der Zeit der begangenen Handlung bis zu deren Ab-urteilung ist da« mildeste Gesetz anzuwenden" zugunsten deS Angeklagten nur die Auslegung zuläßt, daß das mildeste Gesetz inallen Stadien bis zur„rechtskräftigen Aburteilung" in Anwendungzu gelangen hat.-»Die neuen Kommunalsteuen» in Leipzig.Mit einem neuen Steuerbukett überraschte vor etwa sechs Wochender Rat der Stadt Leipzig die Einwohnerschaft; es enthielt eineBesitzwechselabgabe, die 200 000 M. bringen soll, eine Wert-zuwachS st euer mit 8—900 000 M., eine Bier st euer, mit470 000 M., eine Nichtbürgersteuer und eine Steuer für Gr-Werbebetriebe im Uiuherfahren, worüber keine Schätzung vorlag. DieUeberraschung wirkte in der Bürgerschaft geradezu sensattoncll.Von unserer Partei wurden sogleich neun Volksversammlungeneinberufen, die sich vor allen: gegen die drei letzten Sieuerattenstrikte aussprachen, eine progressiv wirkende Einlonuueusteuer ver-langten, aber auch die Berechtigung der Wertzuwachssteuer für be-baute und unbebaute Grundstücke und die Erhöhung der Besitz-wechselabgabc erkannte.Im gemischten städtischen Steuerausschuß fiel die Bier-, dieNichtbürgersteuer, sowie die Steuer für Gewerbebetriebe im Umher-fahren, dagegen wurde eine neue Steuer, die für Aktien-und Kommanditgesellschaften usw., neu in die Vorlageaufgenommen; die Besitzwechselabgabe wie die Wertzuwachssteuerwurden erhöht. Am Mittwochabend beschäftigte sich nun daS Stadtverordneten-Kollegium mit der Vorlage, wobei es ziemlich heiß herging. Der Vertreter der Ratspartei wie der Hausagrarier strittensich darum, welche der GesellschaftSschicht schon für das Gemeinde-wohl am meisten blute. Der. erstklassige" Vertreter meinte, daßdie gerechteste Steuer die Einkommensteuer sei.„Gerechtigkeit seiauch eine schöne Sache, aber am rechten Platze." Jetzt brächten5 Proz. der Steuerzahler, die er verttete, s/8 der ganzen Einkommensteuer auf.Der Vertreter der HauSagrarier wimmerte kläglich über Ver-mögenSkonfiskationen durch diese Steuerpläne und sch>vang den rotenLappen mit einem Eifer, daß man unmittelbar vor der EinführungdeS„ZukunftSstaateS" zu stehen vermeinte. Unser Bertteter geißeltenun das Verhalten beider Richtungen, sowohl der Grundbesitzer wieder des mobilen Kapitals.Das Kollegium nahm schließlich die Vorlage deS SteuerauSschusseS cur._Ocftermch.Die Arbeitslosen.Wien, 27. Februar. Heute mittag fanden vor dein Par-lament große Demonstrationen von Arbeits-losen statt. Die Demonstranten brachen in Pfuirufe ansund schrien:„Wir wollen Arbeit!" Die Polizei,welche in großer Menge erschienen war. vertrieb schließlichdie Demonstranten und nahm neun Verhaftungenwegen Widerstandes vor.___Die Balkanfragen.Wien, 27. Februar. Die gesamte hiesige Presse bespricht ein-gehend die Debatte über die mazedonische Frage in denenglischen Parlamenten und verttitt die Ansicht, daß das angekündigte aktive Eingreifen Englands in die Balkanpolitikzu einer Teilung des Mächtckonzcrtcs in Konstantinopcl und einerAusrollung der türkischen Frage führen müsse.---franhrneb.Neue Verurteilungen von Antimilitaristen.Paris, 2S. Februar.(Eig. Bcr.) Daß der Frcispruch der„Zwölf" nur ein Ausdruck der Mißstimmung über die Politik desMinisteriums, aber nicht eine Weigerung der Geschworenen war,die Maschine der in den Dienst der Bourgeoisie gestellten politi-schen Justiz weiter zu bedienen, beweist die gestrige Ver-urteilung der Anarchisten M e r l e und A l m e r e y d a, dieRedaltcure an der„Guerre Sociale" H e r v e S sind. Sie wurdenwegen der jetzt bei den Staatsanwälten so beliebten„Aufreizungvon Soldaten" zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt.Die Absicht der Regierung ist offenbar, das Weitercrschcincn desHerveschen Blattes durch Einsperren aller Redakteureunmöglich zu machen. Darum werden die dick aufgetragenenSchimpfreden anarchistischen Phraseure zu gefährlichen.Auf-reizungen" gestempelt.—Italien.Wegen eines Rast.Turin. 27. Februar. In M e s s i n a fanden gestern ernsteKundgebungen der Anhänger N a s i S statt. Es kam zu.Zusammenstößen mit Truppen. wobei zweiDemonstranten durch Bajonettstiche verletztwurden. Auch mehrere Polizisten trugen Wunden davon.Viele Personen wurden verhaftet.—StacktveiwÄneten- Versammlung.9. Sitzung vom Donnerstag, den 27. Februar,nachmittags S Uhr.Der Vorsteher Michelet eröffnet die Sitzung nach Uhr.Am 29. Februar haben die Stadtvv. Barth und Genossen(AlteLinke und Freie Fraktion) die Antrag eingebracht.den Magistrat um Auskunft zu ersuchen, ob ihm bekannt ist,daß seit längerer Zeit in den verschiedenen Stadtteilendie GaSzuführung eine unzureichende ist. und welcheMaßnahmen er zu ergreifen gedenkt, um diesem Ucbelstande un-verzüglich abzuhelfen.Stadtv. Barth(A. L.) begründet die Anfrage mit der Tat-fache, daß in diesem Winter durch die unzulängliche GaSzuführungbesonders Geschäftsleute stark geschädigt seien, so daß sie ihreLäden früher hätten schließen müssen. An den Röhren bezw.deren mangelhafter Reinigung könne es nicht gelegen haben, daßder Uebclstand auftrat.Stadtrat Namslau: Der erforderliche Gasvorrat warvorhanden, aber der Druck in unserem 1300 Kilometer langenRöhrennetz ist in den Zeiten stärkster Inanspruchnahme ungleich-mätzig. Jetzt ist die Hauptkonjunktur und die Kalamität vorüber.Auch der verminderte Druck genügte aber nach den früheren Er-fahrungen noch den Ansprüchen; der Fehler muß also anderSwcliegen, und das ist auch der Fall: die Rohrleitungen innerhalbder Häuser, mit denen die Gaswerke nichts zu tun haben, findentweder zu eng, nachdem die Zahl der Flammen in diesenHäusern gewachsen ist, oder schmutzig, oder beides. Die Annahme,daß derselbe durch den Zusatz von WassergaS verursacht sei, istabsolut haltlos; daS hat aber manche Grundbesitzervereine undihre Organe nicht gehindert, anzudeuten, als ob hier eine Mogeleimit im Spiele sei. Die beabsichtigte Wassergasanlage hat ja dieBilligung der Versammlung gefunden, und es sind nicht wenigerals 9 Millionen dafür bewilligt worden Das Mischgas(% Kohlengas,% WassergaS) hat allerdings ein etwas höheres spezifischesGewicht, wodurch ein trägerer Druck entsteht, dem ist aber sehrleicht durch Erweiterung der Brenner abzuhelfen.Damit ist diese Anfrage erledigt.Stadtv. Dr. AronS(Soz.) berichtet namens de? RechnungS-auSschuffes über eine Reihe von Rechnungen und über dieJahresabschlüsse einiger städtischer Werke für 1906. DieDecharge wird durchweg erteilt.Den Antrag der sozialdemokratischen Fraktion wegen Er-richtung städtischer Krippen und Kindergärtenhat der eingesetzte Ausschuß unter dem Vorsitz deS Stadtv. I a c o b i(A. L.) mit 9 gegen b Stimmen abgelehnt. Von welchemsozialen Geiste die Mehrheit beseelt war. läßt der Ausschußberichtbesonders klar in demjenigen Abschnitt erkennen, der die Er-örterung der Anregung statistischer Erhebungen über den UmfangdeS Bedürfnisses wiedergibt. Da heißt eS u. a., durch die Ver-anstaltung einer Enquete könnte das Bedürfnis erst künstlichkonstruiert werden.„Es bestehe die Gefahr, daß später gesagtwerden würde: 80000 Kinder, deren Eltern im Schweiße ihres