TmBcrct der christlichen Gewerlschaftcn als Verbrechen an der Ar-bciterschaft.Denselben Standpunkt nahmen die anderen Diskussionsrednerein. Die Resolution wurde dann auch unter stürmischem Beifalleinstimmig angenommen,Politische deberficht.Berlin, den 31. März 1908.Die Ostmarkenzulage als Korrupttonsprämie.Um die Pause zwischen der Budgetberatung und dem Vereins-gesetz allZzufiillen. waren heute eine Anzahl kleiner Vor-lagen von technischem Charakter auf die Tagesordnung desReichstages gesetzt. Durch einen Nachtrag zum Etat wurdenMastregeln zur Einführung des Postüberweisungs- undScheckverkehrs unterbreitet. Es wird dadurch Vorkehrung ge-troffen, dast auf den Postämtern durch Einzahlung bestimmterSummen jemand ein Guthaben sich sichern kann, auf welche?er Anweisungen(Schecks) ausgeben kann, die er in ZaH-lung gibt und die dann innerhalb zehn Tagen vomZahlungsempfänger bei einem Postamt einkassiert werden können.Ein grundsätzlicher Widerspruch dagegen besteht auf keiner Seite.Nur Einzelheiten werden bemängelt. So machte Genosse Singergeltend, es sei verkehrt, dast die Post auf die eingezahlten Gelderkeine Zinsen zahlen wolle. Das würde der Ausdehnung des Scheck-Verkehrs sehr hinderlich sein. Das Gesetz wurde der Budgetkommissionüberwiesen.Dann widmete sich das Haus oder wenigstens eine kleine Gruppevon Münzsachverständigen einer eingehenden Beratung der Vorlage.die auf die Ermächtigung zur Ausprägung von 2ö-Pfennig-stücken und auf Vermehrung des Silbergeldes von15 M. auf 20 M. für den Kopf der Bevölkerung abzielt. Ein Be-dürfnis nach einer Münzsorte zwischen dem 10-Pfennigstück unddem 50-Pfennigstück wirb mannigfach enipfunden. Auch da handelteS sich nicht um grundsätzliche Bedenken, aber die Münzfrage gibtimmer dem Silber-Arendt den Anlast zu einer endlosen Silberrede.Andere haben das Bedürfnis, das zu widerlegen. Auch diese Vor-läge wurde einer Kommission überwiese».Zu einer lebhafteren Auseinandersetzung kam es bei der aufheute verschobenen Resolution Gamp, die von der Regierungeinen Nachtragsetat fordert, durch welchen den Postbeamten schonfür dieses Jahr die Ostmarkenzulage gewährt werden soll.In Preusten hat die Geldsacksvertretung längst diese Forderung be-willigt; � im Reich war sie bisher stets gescheitert, weil auch dieFreisinnigen eine solche Korruptionsprämie ablehnten. Auchdas ist jetzt in der Blockära anders geworden. Der Freisinn istbereit, anch bei diesem reaktionären Streich mitzutun. Er sucht aberauch da wenigstens so etwas von einem schönen Schein zu retten,indem er ein Amendement einbrachte, durch das die Gewährung einerOstmarkenzulage an einen Beamten unwiderruflich gemachtwerden soll. Dadurch würde allerdings der Regierung die Mög-lichkeit genommen, einem Beamten nachträglich die Zulage wiederzu entziehen, aber die ursprüngliche Gewährung der Zulage bleibtimmer eine Prämie zur Belohnung der sogenannten Germauisations-vemühungen, die im Postverkehr tatsächlich auf eine blosteSchikanierung der Polnisch sprechenden und ihre Briefe Polnisch«dressierenden Bevölkerung hinaus kommen.Begründet wurde die Forderung von Herrn Schultz-Brom-b e r g. der kläglich über die Ungerechtigkeit stöhnte, die darin liege,dast die preustischen Beamten die Zulage erhielten, die Reichs-beamten nicht. Seinen hakatiftisch getrübten Blicken entzog sich ganzdie Tatsache, dast die Ungerechtigkeit unendlich viel gröster ist, dieder preutzische Staat und das Deutsche Reich den Stiefkindernunseres Gemeinwesens, den Polen, durch ihre ganze GermanisierungS-Politik antut.Bekämpft wurde der Antrag durch den Polen Brandys, deraus seiner oberschlesischen Heimat nachwies, wie völlig unzutreffenddie Behauptung sei, dast die Teuerungsverhältnisse die Ostmarken-zulage notwendig machten, da ja gerade in den östlichen Provinzendie Lebensmittel billiger seien als im Westen, und einen scharfenProtest gegen die Polenpolitik überhaupt einlegte. Auch das Zentrumwandte sich durch den Abgeordneten Fritzen gegen den Antrag,alle Blockparteien aber erklärten sich für ihn, einschliestlich deS frei-sinnigen Amendements. Die freisinnige Partei erwählte in derDiskussion deS Mutes besseren Teil, die Vorsicht, indem sie sich völligaus schwieg.Die grundsätzlich ablehnende Haltung der Sozialdemokratie begründete Genosse Ledebour mit einigen kräftigen Sätzen. Auchmit den, Freisinn rechnete er ivegen seiner neuesten reaktionärenSchwenkung ab, indem er zur Kennzeichnung der Paarungskomödiedie Schlustverse aus Heines„Mäusehochzeit" zitierte und den Frei-sinnigen zurief: Sie sind hinabgestiegen in den Pott der Reaktionund werden darin ersaufen!Die Abstinmiung über die Ostmarkenresokution wird eineN a ni e n t l i ch e sein und wurde deshalb auf Mittwoch vertagt.Bei einigen anderen Resolutionen kam es wiederholt zum„Hammelsprung", da das Bureau über die Mehrheit nichteinig ivar. Dabei wurde zum Militäretat die Bestimmung, durchdie die Verwaltung aufgefordert wird, mit den Arbeiter-o r g a u i s a t i o n e n in Verbindung zu treten, diesmal mitsieben Stimmen Mehrheit angenommen, da der Freisinn sichspaltete. Die nämliche Bestimmung war bekanntlich, als sie vonuns zuerst beim M a r i n e e t a t gefordert wurde, von dem Freisinnabgelehnt worden.Ebenso wurde eine Resolution angenommen, dast dieAnnahme von Paketen am Postschalter an den Vor-oben den der Sonn- und Festtage nur bis 6 Uhr erfolgensoll. Auch hiergegen stimmten einige Freisinnige, darunter HerrNaumann, dessen neulich einmal wieder auflodernder sozialerEiser also schon wieder kläglich verpufft ist.Aus dem preußischen Landtage.Noch immer vermag die Regierung nicht genau anzugeben,wann die Session geschlossen wird. Auf die Anfrage desPräsidenten des Abgeordnetenhauses teilte sie mit, daß siezwar einen möglichst baldigen Sessionsschluß wünscht, daß sieandererseits aber auf die Beratung ganz bestimmter Vorlagenbesteht. Diese Vorlagen sind das Polizeikostengesetz, dasOuellenschutzgesetz, das Gesetz betreffend Aufschließung derstaatlichen Steinkohlenfelder im Oberbergamtsbczirk Dortmund,die Vorlage betreffend den Masurischen Kanal, das Eisenbahn-anlethegesetz und endlich der Nachtragsetat, der die Teuerungs-zulagen enthält. Da alle diese Entwürfe bereits in erster bezw.zweiter Lesung erledigt sind, dürfte der Stoff bis Ende nächsterWoche bewältigt sein, so daß die Dreiklaffenmänner dann imBewußtsein, fünf Jahre hindurch die Interessen der besitzenden5ttassen vertreten zu haben, die heimatlichen Gefilde aufsuchenund die Wähler beschwatzen können.Von den Vorlagen, mit denen sich das Abgeordneten»Haus am Dieustag beschäftigte, ist nur der Nachtrags-etat erwähnenswert, der, nachdem die Redner aller Parteiendie Beamten und Lehrer ihres Wohlwollens versichert hatten,der Budgetkommission überwiesen wurde.Etwas heftiger ging es im H e r r e n h a u s e zu, wo dieedlen und erlauchten Herren die sogenannte Etatsbcratungbenutzten, um über den unglücklichen Professor L o e n t n gaus Halle herzufallen, der es gewagt hatte, abfällige Kritikan dem Dreiklassenwahlsystem zu üben, ohne indes seinenErsatz durch das allgemeine, gleiche und geheime Wahlrecht zufordern. Am schärfsten ging mit ihm einer seiner Kollegen,der Vertreter der Universität Breslau, Professor Hillcbrandt,seines Zeichens Philosoph, ins Gericht, der seine Befnedigungüber die vom Hause bekundete Ablehnung der Uebertragungdes ReichstagSwahlrechts auf Preußen ausdrückte und es fertigbekam, das Dreiklassenwahlrecht als Wellenbrechergegen die demagogische Flut anzupreisen. Namenseines großen Teils seiner polittschen Freunde(vermutlich istder Herr sreikonservativ) lehnte Professor Hillebrandt jedeAenderung des preußischen Wahlrechts ab,solange nicht auch im Reich eine Wahlreformerfolgt, die die Schäden des Reichstagswahlrechts beseitigtoder mildert. Mit anderen Worten: Erst muß das Reichs-tagswahlrecht beseitigt sein, und dann wird man mit sichdarüber reden lassen, ob vielleicht endlich in Preußen einneues plutokratisches Wahlrecht eingeführt wird.Charakteristisch ist es, daß eS wieder einmal ein deutscherProfessor ist. der sich zum Wortführer reakttonärer Anschlägemacht. Fast scheint es, als ob die Atmosphäre des Herren-Hauses auch auf die Vertreter der Bourgeoisie so vergiftendwirkt, daß sie gar nicht schnell genug die Allüren der Junkersich aneignen können.Aber nicht nur für den Staat, sondern auch auch für dieGemeinden möchte der wackere Hillebrandt das Wahlrecht nochweiter kürzen. Im Gegensatz zu allen vorurteilslosen Männern.die die Tätigkeit der Arbeitervertreter in den Gemeinden nichtgenug loben können, wagt er die dreiste Behauptung, daßin Breslau die Arbeiter im Stadtparlament zur Verödungund Verflachung der Debatten beigetragen haben. So inter-essant wie im preußischen Herrenhause kann es nun einmalnicht überall zugehen. Im übrigen läßt sich über die BegriffeVerflachung und Verödung stteiten. Wir sind überzeugt, daßes Menschen gibt, die die Ausführungen Hillebrandts für flachund öde halten, während er selbst sie doch zweifellos für höchstbedeutend hält.—_Das Urteil im Breslauer Polizeiprozeß.Man schreibt uns aus Stuttgart:Am Montagabend wurde von der Stuttgarter Straf-kammer das Urteil im Beleidigungsprozeß der BreslauerPolizei gegen den Redatteur des„ W a h r e n Jakob",Genossen B. H e y m a n n, verkündet. Die Verhandlung fand,wie berichtet, vor acht Tagen statt. Beantragt waren500 M. Geldstrafe. Das Urteil lautet auf 1 5 0 M. unddie K o st e n. Genosse Heymann wurde im wesentlichen deshalb verurteilt, weil die Kritik, die er in der inkriminiertenNummer des„Wahren Jakob" in Bild und Text an demVorgehen der Polizei bei den bekannten Polizei-attacken anläßlich der Metallarbeiter- Ausspernmg inBreslau am 19. April 1906 geübt hat, sich gegendie Gesamtheit(!) der Polizei richte, während nurfestgestellt und durch die Beweisaufnahme von neuembewiesen sei, daß nur ein Teil der Schutzleute ihreBefugnisse erheblich überschritten habe. Es hätten sich nachdem Urteil bei der Räumung der Nebenstraßen eine Reihevon Uebergriffen der Schutzleute ereiguet» die nicht zu recht-fertige» seien, auch wenn man bedenke, daß aus den Fensterndie Schutzleute beworfen, Drohungen und Schmähungen aus-gestoßen worden seien. Denn nach den eidlichen Aussageneiner großen Zahl von Zeugen(der Richter las etwa einDutzend Namen und mehr vor) könne nicht bezweifelt werden,daß nach der Säuberung des Striegauer Platzes in einer größerenZahl von Fällen gegen Personen in einer Weise vorgegangen sei,zu der diese keinen Anlaß gegeben hätten, und daßauch Schutzleute grobe beleidigende Aeuße-rungen gegen Passanten ausgestoßen hätten.Dazu komme noch der Fall Biewald, bei dem dem Arbeiterim Flur eines Hauses von einem Schutzmann die Hand ab-gehauen wurde. Auch spreche immerhin" einigermaßen gegendie Schutzleute das Zeugnis deS Arztes Dr. Mühsam,nach welchem sich ein großer Teil der Verletzungen auf demRücken der Leute befand... Nur weil die Dar-stell ii ng im„Wahren Jakob" sich gegen dieGesamtheit der bei der Stratzensäuberung be-teiligten Schutzmannschaft richtete, sei dieVerurteilung erfolgt, während sich nur ein Teilder Polizei Uebergriffe habe zuschulden kommen lassen.Nach diesen Feststellungen des Gerichts hätte eigentlichFreisprechung erfolgen müssen, wenn unsere Gerichte nicht dieeigentümliche Praxis übten, eine Krittk, die an dem Vorgeheneiner Beamtenkategorie geübt wird, auf sämtliche Beamtezu beziehen, während"doch die Vorwürfe natürlich nur denchuldigcn Teil treffen sollen. Denn daß alle Schutz-leute ausnahmslos so gehaust haben, wie der leider nochimmer unbekannte und Polizeidien st ausübendeHandabhacker und seine Kumpane, hat natürlich kein Menschje weder behaupten können noch behaupten wollen!Immerhin: die Breslaucr Polizeitatcn sind abermalsabgeurteilt!_Graf Lynar,der hochgeborene Sittlichkeitsverbrecher, befindet sich feit kurzemauf der Strafanstalt in S i e g b u r g bei Bonn. Der Bonner„Deutschen ReichSzeitung" wird nun von dort geschrieben:„Seiteinigen Tagen beherbergt bekanntlich unser Gefängnis den GrafenLyiiar, der wegen sittlicher Verfehlungen eine zehnmonatigeGefängnisstrafe zu verbüßen hat. Das allgemeine„on Sit" weißüber die Lebensweise des Grafen allerlei Einzelheiten zuberichten, so zum Beispiel, daß er eigene Beköstigung habe,für die er einem Siegburger Hotel pro Tag drei Mark zahle. ESsei ihm ferner gestattet, eigene Kleidüng zu tragen,Zigarren zu rauchen und was dergleichen Äer-günstigungen mehr sind. Eine Verantwortung für dieRichtigkeit dieser Angaben kann selbstverständlich nicht übernommenwerden."Die Mitteilungen werden wohl stimmen. Es wäre doch nicht daserstemal, daß man in preußischen Gefängnissen sozialdemokratischeRedakteure wie Verbrecher, hochgeborene Schandbuben aber wieGentlemen behandelt._Ein Vorstoß gegen wahrheitsgetrene Fabrik-»nspektionsberichte.In den Jahresberichten der sächsischen Gewerbe-a u f s i ch t s b e a ni t e n für 1906 ist mehrfach in Mitteilungen ausden einzelnen Bezirken konstatiert worden, daß sich die Wirtschaft»liche Lage der Arbeiter trotz mehrfacher Lohn«erhöhungen nicht gebessert hätte, weil die Lohn-zulagen durch die Lebeiismittelverteuerimg wieder aufgewogenworden wären. Das paßte dem nationalliberalenAbgeordneten Merkel, einem Textilinduftricllen aus demVogtlande, nicht in den Kram. Als nun am Montag inder Zweiten Kammer des sächsischen Landtages dasKapitel Gewerbeaufsicht zur Beratung stand, legte er gegendie Inspektoren wegen ihrer zutreffenden Beurteilung der Arbeiter-läge los. WaS die Fabrikiiispektoren da feststellen wollten, sei im-zutreffend, die Löhne seien mehr gestiegen als die Lebensmittel-preise? die Regierung solle solche unzutreffenden Urteile in denFabrikinspektionSberichien in Zukunft verhindern. Selbst derSozialdemokrat Calw er habe nachgewiesen, daß sich diewirtschaftliche Lage der Arbeiter verbessert habe, und da kommendie Gewcrbeaufsichtöbeamten mit unerwiesenen Behauptungen, diedas Gegenteil besagten. Natürlich wurde dieser industrielleHeißsporn von bürgerlicher Seite unterstützt. So forderte dernationalliberale Fabrikant Lang Hammer und andere, daß sich dieGewerbeaussichtsbeamten erst im Kontor anmeldensollten, ehe sie behufs einer Revision die Fabrikräume betreten.Wieder andere beschwerten sich über zu scharfe Vorschriftenüber Schutzvorrichtungen. Kläranlagen usw.Die Regierung hat diese Wünsche eilends wenigstens zum Teilbewilligt. Der Ministerialdirektor Roscher teilte mit, es sei bereitsAnweisung an die Fabrikinspektoren ergangen, daß die An-ordnungeii immer in einem angemessenen Verhältniszum Nutzen und der Leistungsfähigkeit des Be-triebes stehen müßten. Derartige Verordnungen sind wieextra dazu geschaffen, daS bißchen Eifer der sächfiichen Fabrik-inspektion, zweckmäßige Schutzvorrichtungen durchzuführen, zu er-sticken.Unter den gekennzeichneten Umständen mußte die Nede des Ge-nosien G o l d st e i n mehr eine Verteidigung der Fabritinspektorenwerden. Er wies darauf hin, daß es angesichts solcher Angriffe,wie sie die Industrielle» gegen die Fabrikinspektoren gerichtet hätten.nötig sei, eine Vertretung der Fabrilinspektoren im Landtage selbstzuzulassen. Man soll einen Gewerbeinspektor ernennen und diesendie Sache der Gewerbeaufsichtsbeamten im Landtage selbst führenlassen. Natürlich wies der sozialdemokratische Redner auch die An-griffe Merkels auf die Feststellungen der AufsichlSbeamten über dieLebenshaltung der Arbeiter zurück und illustrierte selbst durch Ziffern,wie es damit tatsächlich bestellt sei. Eingehend befaßte er sich so-dann mit der Tätigkeit der weiblichen Fabrikinspektorin, der Haupt-sächlich die Aufsicht über die Kinderarbeit zugewiesen worden ist.Genosse Goldstein schilderte die Schwierigkeit dieser Aufgabeund legte die Notwendigkeit eines ausreichenden Kinderschutzes ein-gehend dar.Die weitere Debatte drehte sich hauptsächlich um die Lage derArbeiter, die die bürgerlichen Redner beschönigen wollten. GenosseGold st ein schenkte ihnen mehrmals reinen Wein ein und sagteihnen, daß sie sich bei der Besprechung der Jnspekttonsberichte nurvon Unternehmerinteresseu leiten ließen. DaS versetztedie bürgerlichen Herren in eine sehr giftige Stimmung, wodurch sieaber natürlich das Brandmal nicht los wurden, das ihnen GenosseG o l d st e i n aufgedrückt hatte.—Landflucht und Jnnkerparadies.Trotz der härtesten Anstrengungen will es den mecklenburgischen Junkern nicht gelingen, den Landarbeitern plausibel zumachen, daß sie in den halbverfallenen Gutskaten unter deinSchutz« der Polizeigewa?. der„Dienstherren" den Himmel ausErden haben. Wenig ivus i nft eine jetzt erschienene Statistik aus,daß seit dem I--';, cund 200 000 auf dem Lande ge-b o r e n e M c-' e,> u r g c r dem Bereich der Junker, dem plattenLande, Valet geh.- Haber Von diesen 200 000 Abgewanderten sind80 000 nach meckletw. schen S-udien und 120 000 ins Auslandgegangen.Aber auch die e1 rn C: heröeigelstK«, Ausländer, die meistaus Polen zugewanderte» segcnaunien l.'.itter, empfinden schonAbneigung gegen den Dienü bei den Jnnln! Es vergeht fast keinTag, ohne daß auf den Geri.r-.cn d-. mecklenburgischen StädteBerufungen gegen sogenannte ,e.••.uf. jangen" wegen Kontrakt-bruchs verhandelt werden, di.. allerd.gs meist verworfen werden.die aber doch von der wachs- Abneigung selbst der rück-ständigsten Elemente gegen die wirtschaftliche wie politische Stcl-lung des mecklenburgischen Landarbeiters sprechendes Zeugnis ab-legen. Besonders grelle Beleuchtung erfahren diese Umständedurch ein Ereignis der allerletzten Zeit. In einer der letzten Nächtesind auf dem Gute Groß-Wclzien bei Lützow sämtlicheTagelöhner, und zwar zweiundzwanzig an der Zahl, mitSack und Pack regelrecht desertiert. Die Junkerschmocks der Amts-blattpresse verkünden triumphierend, daß die Leute wieder„ding-fest" gemacht seien. Wird aber nicht viel nützen. Eö macht sichinsbesondere in diesem Frühjahr eine starke Abwanderung derlandwirtschaftlichen Saisonarbeiter nach Dänemark bemerkbar,wo sie bedeutend bessere Verhältnisse vorfinden, als in Deutsch-land im allgemeinen und in Mecklenburg im besonderen. Erstletzthin ist dem dänischen Landtag ein Gesetzentwurf eingebracht.der den Zweck hat, die ausländischen Saisonarbeiter in rechtlicher,materieller und gesundheitlicher Hinsicht zu schützen.Es wird also auf die Dauer nicht genügen, daß die mecklen-burgischen Junker ihre entlaufenen Arbeiter wieder einfangen,sie werden wohl oder übel andere Saiten aufziehen müssen. Mitdem Geschrei von der Leutenot ist es nicht getan.Ei» Kompromiß des Zentrums mit den Blockparteienscheint sich für die bevorstehenden Landtagswahlen in Solingenanbahnen zu wollen. Der dortige ultramontane»BelgischeVolksfreund" schreibt nämlich:„Man braucht kein großer Prophet zu sein, um sagen zudürfen, daß die Sozialdemokratie eine bedeutend stärkere Anzahlvon Wahlmännern als 1903 stellen wird. Sollte eS dahin kommen,daß die Blockliberalen ihre Mandate nur mitHülfe der Zentrum Swahlmänner behauptenkönnen, dann gäbe das wahrlich ein Schauspiel für Götter undwäre eines heißen Wahlkampfes wohl wert."DaS beweist, daß das Zentrum in Solingen nicht abgeneigt ist.der Welt dieses„Schauspiel für Götter" zu bereiten und seine Wahl-männer fiir den Blockkandidaten stimmen zu lassen. In einer späterenNummer schreibt das ultramontane Blatt dann noch:.Die Zentrumsorganisation als solche hat den Gedanken anein Bündnis mit den„Genossen" noch in keiner Weise behandeltund wird es auch wohl bleiben lassen."Dagegen hat das Zentrum gegen ein Bündnis mit den Block-leuten, den Feinden des allgemeinen, gleichen, geheimen unddirekten Wahlrechts nichts einzuwenden. Schöne Seelen finden sich I—Feudale und Regierung gegen die Volksvertretung.Darmstadt, 31. März. Die Erste hessische Kammer lehnteden von der Zweiten Kammer einsttmmig angenommenen An-trag Haas uiid Genossen, in dem die Regierung ersucht wird, imBundesrat dahin zu wirken, daß die im Großherzogtum Hessengewährleistete Vereins- und Versanimlungsfreiheitdurch das ReichSvercinSgesetz nicht beeinträchtigtund verkümmert werde, einstimmig ab. Der Staats-minister sprach der Ersten Kammer für ihre der Regierung ge-währte Unterstützung seinen Dank aus.Darauf gaben Redner aller Parteien in der Zweiten Kammerihrem Bedauern darüber Ausdruck, daß der StaatSministersich in bewußten Gegensatz zu dem einstimmigen Beschluß dereiten Kammer gestellt habe._Ter mecklenburgische„Landtag" und die Arbeiter.Zu den schlechtestbezahlten Arbeitern der beiden Mecklenburgzählen die Eiscnbahnarbeiter. Die im festen Monatslohn