gut Beschaffung von Saatgut in Ostpreußen vor. Sventue? so? diese Summe durch Abstriche bei anderen Titeln gewonnen werden. Abg. Gyßling(frs. Vp.): Dem Abg. Herold gegenüber bemerke ich. daß nach unserer Auffassung eS zweckmiißiger ist, die Wasserbau- Verwaltung bei der Bauvcrwaltung zu belassen. AudererseilS bin ich auch der Meinung, datz die Forstbeamten nicht durch Juristen kon- trolliert werden sollen. Ich halte die Bevorzugung der Juritieu in der Verwaltung nicht für richtig. Die ganze moderne Entwickelung geht dahin, den technischen Beamten dieselben Rechte zu geben wie den juristisch vorgebildeten Verwaltungsbeanuen. Dem Eventual- antrage v. Arnim stimmen wir zu.(Beifall links.) Übg. Glatzel(natl.) erklärt, daß seine Freunde einmütig dem Eventualantrags v. Arnim zustinimen werden. Laudwirtschaftsminister v. Arnim spricht seine Zustimmung zu dem Eventualantrags aus. Abg. Dr. v. Woyna(fk.) tritt gleichfalls für diesen Antrag ein und bittet um Förderung der Moorkultur. Abg. Negclcin(f.) wünscht, daß die Schüler der landwirtschast- lichen Fortbildungsschulen mit einer besseren Vorbildung in diese Schulen eintreten. Abg. Dr. v. Savignp(Z.) richtet an den Minister die Bitte, die Bestrebungen des Westfälischen ProvinziallandtageS, die sich darauf richten, den Besuch der ländlichen Fortbildungsschulen obligatorisch zu machen, zu uurerstützen. Weiter befürwortet Redner eine Förde- rung des landwirtschaftlichen Genossenschaftswesens in Westfalen. Abg. Dr. Lötz(Hosp. der frk.) schließt sich dem Wunsche deS Abg. Dr. v. Woyna auf weitere Förderung der Moorkultur an. Abg. Tourncau(Z.) verlangt eine baldige Abänderung des für einen Teil deS Regierungsbezirks Erfurt geltenden AblösuugSgesetzeS von 1850. Mmister v. Arnim führt aus, daß die Verwaltung bestrebt sei. durch Einrichtung von elektrischen Zentralanlagen die Moorkultur zu fördern. Die Debatte wird geschloffen. Der Eventualantrag v. Arnim wird angenommen. Abg. v. Bieberstein(k.) begründet einen Antrag, die Staats- regierung zu ersuchen, das Zustandekommen der A n s i e d e l u n g S- bank für Ostpreiißen zu fördern, unter der Voraussetzung, daß Provinz. Kreise und Generallaudschast zusammen Leistungen in gleicher Höhe rechtsverbindlich beschließen, in drei Raten, vom 1. April 1909 beginnend. 4 Millionen Mark als zinSfteicn Staatsbcitrag aus dem Fonds zur inneren Kolonisation in Ostpreußen und Pommeru zu bewilligen. Minister v. Arnim wendet sich gegen die Auffassung des Vorredners, daß die Staatsregierung cS an Juteresse für die innere Kolonisation habe fehlen lassen. Notwendig sei es aber, das Verständnis für die Bedeutung der Frage in weiteren Kreisen zu werben. In der Ansiedelungsbank würde die Regierung nicht vertreten sein. und der Ilmstand allein, daß mit deren Gründung gemei..nützrge Ziele verfolgt würden, könne für die Beteiligung der Regierung nicht maßgebend sein. Zweckmäßiger würde wirken eine entsprechende Organisation in den Kreisen. Wir können nicht gut die ostpreußische Landgesellschaft und andere Gesellschaften um einer neuen Organisation willen auflösen. Abg. v. Dewitz(Oldenburg , fk.) erklärt, daß der vom Antrag- stcller vorgeschlagene Weg nicht gangbar sei. Die Landgesellschaft in Ostpreußen arbeite durchaus in gemeinnütziger Weise. Die vor- geschlagene Ansiedclungsbank würde mit Staatsgeldern den staat- lichen Organen Konkurrenz niachen. Die Ansiedelung von Arbeitern in Landgemeinden habe sich nicht bewährt, da die Arbeiter dann meist bald in die Städte ziehen. Abg. Graw(Z.): Wir sind der Meinung, daß die Entschuldung des Grundbesitzes sowohl, als auch die innere Kolonisation nur aus genossenschaftlichem Wege durchzuführen ist. Abg. Ghßling(frs. Vp.): Wir begrüßen das Vorgehen der ostpxeußischcn Landschaft in der Eutschuldungsfrage; sie muß sich klar sein darüber, daß sie sich nicht Arbeiten übernimmt, denen ihre Kräfte nicht gewachsen sind. Fragen möchte ich den Minister, ob denn die juristischen Bedenken, die die Regierung gegen den Entschuldungsplan der ostpreußischen Landschaft geltend gemacht hat. beseitigt sind. Die Tätigkeit der ostpreußischen Landgesellichast ist anzuerkennen. Wir sind der Meinung, daß in Ostpreußen der Großgrundbesitz zu stark vertreten ist. Der Antrag wird am besten der Budgetkommission zur sorgsamen Prüfung überwiesen. (Beifall links.) Abg. Glatzel(natl) erklärt, daß feine Freunde der Tendenz des Antrages syinpathisch gegenüberstehen. Abg. Frhr. v. Gamp(fk.) hält die Bedenken deS Abg. b. Dewitz gegen die Ansiedelung von Arbeitern in Landgemeinden nicht für gerechtfertigt. Minister v. Arnim erklärt auf die Anstage deS Abg. Ghßling, daß die juristischen Bedenken gegen die Entschuldungsvorlage der ostpreußischen Landschaft beseitigt seien. Der Antrag v. Bieberstein geht an die Budget» kommission. Abg. v. Schmeling(k.) begründet einen Antrag, die für Bei- hülfen zu den bei Rentengutsbildungen vorkommenden Folge- einrichtuugSkosten festgesetzten Mittel auch zur Beförderung der Ein» richtung von Rentengütern zu verwenden. Nachdem Minister v. Arnim sich mit dem Antrage ein- verstanden erklärt hat, wird dieser angenommen, ebenso der Etat. Es folgt die Beratung deS Etats des Ministeriums des Innern. Abg. v. Arnim(k.): Die Leitung der sozialdemokratischen Partei hat bereits bor 2'ch Monaten das Programm für die Agitation am 18. März, wahrscheinlich für die Aenderung deS Wahlrechts, aufgestellt, und zwar nicht nur für Berlin und Umgegend, sondern auch für andere Städte. Es sind für den Tag Straßendemonstrationea, Auf. züge usw. geplant, die Gruppenvorstände haben genaue In- struktionen; abends sollen große Versammlungen ab- gehalten werden. In der Erinnerung an die Ereigniffe im Januar halte ich eS für richtig, datz vom Ministerium deS Innern Borsorgr getroffen wird, damit die öffentliche Ruhe und Ordnung nicht ge- stört wirb. Ich richte an den Minister die Anfrage, ob ihm bc- kannt ist, daß solche Demonstrationen geplant sind, und ob er die polizeilichen Organe angewiesen hat, mit Entschiedenheit und Tatkraft den Demonstrationen entgegenzutreten. Das alte Wort hat noch immer Geltung: Li vis pacem, psra bellum. Ich frage den Minister, ob er geneigt ist, den Demonstrationen, mit denen eine Störung der Ruhe verbunden ist. mit Nachdruck entgegenzutreten. (Beifall rechts.) Minister v. Moltke: ES ist mir bekannt, daß die Sozialdemokratie die Absicht hat, am 18. März Demonstrationen, Versammlungen usw. zu vcr- enstalten. Sollte sie wider Erwarten wieder die Straßen zum Schauplatz von Demonstrationen machen, die unerlaubt bezw. im Einzelfalle nicht genehmigt worden sind, so würde die Polizei auf ihrem Platze sein und die Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung mit allem Nachbruck durchzusetzen wissen. (Beifall rechts.) Ich will, wenn der unerwünschte Fall eintreten sollte, aber an die ruhigen Mitbürger die Mahnung richten, daß sie sich nicht hinreißen lassen, als Mitläufer hinzugehen. Wenn die Anhänger der Sozialdemokratie sich Unbequcnilichkciten auS- sehen wollen und nachher den Schaden davon haben, so können sie sich bei der Leitung ihrer Partei dafür bedanken. Neugierige und Mitläufer werden, wenn sie in Mitleidenschaft gezogen werden, sich das selber zuzuschreiben haben.(Beifall rechts.), Mg. Reinhard(Z.) bittet d?n Minister, dafür zu sorgen, daß an die Sparkassen nicht zu weitgehende Ansprüche in bezwg aus die Bildung des Reservefonds gestellt werden. Abg. Frhr. v. Zedlitz(freir.): Da der Minister erklärt hat, daß die Polizei sich den morgigen Straßendemonstrationcn entgegen- stellen wird, so habe ich nicht das Bedürfnis, darauf näher cinzu- gehen, zumal das nur noch Reklame für morgen machen würde. Abg. Wolff(Lissa, freis. Vg.) bringt ein Vorkommnis in der Stadt Amöneburg zur Sprache. Dort seien in der Verwaltung Unterschlagungen vorgekommen, der Bürgermeister sei verurteilt, aber nachher freigesprochen worden, weil er geisteskrank ist. In- zwischen habe sich die Stadt einen anderen Bürgermeister gewählt, sei aber nun gezwungen, auch dem geisteskranken Bürgermeister. der nach Amerika gegangen sei, Gehalt zu zahlen, bis das Zwangs- pensionicrungsverfahren gegen ihn durchgeführt sei. Ter Fall zeige, daß die staatliche Aufficht ganz mangelhaft war, und das fei um so befremdlicher, als man ja sonst nur von zu weitgehenden Eingriffen in die Selbstverwaltung höre.(Beifall links.) Hierauf vertagt das Haus die weitere Beratung auf Mitt- woch 11 Uhr. Schluß 4�. Uhr._ Der üfeft des£tat$ in der Budgetitommünon. (Sitzung vom 17. März.) Die Beratung beginnt mit dem Etat der Reiitzsfchuld. Die Verzinsung der Neichsschuld belauft sich auf 145 784 524 M. Dazu kommt noch die Sctuildenverivnllung, die 682 500 M. Kosten der- ursackt und die Herstellungskosten von Kassenscheinen im Betrage von >/» Million, so datz die Neichsschuld alles in allem 147 Millionen jährliche Kosten verursacht. In einer längeren Debatte, in der vom Zentrumsabgeordneten Speck die Anleihewirtschaft alö verfassungswidrig bezeichnet wird, da zahlreiche Ausgabeposten auf Anleihen abgeschoben würden, die ins Ordinarium gehörten, und Reichsschatz iekretär Sydow dieses Verfahren mit der Mühe, den Etat zu balanzieren, entschuldigt und sich bereit erklärt, die Frage mit der Budgetkommission einmal erneut zu beraten, gibt Unter st aatssekretär Twele den An- leihebedarf für 1903 auf 209 Millionen Mark hoch an. Die U e b e r- chreitun g en der Bewilligungen für S ü d w e sta fri k a pro 1906 iverden 25 bis 29 Millionen betragen. Erzberger, Pansche, Wicmer, Gröber und Arendt fordern die Auf- lösung des Kriegeschatzes von 120 Millionen Mark im Juliusturm und eine Uebertührung in den Verkehr zur Verstärkung der Betriebsmittel des Reiches. Die RegierungSvertreter Sydow und Twele sowie der Konservative v. Richthofen sind dagegen. Der Etat der Reichsschuld wird bewilligt. Die Kommission geht nun zur Beratung de» Etat- gesrtzeS über. § 4 setzt die durch das letzte Finanzreformgesetz festgelegte Schuldentilgung, die 1908 beginnen soll, wieder außer Kraft. Referent Speck wendet sich auch gegen diesen Paragraphen, eS könne doch durch de» Etat ein anderes Gesetz nicht einfach aufgehoben werden.— Auf Anfragen teilt Twele mir, daß die gestundeten Matrikularbei- träge pro 1906 27 Millionen, pro 1907 40 Millionen und pro 1908 I2V2 Millionen betragen, wenn aber Z 4 gestrichen werde, erhöhen sich die gestundeten Matrikularbeiträge pro 1903 um weitere 24 Millionen. Genosse Singer tritt nachdrücklich für Streichung des§ 4 ein. Nachdem vor zwei Jahren das Gesetz über Schuldentilgung erlassen wurde, müsse es einen sonderbaren Eindruck machen, eS jetzt, wo eS Anwendung finden soll, außer Kraft zu setzen. Wenn man sage, materiell sei eS ohne Bedeutung, ob man Schulden tilge und dafür die gestundeten Matrikularbeiträge erhöhe, so treffe das nicht zu. eine kurzftistige schwebende Schuld fei immer einer konsolidierten Schuld vorzuziehen, denn hier müsse die Regierung aus Deckung bedacht sein, mit den festen Schulden macht man sich die Sache zu leicht. Sydow polemisiert gegen Singer und macht dabei das interessante Geständnis, daß die gestundeten Matrikularbeiträge niemals von den Bundesstaaten gedeckt werden könnten- Der bayerische und der badische Bundes- ratSvertreter unterstreichen dieses Eingeständnis noch, indem sie erklären, ihre Staaten hätten einfach kein Geld, sie könnten nicht zahlen. Sollte gezahlt Iverden, müßten in Bayern und Baden Anleihen aufgenommen werden, und da sei eS doch besser, die Schulden blieben gleich beim Reich. Erzberger spricht sich für die Sireichung deS§ 4 aus und Groebcr fährt die BundeSratSvertreter ziemlich grob an, weil sie sich nicht gegen die hohen Ausgaben wehren, hinterher aber kommen und sich als zahlungsunfähig bekennen. ». Richthofeu und Wiemer treten für den Fortfall der Schuldentilgung, also für Beibehaltung des§ 4 ein. Schließlich wird der Antrag.§4 zu st reichen, gegen 9 Stimmen abgelehnt. Für Beibehaltung stimmt der Block und vom Zentrum Abg. H e r t l i n g. Die übrigen Paragraphen iverden devatteloS genehmigt und darnst ist der Etat in der Budget- kommission erledigt._ Zur Rechtsprechung des Keichsverilcheruugssmtes. Seit dem Rücktritt BödikerS klammert sich die Rechtsprechung deS ReichSversicheruugsamteS immer mehr an den starren Buchstaben deS Gesetzes. Es gibt dieses Amt von Jahr zu Jahr frühere Erfolge oder Fonichritie wieder auf. damit die.Unfalllasten" auf eine.richtige Höhe" gebracht würden. Im Gegensätze zu vielen Schiedsgerichten hatte nun das Reichs- verstäierungsamt bis zuletzt an dem Grundsatz festgehalten, daß allen Beweisanträgen der Parteien nach Möglickikeit Rechnung getragen werden müsse. Hatte zum Beispiel der Verletzte bei dem SchiedS- gerickl vergeblich bcanrragt, daß dieser oder jener wichtige Zeuge in seiner Unfallsache gehört oder eidlich vernommen werden tollte, fo war das Reichsversicherungsamt immer noch die letzte Hoffnung des Klägers. Und in zahlreichen Fällen genügte eine schriftliche Erklärung deS betreffenden Zeugen, daß er dies oder jenes beweise» könnte, um einen Beschluß deS ReichSversichernngSamtS über seine eidliche Ver- nehmuna herbeizusühren. Dies bat natürlich den Berufs- genossenschasten gar nicht gefallen, die von der Praxis eines umfangreichen BeweiSverfahrenö nicht» wissen wollten. Sie liefen Sturm und erklärten stets und ständig, datz die Ueberlaslung des ReichsversicherungSaintS meist nur von den so umständlichen Beweis- Versahren herkomme. Die Herren der BerufSgenoffenschaften wissen ilfre Macht auszunützen. Nicht allein, daß sie die BerufSgen osien- schaffen ganz allein verwalten und ohne Kritik der Versicherten ihre Beschlüsse über den Renlenantrag fassen kömren, sie haben auch als solche alle HülfSinittel stets zur Hand, wie Polizei, alle Aerzte. die Gutachten nach Belieben ausstellen, juristische Berater usw. Und sie haben einen weiteren Erfolg errungenl DaS ReichSversicherungsamt gibt feine seitherige Praxis auf und geht über alle Bewciöanträge der Verletzten einfach zur Tagesordnung über. DaS zeigt folgender Beschluß vom l2. Dezember 1907: Ein Schuhmacher eines TaunuSorteS wollte nach- mittags in feinem Hofe Holz spalten, um damit Biehfuttec zu koche». Bei dieser Tätigkeit verletzte er sich sehr schwer an der Hand, so datz er schwerlich wieder feinen Beruf ausüben kann. Die Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft lehnte jedoch die Enifchädigung ab, weil der Unfall bei einer Hauswirt- schaftlichen Tätigkeit sich ereignet habe, das Holz sicher zum Kaffee- kochen usw. benutzt werden sollte. Der Verletzte brachte amtliche Veweise. daß er in der Hauptsache Landwirtschaft betreibe und als Landwirt ja auch gegen Unfall versichert sei. Er habe 43 Ar eigenes Land, Wiesen und Aecker, außerdem 60 Ar Pachtland. Die Schuh« »nacherei sei dagegen nur ein geringer Nebenerwerb, denn er habe von seinem ständigen Lederlieferanten in Usingen laut besten Bescheinigung im Borjahre nur für 121 Mark Leder bezogen, Außerdem könne eine Frau im Hause bezeugen, daß das Holz nicht zum Kochen von Kaffee oder Essen benutzt werden sollte, denn der Kaffee war schon getrunken, als da? Unglück geschah, für das Nacht- essen noch viel Zeit, während zu dieser Zeit das Viehfutter gekocht werden mußte. Das Schiedsgericht ging auf die Ein- Wendungen des Klägers nicht ein und wieS die Berufung desselben einfach ab. Die letzte Hoffnung deS armen Schuh- machers war deshalb das ReichSversicherungsamt. Seiner R e k u r S- I ch r i f t fügte er«ine schriftliche Erklärung der Zeugin Frau W. bei, die folgenden Wortlaut hatte:„Ich erkläre, daß ich um dieselbe Zeit nach dem Kaffeetrinken im Keller war und Holz holte, als Herr St. im Hofe stand und Holz spaltete, wobei ihm das Unglück passierte. Seine Frau war auch im Keller, um Kartoffeln für das Vieh zu holen. DaS Abendessen wurde noch nicht gekocht, denn die Leute essen erst, wenn sie im Stalle fertig sind." Das Zentral-Arbeitersekretariat, welches die Verlretimg de? Falles übernommen hatte, beantragte deshalb im Termin: Frau W. darüber eidlich zu vernehmen, daß im Anschluß an das Zerlleinern deS Holzes, bei dem der Unfall passierte, sofort daS Viehfulter gekocht und das von dem Kläger gespaltene Holz dabei verwendet worden ist." Würde diese unter Beweis gestellte Bc- hauptung bewiesen, so könnten doch Zweifel an dem Vorliegen eines lanbivirtschaillichen Betriebsunfalles nickt mehr bestehen. Der Senat unter Borsitz des Geh. Regierungsrates Gerschcl wies jedoch den Rekurs ohne weiteres zurück mit der Begründung, daß solche Behauptungen, wie die hier in Frage lomniende, im allgemeinen mit Mißtrauen auf- zunehmen seien! Dieses Mißtrauen habe der Senat geglaubt. auck im vorliegenden Falle hegen zu müssen, da Frau W. unmöglich bekunden könne, datz gerade mit dem zerkleinerten Holz das Biehfutter gekocht worden sei. Weiter heißt es in diesem eigenlümlichen Urteile wörtlich: „Einen ausreichenden Nachweis für feine Behauptungen, daß daS Holz ausschließlich oder doch zu einem erheblichen Teile zmn Kochen deS ViehfutterS bestimmt gewesen sei, hat der Kläger nicht erbracht. Ein lolcher Nachweis war auch von der Vernehmung der Frau W. nicht zu erwarten, da eS auf diejenigen Tatsachen, die die Zeugin noch ihrer schriftlichen Bescheinigung zu bekunden in der Lage wäre, für die Entscheidung der vorliegenden Frage nicht ankommt. Denn aus diesen Tatsachen ließe sich der Beweis da- für, daß das Holz tatsächlich für den oben erwähnten Zweck be- stimmt gewesen sei. nicht mit derjenigen Sicherheit schließen, die da? Reichsversicherungsamt bei Behauptungen ähnlicher Art stets gefordert hat. Die Behauptung muß im vorliegenden Falle schon um deswillen unglaubhaft erscheinen, weil der Kläger nur eine Kuh und eine Ziege hält, also so wenig Vieh, daß ein nerawnS- wertes Kocken dafür nicht in Frage kommen kann. Die umall- bringende Tätigkeit kann daher nicht als eine landwirtschaftliche. sondern höchstens als eine mit der Landwirtschaft in Zusammen- hang stehende hauswirtschaftliche Verrichtung angesehen werden. Gegen Unfälle bei solchen Tätigkeiten würde der Kläger gemäß§ 4 I des Statuts der Beklagten aber nur dann ver- sichert sein, wenn er überwiegend in seinem landwirtschast- lichen Betriebe beschäftigt wäre. DicS trifft jedoch nicht zu, DaS Schiedsgericht hat vielmehr die Ueberzeugung gewonnen, daß der Schwerpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit des Klägers nicht in der kleinen Landwirtschaft zu erblicken ist, sondern in der Schuhmacherei. In dieser Hinsicht war die Bescheinigung der Lederhandlung B. in Usinge» beweisend, nach welcher der Kläger im Jahre 1906 für 121,48 M. Leder bezogen hat. Der Senat hat gerade daraus entnommen, daß die Schuhmacherei des Klägers erheblich, und daß er sehr wohl imstande fein muß. aus der Ver- arbeitung dieses LederS und den Reporawrarbeiten ein Ein- kommen erzielen, daß die Schätzung in der Steuerliste auf 600 Vi. rechtfertigt." Weil also der arme Schuhmacher nur eine Kuh und eine Ziege sein eigen nennt, deshalb kann von einem Betriebsunfall keine Rede feinl Er hatte eben»zu wen,g Vieh", so daß ein„nennenS- wertes Kochen dafür nicht in Frage kommen kann". Nach der Reichsstatistil teilen Z'/« Millionen Kleinbauern dieses Schicksal, da alle unter 2 Hektar Land besitzen N Das nennt man Schutz der Kleinbauernll Alle diese sind auf einen Nebenerwerb angewiesen und müssen sich bei einem Unfälle gefallen lassen, daß„der Schwerpunkt ihrer Wirtschaft- lichen Tätigkeit nicht in der kleinen Landwirtschaft zu erblicken ist". Beziehen sie auch nur für 12t Mark Leder, so genügt dies, mn eine„erhebliche" Schuhmacherei daraus zu machen, die ein sicheres Einkommen garantiert. Der„Schuster konnte bei seinem Leisten" nicht bleiben und erhält jetzt als Krüppel keine Unfall- rente, weil er sich zu wenig Vieh gehalten hat.„Mehr Vieh" und ihm wäre geholfen gewesen! Seine Beweisanträge werden abgelehnt, weil das ReichSversicherungsamt schon vor der Vernehmung der Zeugin weiß, daß diese unglaubhafte Aussagen machen würde! Deshalb hat man lieber den Rekurs zur Freude der Berussgenossenschaft abgewiesen, den Krüppel ohne Rente ge- lassen. Behauptet nun derselbe, daß ihm bitter Unrecht geschehen sei, daß das Urteil geeignet ist, Befteniden zu erregen, weil das Gericht die von ihm gestellten genügend substaiitierten Beweisanträgc einfach ignoriert hat, so ist ergeben ein— Nörgler. Unter BeifallS- gebrüll der Berufsgenossenschast und aller Realtiouäre„revidiert" eben das ReichsversichenrngSamt von Tag zu Tag frühere De- schlüsse und Gepflogenheiten. Die Fahrt geht zu Tall Em Induftric und RandeU Gelseukircheuer Bergwerks-Aktieugescllschaft. DaS Unternehmen erbrachte im letzten Jahre einen Brutto- Überschuß von 44 562 162 M. Nach Absetzung der üblichen Posten, wobei die Summe der Abschreibungen gegen das Borjahr rm, rund 2� Mill. M. auf 15 Mill. M. erhöht wurde, verbleibt ein Rein- gewinn von 17 272368 M., oder gegen 1906 2'/, Mill. M. mehr. Die Dividende wird mit 12 Proz.. gegen 11 Proz. im Vorjahre, ausgeschüttet. Die Zahl der beschäftigten Arbeiter stieg von 28 678 auf 30 043 und der Lohn pro Mann und Schicht von 4.60 M. auf 5,06 M. oder um 10.65 Proz. Der pro Arbeiter erzielte Rein- 622 M. 575 M. Also trotz der Lohnsteigerung und obwohl die Abschreibungen usw. höher bemessen worden sind als im Vorjahre, doch noch eine respektable Erhöhung deS Reingewinn? pro Kopf der Belegschaft. Die in den letzten Jahren an Tantieme und Dividende verteilten Summen sind nachfolgend zusammengestellt: Demnach ist für das letzte Jahr wiederum die glänz ende Rente des Jahres 1901 erreicht worden. Die Lage auf dem Eiseumarkk. Die krampfhaften Versuche, die von interessierter Seite immer noch gemacht werden, um die Wirtschaftslage möglichst wenig un-
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