Nr.W. 25. Jahrgang.1. KeilU des Jonöirts" Krlim WksdlRMitwch> 15. April 1908.Die Vereinbarung Ober die Iflaifelerund die Gewerhfcbaften.In einer Konferenz von Berliner Zahlstellenvertretern der CBewerkschaften wurde über die zwischen Generalkommission und Partei.vorstand getroffene Vereinbarung zur Regelung der Maidemonstrationverhandelt. Arbeitersekretär Ritter hielt das Referat. Er hobhervor, daff es sich bei der Angelegenheit nicht um eine prinzipielleAuseinandersetzung, sondern um eine Zweckmäßigkeitsfrage handle,und gab dann eine Uebersicht über die EntWickelung der Maifeier-frage und die Beschlüsse, die von den Parteitagen und Gewerkschafts-kongressen gefaßt wurden, bis schließlich die deutsche Delegationdes internationalen Kongresses in Stuttgart dem Partei-vorstand und der Generalkommission anheimgab, die Fragegemeinsam zu regeln. Die Vereinbarung, die zwischen diesenKörperschaften getroffen und den Kartellen in einem Rund-schreiben vom 7. März mitgeteilt wurde, hielt der Redner nichtfür zloeckmäßig. Auch meinte der Redner, daß, wenn die Sache indieser Weise geregelt werden sollte, man die Kartelle um ihreMeinung befragt haben müßte. Generalkommission und Partei-vorstand hätten nicht das Recht, so ohne weiteres zu verfügen, wasdie Kartelle hier tun sollten, und es dränge sich die Frage auf, obden Kartellen nicht eine direkte Vertretung auf den Gewerkschafts-kongressen gesichert werden müsse. Daß nach der Vereinbarung zurUnterstützung der Maigematz regelten ein Fonds durch Saminlungenund freiwillige Beiträge aufgebracht werden solle. hielt derRedner für besonders unzweckmäßig. In den Zentralverbändenhabe man das Sammelwesen glücklicherweise so ziemlichüberwunden, hier aber wolle man es von neuem einführen.Auch daß die Unterstützung erst von der zweiten Woche abgezahlt werden sollte, sei nicht zu empfehlen. Zentralvorständevon Gewerkschaften, die jetzt vom zweiten oder dritten Tage ab dieMaiunterstützung zahlten, würden vielleicht danach trachten, dieselbeRegelung einzuführen, was der Maidemonstration zum Schaden ge-reichen müßte. Der Redner bezweifelte es, daß durch die Fondsirgendwie ausreichend� Unterstützungsmittel aufgebracht werdenkönnten. Sv Proz. der gewerkschaftlich organisierten Arbeiter ge-hörten ja auch den Wahlvereinen an, und sie müßten doppeltzahlen, wenn man mit einer nennenswerten Summe rechnen wolle.Merkwürdig wäre es auch, daß in der Vereinbarung dasWort„Arbeitsruhe' nicht zu finden fei. Die ganze Sache sei zu-Ungunsten der Kartelle verschoben. Die Mehrheit des Ausschustesder Gewerkschastskommission müffe die Ablehnung der Vereinbarungempfehlen. Für die bevorstehende Maifeier sei es ja so wie so schonzu spät, der Vereinbarung gemäß zu verfahren. Nun könne manwohl sagen, es sei leicht, die Vereinbarung abzulehnen, aber schwer,bessere Vorschläge zu machen. Aber es müßten eben neue Ver-Handlungen stattfinden, und vielleicht könne man die Sache auch soregeln, daß die Unkosten, prozentual in vier Teile geteilt, von denZentralen und den Ortsabteilungen der Partei- und jGewerkschafts-organisation aufgebracht würden.— Der Redner brachte im Namender Mehrheit des Ausschusses folgende Resolution in Vorschlag:Die am 13. April 1903 versammelten Delegierten und Vor-stände der der Berliner Gewerkschaftskommission ongeschloffenenGewerkschaften haben von dem Inhalt der zwischen General-kommission und Parteivorstand getroffenen Vereinbarung betreffenddie zukünftige Gestaltung der Unterstützimgsftage aus Anlaß derMaffeier Kenntnis genommen.Zunächst sprechen die Versammelten ihre Verwunderungdarüber aus, daß beide vorgenannte Instanzen es nicht für nötigbefanden, in einer die Kartelle und örtlichen Parteileitungen sotief berührenden Angelegenheit wenigstens deren Meinung z«hören.In der Sache selbst erblicken die Versammelten in der ge-troffenen Vereinbarung keine Lösung der Angelegenheit, sonderndie Verschiebung auf eine Basis, die es zur Unmöglichkeit macht,die Maifeier in bisheriger Weise zu begehen.Die Berliner Gewerkschaftskommission ist nicht in der Lage,die ihr durch die Vereinbarung auferlegten Verpflichtungen in derPraxis zu erfüllen und mutz es daher ablehnen, die für die dies-malige Maifeier getroffene Vereinbarung als für sich verbindlichzu betrachten; sie eüvartet von Generalkommission und Partei-vorstand die rechtzeitige erneute Aufnahme von Verhandlungenzur Herbeiführung einer allgemein befriedigenden Lösung.Es folgte eine lebhaste Debatte. Glocke, Vertreter der Holz-arbeiter, sprach gegen die Resolution und führte aus, daß, wenn siekleines feuilleton.Arnold Dodel ist am Sonnabend in Zürich nach kurzerKrankheit gestorben. Die Künde wird in der Arbeiterschaft einEcho echter Trauer wecken. Denn Dodel ist für die breiten Massenein Lehrer und Führer zur Erkenntnis gewesen. Kein bloßerGelehrter, der einer reinen Wissenschaft— die es gar nicht gibt—im einsamen Tempel opfert, sondern ein freudiger Milteiler seinesReichtums, ein Volkspädagoge, der die Saat der Wissenschaft aus-streute im Volke, zur Aufklärung und zur Freude der vielen, die esheiß nachLicht verlangt. Dodel war amllö. Oktober 1843 zu Affeltrangenim Kanton Thurgan geboren, war zuerst Schulmeister gewesen underst allmählich zum Studium der Naturwissenschaften gekommen.1870 hatte er dann die akademische Lehrtätigkeit in Zürich auf-genommen, wo er von 1880—1903 als Professor der Botanik wirkte.Dodel drängte, die Ergebnisse der Forschungen konsequent zu ziehen,seine Welt- und Lebensanschauung mit ihnen in Einklang zu setzenund sie offen zu bekennen. Die drängenden Fragen, deren Beant-wortung das dem Kirchenglauben entwachsene Volk verlangte,hat er in mustergültig populärer und kampfeSmntiger Formbehandelt. Vor allem hat die Streitschrift„Moses oderDarwin, die zuerst 1839 und dann in vielen weiteren Auflagenund Uebersetzungen erschien, vielen Tausenden die ersehnte Klarheitgegeben. In zahlreichen anderen volkstümlichen Schriften, die wiedie erste bei Dietz in Stuttgart verlegt wurden, behandelte ersoziale, naturwissenschaftliche und pädagogische Fragen oder bot eranschauliche Schilderungen. Alle diese Schriften, die noch auf langehinaus eine Quelle der Belehrung und genußreichen Studiums seinloerden, sind unter dem Titel„Aus Leben und Wissen-schaff in mehreren Serien gesammelt erschienen.Dodel war einer der frühesten, der sich zu den Konsequenzendes Darwinismus bekannte und mit dem Eifer und dem Mute derlleberzeugung für sie eintrat.„Die neuere Schöpfungsgeschichte",die er 187S erscheinen ließ, legt Zeugnis davon ab. Von seinenwissenschaftlichen Arbeiten find heute noch der große anatomisch-physiologische Atlas der Botanik, und der biologische Atlas derBotanik geschätzte Studienmittel. Wie sich Dodel demEmporringen der neuen-Wissenschaft hingab, so hatte er auch dasHerz und das Verständnis für das Aufsteigen der neuen Klasse, dieberufen ist, der reine Träger aller echten Wissenschaft zu werden.Dodel war Sozialdemokrat. AIS Demokrat fühlte er mit uns undals Wissenschaftler ging er mit uns. In Vorträgen und Artikelntrat er immer lviedcr in lebendige Fühlung mit der Arbeiterschaft,der sein bestes Streben gehörte. Eine rechte Freude war es ihm soauch, der Herausgeber und Biograph des ihm gesinnungsverwandtenBauernphilosophen Konrad Deubler zu werden.Die Dodel näher standen, sind des Lobes voll über seine warmeund schöne Menschlichkeit; unS allen aber war er und wird erbleiben ein Vorbild wahrer Wissenschaftlichkeit und echter Bekennentreue.t angenommen werde, noch immer nicht gesagt sei. was nun gemacht' werden solle. An sich sei es ja berechtigt zu verlangen, daß dieOrganisationen, die die Maifeier stützten, auch über die Regelunggehört würden. Aber die Frage sei dann, ob alle Gewerkschafts-kartelle herzugezogen werden sollten. Das sei jedoch nicht gut mög-lich. Da müßte man vielleicht eine Urabstimmung vornehmen; abereine wirkliche Klärung sei damit auch nicht zu erzielen. Das ein-zige, was möglich, wäre, daß die großen Kartelle mit beraten sollten.Wenn man die Vereinbarung einfach ablehne, müsse man damitrechnen, daß sich die Zentralvorstände bei der llnterstützungs-frage darauf berufen würden. Auf jeden Fall müsse manbeschließen, daß die Maifeier so viel wie nur möglichdurch ArbeitSruhe begangen werde. Man müsse für diesmal, da esja für die strikte Durchführung der Vereinbarung zu spät sei, denGewerkschaften empfehlen, der Gewerkschaftskommlssion die Zahlihrer gemaßregelten Mitglieder bekannt zu geben, damit sie die Sachemit der Parteiorganisation regeln könne.Cohen, Metallarbeiter, erklärte, er könne nur dem einen PaffuSder Resolution zustimmen, daß es diesmal nicht mehr möglich sei,die Vereinbarung durchzuführen. Was sonst noch darin stehe, lehneer entschieden ab. Vielleicht hätte man dafür sorgen können, daß denBerliner Gewerkschaftsvertretern etwas früher Gelegenheit gegebenwürde, über die Vereinbarung zu beraten. Für die nächste Maifeier seienja 12 Monate Zeit, um nähere Aufklärung über die Beschlüsseund ihre Ausführung zu schaffen. Der gute und gesunde Gedanke,der gemäß den Beschlüssen der deutschen Delegation darin Ausdruckfinde, werde die gute Folge haben, daß man allerorts zu einer Mai-feier gelange, die den Machtverhältniffen und finanziellen Kräftender Arbeiterschaft entspricht. Wenn auch das Wort„Arbeitsruhe"nicht in der Vereinbarung stehe, so sei es doch selbstverständlich, daß siesich nur darauf beziehe. Man müsse nicht allein die Resolutionablehnen, sondern auch für eine würdige Maifeier sorgen. DieBerliner Gewerkschaften hätten es wahrhaftig nicht nötig, sich mitden Zentralinstanzen der Arbeiterbewegung in Widerspruch zu setzen.Der Redner empfahl dem Ausschuß, seine Resolution zurückzuziehen.Arbeitersekretär Link sprach ebenfalls entschieden für Ab-lehnung der Resolution. Man könne gar nicht dazu kommen, dieVereinbarung zu verwerfen, ivenn man nicht etwas hineinlege, dasgar nicht darin stehe. Die Vereinbarung entspreche unzweifelhaftden Beschlüssen der deutschen Delegation; ebenso wie es den Partei-tagsbeschlüssen entspreche, daß man sich mit der Maifeier den Ver-Hältnissen anpasse. Er, Redner, sei sicherlich frei von jedemAutoritätsdusel, wenn jedoch nach gründlicher Beratung die Zentral-instanzen diese Regelung vorgeschlagen, so sei es doch nicht an-gebracht, sie einfach zu verwerfen.Gewerkschaftssekretär K ö r st e n äußerte sich im Sinne desReferenten und der Resolution für Ablehnung der Vereinbarung.Seit den fast 20 Jahren, daß die Gewerkschaftskommission bestehe,sei sie nur eine vermittelnde Instanz zwischen den Gewerkschaftengewesen und nun solle ihr eine ausführende Tätigkeit auferlegtwerden. Wenn es sich um eine brennende Frage handelte,dann sei das wohl einmal angängig, nicht aber hierbei einer dauernden Einrichtung. Zur Unterstützung derMaigemaßregelten gehörten ganz andere Summen, als durch dieSammlungen aufgebracht werden könnten. Wenn nun gesammeltwürde, da würden die Mitglieder mit Recht auf Unterstützung pochen.Der Redner führte die Summen an, die seiner Schätzung nach not-wendig wären, um nach den Regeln der Vereinbarung einen Fondszu sammeln. Geiierallommffsion und Parteivorstand hätten ebendie ganze Last den Körperschaften aufgehalst, die nicht bei der Beratungwaren. Die Mehrheit des Ausschusses habe sich keineswegs durchBeschlüsse anderer Gewerkschaftskartelle beeinflussen lassen, sondernsei ganz spontan zu derselben Auffassung gekommen, die Vereinbarungabzulehnen.Rk a s s i n i, Buchdrucker, sprach in gleichem Sinne. Die Gewerk-schaften, sagte er. müßten selbst den Mut haben, die Maifeier würdigzu gestalten. Die Unterstützungsfrage dürfe nicht zu einer Bettel-frage gemacht werden.K u b e, Zimmerer, äußerte sich für die Vereinbarung, die mankeineswegs endgültig beiseite legen dürfe, wenn es auch diesmalnicht mehr möglich sei, sie durchzuführen. Parteivorstand undGeneralkommission seien durchaus legitimiert gewesen, die Verein-barung zu treffen. Befriedigende Regelung der Uuterstützungsfragesei nur möglich, wenn beide Richtungen der Arbeiterorganisation zu-fammenwirkten. Aufgabe der in der Vereinbarung vorgesehenenörtlichen Kommissionen sei es nicht etwa, rücksichtslos und unüber-legt für allgemeine Arbeitsruhe einzutreten, sondern vielmehr gründ-lich zu überlegen, was unter den obwaltenden Umständen möglichsei. Darum sei auch eine örtliche Regelung vorzuziehen.— DerLiedermann über Leibi. Bei der Eröffnung der Sezession hieltLiebermann die Begrüßungsrede. Er sprach über Leibi, das frühereEhrenmitglied der Sezession, dessen Werke den Glanzpunkt der Aus-stellung bilden. Liebermanns Rede warfein prononciertes Programm,eine scharfe Absage an gewisse Leute, die die Künste konnnandierenmöchten, die würdige Antwort eines aufrechten Malers. Die Haupt-fätze lauteten:„Leibis Ruhm brauchen wir nicht mehr zu verkünden:besser als wir es vermöchten loben die Werke ihren Meister. Auchliegt es uns fern, seine Kunst als die allein seligmachende hinstellen z» wollen. Noch weniger sollen wir versuchen, ihn nach-zuahmen. Wtan täte unserem Meister bitteres Unrecht, wie das bi�-weilen immer noch geschieht, wenn man ihn nur als eminent ge-schickten Maler hinstellte. Leibi war nicht nur ein Meistennaler.der sein Metier verstand wie keiner seit den Zeiten van Eycksund Holbeins, er war auch ein eminenter Künstler. Manhat Leibi Mangel an Phantasie vorgeworfen, und freilich,statt Götter und Helden hat er nur einfache Menschen gemalt.Aber gerade in dieser Einfachheit der Naturauffassung, in diesemgänzlichen Verzicht auf die Anekdote, in diesem Sichversenkcn in dieNatur zeigt sich die Tiefe seiner malerifchen Phantasie um soschöner. Wie er die Wange einer jungen Bäuerin malt, oder daSdurchfurchte Gesicht eines Jägers, die schwielige Hand eines Bauern,oder den zarten Teint einer Dame: dazu ist höchste malerischePhantasie erforderlich.Immer noch existiert die irrige Meinung, als ob intime Natur-Nachahmung einen Mangel an Erfindung bedeute. Für uns, die wirden Inhalt in der bildenden Kunst nur insoweit gelten lassen, alser geeignet ist, die Qualitäten des Künstlers zu zeigen, kann die Er-findung nur in der Ausführung beruhen. Alle Malerei basiert ausNachahmung der Natur, der sie ihre Stoffe entlehnt; also nur inder Art, wie die Natur nachgeahmt wird, kann die Kunst beruhen.Was ein jeder Künstler aus der Natur herausholt, macht seineKünstlerschaft aus.... Was aber heißt malerische Phantasie anderesals die Fähigkeit, durch den malerischen Schein das innere Seinauch dem profanen Auge zu offenbaren?Gerade jetzt, wo uns eine allerdings äußerst geschmackvolle, abergreisenhafte Kunst, wie wir sie in den englischen Porträts des acht-zehnten Jahrhunderts gesehen haben, vorbildlich hingestellt wird.haben wir geglaubt, Ihnen in Leibi Werke zeigen zurollen, die ausdem ewigen Jungbrunnen der Nawr geschöpft sind.Vor Leibis Werk will uns scheinen, als ob Talent und Charaktergleichbedeutend seien, und gerade heute, in der Zeit der Kompromisseund des Eklektizismus, sollen wir in Leibi neben dem großenKünstler den aufrechten Mann ehren, der sich von niemand Ge-setze vorschreiben ließ, es fei denn von feiner Kunst; der keinemanderen Ziele nachstrebte als seinem eigenen Ideal. In derBewunderung der Meisterwerke, die unS überkonnnen sind, stehenwir niemand nach, aber es erscheint uns als verderblichster Irrtumder Aefthetik, ein feststehendes Ideal, dem jeder Künstler nachstrebensoll, statuieren zu wollen. Nur voraussetzungsloses Studium der.Natur— die Kunstgeschichte aller Zeitelt lehrt cS— kann zu einer' Renaissance der Kunst führen."Redner empfahl, die ersten drei Abschnitte der Resolution äbzu«lehnen und dem letzten eine andere Fassung zu geben, in demSinne, daß die Gewerkschaftskommission für den kommenden1. Mai die Vereinbarung nicht durchführen könne, aberfür die Zukunft einer weiteren Kommentierung der Vereinbarungentgegensehe.Glocke sprach dann nochmals sehr entschieden gegen die Neso-lution. Von M a s s i n i, meinte Redner, sei zu wünschen, daherin seiner Gewerkschaft mit derselben Entschiedenheit wie hier für dieMaifeier eintrete.(M a s s i n i ruft: Machen lvir!) Daß die Maiunterstützungsmittel durch Santmlungen aufgebracht werden müßten,stehe ja gar nicht in der Vereinbarung, und von Bettel könne nicht dieRede sein. Der Ausschuß habe ja auch gar keinen Fingerzeig inseiner Resolutton gegeben, wie denn die Sache gemacht werden solle.M i e s b a ch, Bildhauer, erklärte, daß die Frage nicht gleichsamdurch ein Konkurrenzverfahren erledigt werden könnte. Diesmalmüsse man die Maifeier wie bisher regeln.Nachdem Ritter in seinem Schlußwort nochmals die Auf«fassung der Ausschuhmehrheit vertreten, und auf die verschiedenenEinwendungen geantwortet hatte, wurde die von ihm vorgelegteResolution mit 84 gegen 45 Stimmen angenommen.Sodann teilte K ö rst e n mit. daß' auf Antrag der Schneiderund unter Mitwirkung ihrer Vertretung Verhandlungen zwischendem Ausschuß der Gewerkschaftskommission und dem Aktions-ausschuß über die Behandlung der Boykottangelegenheiten imAnnoncenteil des„Vorwärts" gepflogen worden sind und daß eineVerständigung erzielt wurde, die darauf hinanslänft, daß, währendDifferenzen vorliegen, im„Vorwärts" Neutralität geübt wird. Imübrigen soll hinsichtlich der Annoncen bei Boykotts noch eine all-gemein befriedigende Regelung getroffen loerden.— Kunze, alsVertreter der Schneider, erklärte, daß die Art und Weise, wie im„Mitteilungsblatt" am 6. Dezember ein Boykott vom 1. Januar abfür aufgehoben erklärt wurde, nicht zu billigen sei. Deswegenhätten sich die Schneider beschwerdesührend an die Gewerkschaftskommission gewandt. Nun sei gesagt worden, dieSchneider hätten die Partei nicht über die Boykottangelegenheitenrechtzeitig Bericht gegeben. Der Vorwurf sei jedoch ganz un-berechtigt. Wiederholt hätten sie sich bereit erklärt, darüber zu be-richten, aber der Aktionsausschuß habe, wie es ja bei den da-nialigen Verhälttttssen erklärlich sei, keine Zeit gehabt, sich mit derSache zu befassen.— Als Vertreter des Aktionsausschusses antworteteWels, daß der Beschluß über die Aufhebung jenes Boykotts nichtzur Veröffentlichung un„Mitteilungsblatt" bestimmt gewesen sei,daß auch nicht die Absicht vorlag, sondern lediglich ein Versehen desRedakteurs. Im übrigen müsse wohl dafür gesorgt werden, daßBoykotts nicht versanden, weil sonst diese Waffe der Arbeiterschaftihre Schärfe einbüße._Polizeikarapfgegen das Candtagswablmbt.Im großen Schwurgerichtssaale begannen am Dienstag vor der1. Strafkammer des Landgerichts I die Verhandlungen gegen 19Angeklagte, die bei den Wahlrechtsdemonstrationen im Januar vonder Polizei festgenommen worden sind.Angeklagt sind: 1. Ingenieur Guido A d l er, 2. MetallarbeiterRichard P a s ch k e, 3. Tischlergeselle Bruno Mermuth,4. Schlossergeselle Otto Ludwig, 5. Arbeiter Johann Krause,0. Schleisenmeister Wilhelm Oden, 7. Monteur Max Binder,8. Tischler Rudolf G a r t h e i s, 9. Bäckergeselle Wilh. N e u g e-bauer, 10. Anstreicher Arthur T h u be, 11. Arbeiter RichardReichel, 12. Metallarbeiter Arthur Jaeckel, 13. MaurerNich. K r e u tzb e r g, 14. Arbeiter Eduard Ludwig, 15. KutscherKarl Kohl. 10. Tischler Hermann P r i e b e, 17. ZuschneiderOtto Vogel, 18. Former Emil Bochmann, 19. DachdeckerHermann M e h r l e i n.Von den Angeklagten ist der erste, Ingenieur Adler, nichterschienen, ebenso fehlt sein Verteidiger, der Justizrat Wr eschner.Die Anklage beschuldigt den Kutscher Kohl: am 10. Januar,die sämtlichen übrigen Angeklagten: am 12. Januar an einer öffenl-lichen Zusammenrottung teilgenommen zu haben, bei welcher eineder in den 113 und 114 bezeichneten Handlungen mit vereintenKräften begangen wurde, bezw. den Anordnungen der Schutzleutenicht Folge geleistet, Widerstand geleistet, bezw. die Polizeibeamtenbeleidigt zu haben.Den Vorsitz im Gerichtshofe führt LandgerichtsdirektorB l a n ck m e i st e r, die Anklage vertritt Staatsanwalt T ö p f f e r.Multatuli als Geschäftsverderber. Einige Leute von der Sortejener Befliffenen, die durch Anbringung von Gedenktafeln und der-gleichen für die Unsterblichkeit bedeutender Männer sorgen zumüffen glauben, haben die Absicht, an dem Hause, das seinerzeitder Verfasser deS„Max Hovelaar" in Brüssel bewohnte, eineGedenkplakette anbringen zu lassei,. Ein Komiteemitglied begab sichzu diesem Zweck zu dem Kaufmann, dem jetzt das HauS gehört undfragte um die Erlaubnis an. Der vorsichtige Kaufmann erkundigtesich vorerst, wer eigentlich der Mann mit dem komischen Namen„Multatuli" sei. Man erklärte ihm: ein Schriftsteller. Aber dieZeiten sind schlecht und„man kann nicht wissen", und so erkundigtesich der biedere Besitzer nach den Werken des berühmten holländischenSchriftstellers, die ihm alsdann das Komiteemitglied zu schickenversprach. Unter diesen befand sich auch Multatulis Buch über dieKolonien.... Als das Komiteemitglied nach kurzem sich die Alst-wort holen kam, fiel sie folgendermaßen aus: Hören Sie, Ver-ehrtester, ich bin Kaufmann und habe mit aller Welt zu tun. Ichhabe keine Lust, mich wegen dieses„Herrn", den ich nicht kenne, indie Kongogeschichten zu mischen!... Und so hat die Angst desschlichten Kaufmanns, der tote holländische Dichter könnte einen dasGeschäft störenden Einfluß auf die Kolonialpolitik Belgiens nehmen,es verhindert, daß, Multatuli" zu seiner Gedenktafel in Brüsselkommt. Was freilich seiner Größe keinen Eintrag tun wird.—Humor und Satire.--Französische Menschlichkeit. Bei dem letzten Blut-bad, das die Franzosen in Marokko anrichteten, konnte nur einkleiner Knabe sein Leben retten. Er war zu den Raubtieren in dieWüste geflüchtet.— Harte Strafe.«Sie haben also drei Jahre Ehrverlust.Wissen Sie, was das heißt?"—„Na?"—„Sie dürfen zum Bei-spiel baö Wahlrecht nicht ausüben."—„Au weh, a Preuß' soll iwcr'n."_(„Simplieissimus".)Notizen.— Theaterchronik. Im Neuen Schauspielhausfinden Donnerstag und Sonnabcno Vorstellungen zu ermäßigtenPreisen statt und zwar„Judith" und„Alt-Heidelderg".— ImNeuen Operetten-Theater führt an den gleichen Tagendas Deutsche Theater„Frühlingserwachen" und„GygeS und seinRing" auf.— Im Hebbel-Theater wird vom 25. April abeine holländische Truppe mit Werken Heijermans' auftreten.— M u s i k ch r o n i k. Im Neuen Schauspielhausbringt am Karfreitag der Mozart- Chor mit den, Mozart-OrchesterHänoels Oratorium„Der Messias" zur Aufführung.— Kunstchronik. Zur Erinnerung an Julius L e s s i n gwird i», Lichthofe des Kunstgewerbemuseums die letztegrößere Veröffentlichung seines langjährigen Leiters: das Tafelwerküber die Gewebesammlung ausgestellt. Die Ausstellung, die drei-hundert Tafeln bildet, ist bis zum 30. April geöffnet.