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Tumor, Mi Marx ihm häufig Such in dnikten als naiionalolons- mischen Fragen und politischen Dingen auf den Zahn gefühlt habe; wie er ihm spanischen Unterricht erteilt habeund wie geduldig beim Lehren, er, der sonst so stürmisch Ungeduldige!"; wie er ihm seinen Stil korrigiert habe, weil er in einem Schrift- stück gesagt hatte:die stattgehabte Versammlung"; wie er ungestüm drängte, wenn er bei einem seiner Freunde eine Lücke im Wissen entdeckte, zugleich aber auch die nötigen Ratschläge gab; wie er unerbittlich examinierte, wenn er mit einem allein war.Es war eine Ehre für uns, von ihm geschulmeistert zu werden. Nie war ich mit ihm. ohne zu lernen." Um jene Zeit arbeitete Marx täglich im britischen Museum mit seinen unerschöpflichen Bücherschätzen, und hierhin trieb er auch seine jungen Freunde.Lernen I Lornenl DaS war der kategorische Imperativ, den er oft genug uns laut zurief, der aber auch schon in seinem Beispiel, ja in dem bloßen Anblick dieses stets mächtig arbeitenden Geistes lag... Marx war ein strenger Lehrer; er drängt« nicht nur zum Lernen, er überzeugte sich auch, ob man lernte." Aber er hatte die seltene Eigenschaft, streng zu sein, ohne zu entmutigen. Und dazu kam die vorzügliche Lehrereigenschaft; er zwang seine Schüler zur Selbstkritik; er duldete kein Sichgenügenlassen am Erreichten. Das fanftlebige Fleisch der Beschaulichkeit peischte er grausam mit der Rute seine? Spottes." In den Jahren 1850 und 18S1 gab Marx einen Kursus bon Vorträgen über Nationalökonomie. Er ent- schloß sich nur ungern dazu, aber nachdem er zuerst bor einem kleineren Kreis von Freunden gesprochen hatte, lieh er sich auf Zu- reden dieser Freunde bewegen, vor einem größeren Kreise zu lehren. In diesem Kursus, der allen, die das Glück hatten, an ihm teil- zunehmen, unvergeßlich sein wird, entwickelte Marx schon voll- ständig in den Grundzügen sein System, wie es in demKapital" vor uns liegt." Liebknecht rühmt an Marx, daß er ein merk- würdiges Talent der Popularisierung besessen habe, ohne doch dabei platt zu werden. So klar wie er dachte, so klar drückte er sich auch aus. Ueber seine Methode schreibt Liebknecht :Er stellte einen Satz auf möglichst kurz, und erläuterte ihn dann in einer längeren Ausführung, bei der er sich mit äußerster Sorgfalt be- mühte, alle den Arbeitern unverständlichen Ausdrücke zu ver- meiden. Dann forderte er die Zuhörer auf, Fragen an ihn zu richten. Geschah dies nicht, so fing er an zu examinieren, und das tat er mit solchem pädagogischen Geschick, daß ihm kein« Lücke, kein Mißverständnis entging. Ich erfuhr, als ich meine Verwunde- rung über dieses Geschick aussprach, daß Marx schon im Arbeiter- verein zu Brüssel nationalökonomisch« Vorträge gehalten hatte. Jedenfalls hatte er das Zeug zu«inem vortrefflichen Lehrer. Er benutzte beim Lehren auch eine schwarze Holztafcl, auf die er die Formeln schrieb darunter die uns allen aus dem Anfang des Kapital" bekannten Formeln. Jammer und Schade, daß der Kursus nur etwa ein halbes Jahr oder noch weniger gedauert hat." So mag man Marx von einer Seite betrachten, von welcher man will, er bietet für die Theorie immer neue Anregungen und für die Praxis wirkt sein Beispiel belebend und aneifernd. So unbekannt es in weiteren Kreisen bisher vielleicht gewesen ist, daß Marx schon vor mehr als fünfzig Jahren in Form von Vortrags- kursen seine ernste und schwere Wissenschaft vor Arbeitern zu popularisieren versucht hat, so sehr wird dieser deutliche Beweis für die Schätzung methodischer Arbeiterbildung durch Marx den gegenwärtigen Eifer der Arbeiterorganisationen auk diesem Gebiete beflügeln. Heinrich Schulz. 15» Niillione» für KoloBlalbahoeD. Der Bundesrat hat gestern die K o l o n i a l b a h n- Forderungen genehmigt. Das offiziöse. Depeschenbureau meldet darüber: Es werden angefordert die Mittel für r»»d 145>l) Kilometer Eisenbohne» in den deutschen Schutzgebieten. Davon entfallen auf Südivestafrika für eine Zweigliiue der Lüderitzbucht-Ba hn von Seeheim nach Katkfontein rund 180 Kilometer, auf Togo für eine Eisenbahnlinie von Lome nach A t a k p a in e gleichfalls rund 180 Kilometer, auf Kamerun für eine Eisen- bahn von D u a l a nach den, schiffbaren Teile des N y o n g f l u s s e s bei W i d i n, e n g e sSüdbahn) rund 350 Kilometer und auf O st a f r i k a für die Verlängerung der Usambarnbahn in der Richtung auf den Kilimandscharo bis zum Panganifluß 4b Kilometer sowie schließlich für die Fort- führung der M o r o g o r o b a h n bis Tabora rund 700 Kilo- Nieter.... Der Gcsanitbcdarf beziffert sich auf rund 150 Mil- lionen Mark, verteilt auf 0 bis 7 Jahre. Die Mittel sollen im Wege der Anlnhe aufgebracht werden und zivar ist in AuS- führung des Gesetzes über die Einnahmen und Ausgaben der Schutzgebiete vom L0. März 18V2. abweichend von dem bis- herigen Verfahren, die Ausgabe einer besonderen Ko» lonialanleihe vorgeschlagen. Eine Ausnahme hiervon macht nur S ü d w e st a f r i k a, wo es bei dem bisherigen Ver- fahren der Geioährung eines Darlehus von seilen des Reiches an das Schutzgebiet verbleibt. Es konnte davon ausgegangen werden, daß die an der Kolonialonleihe beteiligten Schutzgebiete Ostafrika . Kamerun und Togo für Verzinsung und Tilgung der Anleihe ohne Erhöhung des ReichSzuschusseS aufkommen können. besonders, wenn neben den Eisenbahnbauten auch andere Anlagen von dauerndem und Wirtschaft- lich werbendem Wert wie Hafenbauten, Fluß- regulier un gen. Bauten großer Kommuni- kationS-Straßen, gleichfalls auS Anlcihemitteln gedeckt werde». Unter dieser Voraussetzung läßt sich eine Same- rung des Kölonialetats i» der Richtung erzielen, daß sämtliche laufenden Ausgaben derselben einschließlich der Ver- zinsung und Tilgung der gewährten Anleihe und derjenige» ein- maligen Ausgaben, denen ein werbender Charakter nicht inns wohnt, aus den eigenen Einnahmen der Schutzgebiete ge- deckt werden können und der R e i ch s z u s ch u ß in Zukunft bei einer Fortdauer der gegenwärtigen Entwickelung der Schutzgebiete ans die Kosten der militärischen Verteidigung und derjenigen für die erstmalige Erwerbung sZahlung der Rente an die Ostafrikanische Gesellschaft, Kosten von Grenz- regulierungen usw.) beschränkt bleibt." Das Reich soll also die G a r a n t i e für eine Anleihe von rund 150 Millionen(wahrscheinlich werden 200 Millionen herauskommen I) übernehmen. Für die Aufbesserung der Gehälter der Unterbeamten ist trotz der Teuerung aller Lebensmittel kein Geld vorhanden. Für neue Kolonialbahnen soll munter daraus losge- pumpt werdenl Allerdings hat Dernburg dabei seinen LieblingSplan durch- geführt. Wie er gleich in seiner ersten Denkschrift im Herbst 1906 ankündigte, wird eine Trennung zwischen dem Äolonialetat uiw dem Reichs etat vorgenommen. Nicht das Reich nimmt die Anleihe fite die Nsenbahnen aus, sondern die Kolonien, und die Verzinsung der Eisenbahn- anleihen soll aus den Kolonialeinnahmen gedeckt werden. Das Reich soll künsttg nur noch die Kosten für den Kolonialmilitartsmus bezahlen. Wir haben bereits im Jahre 1906 nachgewiesen, daß diese Trennung zwischen einem Kolonialetat und einem Reichs- etat nichts als blauer Dunst, nichts als eine Verschleierung der Tatfachen ist. Ob die Verzinsung der Kolonialbahuen direkt vom Reich geschieht oder durch die Kolonien, ist vollständig gleich. Die eigenen Einnahmen der afrika - nischen Kolonien beziffern sich ans zirka 13 Mtll. Mark. Davon soll nun auch noch die Verzinsung für die Kolonialbahnen- anleihen in Höhe von mindestens 6 Millionen Mark aus­gebracht werden. Da die eigenen Einnahmen der Kolonien bisher kaum die Kosten der Zivilverwaltung deckten, ist nicht anzunehmen, daß die Verzinsung für die Bahnen aus den eigenen Einnahmen der Kolonien aufgebracht zu werden vermag. Oder aber, wenn das System der Steigerung der Einnahmen etwa durch Hüttensteuern usw. allzu intensiv aus- gedehnt werden sollte, so würden sich wahrscheinlich die militärischen Kosten für die Niederwerfung aus­brechender Ausstände um das Dutzendfache höher be- laufen, als die Steigerung der Einnahmen. Das Ganze läuft nur aus eine plumpe Bilanzverschleteruug hinaus. Sind die Kolonien gezwungen, die Zinsen für die Eisenbahnanlethen aufzubringen, so ist eben der Z u s ch u ß u m s o g r ö ß e r, den das R e i ch nicht nur für die m i l i- t ä r i s ch e n Lasten, sondern auch für die Z i v i l v e r w a l» t u n g usw. aufzubringen hat. Wenn in den Kolonien keine eigenen Einnahmen vorhanden sind, muß eben das Reich einspringen. Sogar für die Deckung der Eisenbahn- Verzinsung. Heißt es doch in der amtlichen Meldung: Zur Erlangung eines angemessenen Zinsfußes und Kurses ist die Uebernahme der Gewähr seitens des Reiches unerläßlich erschienen." Unsere Kapi- talisten und Banken haben also in die Entwickelung unserer Kolonien ein so geringes Zutrauen, daß das Sirich in letzter Liuie sogar noch die Deckung für die paar Millionen der Eisenbahnvcrzinsung übernehmen muß l Den Forderungen für die Kolonialbahnen werden der Hinweis aus die Hafenbauten, Flußregulierun- gen, Bauten großer Kommunikations st raßen beweist das ja noch weitere Forderungen folgen. Namentlich da die große ostafrikanische Zentralbahn einstweilen nur bis Tabora fortgesetzt werden soll. Wenn die Bahn einen wirtschaftlichen Wert haben soll, wird sie sowohl bis zum Viktoria- als bis zum Tanganjika-See sortgesetzt werden müssen, was den Bau weiterer 660 Kilometer Eisenbahn bedeutet. DernburgS Kolonialpläne werden uns also riesige Summen kosten, ohne daß die geringste Garantie gegeben ist. daß die Entwickelung der Kolonien auch nur etne Verzinsung der für die Eisenbahnen verausgabten Summen ergeben wird, ganz abgesehen von den kolosialen Summen, die für den Kolonial-MilitarismnS verausgabt worden sind und auch in Zuknuft«och verausgabt werde» sollen! Sie Gewerbeordnungsnovelle In der Kommission. Am Freitag gelangte§ lila der Regierungsvorlage zur Be- ratung in der Kommission. Die Gewerbeordnungsnovelle vom 30. Juni 1900 hat dem Bundesrat dl« Befugnis erteilt, die Ein- führung von Lohnbüchern für bestimmte Gewerbebetriebe vor- zuschreiben. Von dieser Ermächtigung hat der Bundesrat für die Kleider- und Wäschekoufektion Gebrauch gemacht. Die RegierungS - vorläge will das Lohnbuch zu einem Abrechnungsbuch gestalten. Hiermit war die Kommission einverstanden. Ergänzend wurde vom Zentrum beantragt, die dem Bundesrat erteilte Befugnis auch der Laudeszentralbehörde sowie der Polizeibehörde zu übertragen. Von sozialdemokratischer Seite wurde beantragt, einen ähnlichen Schutz wie im 8 113 gegen Kennzeichnung der Zeugnisinhaber auch gegen eine solche Kennzeichnung der Inhaber der Bücher oder Ar- beitLzettel einzufügen. Beide Anträge fanden Annahme. Ebenso ein von nationalliberaler Seite gestellter Antrag, eine Vorschrift einzuschalten, die instruktionell vorschreibt, Beteiligte vor dem Erlaß solcher Anordnungen zu hören. 8 kl4a erhielt dadurch folgende Fassung, der die Kommission unter Vorbehalt redaktioneller Acnde- rung zustimmte(die Abweichungen gegenüber dem heutigen 8 114a sind, soweit sie Kreits in der Vorlage berücksichtigt sind, durch Sperrdruck, soweit sie erst in der Kommission beschlossen wurden, durch Fettdruck hervorgehoben): Für bestimmte Gewerbe kann der Bundesrat Lohnbücher oder Arbeitszettel vorschreiben und die zur Ausführung er- forderlichen Vorschriften erlassen. In die Lohn- bücher oder Arbeitszettel sind von dem Arbeitgeber oder einem dazu Bevollmächtigten einzutragen: 1. der Zeitpunkt der Uebertragung von Arbeit, Art und Umfang der übertragenen Arbeit, bei Akkord- arbeit die Stückzahl; 2. die Lohnsätze; 8. die Bedingungen für die Lieferung von Werkzeugen und Stoffen zu den übertragenen Arbeiten; 4. der Zeitpunkt der Ablieferung der Arbeit, Art und Umfanä der abgelieferten Arbeit; 5. der zur Auszahlung gelangende Lohn- betrag unter Angabe der etwa vorgenommenen A bzü g e; 0. der Tag der Lohnzahlung. Der Bundesrat kann bestimmen, daß in die Lohn- oder Arbeits- zettel auch die Bedingungen für die Gewährung von Kost und Wohnung einzutragen sind, sofern Kost oder Wohnung als Lohn oder Teil des Lohnes gewährt werden sollen. Im übrigen sind noch solche Eintragungen zulässig, welche sich auf den Namen, die Firma und den NiederlassungSort des Arbeitgebers, den Namen und Wohnort des Arbeiters, die übertragenen Arbeiten und die dafür verein- karten oder gezahlten Löhne beziehen. Aus die Eintragungen finden die Vorschriften deS Z III Abs. 3, 4 entsprechende Anwendung. Die Eintragungen dürfen nicht mit Merkmale» versrlien werden, welche den Inhaber nachteilig oder vorteilhaft zu kennzeichne» geeignet sind. Das Lohnbuch oder der Arbeitszettel ist von dem Arbeitgeber auf sein« Kosten zu beschaff«, und dem Arbeiter sofort nach Voll- zichung der vorgeschriebenen Eintragungen kostenfrei auSzuhän- digen. Die Eintragungen sind von dem Arbeitgeber oder einem dazu bevollmächtigten Betriebsleiter zu unter- zeichnen. Sofern nicht der Bundesrat anderweite Be- stimmungen trifft, sind die in Ziffer 1 bis 3 ge- nannten Eintragungen vor oder bei der Ueber- gäbe der Arbeit, die in Ziffer 4 genannten bei der Abnahme der Arbeit, die in Ziffer 5 6 vor- geschriebenen bei der Lohnzahlung mit Tinte zu bewirken und zu unterzeichnen. Die Lohnbücher sind mit einem Abdrucke der Bestimmungen dcs§ 115 biS Z 113a Abs. 1 und des§ 110b zu versehen� l Suf die von bm Bundesrate getroffenen«aordmingen ftnSej die Bestimmung im 8 l20g Anwendung. Wenn Borschriften gemäß Abs. 1, 2, S durch Beschluß deS Bundesrats nicht erlassen sind, können sie durch Anordnung der Landeszentralbehörde oder durch Polizeiverordnungen der zustän- digen Polizeibehörden erlassen werden. Die durch den Bundesrat oder die LandeSzcntralbehörde ge» trossenen Bestimmungen können auch für bestimmte Bezirke er» lasse» werden. Vor dem Erlaß der Aendernngen sind Beteiligte aus de» Kreisen der Arbeitgeber und der Arbeiter zu hören. Um dem Gewerbeinspektorat die Inspektion zu erleichtern, be- antragten die Zentrumsmitglieder, einen§ 114d einzuschalten, der den Arbeitgeber verpflichten soll, den Eintragungen in die Lohn- bücher oder Arbeitszettel entsprechend über die gegebenen Arbeits» auftrage Buch zu führen Und Sem Aussichtsbeomten jederzeit Ein- ficht in dieses zu gestatten. Gegen den Vorschlag wandten sich die Regierungsbertrcter, konservativen, freikonservativen und �natio- nalliberalen Vertreter. Für denselben sprachen sich die Sozial- demokraten aus. Die weitere Beratung und Beschlußfassung wurde aus den 18. März vertagt. pditiftbe Oebcrficbt. Deritn, den 13. März 1808, Innere». Auch ttrt! der gestrigen Abenösitzung hat der Reichstag den Etat des ReichSamts des Innern noch nicht zu Ende bringen können. Um 11 Uhr nachts war man bis zum Reichsgesundheitsamt gediehen. Dann fand ein Vertagungs- antrag Annahme. In der voraufgegangenen Debatte wurde vom Genossen Brey- Hannover mit Nachdruck daraus hingewiesen, daß die Gefahren, denen die Arbeiter der chemischen Jndu- st r i e n ausgesetzt sind, weder genügenden Schutz, noch ge- nügende Beachtung finden. Er forderte deshalb Feststellungen darüber durch das statistische Amt sowie ein Reichsinslitut zur Kontrolle der Gefahren. Bei seinen Darlegungen stieß Brey indes auf den beharrlichen Widerstand durch dm Vizepräst- deuten K a e m p s, der nicht einzusehen vermochte, daß man zur Begründung der Ueberweisung einer bestimmten Aufgabe an das statistische Amt sachlich auf daS Wesen dieser Aufgabe eingehen muß. Herr v. Bethmann-Hollweg setzt? eine sehr ge- kränkte Miene auf und schlug herzbewegende Klagetöne an, weil Brey ein StcratSinstiwt an Stelle eines Privatinstituts zur Kontrolle der chemischen Industrie gefordert hatte. In Breys Worten hatte er voreingenommene Schlechtmacherei entdeckt, während Brey nur aus das unvermeidliche Vortoiegm des Unternehmerinteresses bei dem Privatinstitut hingewiesen hatte. Genosse Legten beleuchtete die Ergebnisse und Methoden der amtlichen S t r e i k st a t i st i k. Schars hob er hervor, daß die Behörden selbst sich die sonst gern ge- währte Mitarbeit der freien Gewerkschaften bei dieser Statistik dadurch verscherzt haben, daß sie versucht hatten, durch Polizeibeamte Informationen darüber einziehen zu lassen, wieviel Arbeiter unter Kontraktbruch in Streik getreten seien. Das mache dm Eindruck, daß für ein neues Zuchthausgesetz Material gesammelt werden solle. Dazu die Hand zu bieten, sei mit der Ehre der Ar» beiter nicht verträglich. Als einige Junker durch höhnische Zwischenrufe sich über die Arbeiterehre lustig machtm, er- widerte Legten prompt, die Arbeiter hätten eine bessere Ehre im Leibe als Leute, die von der Ausbeutung fremder Arbeiter existierten. Herr v. Bethmann-Hollweg versicherte und zwar nun­mehr in den rührenden Tönen gekränkter Unschuld, daß nur im Interesse voraussetzungsloser Wissenschaft die Behörden und die Polizeibeamten den Kontraktbrüchen der Arbeiter nachspürten. Nunmehr rechnete der wildliberale Fleischermeistev Kabelt mit den Agrariern ab, die das Odium der Fleisch- teuerung aus die Metzger abwälzen möchten. Unfreiwilliger Humor und beabsichtigte derbe Späße fordertm die Wirkung der im übrigen sehr sachverständigen Rede wesentlich. Dann trat gegen Mitternacht die Vertagung ein. In der heutigen Nachmittagssitzung befaßte sich beim Titel Gesundheitsamt Genosse B r ü h n e mit den Uebel- ständen in den Ziegeleien, wo noch immer eine unver- antwortliche Kinderausbeutung herrscht. Dann ging auch er auf Fragen des Fleischerberufs ein, allerdings nicht im Interesse der Meister, sondern der Gesellen, die unter einer übermäßigm Arbeitszeit zu leiden haben. Er wies dann auch nach, wie in manchen Schweinezüchtereien skandalös gesund- heitsschädliche Praktiken getrieben werden, so wurde das Fleisch von krepierten Sckstveinen verfüttert. Nachdem noch einige andere Redner gesprochen hatten, wurde den übrigen, darunter mehreren unserer Genossen, die zum Titel Gesrmdheitsamt gemeldet waren, durch die Blockguillotine das Wort abgeschnitten. Der TitelR e i ch s v e r s i ch e r u n g S a m t" gab dem Genossen H u e Anlaß, nochmals die neuerliche Invaliden- rentenverkürzung zu rügen und anzufragen, was fürAr- beiter" denn eigentlich bei der Enquete über den Arbeiterschutz in Walzwerken von der Regierung zu Rate gezogen seien. Herr v. Bethmann-Hollweg kam nunmehr mit der Auskunft heraus, daß diese Arbeiter von den Ausschüssen gewählt seien. Daraus erklärt es sich zur Genüge, daß von diesen Arbeitervertretern" die Arbeiterorganisationen nichts ge- wüßt hatten. Dann vertagte sich um 6 Uhr daS Haus abermals aus 8 Uhr zu einer Nachtsitzung�_ Auch eine Enteignung. Das Dreiklassenparlament beschäftigte sich heute zunächst mit einer schwierigen Finanzfrage. Es hat einen Ausgleichsfonds von 30 Millionen für die Eisenbahnverwaltung geschaffen, aus dem diese in schlechten Jahren festes und rollendes Material beschaffen soll. Das macht sie in jedem einzelnen Falle von der Bewilligung einer Anleihe durch den Landtag frei und schränkt das parlamentarische Finanzrecht ganz erheblich ein. Daran hat im preußischen Ab- geordnetenhause natürlich niemand Anstoß genommen. Aber ohne Willen hat man die Bestimmungen über den Ausgleichsfonds so ungeschickt abgefaßt, daß jetzt der Finanzministcr und der Eisen- bahnminister sich darum streiten, ob man damit die Mchrcinnabmen des einen Jahres mit den Mindereinnahmen dcs anderen Jahres ausgleichen kann oder ob eine solche Ausgleichung nur innerhalb eines EtatSjahrcS vorgenommen werden darf. Das Abgeordneten- hauS sprach sich selbst die Befähigung ab, die Bestimmungen llarer zu gestalten oder in dem Streite eine Entscheidung zu treffen, es