andererseits die näherrückende LandtagSwahl.Bisher hat daS Zentrum weder in seiner Presse noch in Bersamm-lungen irgend etwas zur Förderung der Wahlrechtsbewegung getan!ja noch mehr: eS hat den sozialdemokratischen Wahlrechtskampf beijeder unpassenden Gelegenheit mit Spott und Hohn verfolgt.Die Nähe der Landtagswahl hat nun einen Umschwung beider Zentrumspartei hervorgerufen. Ungefähr zu gleicher Zeit mitder Berliner Wahlrechtsversammlung fanden im Rheinlandeinige ähnliche Veranstaltungen statt. Der Delegiertentag derkatholischen Arbeitervereine deS Bezirks Bo nn-Siegburg-Euskirchen nahm einstimmig eine Resolution an, worin einedurchgreifende Reform deS preußischen Wahlrechts als zu dendringlich st en Aufgaben gehörend bezeichnet wird; die Ein-führung des für den Reichstag geltenden allgemeinen, gleichengeheime» und direkten Wahlrechts in Preußen sei dringendgeboten." Merkwürdig, daß man trotz dieser wiederholtbetonten Dringlichkeit er st jetzt in den schon solange bestehenden Wahlrechtskampf einzugreifenfür nötig findet!In dem Jndustrieorte Kalk bei Köln fand eine von demZentralwahlkomitee der Zenlrumspartei einberufene Volksversammlungstatt, in der der Sekretär der rheinischen Zentrumspartei, Dr. Jörg-Köln, redete. In einer einstimmig beschlossenen Resolution sprach dieVersammlung die Ucberzeugnng aus. daß nur auf der Grundlageeines auf dem Boden des Reichstagswahlrechts fußenden Wahlrechts«eine gerechte und voll befriedigende Lösung der preußischen Wahl-rcchtsfrage erreicht werden kann".Auch der GauverbandStag der Windthorst-Bunde deS BezirksKöln beschloß, im Anschluß an seine am 5. April stattfindendenächste Tagung eine öffentliche Versammlung abzuhalten, in der»u. a. auch die Wahlrechtsfrage behandelt" werden soll.—Gegen die Schulprügelei.Herr Holle hat ausnahmsweise einen Erlaß heraus-gegeben, der nicht der Schulverpfaffung, sondern einem der-nünftigen Zwecke dient. Die Verfügung, die an die Provinzial-schulkollegten gerichtet ist, hat folgenden Wortlaut:«Mit lebhaftem Bedaueni habe ich ans Vorgängen der letztenMonate entnehmen müssen, daß trotz aller gemessenen Vorschriftenund ernsten Warnungen noch immer schwere Mißgriffe ind.er Handhabung der Schulzucht, insbesondere derStrafmittel vorkommen.Ich nehme Veranlassung, den königlichen Provinzialschul-kollegien die s o r g s a m st e Aufmerksamkeit auf die Handhabung der Schulzucht zur Pflicht zu machen. Insbesonderewerden Sie nicht unterlassen dürfen, die amilichen Vorschriftenüber die körperliche Züchtigung den Leitern undLehrern Ihre« Aussichtsbezirkes von neuem in Erinnerung zubringen, auf ihre genaue Befolgung sorgfältig zu halten und beiVerstößen gegen sie mit unnachsrchtlicher Strengedisziplinarisch einzuschreiten."Der Erlaß ist freilich nur eine Halbheit. Wir müssendie vollständige Beseitigung des Prügel-rechts verlangen, das in Oesterreich zum Beispiel schon inden sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts aufgehoben ist.Aber zu einem kulturellen Fortschritt langt's ja beim preußischenJunkerparlament nicht.—_229 Fälle von Soldatenmißhandlungen!Posen, den 18. März. Vor dem Oberkriegsgericht desb. Armeekorps hatte sich heute der Unteroffizier der Reserve, OttoFischer zu verantworten, der von demselben Gericht im Dezembervorigen Jahres wegen Mißhandlung Untergebenerin 50 Fällen und wegen zweier Fälle von vorschriftswidriger Be-haiidluug Untergebener sin einem Falle in Verbindung mit Be-leidigung) zu einer Gesamtstrafe von zwei Monaten Ge-fängnis und Degradation verurteilt worden war. Gegendieses Urteil hatte der Angeklagt« Revision beim Reichsmilitär-gericht eingelegt. Dieses hob das Urteil wegen eines Falles dervorschriftswidrigen Behandlung Untergebener auf, weil bezüglichdieses Falles daS Berufungsgericht cö unterlassen hatte, in einenochmalige Prüfung der Schuldsrage einzutreten. Die Sache wurdezur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung an das OberkriegS-gericht zurückverwiesen. In der heutigen Verhandlung wurde fest-gestellt, daß der Angeklagte im September 1S03 bei der 2. Kompagnie des Infanterieregiments Nr. 47 eingetreten und bereits imHerbst 1905 zum Unteroffizier befördert worden ist. Durch Urteildes Oberkriegsgcrichts des 5. Armeekorps vom 12. Juni 1997 wurdeAngeklagter das erste Mal wegen Mißhandlung Unter-g e b e n e r in 164 Fällen und wegen vorschrifts-widriger Behandlung Untergebener in 14 Fällenzu einer Gesamtstrafe von drei Monaten Gefängnis ver-urteilt, die er in der Zeit vom 1. Juli bis 1. Oktober 1997 imFestungsgefängnis in Neiße verbüßt hat. Vor Verbüßung dieserStrafe zog sich Angeklagter die neue Anklage zu, in der er wegender 51 Fälle von Mißhandliingen verurteilt wurde. Die G e-samtzahl der Straffällc, deren sich der Angeklagteschuldig gemacht hat, erreicht also die respektable Höhe von 229!Vorwiegend hatte eS der Angeklagte auf den Musketier Olefchabgesehen, der infolge der vielen Mißhandlungen sahnen-flüchtig gclvorden ist. Im vorliegenden Falle handelt es sichnoch um einen Fall der Mißhandlung gegenüber dem MusketierWirth. Wie festgestellt wird, hatte der Angeklagte, als Wirth un-sauber zum Dienst antrat, den Mannschaften seiner Korporalschaftbefohlen, den p. Wirth nach Beendigung deS Dienstes ordentlichzu schrubben. Dies geschah in der Weise, daß Wirth sich bis an dieHüften entblößen mußte und 19 bis 12 Kameraden mit ihrenWurzelbürsten und Sand den festgehaltenen Mann etwa 19 bis15 Minuten lang bürsteten, so daß von der Prozedur der Mannrot wie ein gekochter Krebs wurde. Auf Grund dieserFeststellung beantragte der Anklagevertreter wiederum eine Ge-samtstrafe von zwei Monaten Gefängnis und Degradation, da einsolch spstematischer Leuteschinder unmöglich, selbst im Beurlaubten.Verhältnis, Borgesetzter i'n der Armee bleiben könne. DasGericht erkannte entsprechend diesem Antrage.>Hütejungen.Die agrarische Presse zetert über das entsittlichende Getriebe derGroßstadt und die„Zuchtlosigkeit der Arbeiterjugend", die nach ihrerBehauptung im schärfsten Gegensatz steht zu der Aufgewecktheit underfrischenden Naivität der Landarbeiterkinder, die schon von früh auflernen, sich im landwirtschaftlichen Betriebe nützlich zu machen.Wie eS um diese Behauptung bestellt ist, beweist einBericht der«Prcnß. Lehrerztg." über die Ergebnisse einer Prüfung,die ein Lehrer mit seinen Hütejungen angestellt hat. Von49 Schülern der Mittel- und Oberstufe waren 1? vomI. Mai bis zum 81. Oktober zum Hüten beurlaubt. Diesehr leichte Prüfung zeitigte klägliche Ergebnisse.»Die großeZahl der Hüteknaben drückt daS Niveau der ganzen Schule herab".Nicht nur, daß diese Knaben in ihrem Wissen zurückgeblieben sind,sondern sie bilden auch ein schweres Hemmnis für den Fortschritt derandern. Stumpf und dumpf, mit blödem Gesicht und blödem Blicksitzen sie da. Alle pädagogischen Kunstgriffe versagen gegenübereiner Geistesverfassung, die man mit dem Goetheschen Wortbezeichnen könnte:«Und Marmorbilder steh» und sehn michan; was hat man dir, du armes Kind getan?" Das einzigeMittel, das noch berfängt, ist der Stock. Noch betrübenderist die sittliche Verwilderung, die die Hütelinder aus der Atmosphäreder Bergknechte mitbringen... Derselbe Knabe— er ist 12 Jahrealt— der die Fragen nach den elementarsten Wissensdingen eineschristlichen Kulturmenschen nicht zu beantworten wußte, hat einSchulmädchen auf der Straße umgeworfen und es unsittlich zu be-rühren versucht, während seine Kameraden, andere Hüteknaben, demzusahen und sich darüber amüsierten".ReichtagSersatzwahl im Wahlkreise Norden-Emdcn-Leer. Bei dergestrigen ReichstagScrsatzwahl im 1. bannoverschcn Wahlkreise wurden23 422 Stimmen abgegeben. ES erhielten: Fegter(frs. Bg.) 8316,Groeneveld sdeutschsozial) 9579. Fürbringer(natl.) 4996. Hug(Soz.)3115 Stimmen. Zwischen Fegter und Groeneveld ist also Stichwahlerforderlich.Bei der Hauptwahl im vorigen Jahre erhielten Fürst zu Inn-und Knyphausen(I.) 11 487, GnorelS(stf. Vg.) 8151, Wagner(Soz.)3711 Stimmen.—_Naive Kriegersmänner.In dem Mainstädtchen Ochsenfurt herrscht die größte Aufregung.Die wackeren Spießbürger sehen schon den Zukunftsstaat vor derTüre stehen. Seit einigen Monaten hat nämlich dort die Arbeiter-bewegung Eingang gefunden. Es wurden Gewerkschaften und eineSektion des sozialdemokratischen Vereins Kitzingen gegründet. Umdas drohende Unheil abzuwehren, steht alles, was auf die geheiligteOrdnung schwört, fest und treu zusammen, allen voran natürlich herKriegerverein, der neulich schon eine Anzahl seiner Mitglieder aus-geschlossen hat, weil sie verdächtig waren, zu den roten Umstürzlernzu gehören. Er mußte aber in der nächsten Sitzung die Ausschlüsse zumgrößten Teil wieder rückgängig machen. Um herauszubekommen, wereigentlich die Schwerverbrecher sind, die trotz ihrer Kriegereigenschaftzur roten Fahne schwören, verfiel der Vorstand auf ein genialesMittel: er sandte dem Vorstand deS sozialdemokratischen Vereinseine Liste des Kriegervereins init der ganz ergebenen Bitte, um die-jenigen zu bezeichnen, die auch dem sozialdemokratischen Verein an-gehören, da der Kriegerverein von der Bundesleirung den Auftragerhalten habe, alle Sozialdemokraten auszuschließen. Der Vorstanddes sozialdemokratischen Vereins hat die Bitte dahin erledigt, daßer die Anfrage beantworten werde, wenn er mehr Zeit habe.Oertemicfo-Cliigarti.Die Passive Resistenz.Prag, 29. März. Eine in Brüx abgehaltene Versammlung derEisenbahner deS tschechischen Landesverbandes der Eisenbahner,die von 599 Delegierten besucht war, nahm die Entschließung an,daß die passive Resistenz auf den Staatsbahnen einzu-setzen habe, falls die Forderungen der Eisenbahner nicht erfülltwürden.—Gegen de» magyarischen Statthalter.Agram, 29. März. Der Banns von Kroatien BaronRauch wurde gestern m Begleitung seines Sektionschefs auf offenerStraße von einer großen Menschenmenge, größenteils Studenten,attackiert. Ein großes Polizeiaufgebot konnte nur mit Mühe undblanker Waffe den Banns und dessen Begleiter vor gröberenInsulten bewahren, wobei mehrere Personen verletzt wurden. DiePolizei nahm einige Verhaftungen vor.—franhmcb.Der gehorsame Handelsminister.Paris, 29. März. Bei einem Bankett der Textil-industriellen hielt der Präsident des Syndikats des Baugewerbes, Soulö, eine Rede, in der er den anwesenden Handels-minister Cruppi um Schutz gegen den alkgemeinenArberterverband ersuchte, durch dessen zügellose«Streik-Hetzereien" die Bautätigkeit seit Jahresfrist fast ununterbrochen ge-stört worden sei. Wenn die Unternehmer von den Arbeitern, diebedauerlicherweise blindlings den Weisungen des revolutionärenArbeiterverbandeS gehorchten, nicht entsprechende Zugeständnisse er-halten sollten, so würden sie zu Beginn des nächsten Monatssämtliche Arbeiter aussperren. Der Handelsministerantwortete, er halte eS in der Tat für notwendig, einem so«matzlosen demagogischen Treiben" entgegenzutreten.— Dem„Echo de Paris" aufolge würden, falls die Unlernehmerihre Drohung verwirklichen tollten, in Paris und Umgegendüber 299099 Arbeiter beschäftigungslos werden.foißlanck.Eine Mordtat der Echt-Russen.Petersburg, 19. März. Einer Blättermeldung aus JekaterinoSlawzufolge wurde der F ü h r e r der A r b e i t S g r u p p e der zweitenReichsdumo Karow ajew gestern von zwei unbekannten Männerndurch Revolverschüsse schwer verwundet und st a r b in derNacht an de» erlittenen Verletzungen. Der Verstorbene hatte inletzter Zeit zahlreiche Drohbriefe erhalten, deren Absender sichals Mitglieder des Verbandes echt russischer Leutebezeichneten.—_Gerschuni.Das Mitglied der sozialrevolutionärcn Partei, Gerschuni.ist an Rippenfellentziindung g e st o r b e n. Gerschuni war zum Todeverurteilt, dann aber zu lebenslänglicher Zwangsarbeit in Sibirien„begnadigt" worden. Bor einem Jahre gelang es ihm, aus Sibirienzu entfliehen._Die Flotte.In der Landesverteidigungskommission der Duma hieltMinisterpräsident S t o l y p i n eine melancholische Rede. Er wardiesmal recht bescheiden, verteidigte die Rcgierungspläne nur matt,und versprach die schleunige Rcorganisatton des Marineministe-riums. Die Kommission verwarf jedoch mit 19 gegen 4 Stimmendie Kredite für den Bau neuer Linienschiffe für das Jahr 1998.Die Kredite für die im Bau begriffenen Schiffe, sowie fürArtillerie, Torpedoboote, Unterseeboote und Flottenbasen wurdenbewilligt. Der planmäßige Wiederaufbau der Flotte wurde nur beivoller Reorganisation des Marineininisteriums und bei gesetzlicherFestsetzung deS Bauprogramms auf mehrere Jahre für möglicherachtet.—Inclien.Die größte Hungersnot.London, 29. März. Aus C a l c u t t a wird gemeldet: Währendder gestrigen Versammlung im Rathause, die sich mit derHungersnot in Indien beschäftigte, wies der Vizekönig LordMinto darauf hin, daß die Hungersnot in Indien in diesem Jahreeinen bisher unerreichten Umfang angenommen habe.Die Zahl der Hungerleidenden betrage etwa fünfzig Millionen.l'/a Millionen Personen seien bereits auf StaatSimtcrstützuug an-gewiesen, um ihr Leben zu fristen. Der Schaden durch Ernteausfallwird auf dreihundert Millionen geschätzt. ES wurde ein Ausschutzernannt, um Mittel und Wege aus diesem Verhängnis ausfindig zu machen.—Amerika.Die Einwanderungsfrage.Washington, 19. März. Die in den letzten Tagen in Tokioüberreichte amerikanische Note billigt im wesentlichen die japanischenPläne für die Einwanderungskontrolle. Meldungenaus Tokio zeigen an, daß Japan vollkommen befriedigt ist. Diehiesige Negierung nimmt an, daß die EinwanderungSfrage damitendgültig geregelt ijß—Hiis der parte!*Gemcindewahlcrfolge.In Hessen-Nassau wurde zu Bonames und M a m m o l S»Hain je ein Sozialdemokrat gewählt. In Höhr entfielen von244 abgegebenen Stimmen 185 auf zwei Genossen.DaS Ende eines ParteiblattS.Rom, 17. März.(Eig. Ber.) Am 19. März hat unsereT u r i n e r TageSzeilung, der„Grido del Popolo" sein Er-scheinen eingestellt. Wie es scheint, hat die Redaktion daS Blatt aufzu großem Fuße angefangen, denn es sollen in 6 Monaten 129999Li-ee verbraucht worden sei». Es ist bedauerlich, daß das so trefflichorganisierte Pimonteser Proletariat seine Tageszeitung nicht hathalten können, um so bedauerlicher als der„Grido del Popolo" einsehr gut geleitetes Blatt loar, daS große Erziehungsarbeit imProletariat verrichten konnte._Kcir Harbke,der Führer der englischen Arbeiterpartei, trifft am Montag nacheiner Rundreise um die Welt wieder in England ein. Er verlieh am12. Juli 1997 seine Heimat, um durch eine längere Reise seineheruntergekommene Gesundheit zu stärken. Zunächst besuchte erKanada, segelte von dort nach Japan, sodann besuchte er Indien,Australien und schließlich die südafrikanischen Republiken und dieKapkolonie. Bon Kapstadt aus trat er dann den Rückweg nach Eng-land an. Keir Hardie hat seinen Aufenthalt in den überseeischenLändern dazu benützt, ihre wirtschaftlichen, politischen und sozialenVerhältnisse zu studieren. Neber die englische Mißregierung inIndien hat er bereits eine Anzahl Artikel im«Labour Leader" ver-öffentlicht.poUreUlckies» Oerlcimicbes ufw.Ei» unerhört hartes Urteilwurde am Mittwoch vom Landgericht in Görlitz gegen den Ge-nossen Herm. Fleißner von der„Sächsischen Arbeiter-zeitung" zu Dresden gesprochen. In der Nr. 212 der.Görlitzer BolkSzeitung"(Kopfblatt der„SächsischenArbeiterzeitung" mit eigenem lokalen Teile) vom 11. Septembervorigen JahreS stand ein Leitartikel, überschrieben: Uni«formierte Bestien. Der Artikel behandelte eine BerlinerLandgerichtsverhandlung gegen mehrere Schutzleute, diemtt der Verurteilung der Angeklagten wegenMißhandlungen auf der Polizeiwache endete. An denBericht wurde eine eindringliche Kritik der Mängel desPolizeiwesens geknüpft, die solche Mißhandlungen von Bürgernauf den Polizeiivachcn möglich machen. Im Anschlüsse daran wurdegeschildert, daß wiederholt die Gerichte nicht imstande gewesen seien,die Vergehen der Polizeibeamten festzustellen. Durch diesen Artikelsollen die preußische Schntzmannschaft und diepreußischen Richter beleidigt worden sein; von denpreußischen Ministen, des Jimern und der Justiz war Strafantraggestellt worden. Genosse Fleißner hatte damals vertretungsweise(der eigentliche Verantwortliche war in Ferien) den politischen Teilder„Görlitzer Volkszeitung" mit dem inkriminierten Artikel als ver-antwortlicher Redakteur gezeichnet. Genosse Taubadel, der GörlitzcrRedakteur, sollte nach der Anklage für die Verbreitung der Zeitungverantwortlich gemacht werden. Die zirka drei Stunden währendeVerhandlung endete mit der Verurteilung des Genossen Fleißner zusechs Monaten Gefängnis.Trotzdem nur formale Beleidigung nach§ 185 angenommenund die erst mit angezogenen ßZ 189 und 187 fallen gelassen wordenwaren l IStrastonto der Presse. Die Strafkammer zu Görlitz verwarfdie Berufung des Genossen Taubadel von der„GörlitzerV o lks z ei t ung" gegen ein Schöffengerichtsurteil, das ihn wegenBeleidigung eines in der Schule sozialistensressenden Lehrers mit39 Mark Geldstrafe belegte. Dagegen hatte eine zweite Be-rufung TaubadelS Erfolg. Das Urteil des Schöffengerichts, dasihn wegen Begünstigung,— es handelt sich um Zeugnis-Verweigerung in einem Verfahren wider Unbekannt wegen an-geblichen Diebstahls eines in der„Volkszeitung" veröffentlichtenfreisinnigen Flugblattes— mit 20 Mark Geldstrafe belegte, wurde aufgehoben und auf Freisprechung erkannt.Wegen Beleidigung eines übereifrigen Benrather Polizei-kommissarS erhielt Genoffe Hoch von der„ V o l k S z e i t u n g" zuDüsseldorf bor dem Schöffengericht 39 Mark Geld st raseauferlegt.Soziales.§ 74 dt» Handelsgesetzbuchs bezieht sich nicht auf selbständigeKaufleute.Durch den erwähnten Paragraphen soll eine unbillige Er-schwerung des Fortkommens des Handlungsgehülsen, die durch Kon-kurrenzklauseln vielleicht hervorgerufen wird, ausgeschlossenwerden. Der Absatz 2 von§ 74 des Handelsgesetzbuches bestimmthierzu, daß die Beschränkung der Konkurrenzklausel nicht auf eine»Zeitraum von mehr als drei Jahren von der Beendigung des Dienst»Verhältnisses erstreckt werden kann.In einem Vertrag vom 21. Januar 1993 zwischen der FirmaB. in Oppeln und dem Kaufmann S. in Falkenberg i. O.-Schl., derseit 1999 in der Firma B. als Prokurist tätig war, übernahm S.die in Falkenberg bestehende Filiale B. als eigenes Geschäft. Erverpflichtete sich 15, seine frühere Prinzipalin fünf bestimmte Ortebei einer Konventionalstrafe von 6999 M. für jeden Fall der Zu-Widerhandlung geschäftlich zu meiden. Nach Ablauf von drei Jahrenerhob S. Klage unter Berufung auf Absatz 2 des 8 74 des Handels-Gesetzbuch? gegen seine Vertragökontrahentin mit der Behauptung,baß daS Konkurrenzvcrbot für ihn nicht mehr rechtswirksam sei.Das Landgericht Oppeln verurteilte die beklagte Firma auchnach dem Klageantrag». Ihre Berufung wurde vom Oberlandes-gericht zu Breslau zurückgewiesen. Die von der Beklagten gegendas oberlandcSgcrichtliche Urteil beim Reichsgericht eingelegte Re«Vision hatte jedoch de» Erfolg, dasi daß Urteil des OberlniidcSgerichtSvom I. Zivilsenat aufgehoben und Kläger mit seinem Klageansprucheabgewiesen wurde. Der erkennende Senat des höchsten Gerichts-Hofes geht dabei von folgenden Erwägungen aus. Er stellt zunächstfest, daß der ß 74 des Handelsgesetzbuchs das Ticnstvcrhültnizzwischen Prinzipal und Handlungsgehülsen regeln will. Zwarbrauche die sogenannte Konkurrenzklausel nicht gleich bei der An-stellung des Handlungsgehülsen getroffen zu werden, sondern esgenüge auch ihre nachträgliche Abrede, jedoch müsse daS Dienstver-hältniS noch bestehen. Wenn es gleichzeitig mit der Konkurrenz-klausel aufgelöst werde(was hier angenommen wird), so sei fürdie Anwendung des§ 74 kein Raum mehr. Für diese Auslegungspreche sowohl der Wortlaut des Gesetzes, wie sein Zusammenhangmit dem§ 75, der sich dem Grundgedanken nach bereits im 8 67Abs. 2 des im Juni 1896 veröffentlichten Entwurfs eines Handels-gesetzbuchS befunden habe, während der Absatz 1 dieses Paragraphenmit der Vorschrift deS§ 74 Abs. 1 neues Handelsgesetzbuch übercin-stimme. Hieraus folge, daß das Handelsgesetzbuch, dessen§ 75 aus-drücklich eine Vereinbarung der tn§ 74 bezeichneten Art voraus-setze, durch die Vorschrift dieses Paragraphen Fälle treffen solle, beiocnen der Handlungsgchülfe der in der Konkurrenzklausel cnthal-tenen Beschränkung seiner persönlichen Freiheit sich unterwerfe, weiler im Geschäfte des Prinzipals sein weiteres Fortkommen erhaltensoll. Dies treffe hier aber nicht zu. Denn mit dem Vertrage vom21. Januar 1993 sei daS Dienstverhältnis zwischen S. und B. auf-gelöst worden und gleichzeitig die Konkurrenzklausel ln Kraft ge-treten. Infolgedessen habe der Kläger diesen Vertrag nicht alsHandlungsgehülfe des Beklagten, sondern als Kaufmann im Sinne