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Nr. 71. 25. Jahrgang.

1. Beilage des Vorwärts " Berliner Volksblatt. Dienstag, 24. März 1908.

Abgeordnetenbaus.

69. Sigung vom Montag, den 23. März 1908, bormittags 11 Uhr.

Am Minifiertisch: Dr. Delbrück.

vorstand zu hören ist. Weiter verlangt er, daß die Entscheidung in werden auf Kosten der Vertretung des platten Landes. Die Zurüd Streitfällen, die nach der Vorlage der Regierungspräsident endgültig treffen soll, vom Bezirksausschuß getroffen wird.

Abg. Münsterberg( frf. Vg.) hält die Vorlage für den ersten Schritt zur Reform des Hebammenwesens.

Minister Dr. Holle: Aus den Aeußerungen der sämtlichen Vor­Der Gefeßentwurf über die Erweiterung des Stadt- eine Reform des Hebammenwesens notwendig ist. Ich bitte, über redner entnehme ich die erfreuliche Übereinstimmung darüber, daß freifes Herne wird in dritter Beratung anzeugt zu sein, daß, wenn der eingeschlagene Weg nicht zum Ziele genommen. führen sollte, ein anderer Weg eingeschlagen werden wird.( Beifall.) Gegen den Antrag Lüdicke habe ich keine Bedenken.

Der Gesetzentwurf über die Erweiterung des Stadt­Preises Essen wird in erster und zweiter Beratung erledigt.

Es folgt die dritte Beratung des Quellenschutz gefeges. Abg. Lusensky( natl.) äußert Bedenken gegen die Fassung der Beschlüsse zweiter Lesung, bleibt aber im einzelnen auf der Tribüne unverständlich.

Minister Dr. Delbrück: Trotz der wesentlichen Aenderungen an der Regierungsvorlage, die vom Hause vorgenommen sind, ist der gesetzliche Schutz der Quellen, wie ihn§ 3 vorsieht, doch wertvoller als Polizeiverordnungen. Ich bitte Sie daher erneut, der Vorlage zuzustimmen.

Abg. Linz ( 3.) empfiehlt einen Antrag, wonach bei Streitigkeiten über die Genehmigung oder Nichtgenehmigang von Arbeiten in einem Quellenschutzgebiet das Verwaltungsstreitverfahren plazgreifen soll. Minister Dr. Delbrück äußert mehrere Bedenken gegen den An­trag und bittet um dessen Ablehnung.

Abg. Dr. Gerschel( frs. Bp.) erklärt, daß seine Freunde dem An­trage Linz zustimmen würden, dem Gesetze aber die Zustimmung verjagen müßten. Redner befürwortet einen Antrag, der den Kreis der erlaubnispflichtigen Arbeiten erweitern will.

Ein Regierungskommissar führt aus, daß grundsätzliche Bedenken gegen diesen Antrag nicht zu erheben seien. Abg. Krause- Waldenburg( ft.) bezeichnet den Antrag Gerschel als überflüssig. Abg. Graf Spee( 3) spricht sich gegen den Gesezentwurf aus. Abg. Schmidt- Warburg( 8.): Jch bedauere, daß meine aus­führlichen Darlegungen über die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes bei der zweiten Lesung außerhalb meiner Fraktion feinen Anklang gefunden haben. Wo ist denn Herr Dr. Hahn?( Buruf rechts: Jm Reichstage!) Wenn diese Vorlage Gesetz wird, so kann man der Verstaatlichung des Grundbesizes mit oder frei nach Bebel im Prinzip nicht mehr wider sprechen. Mit Rücksicht auf die im Gesetz liegende Verfassungs­änderung beantrage ich eine nochmalige Abstimmung nach 21 Tagen. Die Vorlage wird in der Fassung der zweiten Lesung an Der Antrag Schmidt Warburg auf nochmalige Abstimmung nach 21 Tagen wird gegen die Stimmen des Zentrums und der Freifinnigen abgelehnt.

genommen.

Es folgt die erste Beratung des Gesetzentwurfs über die Gebühren der Hebammen. Nach der Vorlage soll die Bezahlung der berufsmäßiger Dienstleistungen der Hebammen nach einer vom Regierungspräsidenten festzulegenden Gebührenordnung erfolgen. Die rechtskräftig festgesezte Gebühr unterliegt der Beitreibung im Verwaltungszwangsverfahren durch den Kreisausschuß. Kultusminister Dr. Holle: Die Vorlage stellt den ersten Bau­stein für eine Reform des Hebammenwesens dar. Das Notwendigste ist die Festsetzung der Gebühren und deren Eintreibung. Daneben besteht der Plan, im Verwaltungswege durch Verhandlungen mit den Kommunalverbänden eine den Verhältnissen in den einzelnen Berbänden sich anpassende Regelung des Hebammenwesens herbei­zuführen.

Abg. Burchard( t.) spricht sich namens seiner Freunde für den Entwurf aus.

Abg. Schmedding( 8.) begründet einen Antrag, die Staats­regierung zu ersuchen, dahin zu wirken, daß den Hebammen Ge­bühren und Auslagen, die wegen Mittellosigkeit der Wöchnerinnen nicht beigetrieben werden können, aus öffentlichen Mitteln ersetzt

werden.

Abg. Heydweiller( natl.) erklärt namens seiner Freunde das Ein­verständnis mit dem Gesetzentwurf. Abg. Lüdicke( ft.) empfiehlt einen Antrag, nach dem bei Fest­setzung der Gebührenordnung der Kreisausschuß bezw. der Gemeinde­

Kleines feuilleton.

Abg. Dr. Müller- Berlin ( frf. Vp.): An einer guten Regelung denn die Zukunft des Volkes hängt davon ab, daß die Kinder gesund des Hebammenwesens hat die Allgemeinheit ein großes Interesse, zur Welt gebracht werden. Gegen den Antrag Schmedding habe ich einige Bedenken.

Minister Dr. Holle legt dar, daß die Bezirkshebammen durch Sicherung der freien Hebammen gegen Ausfälle werde ich gern er ihre Verträge gegen Ausfälle geschützt feien. Die Frage der wägen.

Damit schließt die erste Beratung.

In der zweiten Beratung wird der Gesezentwurf mit dem Antrage dicke angenommen.

drängung des Großgrrndbefizes liegt nicht im Interesse der Selbst verwaltung. Der Antrag v. Böhlendorff geht uns zu weit.

Abg. Dr. Kager( 3.) spricht sich für den Antrag v. Böhlen­dorff aus. Abg. Frhr. v. Zedlik( ft.) gibt für seine Freunde die Erklärung fommission einverstanden seien. ab, daß sie mit der Ueberweisung der Anträge an die Gemeinde­

Damit schließt die Debatte. Im Schlußwort bittet

Abg. Gyßling( fri. Vp.) die Regierung um Vorlegung einer Statistik über die Zusammensetzung der Kreistage und erklärt, daß schoben habe. er gerade das Interesse der Landgemeinden in den Vordergrund ge­

Die beiden Anträge gehen an die Gemeindekommission. Ein Antrag Winckler( f.) auf Annahme eines Gesezentwurfes, betreffend die Wegeordnung für die Provinz Sachsen wird an eine Kommission von 14 Mitgliedern verwiesen.

Hierauf vertagt sich das Haus auf Dienstag 11 Uhr.( Se fundärbahnvorlage.) Schluß 4 Uhr.

Soziales.

Der Antrag Schmedding wird, da keine Kommissionsberatung beantragt und aus dem Antrage nicht ersichtlich ist, ob staatliche Mittel zur Verwendung kommen sollen, auf Vorschlag des Präsi- Ist ein Haussohn auch dann krankenversicherungspflichtig, wenn kein denten v. Kröcher durch die Debatte für erledigt erklärt. Arbeitsvertrag vorliegt? Es folgt die Beratung des Antrages der beiden freisinnigen Parteien, die Staatsregierung um baldmöglichste Borlegung vom 16. Februar 1906 bis zum 18. Mai 1906 in Magdeburg bei Der in Magdeburg geborene jugendliche Bürstenmacher Beck war eines Gefeßentwurfs zu ersuchen, der eine Abänderung der Kreis feinem Vater, dem Bürstenmachermeister Karl Beck beschäftigt. Er ordnung insbesondere dahin herbeiführt, daß das Wahlrecht reiste dann fort, wurde innerhalb drei Wochen frant und wurde zum Kreistage entsprechend der vermehrten Bedeutung der längere Zeit in Stadt- und Landgemeinden sowie von Industrie und Gewerbe ab- des Armenamts der Stadt verpflegt. einem Leipziger Krankenhause auf Kosten Als endgültig fürsorge­geändert wird. pflichtiger Armenverband mußte der Armenverband Magde­Mit der Beratung wird verbunden über den Antrag b. Böhlen- burg die gesetzlichen Kosten in Höhe von 91 Mark erstatten. dorff Kölpin( f.) auf Erlaß eines Gesetzes, wonach durch könig- Diefer Armenverband beanspruchte nun auf Grund des§ 57 des liche Verordnung für einzelne Kreise nach Anhörung des Provinzial- Krankenversicherungsgesetzes von der Allgemeinen Orts. rats bestimmt werden kann, daß von dem nach der Kreisordnung trantentasse in Magdeburg Erfagleistung in Höhe von für die Wahlberechtigung im Wahlverbande der größeren ländlichen 60,50 M., indem er geltend machte, Bed jun. fei infolge der Grundbesizer maßgebenden Mindestbetrage an Grund- und Gebäude- er wähnten Beschäftigung beim Vater Mitglied steuer wenigstens die Hälfte auf die Grundsteuer ent- der Ortstaffe gewesen und hätte, da die Krankheit fallen muß. innerhalb drei Wochen nach dem Verlassen des väterlichen

Abg. Gyßling( frs. Vp.) begründet den Antrag der Freifinnigen. Betriebes ausbrach, für die Leipziger Verpflegungszeit an Der Antrag entspricht einem alten Wunsche meiner Partei. Nicht die Kasse Anträge in Höhe von 60,50 M. gehabt. nur in den östlichen Provinzen, sondern auch in Hannover , in West- Die Kaffe bestritt dies. falen und in der Rheinprovinz besteht ein dringendes Bedürfnis nach Magdeburg verurteilte fie aber nach dem Klageantrage Der Bezirksausschuß einer anderen Zusammensetzung der Kreistage. Die Landgemeinden und führte unter anderem aus: Kurt Beck( der Sohn) sei tatsächlich und die Stadtgemeinden haben seit dem Erlaß der Kreisordnung bei der Allgemeinen Ortsfrankenkasse Mitglied gewesen. Verfehlt eine erhebliche Zunahme ihrer Bevölkerung und damit eine steigende sei ihr Einwand, daß er nicht frankenversicherungspflichtig geweſen fulturelle Bedeutung erlangt, der ihre Vertretung in den Streis- sei, weil ihm der Bater nur Logis und Lebensunterhalt gewährt tagen absolut nicht entspricht. daß Aktiengesellschaften und Städte, die in einem Ein unhaltbarer Zustand ist es, hätte. Nach Annahme des Gerichts sei für die Krankenversicherungs­Kreise anderen pflicht die Tatsache der Beschäftigung in einem der in den Para­Grundbesitz haben, sich dort nicht durch eigenen Vertreter, sondern nur durch einen Kreiseingefeffenen Betriebe einen graphen 1, 2 und 2a des Krankenversicherungsgesetzes genannten auf dem Kreistage bertreten lassen tönnen. Der Antrag v. Böhlen - Beschäftigung in solchem Betriebe, sofern sie nicht durch die Natur ausschlaggebend. Im allgemeinen begründe jede dorf- Kölpin geht sehr einseitig bor. Hoffentlich wird in der ihres Gegenstandes oder im voraus durch den Arbeitsvertrag auf Gemeindekommission, an die ich beide Anträge zu verweisen be- einen Zeitraum von weniger als einer Woche beschränkt sei, die Ver antrage, Licht und Schatten in dieser Frage gleich verteilt werden. ficherungspflicht. Hiernach kann die Versicherungspflicht Kurt Beds ( Beifall lints.) feinem Zweifel unterliegen.

Abg. v. Böhlendorff- Kölpin( f.) begründet seinen Antrag, der nicht eine Veränderung der Kreisordnungen, sondern nur eine ander weite Regulierung der Wahlberechtigung nach§ 86 der Kreisordnung für die östlichen Provinzen bezwecke. Aus den Ausführungen des Streisausschüsse herausgeflungen. Borredners habe ein gewisses Mißtrauen gegen die Tätigkeit der

landt wurde vor dem Oberverwaltungsgericht geltend Die Kasse legte Revision ein. Von dem Rendanten E. Wend­gemacht: Nicht jede Beschäftigung in Betriebe sei versicherungspflichtig, sondern nur die gegen Gehalt Nicht jede Beschäftigung in einem der erivähnten oder Lohn. Dieser könne nun nach dem Gesetze zwar auch in Naturalbezügen bestehen. Immerhin müsse er aber gewährt werden Abg. Schulze- Peltum( t.) erklärt, daß seine politischen Freunde auf Grund eines Arbeitsvertrages. Der Bezirks­die größten Bedenken gegen eine Aenderung der Grundlagen des ausschuß habe es aber unterlassen, darüber Beweis zu erheben, Wahlrechts zu den Kreistagen haben.( Zustimmung rechts.) In ob die von Kurt Beck vom Vater erhaltenen Naturalbezüge Westfalen gebe es Kreistage, denen infolge des Vordringens der In- Ausfluß eines Arbeitsvertrages dustrie schon kein Großgrundbesizer mehr angehöre. Ivaren, was die Kaffe bestritten habe. Schon deshalb müsse das Urteil auf­des Vorredrers an und erklärt sich mit der Verweisung der Anträge Beck lediglich seiner Alimentationspflicht dem Sohne Abg. Linz( 3.) schließt sich im wesentlichen den Ausführungen gehoben werden. Die Kaffe behaupte, daß der Bürstenmachermeister an die Gemeindekommission einverstanden. gegenüber gerecht geworden fei. Aber auch noch in einem anderen der städtischen Industrie auf den Streistagen fönnte nur ermöglicht gültig verpflichteten Armenverband Magdeburg ohne weiteres als Abg. Dippe( natl.): Eine stärkere Vertretung der Städte und Bunkte gehe das Urteil fehl. Insofern nämlich, als es den end­

Lowell hat eine wichtige Beobachtung als Stüße seiner Behauptung, daß der Mars alle Lebensbedingungen für organisierte Wesen biete, zu verzeichnen. Wie die Nature" berichtet, ist es seinem Universitätszustände in Preußen und in Kulturstaaten. Das Er Assistenten Slipher gelungen, mittels eigens zu diesen Versuchen staunlichste an der Farce, die Rektor und Senat der Berliner konstruierter photographischer Platten Bilder des Mars- Spektrums Universität mit dem Verbot zur seruellen Aufklärung bestimmter Vor- zu erhalten, auf denen die Wasserdampf- Linien weit schärfer er­träge aufgeführt haben, ist die Geduld, mit der die Studenten kennbar sind als in den Mond- Spektren, die bei gleicher Höhe über diese Bevormundung hingenommen haben. Es ist bezeichnend für die dem Horizont aufgenommen sind. Damit ist eine der aller­tnechtselige Unterwürfigkeit, in der alle bürgerlichen Preußen wichtigsten Vorbedingungen für die Annahme der Bewohnbarkeit vor den willkürlichsten Verfügungen der Behörden ersterben, daß selbst unseres Nachbarplaneten gegeben. Die photographische Bestätigung die akademische Jugend sich gegen die Unterbindung ihrer Bewegungs- für die Gristenz der Kanäle erfährt eine außerordentlich wichtige freiheit zu feinem träftigen Protest mehr aufzuraffen vermag. Zuerst Ergänzung durch die Tatsache, daß auch das Wasser vorhanden ist, hat die Regierung die Freiheit der Wissenschaft an den preußischen um sie in der warmen Jahreszeit zu füllen. Die weißen Kappen Universitäten auf allen Gebieten, wo sie den Interessen der an den Polen hatten die Gegner der Marsbewohnbarkeit nicht als herrschenden Schicht gefährlich werden kann, durch die Art, wie sie hinwiesen, daß diese Massen aus gefrorener Kohlensäure bestehen vollgültigen Beweis angenommen, indem sie auf die Möglichkeit ihr Professoren- Ernennungsrecht ausübt, in Wirklichkeit vollkommen aufgehoben. Trotzdem setzen sich diese Herren mit hoher oberpreußischer tönnten, obgleich sich auf diese Weise die unscharfen Ränder zur Erlaubnis von Zeit zu Zeit als Verfechter der freien Wissenschaft Zeit der Schmelze nicht recht erklären ließen. Daß aber die ver­in Positur und zetern, wenn Zentrum nicht gerade Trumpf dunstende Kohlensäure gar im Spektrum der Marsatmosphäre die ist, über die Unduldsamkeit der Papsttirche, während sie gegen die Linien des Wasserdampfes schärfer hervortreten lassen sollte, werden größere und gefährlichere des preußischen Ministeriums nicht auf- behaupten können. Wenn sich also die vorläufig von Lowell tele­wohl auch die hartnädigsten Berfechter der Verödungstheorie" nicht zumuden wagen. Daß diese preußischen Zustände nichts anderes sind als eine graphisch an Sir Norman Rocher mitgeteilte Beobachtung be­Teilerscheinung der Allmacht der Alleinherrschaft der Bureaukratie, stätigt, was wohl anzunehmen ist so wird eine ganze Reihe die jede Freiheit als ihren Todfeind hassen muß, zeigt sofort ein Blick von Einwänden gegen die Bewohnbarkeit des Mars hinfällig. Es auf andere Länder. In Desterreich würde sich kein Student die Zensur der Marsoberfläche beobachtete, die ihn das Vorhandensein von ist recht bezeichnend, daß schon Secchi im Jahre 1858 Veränderungen feiner Vorträge durch eine akademische Behörde gefallen lassen; was in Breußen als das Schredlichste aller Schreden gilt, konnte in Dunst- und Wolkenmassen in seiner Atmosphäre annehmen ließen. Desterreich ohne jedes Hindernis längst verwirklicht werden. An Auch Sir Norman Lockyer fand anläßlich der Erdnähe im Jahre der Wiener Universität besteht seit vielen Jahren eine sozialistische 1862 so rasche, binnen Stunden vor sich gehende Aenderungen des der Wiener Universität besteht seit vielen Jahren eine sozialistische Details, daß er zu ihrer Erklärung die Wolkenbildung heranzog. Organisation der Studenten, die in ihrem Verein über alle Fragen des wissenschaftlichen Sozialismus ungehindert Vorträge hält, sozia­listische Studenten nehmen an der März- und Maifeier des Proletariats teil. Und eben jezt hat der Verein eine Märzfeier veranstaltet, in denen die Genossen Mar Adler, Otto Bauer und der Abgeordnete Karl Renner , selbst frühere Mitglieder des Vereins, über Mary als Philosophen, Nationalötonomen und Politiker gesprochen haben. Und der akademische Senat, weit entfernt, den in Desterreich un­denkbaren Versuch zu machen, diese Vorträge zu verhindern, hat dem Verein ohne weiteres den großen Hörsaal der Universität zur Ab­haltung der Mary- Feier zur Verfügung gestellt.

Noch schrecklicher geht's aber in England zu. An der Universität bon Glasgow ist nächstens Rektorwahl. Die englischen Universitäten haben noch die mittelalterliche Korporationsverfassung. Der Rektor vird daher nicht bloß vom akademischen Senat gewählt, sondern von allen, die an dieser Universität einen akademischen Grad erworben haben. Und da hat nun die sozialistische Gesellschaft an der Universität Glasgow als Kandidaten für das Rektorat Genossen Seir Hardie aufgestellt. Seine Gegenfandidaten find Cambpell­Bannerman und Lord Curzon . Dafür ist aber auch England ein zurückgebliebenes Land und wir kennen feine englische Uebersetzung des echt- preußischen Professorenwortes von der Leibgarde der Hohen­ zollern .

Wasser in der Mars- Atmosphäre. Zu der neuesten Mars entdeckung wird den Allg. Wiss. Ber." geschrieben: Prof. Percival

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Humor und Satire.

Streiflieber,

im Reichstag zu singen. I.

Die Presse streift. Der Terror wütet.

Die Streifpoften hält kein Gesetz mehr im Zügel; Ein Kerl, gestellt von der" Post", entbietet Den Nauhbeinen hahnebüchene Prügel. Streifbrecher liefert hier selbstverständlich Das Zentrum. Kinder, gönnt es ihm gerne, Auf daß der christliche Arbeiter endlich Seines Zeitungsgeschwisters sich schämen lerne!

II.

Selig, wer sich vor der Welt Sonst zumeist verschlossen hält. Neidlos senden ihren Chor Heut' die Primadonnen vor. Denn was nügt der Rede Schwall, Bleibt er ohne Widerhall In des treuen Lesers Brust? Deubel, da vergeht die Lust.

Drum wird heut', wer sonst Dho" Nur geschrien, des Nedens froh; Fröhlich tummelt auf der Flur Sich die letzte Garnitur. III. Saubengel? Rein so arges Wort. Ich reicht' ihm eins am rechten Drt, Um dann in aller Freundschaft zu sagen: Gelt, Gröber! Wollen uns weiter bertragen! Erzbergers unsterbliche Negerseele Hingegen und ähnliches fromme Gegröhle Brächten auch mich im Reichstag zum Rasen, Lieber noch Gröber als Heuchelphrasen!

Notizen.

Fridolin.

Bühnenchronit. Eleonora Duse beginnt ihr Gastspiel im Neuen Theater am 7. April in der Stolle ber D'Annuncio und am 9. April Rosmersholm" gegeben. Ein Teil des Locandiera". Am 8. April wird La Citta morte" von Ensembles des Neuen Schauspielhauses wird in der Zeit von An­fang April bis Ende Juni im Berliner Theater borwiegend Stücke leichten und heiteren Charakters" aufführen.

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Der Richter, der beim Worte genommen

und

wurde. Die Richter benutzen ihre privilegierte Stellung nur zu oft dazu, um die vor ihre Schranken zitierten mit unangebrachten Mahnungen, weisen Lehren und ähnlichem zu behelligen. Meistens muß der ihnen Ausgelieferte schweigend solche Ungehörigkeiten, die von Unwissenheit und Klassenvorurteilen diktiert werden, über sich ergehen lassen. In Ungarn hat man jetzt einmal einen Richter beim Wort genommen durch Tatsachen( hoffentlich gründlich) belehrt. Die Frankfurter Zeitung " berichtet darüber: Vor dem Budapester Gerichtshof fand vor einigen Tagen die Ver handlung gegen einen wegen Aufreizung zum Klaffenhaß an geflagten fozialistischen Agitator" statt. Präsident Sárkány redete dem Verbrecher ins Gewissen, den Haß gegen die heutige Gesellschaftsordnung aufzugeben, denn die Gesellschaft fei besser als ihr Nuf. In Ungarn tönne jeder brave Arbeiter, nur wolle, täglich unbedingt fünf Kronen ber Am nächsten Tage erschien im Inseraten­teil zweier Budapester Blätter folgender Aufruf: Arbeiter! Wer täglich fünf Kronen verdienen will, melde sich: VIII. Bezirk, Baroßgasse Nr.."( Die genaue Wohnungsadresse des Gerichts­präsidenten Sárlány.) Seither ist es um die Nuhe des Herrn Sárkánh gefchehen. Von früh bis abend melden fich Hunderte und Hunderte von Arbeitern in seiner Wohnung und suchen um Arbeit an. Vor dem Haufe des Gerichtss präsidenten herrscht zu manchen Stunden des Tages ein lebensgefährliches Gedränge der Arbeitsuchenden, so daß selbst die Polizei intervenieren mußte. Nun hat man die erwähnten beiden Zeitungen ersucht, die gefährliche Anzeige nicht mehr zu publizieren, und die übrigen Zeitungen, über die Sache zu schweigen. Man hofft damit die gestörte soziale Ordnung wieder ins richtige Geleise au bringen.

ivenn er dienen.