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Ltthen tlmgc UntetneWcr Lohnkürzungen. F» SchivlcbuS versuchte man die einheimischen Arbeitskräfte durch billiger arbeitende Ausländer zu ersetzen, was jedoch dank der Wachslunkeit der Organisation nicht gelang. Seit Anstellung des besoldeten Gauleiters gehören zu dem Gau vußer Brandenburg auch die Provinzen Pommern   und Ost- und Westpreußen   sowie die beiden Mecklenburg  . In Pommern   ist an mehreren Orten eine bedeutend ausgedehnte Textilindustrie vor- Händen, während sie in den beiden anderen Provinzen und in Mecklenburg   nur schwach entwickelt ist. In Stettin   und in Barth  an der Ostsee   sind Filialen des Verbandes gegründet worden. In Stolp   in Pommern   konnte die Organisation noch nicht dauernd festen Fuß fassen, offenbar deswegen nicht, weil die Lohn- und Arbeitsverhältnisse so traurige sind, daß die Arbeiter und Ar- beiterinnen an der Besserung zweifeln. Besonders tüchtige und fleißige Arbeiterinnen sind bei täglich 12 bis 14 Stunden Arbeit kaum in der Lage, die Woche 3,50 bis 4 M. zu verdienen. Das Zwischenmeistersystem steht hier in Blüte; Versuche, es abzuschaffen, sind bisher mißlungen. Der Gauleiter Franz Kotzke, der den gedruckten Bericht mündlich ergänzte, bezeichnete die Hausarbeit in der Textilindustrie. >uie man sie in verschiedenen Orten Pommerns   in besonders krasser Form vorfindet, als einen Schandfleck für die deutsche Sozial- Politik. An kleinen Jndustrieorten und in Kleinbetrieben werden hauptsächlich Militärtuche hergestellt. Die Lohnverhältnisse sind hier besonders elend; es werden kaum 500 M. im Jahre verdient. Lohnbewegungen haben während der BerichtSzeit 23 stattgefunden, von denen 3 zu Streiks führten. Sie erstreckten sich auf im ganzen 62 Firmen mit 2823 Arbeitern und Arbeite- rinnen. Bei zwei Streiks handelte es sich um Abwehr von Lohn» Verschlechterungen und in einem Fall- war Maßregelung die Ursache. Im ubngen haben die Lohnbewegungen den beteiligten Arbeitern und Arbeiterinnen Erhöhung der wöchentlichen Lohn summen um 4453 M. gebracht. Daß eine lebhafte Agitation betrieben wurde, geht schon daraus hervor, daß im Gau   während der Berichtszeit 49 000 Flugblätter verbreitet wurden, 142 öftentliche und 29 Fabrikversammlungen abgehalten wurden. An 83 öffentlichen Versammlungen sowie an 24 Mitglieder- und 29 Fabrikversammlungen nahm der Gauleiter teil. Die Mitgliederzahl im Gau   ist während der Berichtszeit von 13 362, und zwar 7922 männlichen und 5440 weiblichen, auf 12 705, 8147 männliche und 5558 weibliche, gestiegen. Die Abrechnung der Gaukasse schließt mit der Bilanzsumme von 4535,44 ML Allein für die Agitation wurden 1323,55 M. aus- gegeben. In der Debatte über die Berichte, die sich durch Sachlichkeit auszeichnete, wurden von verschiedenen Delegierten Anregungen zur Besserung der Organisationsverhältnisse gegeben, die an manchen Orten noch viel zu wünschen übrig lassen. Ferner wurden die Lohnbewegungen sowie die Lohnverhaltnisse besprochen. Be. sonders erwähnenswert ist der Streik bei derErsten beut- zchen Jutegarnspinnerei" in Brandenburg an der Havel  . In dieser Fabrik lvar eS ein neuer Obermeister, der durch sein allzu scharfes Auftreten den Arbeiterinnen und Arbeitern die llnentbehrlichkeit der Organisation zum Bewußtsein brachte unv so unfreiwillig ein gut Teil dazu beitrug, daß der Streik mit Hutem Erfolg durchgeführt werden konnte. Di« Arbeiterinnen ver. oienten hier 8 bis 9 M. die Woche, die Arbeiter 12 bis 15 M. Die durch den Streik erzielten Lohnerhöhungen betragen 3, 4 M. und mehr; für einzelne Arbeiterinnen wurden die Löhne fast auf das Toppelte erhöht. Als ebenso schlecht wie vor dem Streik i» jener Spinnerei wurden die Lobnverhältnisse i» der Kammgarn- spinnerei von K u m e r l e bezeichnet. Dieser Unternehmer sucht nun den Arbeitern und Arbeiterinnen weiszumachen, daß sie ihre Lebenslage durch einenSparverein" verbessern könnten. Im Statut dieser neuen Gründung heißt eS, daß Lohnstreitigkeiten nur durch den Sparvercin geregelt werden. Es ist also eine richtig gelbe Gewerkschaft, und die Spargroschen der Arbeiterschaft sollen dazu dienen, den Verband im Betriebe auszuschalten, lieber traurige Verhältnisse wurde auch aus einer Jutespinnerei zu Landsberg   berichtet, in der die Löhne der Männer nicht nur so elend niedrig sind, daß eine Familie dabei verhungern müßte, sondern auch bei Androhung von Entlassung verlangt wird, daß die Frauen mitarbeiten. Darum hat man auch ein Kinderheim ge- gründet; aber die Kinder sollen dort so schlecht versorgt werden, daß die Sterblichkeit weit größer ist als sonst in Proletarier- samilicn. Die Diskussion schloß damit, daß der Gauleitung wie dem Gau- kassierer P r i l l w i tz einstimmig Techarge erteilt wurde. In­zwischen hotte die Prüfung der Mandate ergeben, daß 38 Delegierte, unter ihnen 3 Frauen, anwesend waren. D« Mandate waren sämt- lich ordnungsgemäß ausgestellt. Im übrigen war der Verbands- vorstand vertreten durch Z e h m S, Fräulein Hoppe und den Redakteur W a g n e r; der Gauvorstand durch Kotzke. Kor  « und Rasch. Die Konferenz befaßte sich dann mit der Frage der Arbeits- losenunterstützung. deren Einführung von der letzten Verbandsgeneralversammlung im Prinzip beschlossen worden ist. Endgültig wird darüber in der im Mai zu Leipzig   stattfindenden Generalversammlung entschieden werden. Der Referent Kotzke hielt die Arbeitslosenunterstützung für dringend notwendig und führte unter anderem aus, daß sie keineswegs den Klassenkampf- charakter der Organisation schwache, sondern vielmehr ein wirksames Kampfmittel in sich schliche. Seinen Ausführungen entsprechend erklärte die Konferenz mit allen gegen eine Stimme, daß die Ar- beitslosenunterstüung so bald wie möglich eingeführt werden solle und nahm folgende Resolution an: Zur gedeihlichen Entwickelung unserer Organisafton gehört nicht nur die intensivste Agitation unter den in der Textil- industrie Beschäftigten, sondern auch, daß die Mitglieder dauernd kampffähig crhalien und Mittel und Wege gefunden werden, die Mitglieder an die Organisation zu fesseln. Aus diesen Er- wägungen heraus crllärt sich die Gaukonfcrcnz mit den Aus- führungen des Gauleiters einverstanden, und die Delegierten verpflichten sich, mit aller Energie für die Einführung der Ar- beitSlofenunterstützung als eines weiteren Mittels, die Arbeiter- fchaft vor der brutalen AuSbcutungstaktik des Unternehmertums zu schützen, einzutreten. Die Erhöhung der Wochenbeiträge um 10 Pf. hält die Konferenz zwecks Wahrung des Klassenkampf. charakterö der Orgainfatton für unbedingt notwendig. Als Gegen- leiftuna soll den Mitgliedern die Arbeitslosenunterstützung, die möglichst noch in diesem Jahre eingeführt werden soll, gewähr. leistet werden." Hierauf wurde über Anträge der Delegierten beraten. Hinsicht- sich der Maifeier erklärte sich oic Konferenz dafür, daß sie überall, Ivo es möglich ist, durch ArbeitLruhe begangen lvcrdcn soll. Ein An! vag an die Generalversammlung, wie die Gauleiter, so auch die Geschäftsführer der Filialen aus der Verbandskasse zu besolden, wurde gutgeheißen. Zum internationalen Textilarbeiterkongreß. der im Laufe dieses Jahres in Wien   stattfindet, nominierte die Kon. fcrenz Kotzke als Kandidaten des Gaues für die Delegierten- lvahlen, die der Generalversammlung obliegen. Sodann hieli der Gauleiter Kotzke einen Vortrag überD t e Taktik der Unternehmer verbände". Auf Grundlage reichhaltigen Bcweismatcrials zeigte der Redner, wie das Unter- nchmertnm namentlich durch den Verband der Industriellen danach strebt, die Arbeiterklasse zu knebeln und zu knechten, ihre Organt- sationen zu vernichten und auch die bescheidenste Forderung nach tariflicher Regelung der Arbeitsbedingungen brutal abzuschlagen. Um so mehr müsse die Arbeiterschaft sich fest zusammenschließen. keine Mühe, kein Opfer scheuen, um ihre Rechte zu wahren, ihre Ziele zu erkämpfen. Der Vortrag faich lebhaften Beifall. Mit Hochrufen auf den Verband und dem Gesang der Ärbeitermarfeittaife wurde die Konferenz nach 7stündiaer Tagung abends 7 Uhr gc. schlössen. Deutsche Gesellschast zur KeKuulpfuug der Geschlechts- kraukheiten. Die Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung der Geschlechts- krankheiten hielt am Sonntag im Bürgersaale des Berliner   Rat- Hauses unter zahlreicher Teilnahme von Aerzten, Mitgliedern und Freunden der Gesellschaft ihre Hauptversammlung ab. Den Vor- sitz führte Professor Dr. Ncißer-Breslau  . Den Jahresbericht der Gesellschaft erstattete Dr. Blaschko-Berlin  . Er griff auf den von der Gesell- schaft veranstalteten Mannheimer Kongreß zurück, der sich in zweitägigen gründlichen Erörterungen mit der Frage der Sexual- Pädagogik beschäftigt habe. Was sich der Kongreß damals als d,e nächsten Ziele gesteckt habe, sei zum großen Teile schon er- reicht. In die Fortbildungsschule» sei der Unterricht über die Gefahren des Geschlechtsverkehrs allgemein eingeführt, sogar in Berlin  . Ueber die Abiturirntenvorträge zur sexuellen Aufklärung der angehenden Studenten habe das Kultusministerium eine Enquete veranlaßt, deren Ergebnisse demnächst vorliegen werden. Für die Lehrer an Seminaren und Universitäten seien von der Gesellschaft und anderen ärztlichen Vereinigungen Kurse ein- gerichtet worden, um sie in den Stand zu setzen, auf Grund eines umfassenden biologischen Wissens Aufklärung unter ihren Schülern zu verbreiten. Ein Elternmcrkblatt, das diesen Anleitungen zur sexuellen Aufklärung ihrer Kinder geben solle, liege in zwei Entwürfen, darunter einem von Professor Dr. William Stern in Breslau   vor und werde demnächst publiziert. Für ein besonderes Merkblatt für Soldaten und Matrosen über die Gefahren der Geschlechtskrankheiten sei ein Preisausschreiben erlassen. Der Jury gehören drei hohe Offiziere, drei Aerzte und Senatspräsident Dr. Schmölder-Hamm an. Für die Mitglieder der Krankenkassen seien fortlaufend Bortragskurse über die Geschlechtskrankheiten ein- gerichtet worden. Für Dienstmädchen, Ladenmädchen usw. halte jetzt zunächst in Berlin  , später in Schlesien   Frl. Dr. Hacker mit gutem Erfolge Vorttäge. Die Belehrung der Studentcu sei leider durch das hächstcigentümliche Verhalten des Rektors der Berliner  Universität Prof. Stumpf, der den Aerzten Vorträge über sexuelle Themen vor Studenten verbiete, zeitweilig gestört worden. Die drei größten Erfolge der Gesellschaft im abgelaufenen Jahre seien der Entwurf des Kurpfuschereigeseyes, der die Behandlung der Geschlechtskrankheiten durch Kurpfuscher verbiete und nachdrückliche Unterstützung verdiene; das gegen den Berliner Magistrat er- gangcne Kammergerichtsurteil, das die Beteiligung der Kranken- lassen an hygienischen Kongressen ausdrücklich für zulässig erklärt. und die Berordnung des preußischen Kultusministers vom 11. 12. 1907 über die Neuordnung der Reglementierung der Prostitution. Diese Neuordnung wolle den Mädchen, die auf der schiefen Bahn zur Prostitution herabgeglitten, die Rückkehr ins bürgerliche Leben ermöglichen und ihnen in diskreter Weise Heilung von den Ge- schlechtskrankheitcn verschaffen. Die Einschreibung, bisher der Kernpunkt in der Bekämpfung der venerischen Krankheiten, sei als äußerstes Mittel ganz ans Ende gerückt. Hoffentlich würden sich die unteren Verwaltungsbehörden recht bald von dem ein- gcbürgcrten Verfahren befreien und recht weitsichtig sein. Aus dem inneren Leben der Gesellschast sei hervorzuheben, daß der BreSlauer Polizeipräsident sie für einen politischen Verein erklärt und den Ausschluß der weiblichen Mitglieder gefordert hätte. (Schallende Heiterkeit.) Das Oberverwnltungsgericht habe dem Polizeipräsidenten   Recht gegeben, da die Gesellschaft sich doch mit Dingen wie die Aendernug des Strafgesetzbuches befasse, die auf öffentliche Angelegenheiten Bezug haben.(Rufe: Hört, hört!) Das neue deutsche Neichsvereinsgesey werde hoffentlich in dieser Beziehung Wandel schaffen.(Lebhafter Beifall.) Nach Genehmigung des Jahresbericht» ergriff Professor Welandrr aus Stockholm   das Wort zu dem Vortrage über: Wie kau« man die durch heredilär-fvphilitische Kinder verursachte soziale Gefahr bekämpfen? Der Redner führte aus: Keine Krankheit hat sich so rasch verbreitet, wie seit dem Ende des 15. Jahrhunderts die Syphilis über die ganze Kultur.oelt. Weder Palast noch Hütte hat sie mit ihrem furchtbaren Leiden verschont. Ihre furchtbarste Esijen» schaft aber ist die, daß sie schon im Mutterleibe auf den FotuS übergehen kann und ihn tötet oder so angreift, daß daS Kind um Wochen zu früh in elendem Zustande zur Welt kommt. Aber auch bei anscheinend gesund geborenen Kindern kann die Syphilis Jahre lang schlummern, und diese bilden dann eine große Gefahr für ihre Umgebung und die ganze Gesellschaft. Nur eine energische, Jahre lange Behandlung mit den Mitteln der neueren Wissenschaft ermöglicht ihre Heilung. Schon eine kräftige Behandlung syphili- tischer Frauen in der Zeit der Schwangerschaft ist ein großer Schutz für das Kind. EL bedarf aber auch dann nach der Geburt dauernder ärztlicher Uebcrwachung, da es nur frei von den Symptomen aber nicht von den Keimen der Krankheit ist. Die schwierige Frage ist nun, wo diese Kinder behandelt werden sollen. In das Waisenhaus werden sie nicht aufgenommen, die Mütter sehen diese Kinder, die meist mehr das Aussehen vertrockneter Greise als junger Mcnschcnwesen haben, oft nur als Last an, und die einmalige Behandlung im Krankenhause ist nicht genügend. Die Kinder müssen vielmehr Jahre lang isoliert bleiben, aber da sie schon nach ganz kurzer Behandlung äußerlich vollkommen kräftig und gesund sind, nicht in ein Krankenhaus oder Asyl, sondern in einem gewöhnlichen Kinderheim. Sie brauchen nur wirklich gesunde Wohnstätten. Licht, Luft, Reinlichkeit, gesunde Nahrung und zweckmäßige Behandlung. Der Redner schildert dann die Ein- richtung seines nach diesen Grundsätzen verwalteten«Kleinen Heims in Stockholm  , in dem bisher 34 syphilitische Kinder geheilt worden sind, ohne daß bei einem einzigen die Krankheit im späteren Leben wieder zum Ausbruch gekommen wäre.(Leb- hafter Beifall.) SanitätSrat Dr. Rvfenthal-Verlin teilt dann die Bildung eines Komitees zur Gründung eines Pflegeheims für örtlich-kranke Kinder auch in Berlin   mit und legt den Aufruf vor, den es zur Sammlung von Mitteln erlassen hat. Dr. Ritter-Berlin macht darauf aufmerksam, daß ein Teil dieser Aufgaben des Pflegeheims schon durch das SäuglingSkrankcnhauS von Professor Ledermann erfüllt werde. Professor Schloßmann-Düsseldorf huldigt dem Vor- tragenden als Menschenfreund und Arzt, hebt aber die Ver- schiedcnheit zwischen Deutschland   und Schweden   hervor. In Schweden   sei die Kindersterblichkeit unendlich viel geringer, wollte man hier syphilitische Kinder ohne Muttermilch ernähren, so würde man eine Sterblichkeit von 99 Proz. haben.(Sehr wahrl) Die Säuglingsfürsorge werde gerade jetzt in Deutschland   einheitlich und großzügig organisiert. Das syphilitische Kind sei niemals eine Gefahr für die Umgebung, wenn man von der Krankheit wisse. Meist aber erkenne man sie erst aus den Primäraffektionen der angesteckten Umgebung. Jedes syphilitisch erkrankte Kind komme in die Krankcnabteilung der Asyle oder in die Säuglingsabteilung der Krankenhäuser und bleibe außer in dem rückständigen Berlin   dort solange, bis jede Ansteckungsgefahr verschwunden sei. Die wohlmeinenden Pläne des Vortragenden seien für Deutsch  - land ein überwundener Standpunkt. Geheimrat Dr. Kirchner, Vortragender Rat im Kultusministerium: Die Säuglingspflege sei in Deutschland   jetzt in großem Aufschwünge. Die Kräfte zur Bekämpfung der ungeheuren Säuglingssterblichkeit, die in manchen Städten noch 2025 Proz. betrage, dürfe nicht zersplittert werden. Gleichwohl habe auch er, der in der ersten Linie die. Seuchenbekämpfung in Preußen zu organisieren habe, seine Unter- schrift unter den Auftus gesetzt. Man könne ja einwenden, daß es zweckmäßig märe die armen Wesen, die syphilitisch geboren werden, dahingehen zu lassen und daS Geld für gesündere zu verwenden, aber jedes Kind sei das Kind einer Mutter und jede Mutter liebe ihr Kind. Wenn sich daher offene Herzen und Beutel für diese Kinder finden, solle man es nicht zurückstoßen. Unsere Kinder und Enkel würden hoffentlich soweit, tomme». alle tuberkulösen Kinder zu isolieren. Wenn jetzt für die ebenso schlimme schleichende Volkskrankheit der Syphilis   ähnliches an« gebahnt werde, joUe man neben der allgemeinen Organisation deS Säuglingsschuhes auch dieses andere nicht lassen.(Lebhafter Beifall.) Von einer formellen Beschlutzfassung nahm man Abstand. Damit hatte die Jahresversammlung ihr Ende erreicht, weil wegen der vorgerückten Zeit der noch in Aussicht genommene Vortrag deS Professor Reißer ausfallen mußte. Zus Induftrie und DandeU Aus der Kltliindnstrie. Ueber ein agrarisches Attentat auf die Kaliindustrie und Ge- Werbefreiheit schlug die Dörsenpresse vor einiger Zeit Lärm, obwohl die Geioerbefreiheit im Bergbau durch die Syndikate gründlicher ab- geschafft ist. als in irgendeiner anderen Industrie. Das Zetermordio, das die Kalibarone erheben, und dieGefahren" für diefrei spielenden Kräfte" des Handels und der Industrie war natürlich nur Deckmantel; was man befürchtet, ist in Wahrheit nur eine Schmälerung der Syndikatsprofite. Wenn dieLandwirtschaft" beabsichtigt, sich eine gewisse Mitwirkung bei der Produttion deS wichtigen landwirtschaft­lichen Rohmaterials zu sichern, so ist dagegen nichts einzuwenden. Die Kalisalze sollen doch nicht nur ein Düngemittel desKapitalgewinnes sein. Die industriellen Agrarier hätten auch gerade den richtigen Zeitpunkt gewählt, um in die Kaliindustrie einzudringen. Die Kaliwerke unier- liegen gegenwärtig einer starken Depression, die durch den all- gemeinen wirtschaftlichen Niedergang, insbesondere durch die Stockung des amerikanischen Geschäfts, wohl vertieft wird, aber Haupt- sächlich die natürliche Folge einer beispiellosen Ueberspannung der Spekulation ist. Die gleichen Ursachen haben bereits Ende der neun- ziger Jahre einmal zu einem Krach geführt, das Publikum vergaß aber die Erfahrungen und zog sich ein neues Kalifieber zu. an dem freilich immer nur die kleinen Spekulanten.starben". Eine Unzahl neuer Werke sind reine Spekulationsgründungen. Den Grundbesitzern in der Nähe von bereits im Betriebe befindlichen bergbaulichen Unternehmungen wurden für ihr Land, das man zu diesem Zwecke zusainmenkaufte. hohe Preise gezahlt und ohne daß man sich über die Frage, ob man überhaupt fündig werden würde, die mindeste Gewißheit verschafft hatte, wurden die Bohr- türme herbeigeschafft und die Bohranteile unterS Publikum gebracht. Brach dann das Unternehmen zusammen, so hatte eine Menge kleiner Sparer ihr Geld verbohrt, aber den vermittelnden Finanz- Helden war wieder eine Schafschur geglückt. Ueber Ort und Art des landwirtschaftlichen Kaliwerks selber ist einiges durchgesickert, seitdem der Aufsichtsrat des Kalisyndikats sich vor einigen Tagen offiziell mit der Frage des Felderverkaufs der Gewerkschaft B u r b a ch beschäftigt hat. Burbach hat für daS letzte Jahr einen Rückgang seines Reingewinns von etwa 200000 M. zu verzeichnen und gebraucht bares Geld um so nötiger, als eS jetzt einen zweiten Schacht zu bauen hat. Leider erlaubt die Regierung den Kalibaronen die Herstellung deS zweiten Schachte« auf dem billigen Wege einer durchschlägigen Verbindung mit einem Nachbarunternehmen, und die Schaffung eines solchen NachbarunternehmenS. mit dem eS die Kosten für den zweiten Schacht zusammenzutragen hätte, ist mit der Zweck deS von Burbach beabsichtigten Felderverkaufs. Obwohl über die Verkaufsverhandlungen strenges Geheimnis bewahrt wird, weiß man doch soviel, daß es die landwirtschaftlichen Interessen sind, mit denen die Verhandlungen gepflogen werden, deren Abschluß übrigens nahe bevorstehen soll. Landwirtschaftliche Kaliaktionäre und Gewerke gibt eS übrigens heute schon recht viel- fach, ohne daß diese sich bei der syndizierten Preistreiberei als Störenfriede zeigen. Hat doch auch bei aller agrarischen Schreierei nach dem Kaliausfuhrzoll oder gar dem Kaliausfuhrverbot eine einflußreiche agrarische Gruppe der Preispolitik des Kalisyndikats stets das Wort geredet man denke nur an den Grafen v. Schwerin  -Löwitz und den A r n i m- Z ü s e d o m, die bei derHercynia-Debatte im preußischen Abgeordnetenhause ihre Ritterlanzen für daS Syndikat einlegten. Welche Interessen und Tendenzen dem Plan des landwirtschaftlichen Kaliwerkes zugrunde liegen, muß sich noch erst zeigen. Industrielle Konzentratio«. In einer Besprechung über Verbandsbestrebungen und«Hemmungen in der deutschen Eisenindustrie macht die.Rh.-Wests. Ztg." inter  - essante Angaben. Danach vereinigt der Walzdrahtverband eine Pro- duktion von 1050 000 Tonnen, die syndizierte und nicht syndizierte Blecherzeugung wird auf l1/« Millionen Tonnen geschätzt und die Stabeisenherstellung auf 3°/, Millionen Tonnen. Die Fabrikation der drei Artikel: Blech. Draht und Stabeisen, würde sich mithin auf rund 6 Millionen Tonnen stellen. Von dieser Gesamtmenge sind 5 Millionen Tonnen, und zwar 3,3 Millionen Tonnen Stabeisen, 901 000 Tonnen Blech und 742 000 Tonnen Draht im Stahlwerks- verband organisiert. Der Verband kontrolliert also fünf Sechstel der Gcsamterzeugung in dieser Produktion. Von der im Stahl- verband vertretenen Menge wird weiter fast die Hälfte von nur 5 Firmen beherrscht. Die Beteiligung dieser Werke ist folgende: Thyssen 532000 Tonnen, Gutehoffnungshütte 252 000 Tonnen, Hösch 276000 Tonnen, Phönix 620 000 Tonnen und de Wedel   343000 Tonnen, zusammen 202 800 Tonnen. Bei dem Mißverhältnis zwischen Rohmaterial- und Halbzeugpreisen werden immer mehr reine Werke Anschluß an gemischte Betriebe suchen müssen, so daß der Anteil dieser an der Gesamterzeugung in Walzprodukten immer größer wird. Die Gesamtbeteiligung der fünf Werke bettägt 3 765 000 Tonnen, so daß auf Halbzeug. Träger und Formeisen nur noch eine Menge von 1 742 000 entfällt. In absehbarer Zeit werden die gemischten Werke fast die ganze Weiterverarbeitung an sich gerissen haben._ Die Solinger Messcrindustrie. DieNew A orker Handelszeitung" veröffentlicht daS Urteil eines amerikanischen Importeurs über die deutsche MesserwarenprodUktwn. Der Amerikaner erklärte: Die einheimische Industrie in dieser Branche entbehrt jedes individuellen Gepräges; das Rohmaterial wird alles auS einer und derselben Quelle bezogen, die Muster sind bei allen Fabrikanten fast die gleichen und die Ausführung richtet sich starr nach derselben Sckiablone. Der erklärende Grund hiersür ist die Preisübereinkunft zwischen den Fabrikanten.... Wenn man hier bei einem Fabrikanten ein Muster herausgreift, so kann nian sicher sein, genau dasselbe bei zwanzig anderen zu finden. Anders in Deutschland  . Dort ist jeder Fabrikant bestrebt, möglichst etwas Neues und Originelles, von dem Vor- handenen Abweichendes zu schaffen.... Ein anderer sehr schwacher Punkt der amerikanischen Fabrikationen ist die Tatsache, daß sämt- liche kleineren Federmesser fast niemals scharf(dünn) geschliffen sind, was doch eigentlich ein kleines Messer sein sollte. Unter den hohen Zollsätzen würde Solingen   sein Absatzgebiet in diesen Artikeln nicht behaupten können, ivenn es nicht dieses Umstandes wegen wäre. In Scheren beherrscht Deutschland   den amerikanischen   Markt fast vollständig. Was hier in Amerika   in Scheren gemacht wird mit Ausnahme vonsheare" ist sehr unbedeutend; französische Ware geht ein klein wenig. während die Engländer fast ganz aus dem Markte sind. Iii Rasiermessern hat Deutschland   tn den letzten 10 Jahren gewaltige Fortschritte gemacht. mag paradox klingen, wenn ich sage, daß die seinften und besten Scheren, die feinsten und besten Nasiermesser, die hier im Markte verlauft werden, Solinger  Fabrikat sind, während es andererseils Tatsache ist, daß auch sehr viel Schund aus Solingen   kommt.'Der dortige Fabrikant richtet sich aber vollständig nach dem Verlangen der Kundschaft, die immer billigere Ware verlangt; aber er zeigt auch. daß er auszeichneteS machen kann, wen» der Preis dafür bezahlt wird. Gerichts-Leitung. Beleidigung der Polizei? Die kürzlich bor der ersten Strafkammer des Landgerichts I  vertagte Verhandlung gegen den Nedaktenr des AnarchijtenblatteS