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ZV gleicher Zeit enden. Die Einheitlichkeit wird dann also größer sein als jetzt, und infolgedessen auch der zu erwartende M'ampf. Die Absicht der Unternehmer ist wohl die, in jenem Jahre die tariflichen Vereinbarungen, wenn auch nicht au' das ganze Reich, so doch aber auf alle wichtigeren Gebiere auszudehnen. Co muß aber vermerkt werden, daß d i e A r t, wie der Vorstand des Arbeitgeberbundes dies Ziel zu erreichen sucht, in seinen eigenen Reihen auf Widerspruch stößt. So hat sich der Vorsitzende des thüringischen Arbeit- geberbundes öffentlich dagegen erklärt, so, wie geschehen, einen Normaltarif aufzustellen und seine bedingungslose Annahme von den� Gewerkschaften zu verlangen. Auch an anderen Stellen im Bunde scheint man mit dem Vorgehen des Vor- standes nicht einverstanden zu sein. Es wäre indes töricht, wenn sich die Arbeiter auf diese vernünftigeren Unternehmer verlassen wollten; ihre Opposition wird schon bald ver- stummen und sie werden tun, was die Bundesleitung vor- schreibt. Man bat aus diesem Anlaß die Frage gestellt, ob sich die Gewerkschaften nicht in ihrem eigenen Interesse gegen die Vergrößerung der Tarifgebiete wehren müßten, weil tue Kämpfe dadurch immer schwerer würden. Das scheint uns ein müßiger Streit zu fein. Größer und schwerer werden die Kämpfe auch ohne Tarife. Die starke Gewerkschaft braucht sie nicht zu scheuen; das Verhältnis der sich gegenüber- stehenden Kräfte bleibt dasselbe, und die schwächeren Orgam- sationen bleiben ja auch noch davon verschont. Wogegen man sich wenden müßte wenn es nötig wäre!, könnte die Auffassung sein, es würde mit den großen Tarifgemein- schaften der legendäresoziale Frieden" einziehen, wo Wolf und Lamm einträchtig miteinander spazieren gehen. Das mag so lange es will der Traum der Sozialphantasten bleiben, im Kampfgetriebe der Gegenwart ist kein Raum für solche Gedanken. Die baugewerblichen Arbeiter werden drum auch keinen Kampf um die Form führen, sie werden bei den Verhandlungen sehen, ob der I n h a l t der Verträge so ist, wie sie ihn haben müssen, um als Einzelwesen und als Klasse damit bestehen zu können, und danach entscheiden. Ueber die Aussichten der Arbeiter kann man in diesem Stadium noch nichts sagen. Die Grundlage aller Schätzungen ist die Konjunktur. Aber nach der anderen Seite hin können die Arbeiter ruhig fein. Die Organisationen sind intakt, die Kassen gefüllt. Mit dem christlichen Bauhandwerker- verbände ist ein gemeinsames Vorgehen vereinbart worden. so daß also etwaige Spekulationen auf die Uneinigkeit der Arbeiter fehlschlagen werden. Denn bei all ihrer Friedens- liebe haben es die Arbeiter doch für das oberste taktische Gebot gehalten, zum Kampfe zu rüsten. Dsrum können sie ihn ruhig an sich herankommen tagen._ Die iozialdemoisratifche Reichstags- fraktios als füriprecheri» für einen rnifiichen Mörder." Unter dieser vielversprechenden Ueberfchrift Bringt dieKons. Korrespondenz" die Mitteilung von derAdresie an das Schweizer Volk" zur Abwehr des Attentates auf daö Asylrecht in Sachen Bromar-Vassiliev. Daß Bromar-Vassiliev einen russischen Polizeipräfekten getötet hat, teilt das konservative Organ natürlich gewissenhaft mit, welche Bestialitäten der Getötete begangen hat, wird ebenso natürlich verschwiegen. Das wahrheitsliebende Junkerorgan fährt dann fort:... Bisher haben die deutschen Sozialdemokraten den Zusammenhang ihrer russischen Bruderpartei mit den Attentaten geleugnet. Dadurch aber, daß nun die sozialdemokratische Reichs- tagsfraktion die erwähnte Adresse mitunterzeichnet hat, gibt sie geradezu ihre Billigung der Attentatstaktik zu erkennen... Die Sozialdemokratie hatte nichts zu leugnen, sondern lediglich der Wahrheit entsprechend festzustellen, daß ihre Bruberpartei in Rußland , die russische Sozialdemokratie, in wiederholten Beschlüssen die Attentate einzelner, den Terrortsmus verworfen hat. Die Partei, der Bromar-Vassiliev angehört und in deren Auftrag er den Blut- Hund von Pensa getötet hat, ist die der Sozialisten- Revolutionäre. Diese Partei steht der deutschen Sozial- deinokratie nicht so nahe, wie die russische Sozialdemokratie, sie ge- hört aber wie diese der sozialistischen Internationale an und ihre Praktizierung des Terrorismus ist kein Grund,' sie davon aus- zuschließen. Denn der Terrorismus, den die Sozialdemokraten für Länder mit einigermaßen gesicherten Rechts- Verhältnissen(also auch für Deutschland , wie wir zum besseren Verständnis für Leute mit mangelndem guten Willen, zu verstehen. hinzusetzen wollen) prinzipiell verwirft, ist in Ländern wie Rußland , in denen die Regierung und Verwaltungsbehörden organisierte Verbrecherbanden sind, in denen Bestien in Uniform täglich am Volke die scheußlichsten Bestialitäten verüben, als Mittel der Notwehr zulässig. Man kann seine Anwendung, wie die russische Sozialdemokratie tut, aus taktischen Gründen abweisen, aber nicht mehr aus prinzipiellen Erwägungen heraus verbieten. Darin find alle Sozialdemokraten einig und wenn dieKonservative Korrespondenz" darauf hinweist, daß die Unterschriften der sozialdemokratischen Fraktionsmitglieder Bömel- bürg, Dr. David, Goldstein. Dr. Südekum, Ulrich, v. Vollmar und Zubeil fehlen, und im Anschluß daran fragt:Haben diese Genossen" die Identifizierung mit den russischen Mordgenossen abgelehnt?" so haben wir zur Antwort lediglich auf das oben Gesagte zu verweisen. Das Fehlen dxr betreffenden Unterschriften erklärt sich ganz einfach daraus, daß die be- treffenden Genoffen der Fraktionssitzung, in der die Unter- zeichnung der Adresse vollzogen wurde, nicht beiwohnen konnten. Genosse Zubeil hat in der gestrigen Nummer bereits seinen Beitritt zur Adresse erklärt und von den Ge- nossen Goldstein, Ulrich und v. Vollmar weiß dieKon- servative Korrespondenz" so gut wie wir, daß sie durch Landtagsarbeiten von Berlin ferngehalten werden. Auch die anderen Genoffen sind durch andere Pflichten von der Sitzung abgehalten worden. Sie sind selbstverständlich mit dem Schritt ihrer Fraktionsgenossen in jeder Beziehung einverstanden und werden sicherlich Gelegenheit nehmen, das gegen die beleidigende Unterstellung derKons. Korrespondenz" öffentlich zu erklären. . Der Adresse hat sich inzwischen auch die Redaktion der NeuenZeit" angeschlossen. Sprachenzwang für ßorienreform! DasBerliner Tageblatt" meldete am Sonnabend l Die Berliner Börse war heute fest auf das Gerücht, daß gestern ein Kompromiß über Vereinsgesetz und Börsenreform zustande gekommen sei. Man erzählte sich, daß die Freisinnigen für den Sprachenparagraphen des Vereinsgesetzes stimmen würden, während die Konservativen bereit seien, für die wesentlichsten Teile der Börsengesetznovelle einzutreten. Daß in dieser Richtung gearbeitet wird, ist nicht eben neu; die Meldung von dem voll- z o g e n e n Kompromiß eilt aber den Tatsachen wohl voraus. Die Börse glaubt in diesem Falle, was sie wünscht. Aber sie hat manchmal eine feine Witterung. Vielleicht tritt die schon eSkomp- tierte Wirkung in der nächsten Zeit tatsächlich ein. Dann würde .es freilich auf Kosten der Festigkeit des liberalen Blockflügels geschehen. Das liberale Organ glaubt also lediglich die Behaup- tung, daß der Kuhhandel bereits geschlossen sei, dementieren zu können. Es wagt aber nicht, den Kuhhandel für un- möglich zu erklären l Es weiß warum; es kennt seine frei- jimngen Pappenheimer I Wie sehr berechtigt die gute Stimmung der Börse ist. wie iein ihre Witterung, das beweist die Haltung der freisinnigen Blätter, die den unentwegten Bülowiten des Freisinns nahe 'tehen. DaS Sonnabend-Abendblatt derVossischen Zeitung" bringt einen Leitartikel über die Börscngesetznovelle, worin mit allerlei großen und tapferen Worten freigebig umgegangen wird. So heißt's z. B.: ... Die Sozialdemokratie meint, jetzt werde der große Kuhhandel" beginnen. Die Haltung der Rechten beim Börsen- gesetz solle nun die bürgerliche Linke zur Nachgiebigkeit beim Vereinsgesetz bestimmen. Indessen wird sich diese Linke sicherlich durch keinerlei andere als sachliche Rücksichten beeinflussen lassen. Zwischen dem einen und dem andern Gesetz besteht kein materieller Zusammenhang. Jedes will für sich beurteilt sein. Zu unwürdigen Tauschgeschäften wird sich der Freisinn nicht herbei- lassen. Sollen beide Gesetze scheitern, nun, daS freiheitliche Bürgertum wird diesen Ausgang eher zu tragen vermögen als der leitende Staatsmann..." Und an anderer Stelle: ... Müßten in der Tat sowohl Börsengesetz wie Vereins- gesetz in den Papierkorb wandern, so läge die parlamentarische Ohnmacht des Reichskanzlers klar zutage. Seine Stellung wäre sowohl in den Augen de» Volkes wie sicherlich auch in denen des Kaisers unhaltbar. Die bürgerliche Linke aber hätte nur noch auf die Blockpolitik einen großen Block, einen Leichenstein zu wälzen und einen frischen fröhlichen Wahlkampf gegen die reaktionären Gruppen zu unternchuten." Kann man mehr Entschlossenheit, Würde und Kampfmut verlangen? Aber ach. all' die großen und tapferen Worte können über die eine Tatsache nicht hinwegtäuschen, daß die Vossische Zeitung" sich ängstlich hütet auszusprechen, daß die Freisinnigen dem§ 7, dem Sprachenparagraphen des Reichs- Vereinsgesetzes, nicht zustimmen werden, daß sie das Ver- sammlungsrecht der nichtdeutschcn Nationalitäten und das Koalitionsrecht der Arbeiterschaft nicht preisgeben wird l Nichts davon steht in dem ganzen großen Artikel! Was sollen die Konservativen daraus schließen? KulturpoIitistlK Gloffen. Oesterrcichischr Kulturarbeit. Ein Wunder geschah Eintracht in Oesterreich I ES währte Bloß einen Augenblick, doch das war ein geschichtlicher Augenblick. Die Skationen sperrten die Mänler auf, aber nicht, um sich gegen- seitig in allen möglichen und unmöglichen Sprachen zu beschimpfen, sondern voll Staunen. Man war perplex über den gelungenen Streich der Regierung. Und als man aus dem Staunen heraus- kam, setzten sich die Beine von selbst in Bewegung und man tanzte einen Eisenbahnkonzessionswalzer. Mit glückseligein Lächeln und träumerisch verklärtem Blick schwang Freiherr v. Aerenthal den Taktstock und wiegte sich in den Hüsten, und der Tscheche mit dem Detitschen, der Ungar mit dem Kroaten, der Pole mit dem Rnthenen, der Ehristlichsoziale mit dem Liberalen, alles drehte sich im Walzertakt. Darauf begann die Keilerei von neuem. Kurz, es ging gerade so zu, wie bei Swoboda im Prater, wo die österreichische Reichsidee zu einer Zeit gepflegt wurde, da selbst unser Genosse Renner noch keine Ahnung davon hatte. Nichts einigt mehr die Nationen, als wenn es ihnen gelingt, eine fremde Nation zu rupfen. Selbstverständlich sind damit nicht die Völker gemeint, sondern daS, was man im parlamentarischen Jargon der bürgerlichen Gesell- schastNation" nennt. Diese parlamentarische Markierung der Nation hat. mit dem Leben, Trachten und den Bewegungen der Volksmassen ebensowenig zu tun, wie dermarkierte Feind" des Kasernenhoses mit wirklichen Truppenbewegungen. Nun wird die österreichische Regiening mit Eifer sich daran machen, im Sandschal Nowibazar die kapitalistische Kultur aufzu- pflanzen, mit der sich die Völker in Oesterreich selbst noch immer nicht haben aussöhnen können. Folgen wir ihren Spuren. Sie sind vorgezeichnet durch österreichische Arbeit in Bosnien, Herzegowina und Dalmatien . Vor einiger Zeit unterhielt ich mich mit etlichen österreichischen Offfzieren an einem kleinen Garnisonplatz in Kriwoscheji(das ist das Küstengebirge der Herzegowina), ein elendes Nest, wie es eine Grenzfestung ist. Die breite, öde, staubige Straße zwischen den Forts. EineKatana ", in deren Tür eine dicke, schmutzige Wirtin sich gähnend kratzt. Und sonst, wohin das Auge blickt, nichts als Stein graue Felsen und spärliche GraSbüschel dazwischen. Verwaschene Uniformen und verwitterte Gesichter mit unendlich gelangiveiltem, glanzlosem Blick. Damals spielte sich gerade die Komödie der Bomben-Ver- chwörung in Cetinje ab. Wir erzählten unS also allerlei Erbau- liches über Montenegro. Da äußerte einer der Offiziere:DaS Gescheidteste wäre, Oesterreich packt daS ganze Nest ein." Der andere meinte:So wird es auch kommen." Ein Dritter sagte: Was hätten wir davon? Da wird unsere Garnison nur noch weiter vorgeschoben, und wir kriegen eS noch elender als hier." Und alle stimmten sie ihm zu. Das ist der erste Schritt der österreichischen Kultur in jenen Ge- bieten: die Garnison I Wege werden gebaut denn zur Eisenbahn braucht man doch Zufuhrstraßen und auch die Garnison braucht Be­wegungsmöglichkeit Gendarmerieposten werden errichtet und ärarische Gasthäuser gebaut. Damit ist die die Vorarbeit getan, nun kommen die eigentlichen Kulturträger. Es kommt der Deutsche aus Prag und der Tscheche auS Wien ; aus Budapest kommt ein Herr mit schmaler Hutkrämpe, bei dem man nicht weiß, was er ist: ein Geflügelzüchter auS der Pußta , ein Baukdirektor, ein jüdischer Krämer, der Dirigent einer Zigeuner- kapelle oder ein entlaufener Zuchthäusler. Der Jude war über- Haupt schon da. Woher und wie er geloinmen ist. bleibt ein Welt- rätsel. Es gewann den Anschein, als wenn er seit der Weltschöpfung da säße und darauf wartete, daß Oesterreich kommt. Er ist da und weiß alles. Er besorgt Bauholz, Köchinnen, Hunde, Wiener Wäsche und er ist auch der Lottokollektor. Denn ohne Lotto gibt es leine österreichische Kultur. Von den Einheimischen wird erst Hantmelfleisch und Gemüse für die Offiziersmenage gekauft. Dann kommen die Weine und die Mädchen dran. Billiger Wein und willige Mädchen daS ist die erste Kulturforderung an die VevötlerUng. Die» ist aber noch die harmlose Periode der österreichischen Kulturarbeit, die Zeit der Erforschung der fremden Bollsseele. Daß der Freisinn zwar nicht vor aller Welt ein kompro- mittierliches Tauschgeschäft machen ivill, daß er abera u s sachlichen Gründen" schließlich den Sprachenparagraphen schlucken wird! Die Bedeutung des Artikels derVossischen Zeitung" liegt nicht in dem, was er sagt, sondern in dem, was er nicht sagt! Er ist in der Form der Ablehnung des Kuhhandels die verschämte Anzeige, daß der Kuhhändler erwünscht ist! Aber er soll sich den Nachbarn nicht zeigen! Wenn die Absicht eines Teils des Freisinns, die Börsen- freiheit gegen den Sprachenzwang einziitauschen, die Mehrheit im Freisinn erlangen sollte, so kann die Stellungnahme zum Börsengesetz nicht mehr durch dierein fach- lichen Erwägungen" bestimmt werden. Die Abstimmung über daS Börseugesetz ist dann in der Tat eine politische Ab- sti»tinung. Das Börsengesetz wird zum Vorspann für die Verschlechterung des VercinsgesetzeS. Wer für das Börseugesetz stimmt, stimmt damit für den S P r a ch c n z>v a n g. Es ist ganz klar, daß die Parteien, denen es mit der Vereinsfreiheit ernst ist, unter solchen Umständen auch dann nicht für das Börsengesetz st i tu in e n können, wenn die Wünsche des Freisinns erfüll! werden. Sie würden sich damit zum Mitschuldigen eines schmählichen Kuhhandels machen! Und wenn das Kompromiß zustande kommt, ivird es noch abzuwarten sein, ob die Agrarier und A n t i- s e m i t e n wirklich ihren letzten Mann aufbieten, wie c» dann zur Rettung der Börse notwendig wäre. Wir vermuten, daß auch diese letzte und verzxveifeitste Spekulation nicht anders enden wird als mit einem schmählichen Krach! poUtifcbc Geberlicbt. Berlin , den 14. März 1908. Reichseisenbahnen und Offizierspensionen. Wiederum wurde heute mit Hochdruck vom Reichstag in einer ununterbrochenen neunstündigen Sitzung gearbeitet, um die restierenden Budgetposten durchzupeitschen. Am raschesten war der Etat des Reichstags erledigt. wobei einer alte» Gepflogenheit gemäß allerhand Beschwerden über die JmteneinrichUtitgen des Reichstags vorgebracht wurden. Genosse Singer lenkte die Aufmerksamkeit auf verschiedene Beschwerden der Angestellten. Als aber auch Genosse Geck für die Heizbarleu der Arbeitsräume der Wäscheriimen eintrat, geriet der Präsident Graf S t o l b e r g in eine derartige nervöse Erregung, daß er die ganz berechtigten Ausführungen niederzubimmeln suchte. Seine Er- regung steigerte sich noch, als der freisinnige Professor Stengel die Forderung vorbrachte, daß die parlamentarischen Druck­schriften in Antiquaschrift publiziert werden sollten. Auch das gehörte durchaus zur Tagesordnung. Graf Stolberg er- hob indes fortwährend unberechtigte Einwendungen, bis der Ver- treter der Antiquaschrist den Kampf gegen die Prästdentcnfraktur aufgab. Der Etat des ReichseisenbahnamtS veranlaßte unsere Genoffen E m m e l- Mülhausen und Bühle- Straßburg, zahlreiche Beschwerden der elsaß -lothringischen Eisenbahnarbeiter vorzubringen. Besonders erhoben sie Einspruch gegen die Beeinträchtigungen der politischen Rechte und des Koalitionsrechts durch die Verwaltung. die sogar soweit geht, auch die Unternehmer, die mit ihr in Ver- bindung stehen, gegen die Sozialdemokratie und die Gewerkschaften scharf zu machen. Der Minister Breitenbach verteidigte diesen koalitionS- feindlichen Standpunkt mit Argumenten, die dem Kopfe eine» russischen Polizeiwachtmeisters entsprungen sein könnten, wofür er sich eine derbe Abfertigung durch die Genossen Bühle und Molkenbuhr holte. Beim Etat des allgemeinen PensionSfondS brachte der Z»ntrumsabgeordnete Erzberger die Pensionie­rungen der Grafen Hohenau und L y n a r zur Sprache, die mit dem Offizierspensionsgesetz nicht in Einklang zu bringen seien. Der General Sixt v. Armin lehnte eine ein- gehende sachliche Rechtfertigtmg der Pensionierungen ab, da daS in die kaiserlichen Privilegien eingreifen würde. Angesichts der vor- gerückten Zeit beschränkte sich Singer darauf, unsererseits eine Erörterung der weittragenden Frage, inwieweit die Maßregeln de» Militärkabinetts die vertragsmäßigen Rechte des Reichstags beein­trächtigen, für die dritte Lesung in Aussicht zu stellen. Die Haftpflicht des Staates. Im preußischen Dreiklassenparlament wurde heute eine neue Regierungsvorlage beraten, die endlich die Frage der Haftpflicht des Staates für seine Beamten regeln soll. Bei der ungeheuren Verschiedenheit und Willkür der bisher be stehenden Gesetze, über den durch Bcanite in Ausübttng ihre? Das goldene Zeitalter, da in den Taschen der Bäuerinnen Heller- stücke, Nickel und sogar ganze silberne Kronen erscheinen und die stinkende Petroleumlampe ihren Einzug ans den Dörfern hält. Da» zivilisatorische Ergebnis dieser Zeit ist die Verbreitung von venerischen Krankheiten, was dann den Gelehrten und Staatsmännern die Ge- legenheiten gibt, in tiefsinnigen Betrachttingen über die Ausrottung der Seuche ihre humane Gesinnung kundzugeben. Nach und nach beginnt man, alle» fortzuschleppen, waS überhaupt in Bewegung gesetzt werden kann. Rinderhäute, Mandeln, Oliven. Trauben. Wälder, Eier, Menschen. Die letzteren werden in Vieh- wagen verpackt und nach den Hafenplätzen verstachtet, dort werden sie umgeladen und als Zwischeudeckpassagiere nach Amerika b:- fördert. Um da? administrative Zentrum herum bildet sich eineStadt": Hotels. Kaffeehäuser. Privathäuser, etliche Villen, Warenhaus und Modebazar, eine Bierbrauerei, Tabakfabrik und Tabaktrafiken, Post- amt. E» erscheinen ungarische Dienstmädchen, böhmische Köchinnen. Kellnerinnen aus Steiermark . Von S Uhr früh bis ö Uhr abend» riecht es in den Straßen nach Gulasch wie in Wien . Arn geeigneten Ort bildet sich allabendlich einStrich" heraus von Leutnants, KoinmiS in Lackstiefeln, Offiziersgattinnen und stellungS- losen Dienstmädchen. Auf die letzteren hält ab und zu die Polizei eine Razzia ab, um sie per Schub nach der Heimat zu befördern. da sie die Sitten der Jugend verderben. Sie werden sofort und reichlich durch die Zigarettendreherinnen k. k. Regiefabriken ersetzt. Aus dem Lande mehren sich indessen die verlassenen Höfe. Man sieht überall verfallene Hütten. Fragt man, wo seien die Leute hin, so erhält man die stereotype Antwort:Nach Amerika !" Gerade die krästigsten und die im besten Alter stehen sind sort. Andere lungern untätig in der Stadt, wo sie sich von allerlei Abfall ernähren, nicht viel anders wie die Hunde auf den türkischen Märkten. Der Nest schleudert mißmutig herum und läßt sich von den Kaffeehan;- Politikern der Stadt faul und dumm schimpfen. Der alte Ackerbau verfällt, eine neue Industrie kommt nicht ans. Darüber hinaus ist auch die österreichische Kulturarbeit in Bosnien , der Herzegowina und Dalmatien noch nicht gelangt. i?v.