Nr. 77. 25. Jahrgang.t KilM»es Jotmiirt#" Krlim WsdIMpitnsfiuj, 31. März 1908.Bebel über auswärtige Polltlli.Am Montag. 23. März, hat Bebel den Standpunkt der sozial-demokratischen Partei über die deutsche aus'.värtige Politik ineiner bedeutenden Rede dargelegt, deren wichtigste Ausführungenwir nach dem stenographischen Protokoll wiedergeben.Bebel.In bezug auf die Haager Konferenz heute nur ein paarganz kurze Bemerkungen. Sie alle waren im vorigen Jahreunter die Schwarzseher gegangen, und alle bürgerlichenParteien, den Herrn Reichskanzler eingeschlossen, waren derMeinung, daß die deutschen Vertreter auf der Haager Friedens-konferenz sich der größten Zurückhaltung befleißigen niüßten,insbesondere in der Frage eines Weltschiedsgerichts und derAbrüstungsfrage. Diesen Anschauungen gegenüber war es derRedner meiner Fraktion, der Abgeordnete v. V o l l m a r. derauf das nachdrücklichste riet, mau solle einen solchen unglück-seligen Standpunkt der Enthaltung verlassen, man sollte unterallen Umständen zu allen Fragen Stellung nehmen, und wirhaben gelesen, daß der Rat der Sozialdemokratie auf derKonferenz im Haag von den deutschen Vertretern befolgtworden ist.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten,)Der Vertreter Deutschlands, Freiherr v. Marschall, hatdurch sein Geschick und seine Gewandtheit sich eine Stellungerworben, die. ginge es nach den Wünschen und den Rat-schlagen, die damals der Herr Reichskanzler in bezug auf dieStellung der deutschen Vertreter gegeben hatte, niemals zuerreichen gewesen wäre.Es ist dann von allen Rednern überMarokkogesprochen worden. Graf K a n i h hat auseinandergesetzt,daß der legitime Sultan in Marokko Abdul Asis eigentlichein Tropf sei, daß er nicht der Mann sei, der die GeschäfteMarokkos in der entsprechenden Weise leiten könne. Er hatdeshalb geraten, man möge den Marokkanern ihr Selbst-be stimmungsrecht einräumen und ihnen überlassen,wen sie zu ihrem Sultan erküren möchten. Wir hoffen, daßwir einstmals ein ähnliches Ansimnen anDeutschland stellen können.(Große Heiterkeit.) Esversteht sich doch wohl von selbst, wenn man Barbaren, wieden Marokkanern, ein Selbstbestimmungsrecht in bezug aufdie Wahl ihres Staatsoberhauptes einräumt, daß alsdann diezivilisierten und politisch hoch stehenden Deutschen erstrecht ihr Selbstbestimmungsrecht bekommen müssen.(Sehrgut! bei den Sozialdemokraten.)Der Herr Abg. v. H e r t l i n g meinte, es gäbe mDeutschland niemand, der den Wunsch hege, wegen Marokkoseinen Krieg anzufangen. Er irrt sich ein wenig: leidergibt es solche Leute. Ich habe zwei Preßäußerungenvor mir, die eine aus den„Münchener Neuesten Nachrichten",die andere aus der„Rheinisch-Westfälischen Zeitung", diebeide erklären, daß, wenn in Marokko die Dinge nicht so ausgingen, daß die Interessen Deutschlands aufs auskömmlichstegewahrt würden, es notwendig sei, in energischerWeise vorzugehen. In den„Münch. N. Nachr." heißt eszum Beispiel:„Marokko könne die Ursache werden, daßDeutschland um seiner Pflicht, seines Ansehens und feinerInteressen willen auch vor dem Aeußersten nicht zurück-schreckt.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.— Sehrrichtig! rechts.) Gegen eine solche Auffassung legen wiraufsentfchiedcnsteVerwahrung ein.Wir meinen, wenn irgend etwas, so kann uns Marokkovöllig Hekuba sein. Ich stehe in diesem Falle ganz aufdem Standpunkt des Fürsten B i s m a r ck, der vor 28 Jahrenden Standpunkt vertreten hat und auch heute, wie ich überzeugt bin, noch den Standpunkt vertreten würde, daß, wennFrankreich nach Marokko gehe, wir den größtenVorteildavon haben. Gehen die Franzosen nach Marokko, so bekleines feuilleton.Theater.H'ebbel- Theater, Liebe, Komödie von Paul Apel.Die Apelsche Komödie hat in Stimmung, Stil und Milieu mancher-lei Lelwaiidtcs mit Hiniierks vor ein paar Monaten aufgeführter„Närrischen Welt". In beiden Stücken gibt es möblierte Herrenund ein Dämchen, das evamäßig überlegen, voll ungetrübt naiverSkrupellofigkeit mit den Zimmernachbarn ihre koketten Spiele treibt.Llpels Marion hält das gleich der Hinnerkschen Ehefrau für ganznatürlich selbstverständlich und würde ebenso wenig wie diese durchdie Existenz eines Gatten von einer solchen Auffassungsweise zurück-zubringen sein. Sie verfügen über das beste Gewissen und in jederkritischen Lage über eine unerschöpfliche Fülle von Ausreden. DasPossierliche in ihnen überwiegt den peinlich abstoßendenEindruck des Defekts. Die Komik steuert hart an allerhandBedenklichem vorbei und greift, um die für einen Akt ausreichendeIdee in drei Aufzüge auszuspinnen, zu stark grotesker Uebertreibung.Hinncrk spitzt die Situation in erster Reihe aus die Persiflage einergewissen Weiblichkeit, Apel auf eine Jronisierung der blind ver-trauensseligen Jüiiglingsichwärmereien zu. Beiden dramatischenSkizzen ist ein Zug deS Persönlichen, des Selbsterlebten gemeinsam,aber der Humor Apels erscheint in der Wendung, die er der Sachegibt, als der originellere. Das Publikum bereitete dem Stücke, dasübrigens eine glänzende Darstellung fand, eine sehr freundliche Aus-nähme.Das Lachen des Verfassers hat etwas Freundlich-HerzlicheS, inden« Spott, den er über die verliebten guten Jungen, den Konser-vatoriumschüler HanS und den Kandidaten Peter erzieht, klingt zu-gleich eine zärtliche Rührung an; man wird den Burschen, in derenpyramidalen Dummheit doch so viel liebenswürdiger verschrobenerJugendidealisinus spukt, unwillkürlich gut. Nach einer, nur allzubreiten, das Briesemanniche Pensionat schildernden Exposition brachtedie Szene, in der die beiden Freunde ihre Herzen durch Geständnisseerleichtern, die Stimmung rasch in Fluh. Der Kandidat, der fürein paar Wochen verschwunden war, eröffnet dem Kameraden dietiefften Abgründe seiner Seele. Die Reise war ein Opfer auf dem Altarder Freundschaft. Die neue Pensionärin. Madame Marion, die Hansdurch Rendezvous und Küsse zum Glücklichsten der Sterblichen ge-macht, hat auch den Frieden Peters untergraben. Er fürchtete dasjunge Liebesglück durch seine Eifersucht zu stören, darum floh er.Er schuldete das dem Freunde und einem Mädchen, das durch dieTücke eines schlechten Menschen Mutter zweier Kinderchen gewordenist und nunmehr ihn zum Bräutigam erkoren hat. Herr RichardLeopold wirkte prickelnd komisch und dennoch durchaus echt indieser mit dem Tone schicksalsschwersten Ernstes vorgebrachten Beichte.Die Willigkeit des Geistes wird durch die übernnitige Marion, diesich bei ihre», Ritter Hans zu langweilen beginnt, alsbald auf eineneue und diesmal zu harte Probe gestellt. Sie animiertden armen Philologen, bis er alle Sittenlehre der alten und derneuen Welt vergißt und den dämonischen Gewalten weicht. Diekommen sie ein zweites Algier, aber ein s ch l i m m e r e s, alsdas erste. Ein Krieg unsererseits mit Frankreich würde sicherdie meisten Signatarmüchte der Algecirasakte gegen uns insFeld rufen, in erster Linie England, das wie kein zweitesLand Frankreich nach jeder Richtung in dessen aggressiverPolitik in Marokko schützt und stützt. Ich gehöre nicht zuden Verehrern der Politik Frankreichs in Marokko, imGegenteil, ich erkläre rund heraus, daß Frankreich mit Ab-ficht und Vorbedacht den Einfall in Casablanca provozierthat, um eine Gelegenheit zu bekommen, mit Marokko anzu-binden und dort festen Fuß zu fassen. Man ist in Marokko undspeziell in Casablanca mit brutalster Gewalt aufgetreten lDas halte ich mich um so mehr für verpflichtet zu sagen, alsman es uns gegenüber sonst liebt, unsere Haltung in politischen Fragen stets so darzustellen, als stünden wir alle Zeitauf Seiten des Auslandes. Stein, das ist nicht der Fall!Fragt man nun, was aus der Algecirasakte gewordense,. so lautet meine Antwort: die Algecirasakteliegt zerrissen z u Europas Füßen! Für michist es zweifellos, daß die französische Bourgeoisie darauf aus-geht, Marokko mürbe zu machen, um es der Herrschaft Frank-reichs zu unterwerfen. Wer die Dinge offeii betrachtet undsich keiner Selbsttäuschung hingibt, der muß sich sageii: imAugenblick gibt es kein Mittel niehr, in Marokko einzugreifenauf anderem Wege als auf dem Wege eines Krieges!Es war ein sehr unkluger Akt, als vor drei Jahren, beider bekannten Landung in Tanger, ein sehrhoher Herr d i e A e u ß e r u n g inachte:„Die UnabhängigkeitMarokkos und die Souveränität seines Sultans unterliegtin Deutschland keinem Zweifel. Ich werde stets bereit sein,dafür einzutreten, und das Deutsche Reich wird ausschließlichmit dem souveränen Sultan verhandeln".(Hört! hört! beiden Sozialdemokraten.) Wer ist denn gegenwärtig dersouveräne Sultan? Das wissen wir nicht! Soll in derTat das Wort, das damals aus offiziellstem Munde im Orientgesprochen und von allen Orientalen gläubig aufgenommenwurde, jetzt etwa eingelöst werden? Ich hoffe, der Reichs-kanzler wird dazu in keiner Weise geneigt sein.Offenbar operiert Frankreich in sehr geschickter und vor-sichtiger Weise zu seinen Gunsten in Marokko. Zweifellos,Abdul Asis ist sein Mann. Nurk verlautet neuerdings, daßFrankreich Abdul Asis bestimmt haben solle, an der West-grenze, am Atlantischen Ozean, südlich nach Assimur undSaffi zu marschieren. Wenn die Franzosen mit Hülfe AbdulAsis diese beiden Städte in ihre Gewalt bekommen, habensie fast die ganze marokkanische Westküste in ihren Händen:ich möchte wissen, was wir dagegen zu tun vermögen. WäreDeutschland geographisch so gelegen wie Spanien, dann lägendie Dinge sehr einfach, dann ließe sich die Frage sehr leichtlösen, dann hätte Frankreich überhaupt nicht können inMarokko die Pläne hegen, die es tatsächlich hegt. Nun wohnenwir aber sehr weit von Marokko.(Zuruf bei den Sozial-demokraten: Glücklicherweise!)—„Glücklicherweise" rufteiner meiner Freunde: er hat recht. Wie wollen wir unsalso in Dinge mit Aussicht auf Erfolg einmischen?! Wirallein können nichts erreichen. Darauf müssen wir allerdingsmit aller Energie dringen, daß llns d i ehandelspolitischen Vorteile, die Marokko fürunseren Handel bietet, unter allen Umständen gewahrtund gesichert bleiben.(Sehr richtig!) Das ist einPunkt, in dem wir mit der großen Mehrheit des Hausesvollkommen übereinstimmen.(Sehr richtig!)Es ist dann die Frage desNordmeerbundesaufgeworfen worden. Es verlautet mit großem Nachdruck,daß es Deutschland gewesen sei, das dem Abkommen derStaaten am Mittelmeer inklusive England folgend, jetzt einNordseeabkommen mit den Nordsee st aatenhabe treffen wollen. Die Gerüchte gehen weiter, wonach auchwahre Liebe lebt eben über allem Gesetz! Mario» ist sogleich bereitzu schwören, daß sie noch nie für jemand so wie für ihn gefühlt hat.Er hält es für seine Pflicht, so schwer es ihm ankomint, Hans vondem ungeheuren Wandel des Geschicks in Kenntnis zu setzen unddieser kann sich seinerseits nach wenigen Tagen durch die Nachrichtrevanchieren, dah Marion ihn von neuem in Gnaden aufgenommen.Der Respekt der beiden vor der wunderbarem Wechsel der Gefühleunterworfenen Frau, die inzwischen in einem ordinären Schürzen-jäger, was sie braucht, gefunden, bleibt bis zu dem letzten Augenblicke unvermindert.Leopolds sanft melancholischer Peter hatte in Josef Mörzhochschultrig. schlappen, noch ganz jungenhaft dreinschauenden Hanseinen ergötzlichen Partner. Gut war auch Herr Traeger alsschneidiger Dutzend- Don Juan und BahnhofSassistent. Ganz vor-züglich, mit ebensoviel Temperament als seiner Diskretion gab IdaRoland die schwierige Rolle der Marion. ät.Musik.Richard Wagner- Feier deS Sozialdemokratischen Wahlvereins für den 4. Berliner Reichstags-Wahlkreis. Wagners Allkunstwerke sind ausschliehlich für dieBühne geschaffen. Auherhalb dieses Rahmens ist diese Musik ihrerdramatischen Bestimmung völlig entkleidet. Bruchstücke im Konzert-saal vermögen nur allenfalls dann eine ungefähre Vorstellung vomGcsamtcharakter zu geben, wenn sie durch ein Orchester von Streich-und Blasinstrumenten vorgeführt werden. Das Klavier aber versagtbei Wagner vollständig. Selbst Hofkapellmeister Franz Fischer inMünchen, der unübertroffene Interpret Wagnerscher Musik auf demKonzertflügel, hat nur illusionistische Wirkungen zuwege gebracht!Und dah sogar ein Franz LiSzt— fraglos der gewaltigste klavi-ristische Hexenmeister aller Zeiten!— das Problem einer völligenVerpflanzung der entwickelten Wagnerschen Kunst auf das Klaviernicht zu lösen vermocht hat, wurde nun wieder klar, wenn»virseine Phantasie für dies Instrument über Motive aus„Rienzi"mit seinem„Einzug der Götter in Walhall" aus„Rheingold"vergleichen. Diese letztere Uebertragung ist ihm ungleich bessergeglückt als die erstere. Sie ist daher auch dankbarer für denPianisten, sofern er durch und durch Künstler ist. Als solcher erwiessich Herr Leo Kestenberg allerdings I. Für zwei Bruchstücke,nämlich die Vorspiele zu„Lohengrin" und„Parsifal" war dasHarmonium zu Hülfe genommen. Sein weicher Toncharakter über-brückt die Härten des HammertonS. Dr. P l e h n e r spielte diesenPart mit geschmackvoller Registerführung: schade nur, dah das ihmzur Verfügung stehende Harmonium allzu schwachbrüstig war! AlsBaritonist erzielte er mit dem recht ansprechend phrasicrten Vortragdes launigen Schusterliedes ans den„Meistersingern" den bestenErfolg. Dr. Plehner leitete auch das Programm durch einen Vortragüber„Richard Wagner als Künstler" ein. Einige irrtümliche An-gaben sollen da nicht allzu tragisch genommen sein. Es ist einesehr schwere Aufgabe, ein so gewaltiges Kampfleben und Kunstschaffenim enggefahten Rahmen eines kurzen Vortrags auszuschöpfen. Jeden-falls verdient die gute Absicht Anerkennung.die O st s e c in ein derartiges Abkommen eingeschlossen werdensolle. Zugleich soll bei dieser Angelegenheit Rußland dasVerlangen gestellt haben, die Klausel iin Pariser Friedens-vertrage aufzuheben, die ihm die Befestigung der Alands-inseln verbietet.In dem Pariser Friedensvertrag habenFrankreich und England durchgesetzt, daß Rußland ein fürallemal die Befestigung der Alandsinselnnamentlich Bomarsunds aufzugeben habe. Ich verkennenicht die großen Schwierigkeiten, die es unterallen Umständen hat, wenn einem Großstaate, wie Rußlandes ist, eine derartige Verpflichtung auferlegt wird. DieseVerpflichtung wurde ihm aber von Frankreich und Englandauferlegt. Auf Antrag Oesterreichs wurde weiter beschlossen,daß diese Verpflichtung zugleich als eine Bestimmung in denPariser Friedensvertrag aufgenommen werde. Danach hatalso über die Aufhebung dieser Bestimmung nicht alleinFrankreich und England, die in diesem Augenblick Rußlandsehr günstig gesinnt sind, zu entscheiden, fondern auchDeutschland.Ich möchte also an den Herrn Reichskanzler die Fragerichten, ob Verhandlungen in der eben angedeuteten Richtungin bezug auf die Alandsinseln gepflogen sind, und welcherArt die Abmachungen sind, die in bezug auf die Ostsee ver-einbart sein sollen. Wir sind bei dieser Frage sehr leb-Haft interessiert. Die Alandsinseln liegen mitten'im Eingang in den Bottnischen Meerbusen,sie liegen wenige Stunden von der schwedischen Küste, inwenigen Stunden könnte eine russische FlotteStockholm erreichen. Es ist daher begreiflich, daßdiese Frage besonders in Schweden eine ungeheureAufregung hervorgerufen hat. Es ist aber auch keinZweifel, daß, wenn Rußland in die Lage käme, die Alands-inseln zu befestigen, dies im Falle eines Krieges mitu n s in bezug auf die Beherrschung der Ostsee cineFragevon großer Bedeutung ist.Ich habe im Herbst 1936 in der Generaldebatte zumEtat bereits darauf hingeiviescn, daß eine der Folgen desFriedensvertrages zwischen Rußland und Japandie sein werde, daß, nachdem durch diesen FriedensvertragRußland vom Großen Ozean und vom chinesischen Meerzurückgedrängt sei, es jedenfalls künftighin seine politischenInteressen in weit höherem Grade, als es in den letzten26 Jahren der Fall gewesen ist, im W e st e n und Süd-Westen Europas zu entwickeln suchen werde.Ich machte damals weiter geltend, daß nach meiner Ueber-zeugung die russische Bourgeoisie eine russischePolitik in dieser Richtung entschieden unterstützenwerde. Früher, als ich geglaubt habe, ist diese P r o p h e-zeiung in Erfüllung gegangen. Es kann nicht be-stritten werden, daß seit zwei Jahren Rußland in vielenergischerer Weise als früher in d i e p o 11 t i s ch e n Ver-hältnisseEuropas eingreift. Das zeigt nicht nur dereben geschilderte Fall in bezug auf die Alandsinseln, doszeigt auch seine Politik auf dem Balkan. Daß aber auch dierussische Bourgeoisie, der russische Liberalismus, diese Richtungder russischen Politik unterstützt, wird durch einen Artikelbestätigt, den ein Herr Peter v. S t r u v e, ein Mensch, dersich von einem Marxisten zu einer Art modernen Rotkowgewandelt hat, in der„Rußkaja Mysl" veröffentlicht hat.Er entwickelt, daß die russische Politik ihr Augenmerk daraufrichten müsse, unter allen Umständen die Sympathiender s I a vi s ch e n Nationen im SB e st e n Rußlands. speziell der Polen und auch der Balkan-s l a v e n, zu gewinnen. Da ist es interessant, welche Polen-Politik Herr v. Struve für Rußland, im Gegensatz zuder Polenpolitik des Fürsten Bülow, empfiehlt. Esheißt in seinem Aufsatz: Wir müssen, auf die ökonomischeZugehörigkeit Polens zu Rußland gestützt, sie benutzen, umunsere von der Natur gegebenen Beziehungen zu den SlawenHumor und Satire.Ludwig I., eine Märzerinnerung.Ludwig T h o m a singt ganz in der Partizipialweise Ludwig l.im„Simplicissimus":Lola, auf den Knien vor dir liegend.Lebend in den höchsten Wonnen hin,Und mein Haupt an deine Reize schmiegend,War ich selig, Andalusierin ITeutsclie Kraft in allen Gliedern fühlendUnd besiegend die Bedenklichkeit,Niemals die Begierde gänzlich kühlend,Hab' ich meine Neste dir geweiht.Aber wütend, mein Idol bespeiend,Glaubele mein Volk sich heldenhaft;Immer Lümmel nur gewesen seiend,Spottet' es der Liebe Zauberkraft.Notizen.— Theaterchronik. Im Berliner Theater wirdvom 7. bis inkl. 9. April das Tegernseer Bauerntheaterein Gastspiel geben. Am 19. April beginnen die Vorstellungen, dieDirektor Halm mit einem Teil des Ensembles deS Neuen Schauspiel«Hauses bis Ende Juni veranstaltet.— Die erste Luftpumpe und andere OriginalapparatedeS Magdeburger Bürgermeisters und Physikers Otto v. G u e r i ck esf 1686) werden im Deutschen Museum in München aufgestelltwerden. Das Physikalische Institut der Berliner Universität, dasdie Apparate besaß, will sie dem Müuchener Zentralmuseum fürNatunvisseuschaften und Technik schenken.— Zeitschriften schau. Die Zeitschrift für Be-kämpf n ng der Geschlechtskrankheiten, die bisher vonNeisser, Lesser und Blaschko herausgegeben wurde, erfährt mit ihremsoeben beginnenden achten Bande eine beträchtliche Erweiterung. DieRedaktion führt Dr. Blaschko-Berlin.— Offiziere, die ihrenNamen schreiben können.Die Offiziere des Deutzer Kürassierregiments haben den„Simpli-cissimuS" verklagt und»vollen vor der Stuttgarter Strafkammer denBeweis antreten, daß— sie ihren Namen schreiben können. AusAnlaß der zahlreichen»nilitärischen Spieler- und Wucheraffären»varvon der Militärbehörde augeregt worden, den Offizieren Unterrichtin der Wechsellehre erteilen zu lasse»», damit sie beiin Ouer-schreiben nicht zu sehr übers Ohr gehauen lverden. Der„Simpli-cissimuS" ließ nun einen Aristokraten zuin anderen dein Sinne»achsagen, sein Bruder würde auch schon Wechsel ausgestellt habe», dochstehe er bereits lange Jahre bei den Deutzer Kürassieren, da habeer verlernt, seinen"Namen zu schreiben. Wenn»»»»>» aber der„SimplicissimuS" boshaft»vird und behauptet, die Herren hätteninzwischen Schreibunterricht genoininen?