Es folgt Titel 2: 3 Direktoren je 15 000 Tl. usw.Abg. Hur<Soz.): Es ist in der vorhergehenden Debatte davongesprochen worden...Präsident Graf Stolbcrg: Ich muß Sie bitten, auf dieGencraldiskussion nicht zurückzugreifen.(Aha! beiden Sozialdemokraten.) Es handelt sich hier um die S p e z i a l-d i s k u s f i o n. Ich bin überzeugt, daß vieles von dem, was Siesagen wollen, zu anderen Titeln gehört, und ich werde esIhnen selbstredend überlassen, diese Dinge auszuführen, wenn Siesich bei den anderen Titeln melden. Ich darf ober nicht zugeben.daß Sie hier auf die Generaldiskussio» zurückkommen. Es handeltsich hier lediglich um das Gehalt der Direktoren.Abg. H»e(Soz.): Beim Justizetat ist genau in der»selben We>le verfahre» worden...Präsident Graf Stolberg: Ich darf eine Kritik meinesVerfahrens nicht zulassen und bitte Sie wiederholt, aufdie Genera ldiskussion nicht zurückzugreifen.Abg. H»c(Soz.): Ich habe geglaubt, nach dem Vorgangebeim Justizetat auch beim Gehalt der drei Direktoren dasvorbringen zu können, was ich in der Generaldebatte nicht vorbringen konnte.Präsident Graf Stolberg: Inwiefern der Vergleich mit demJustizetat zutrifft, iveiß ich nicht. Jedenfalls dürfen Sie nicht aufdie Generaldiskussio» zurückkommen.Abg. H»c(Soz.): Dann will ich einige Angriffe zurückweisen,die gegen mich in der Debatte erhoben worden sind.Präsident Graf Stolbcrg: Das können Sie in einer Personl i ch e n Bemerkung.Abg. Hue(Soz): Wie Sie sehen, bin ich nicht in der Lage, dasvorzubringen, was ich nach dem Borgauge beim Justiz etat vorbringenwollte. Ich will deshalb nur konstatieren, daß am Freitag sehrheftige persönliche Angriffe gegen mich gerichtet worden sind.(Präsident Graf Stolberg: Wir find bei Titel 21) Mir ist vorhindas Wort abgeschnitten worden. Mir ist es daher nicht möglich,darauf einzugehen, und ich werde bei der d r i t t e n L e s u n g dasWort nehmen.(Sehr gut l bei den Sozialdemokraten. Graf Swlderg überläßt das Präsidium dem Abg. Paasche.)Abg. Stadthngen(mit großer Heiterkeit von der Mehrheit begrüßt): Ich möchte darlegen, daß die Anstellung von drei Direktorenbei dem großen Umfange der Geschäfte des Rcichsamts des Innernzu wenig ist.(Stürmische Heiterkeit.) Es wird nötig sein, nocheinen besonderen Dezernenten einzusetzen, der dafürsorgt, daß das Reichsrecht nicht durch landcsrechtliche Maßregeln««gangen wird, wie eS durch die Berordnung über die LegitimatioiiS-Papiere für ausländische Arbeiter seitens der preußischen Regierunggeschehen ist.Vizepräsident Dr. Paasch?: Wenn Sie diese Ausführungen fort-führen, liegt die Gefahr vor, daß die Generaldiskussion weller geht.Ich muß nach dem eben gehörten Vorgang darauf hinweisen, daßein solches Eingehen auf die Generaldislussio» nicht zugelassenwerden kann.Abg. Stadthagen(Soz.): Mir liegt es fern, in die General-diskuision einzutreten.(Heiterkeit.)Vizepräsident Paasche: Sie können nur begründen, warum Sienicht drei Direktoren, sondern mehr wünschen.Abg. Stadthagen: Ich halte es für notwendig, daß da? Arbeits-gebiet der Direktoren erweitert wird. Ich habe bereits Heim Justiz-etat ausgeführt, daß die genannte Verordnung eine Gefahr für unsereinländische» Arbeiter bedeutet und auch zu imeriiationolen Verwickelungen führen kann. Ich will nicht nieine damaligen Ausführungenwiederholen, aber eS erscheint mir unzweifelhaft, daß diese Ber-ordnnng den Handelsverträgen widerspricht und daß die Direktorendarauf dringen müssen.(Rufe rechts: Zur Sache I)Vizepräsident Paasche: Sie kommen auf ganz allgemeine Er-örterungen. Das kann ich nicht zulassen. Ich rufe Sie zur Sache.Abg. Stadthagen(Soz.): Ich wollte nur hervorheben, daßmeines Erachtens die drei Direktoren(Große Heiterkeit)...Vizepräsident Paasche: Die Direktoren sind die ausführendenOrgane des Staatssekretärs. Sie können bei diesem Titel nicht allemöglichen sachlichen Wünsche vorbringen.Abg. Stadthagen: Ich glaube doch, daß sachliche Erörterungenzulässig sein müssen. Wir müssen doch wisse«, wes-wegen die Direktoren ernannt werden sollen,lvas sie zu tun haben, was unseres Erachtens zuihren, Wirkungskreis gehören sollte. Derartigesachliche Ausführungen gehören wohl in den Rahmen dieses Titels.(Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.)Vizepräsident Paasche: Die Verteilung der Geschäfte desReichsamts des Innern ist Sache desStaatssekretärs undnicht Sache des Reichstages.(Zustimmung rechts.)Abg. Stadthagen: Sache des Reichstages ist eS doch, dieDirekioren zu b e w i l l i g e n. Ich wollte daher...Vizepräsident Paasche: Ich bitte Sie nochmals, auf dieseDinge nicht weiter einzugehen und mache Sie aus die geschäfts-ordnungsmäßigen Folgen aufmerksam, wenn ich Sie zum zweitenMale zur Sache rufe.Abg. Stadthagen: Ich muß begründen, weshalb wirmehr Direktoren gebrauchen. Ich könnte insbesondere ausführen.daß auf dem Gebiete der ländlichen Arbeiterfürsorge nichts geschieht.Das würde aber zu weit führen.(Heiterkeit.) Ich will mich daraufbeschränken, hervorzuheben, daß das, was ich vorhin anführte, einderartiger Brnch mit den Handelsverträgen ist, daß mir mehr alsdrei Direktoren notwendig erscheinen. Wenn die allervornehmstenPunkte, die durch internationale Verträge geregelt sind, nichteinmal beachtet werden, so sehe ich nickt ein. zu welchemZweck wir überhaupt besoldete Direktoren haben.(Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) Ich habe die betreffendeVerordnung, die ich vorhin anftihrte, vor mir...Vizepräsident Paasche: Ich kann nicht dulden, daß Sie daraufweiter eingehen, und werde nunmehr nach§ 46 der Geschäftsordnungdas Haus zu ftagen haben, ob eS Ihnen weiter gestattet, über diesenGegenstand zu sprechen.Abg. Stadthagen: Ich verzichte!(Stürmische Heiterkeit.)Der Titel 2 wird bewilligt, ebenso debattelos eine Reiheweiterer Titel.Beim Titel.Unterstützung für das Germanische Museum wNürnbergs willAbg. Dr. Pfeiffer(Z.) eine allgemeine Uebersicht über die Kultur«aufgaben des Deutschen Reiches geben. Er wird wiederholtvom Vizepräsidenten Dr. Paasche ersucht. sich an den Titelzu halten.Abg. Dr. Pfeiffer: Dann konstatiere ich. daß eS imdeutschen Reichstag nicht möglich ist. überdeutsche Kulturausgaben zu sprechen.(Lauter Beifallim Zentrum.) Ich verzichte hier auf daS Wort.(DemonstrativerBeifall im Zentrum.)Abg. Frhr. v. Gamp(Np.): Im Interesse der Abkürzung unsererVerhandlungen und um dem Redner Gelegenheit zu geben, seineinteressanten Ausführungen zu machen, beantrage ich. alle Titelüber die Unterstützung wissenschaftlicher Korporationen zu verbinden.Abg. Dr. Mngdan(frs. Vp.): Dieser Antrag ist ein Unrechtgegen den Abg. Hue, dem soeben verwehrt wurde, all-gemeine Ausführungen zu machen.(Zustimmung links.)Gegen die Stimmen der Linken wird der Antrag Frhr. v. Gampangenommen.Abg. Dr. Pfeiffer fährt daher in seinen Ausführungen fort undverbreitet sich auSsiihrlich über die Bestrebungen zahlreicher wissenschaftlicher Korporationen.Die 75 000 M. von der HohkönigSburg sollten in den All-gemeinen FondS eingesetzt werden als Ehrensold für Künstler, Ge-lehrte, Dichter. Es gibt große Dichter in Deutschland.(StürmischeHeiterkeit.) Ich meine natürlich nicht Herrn Dr. Müller-Meiningen.(Erneute große Heiterkeit.) ES darf bei uns nicht mehr vorkomnien,daß die Künstler bei einem Reiterstandbild in einer großen Stadtan einer Stelle untergebracht werden,'wo das Pferd, um michdeutsch auszudrücken, die uiiassimilierbaren Substanzen vegctabili-scher Nahrung ausscheidet.(Stürmische Heiterkeit.) Wir müssenendlich dazu kommen, daß das Reich ein deutsches National-theater tiibventioniert und so daS feinige dazu tut, dasästhetische Gefühl des Volkes zu heben.(Lebhafter Beifall.Abg. David(Soz.): Hoch der Modernismus!— GroßeHeiterkeit.)Die Titel werden bewilligt. Die weitere Debatte wirdvertagt auf Donnerstag 1 Uhr.Schluß 7V4 Uhr._Südwestafrillacor der KlidgetkemmM».(Sitzung vom 11. März.)Am Schluffe der gestrigen Sitzung sprach Gröber sein Erstannenaus, daß Abg. S e n> l e r als Referent so sehr schweigsam bei derDebatte über Südivestafrika gewesen. Heute nahm nun Seniler alserster Redner das Wort, um sein verärgertes Herz auszuschütten. Erist sehr unzufrieden mit dem bisherigen Verlans der Kolonial-beratungen in der Kommission. Die Dernburgschen Programm-erklärungen liegen ihm schwer im Magen, er behauptet, in O st-afrila seien die Farmer sehr niedergedrückt und mißmutiggeworden, man sei entrüstet darüber. daß jeder neu zu-ziehende Weiße als Vergrößerung der ReibungSflächen betrachtetivürde. Auch in K a m e r u n sei man sehr verärgert über Der»-burgs Beurteilung der dortigen weißen Händler. Und sie selbst, dienationalliberalen Abgeordneten, welche Dernburgs Kolonial«Politik tragen wollten, hätten mit ihren Anregungen keinenErfolg gehabt. Das seien die Gründe, weshalb er sich gestern nichtan der Debatte beteiligt habe. Nach dieser elegischen Trauerredebespricht er im einzelnen den Etat für Südwestafrila; er er-klärt die Burcnfrage in Südwestafrika für die wichtigsteFrage, geht kurz auf das System Rechenberg in Ostafrikaund daS System Lindequist-Schuckmann in Südwestafrika ein, ver«teidigt sehr nachdrücklich den Eisenbahnbau in den Kolonien undfordert den Staatssekretär auf bis auf weiteres nicktS gegendie OvamboS zu unternehmen. Daneben macht er allerhand dunkeleAndeutungen über Personaldifferenzen in den Kolonien undpolemisiert gegen Erzbergers Bemerkung, daß der Etat für Südwest-afrika ein nationales Unglück sei.Abg. Dehrn war von Semlers Kriegserklärung gegenDernburg überrascht und glaubt, er habe mit diesen Ausführungenseine Befugnisse als Berichterstatter überschritten, denn die Mehrheitsei mit Dernburg einverstanden gewesen. Dohr» protestiert danngegen die dunkele» Andeutungen Semlers, wenn er Mißstände kennt,soll er mit der Sprache herausrücken.Ledebour schließt sich dem letzteren Protest an und ivendet sichgegen die in SemlerS AuSfübrungen liegende Absicht, später, wenndie vollendeten Bohnbauten eö möglich machen, gegen die OvamboSgewaltsam vorzugehen. Man soll diese kulturell weit vorgeschrittenenNeger durch Friedenswerke zu gewinnen sucken. Ueberdies würdeein Kampf gegen die OvamboS sehr zweifelhaft in seinem Erfolgesein, denn es handelt sich dort um tropisches Land. Ledebour verlangtdann Auskunft über die Lokalisierung der Hottentottenauf der Haifisckinsel. Im Bericht wird mitgeteilt, daß die Sterb-lichkeit außerordentlich groß gewesen ist. der Reichstaghabe doch verlangt, daß diese Lokalisierung aufgehoben werde.Weiter zitiert Ledebour aus einem Artikel des Hauptmann Hütterim heutigen„Berliner Tageblatt" Urteile über LindequistS Ein-geborenenverordnung, welche durchaus dem entsprechen, waS Ledebourgestern ausführte.Dernburg bemerk gegen Semler. daß er nichts weiter getan,als auf Wunsch der Kommission seine Erfahrungen inden Kolonien mitzuteilen. Er habe daS in sachlicherWeise getan und Licht und Schatten gerecht verteilt.Nachdem die Kameruner Verhältnisse von anderer Seite zumGegenstand der Erörterung gemacht wurden, habe er sich auch hierverpflichtet gesuhlt, aus den Akten tatsächliche Mitteilungen zumachen, welche zur Klärung der Sachlage beitragen. Heftigerwerdend fährt er fort: Entweder ich führe die Geschäfte nachmeiner Ueberzeugung oder ich laffe die Hände ganzdavon. Ich kann mcht im Interesse einzelner Kreise oderKlassen Dmge verschweigen, die gesagt werden müssen, umzu einem ricktigen Urteil über die Kolonien zu kommen.Wenn meine Stellungnahme manchen abstößt, der bisherfür die Kolonien tätig war, so ist mir daS schmerz-lich, aber ich kann auf einzelne Kreise undKlassen keine Rücksicht nehmen, die Kolonialpolitik mußgetragen werden von den breiten Schichten des Volkes. Und indiesen Kreisen habe er erhöhtes Jnreresse wahrgenommen, seit errückhaltlos die Wahrheit über die Kolonien ausgesprochen. Das Volkhabe Anspruch auf Wahrheit.Redner geht nun auf die erörterten sachlichen Fragen ein.An einen Zusammenbruch in Südwe st afrika glaubeer nicht, er habe nur von einer sehr ungünstigenHandelS-bilanz gesprochen. ES sei nur notwendig. Borsickt zu üben undzu beachten, daß Leute hingehen, welche genügend Geld haben, da-mit sie eS drei bis vier Jahre aushalten können. In der O v a m b o-frage könne er erklären, daß Gewalt nicht angewendetwerden soll, ein Häuptling hat einen Pastor überfallen undkonnte bisher nicht zur Rechensckast gezogen werden, aberein Rachezug ist nicht geplant. Er sei derselben Meinung,wie Ledebour, daß unsere Soldaten in dem tropischen Klimanicht bestehen könnten. Zum Schluß verlangt Dernburg bestimmteErklärungen von Semler, welche Sorte von BureaukratiS-m u s und welchen Mangel an Courtoisie er mit seinendunllen Andeutungen gemeint habe.Seniler verteidigt sich zunächst gegen Dohrn und Ledebour, erhabe keine Kriegserklärung gegen Dernburg ausgesprochen,er sei nur nicht zufrieden mit Dernburg. weil dessenoffene Programmerklär ringen auch in denPunkten, die seine Zustimmung habe», nichtförderlich für die Kolonien sein könnten. Er beklagt sichdann, daß ihn die Kolonialverwaltung nicht einmal in Schutz ge-nomine» habe, als er von den Sozialdemokraten wegen seinerBroschüre über Südwestafrika heftig angegriffen wurde. Auf dieFrage DernburgS, wo ein Mangel an Courtoisie zutage getretensei, teilt er mit, daß der neue Gouverneur v. Schuck-mann bei seinem Amtsantritt nicht zuerst Besuche beiden dortigen Beamten und Offizieren gemacht habe, wodurchein heftiger Streit zwischen der Müitärvenvaltung und dem Gouvernement entstanden sei, der nur beigelegt wurde, nachdem Schuck-mann dem Leiter der Schutztruppe in Windhut die erwartete Antritts-Visite gemacht hatte.Zur Ehre der Budgetkommission muß gesagt werden, daß diegroße Mehrheit über diese alberne Zeremoniengeschichte herzlichlachte. Q u a d e teilt noch mit, daß amtlich den heimischen Be-Hörden von diesem Froschmämekcieg nichts bekannt ist.Erzberger spricht sich gegen das frühere Vertusch ungS-s y st e m ans. Von seiner Meinung, daß der Etat für Südwest«afrika— nicht der Besitz der Kolonie— ein nationale?Unglück sei. geht er nicht ab. hier fehle es an den notwendigstenMitteln, für die Kolonie müßten 40 Millionen aufgewendet werden.Auch an den wirtschaftlichen Zusammenbruch glaubt er, die zahl-reichen Konkurse unter den wenigen Weißen deute dieSchwierigkeiten an.v. Richthofen hält den südwestafrikanischen Krieg für da? Unglück,daS an allem sckuld sei, im übrigen ist er für die Kolonialpolitik.Dohr» polemisiert gegen Seinler und Wiemer lobt den Staats-sekretär, der mit seiner Politik der Offenherzigkeil der Kolonial-Politik viele neue Freunde gewonnen habe. Er bitte so fortzu-fahren. Die pessimistische Meinung Erzbergers über Südwestafrilateilt er nicht..Lindcqnist rechtfertigt in langer Rede seine Ein-gebore nen-Verordnung, die im Einverständnis mitdem Gouvernementsrat und den Missionaren erlassen wurde.Er glaubt damit im Interesse der Eingeborenen gehandeltzu haben. Die Paßmarke tragen die Neger um denHals, und sie sollen so stolz darauf sein wie etwa ein freisinnigerAbgeordneter auf seinen Orden. Bei der Sckilderung� derKonzentrationslager teilt Liiidequist mit, daß die Sterblichkeit_ ineiiizeliicn der Lager von 45 bis 60 Pro;, betragen habe.(I) Diesefurcktbare Sterblichkeit soll darauf zurückzuführen sein, daß dieNeger durch den Krieg sehr heruntergekommen, halb verhungert undentkräftet gewesen seien.K-psch spricht sich im Gegensatz zu Wiemer sehr skepttsch überSüdwestafrila aus er steht auf Erzbergers Standpunkt und schiebtdie Sckuld an diesen Verhältnisse» den Kolonialichwärmern zu,� diedas Reich in dieses Dilemma hineingetrieben hätten.(Also müssenSie den Etat ablehnen I ruft Lattmann.) Nein, aber wir werdenalles streichen, was irgend möglich ist.Dernburg hält gegen Kopschs Pessimismus eine lange rechtoptimistisch gefärbte Rede über die wirtschaftliche Zukunft Südwest-afrikas.Nach einigen weiteren Bemerkungen Dr. Arnings, ArendS,Erzbergers und DernburgS wird die Generaldebatte ge-schlössen.Morgen wird in die Spezialberatung eingetreten.pariamentanlcbes.Wahlprüfungskommisfion.(Sitzung vom 11. März.) DieKommission prüfte die Wahl des Abg. Everling(natl.), der inder Stickwahl mit 14 42l Stimmen gegen den SozialdemokratenPinkau-Leipzig, der 12 763 Stimmen erhielt, im 10. sächsischen Wahl-kreise(Döbeln- Waldheim) gewählt worden ist. Ein Wahl-Protest behauptete, es seien eine Reibe von Verstößen vorgekommen,die jedock zum Teil nicht genügend substanttiert waren. Das wichtigsteder behaupteten Vorkommnisse lvar die Aufforderung des fürdie Stickwahl ausgefallenen konservativen Kandidaten Rüderin der gesamten bürgerlichen Presse, den nationalliberalen Everlingzu wählen: seiner Unlerichrift hatte Herr Röder seinen Amtscharakterals Bürgermeister beigefügt.Die Kommission erklärte diesen Vorgang für unerheblich.nachdem die Blockniehrheit im Plenum bekanntlich_t)ie frühere Praxisüber den Haufen geworfen hat und kam demgemäß zur Gültig-keitserklärung der Wahl Everlings.Die Prüfung der Wahl des sozialdemokratischen AbgeordnetenKaden, Wahlkreis DreSden-Neustadt. wurde begonnen, abernicht zu Ende geführt._Hiid der parteuZum siebzigsten Geburtstage von Wendclia Weißheimer habenam Gedenklage der Kämpfe von 1848 unsere Genossen in Kandern(Hessen), vereint mit denen von Lörrach, dem bewährten Genossenund Komponisten zahlreicher Arbeiterlieder ein Ständchen ge-bracht, an das sich eine erhebende Festfeier und ein Fest-zug anschloß. Weißheimer, der als Sohn des Bürgermeisterszu Osthofen(Hessen) am 26. Februar 1833 geboren wurde, erhieltseine musikalische Ausbildung auf dem Konservatorium zu Leipzig,war dann viele Jahre Kapellmeister am Stadt-Theater zu Mainz undkomponierte mehrere große Overn, u. a.„Meister Martin", die vorwenigen Jahren am Darmstädter Hof-Theater wieder zur Auf-führung kam. Weißheimer war ein Anhänger und später Person-licher Freund Richard Wagners, zu einer Zeit, in der jenem nochnicht die Sonne des Erfolgs strahlte, wie in den„Erinnerungenan Richard Wagner", die Weißheimer herausgab, sehr intereffautzu lesen ist. Auch zu Franz Liszt stand er in engen künst-lerischen wie persönlichen Beziehungen. Am hellsten aberleuchten noch heut« die Augen des Alten auf, wenn er von seinemVerkehr mit Ferdinand Laffalle erzählt, der ihn in Osthofen besuchtund bis zu seinem Ende mit ihm in Verbindung blieb. Weißheimerhatte sich gleich zu Anfang der sozialistischen Bewegung dieserbegeistert angeschlossen. Seine Komposittonen von Arbeiterliedernatmen revolutionäre Glut. Auf dem Mainzer Parteitage erweckteseine Komposition des Herweghschen.Bei' und arbeit'" wie desHeineschen. TendenzliedeS" stürmischen Beifall, nicht minder auf demMannheimer Parteitag seine gewalttge Kompositton des„Emporzum Licht", deffen schwierige Einstudierung er selbst übernommenhatte, wie er auch in Mainz wie Mannheim die Chöre dirigierte.Im Parteiverlage von Dietz sind mehrere seiner Arbeiterlieder er-schienen. Den Glückwünschen, die unsere Genossen in der stillenHeimat WcißheimerS ihm zu seinem siebzigsten Geburtstage dar-brachten, schließen sich die Hunderttausende, die er mit seinen Liedernerfreute, aus vollem Herzen an, zugleich mit dem Wunsche, daß ernoch manches Lied für die Arbeitersänger schaffen möge!Parteiliteratur.Im Verlag der Buchhandlung Vorwärts erschienen:Die historische Leistung von Karl Marx.Zum 25. Todestage des Meisters herausgegeben von KarlK a u t s k y. Mit einem Portrait von Karl Marx. Preis 1 M-Volksausgabe 30 Pf.Kautsky will durch diese Arbeit daS Verständnis deffen erleichtern,was Marx der Welt gebracht hat. DaS dürfte, wie KautSkh in seinen:Vorwort sagt, keineswegs so allgemein bekannt sein, wie eS not-wendig wäre in einer Zeit, in der so heftig für und wider Marxgestritten wird. Die Broschüre will nicht bloß eine Studie zurPaneigeschichte sein, sondern auch ein Beitrag zur Entscheidungaktueller Fragen.».»In zweiter, neu durchgesehener Auflage ist erschienen: Referenten-Führer. Eine Anleitung zum Erwerb deS für die sozialdemokrattscheAgitationStätigkeit nötigen Wissens und Könnens. Von EduardDavid. Preis 1.50 M._Gemeindewahlsiege bt Hessen-Nassau.Weitere erfteuliche Erfolge haben unsere Genossen bei denGemeindewahlen in der Umgebung von Frankfurt a. M. errungen.In Fechenheim a. M. siegten sie über ihre Gegner, der„Färb-werkspartei", die mit Unterstützung deS ReichsverbaudeS glaubte, dieFarbwerlsklaven für sich zu gewinnen. Ferner wurden unsere Ver-treter gewählt in E ck e n h e i m, wo zwei Genossen in den Gemeinde-rat einziehen. In HedderSheim gelang es, sämtliche dreiKandidaten durchzubringen. Ferner wurden sozialdemokratische Ver-treter gewählt in Hausen bei Frankftirt a. SDi. und in K a h l b a ch.Ueberall ist ein crfteulicheS Anwachsen unserer Stimmenzahl zukonstatieren._Die ArbeitSbörse in Toulon und der Bürgermeister.Paris, 9. März.(Eig. Ber.) Ueber einen angeblichen Konfliktzwischen dem Bürgermeister und der ArbeitSbörie in Toulonhaben auch in der deutschen Presse Nackrichten Eingang gefunden,denen sckon darum entgegengetreten werden muß, weil sie geeignetsind, eine sozialistische Gemeindevertretung in ein falsches Licht zubringen. Denn der Gemeinderat von Toulon gehört in seinerMehrheit der geeinigten Partei an. ES ist nicht richtig, daßder Bürgermeister— Genosse EScartefigues— die Arbeits-dörse gesperrt hat. Der wahre Kern an der Sache ist, daßder sozialistische Bürgermeister angesichts eines Konflikts innerhalbder Gewerkschaften durch die Pflicht der Unparteilichkeitgezwungen war, gewisse Verfügungen über die Zuweisungder verschiedenen Räume deS Gebäudes zu treffen. Inden Gewerkschaften von Toitlon ist vor einiger Zeit einStreit ausgebrochen, der zum Austritt etwa der Hälfte der Orga-miattonen aus dem bisherigen Verband und zur Konstituieruna