sich fm Verhalten des allergrößten Teils der bürgerlichenPresse auch bei der gewagtesten Auslegung kein Lichtpunkt ent-decken. Hier und da stammelt ein demokratisches Blatt unterallem Vorbehalt ein schüchternes Wort des Bedenkens ob der Polizei-taten. Im übrigen zeichnen sich gerade Blätter vom Schlage der„Freisinnigen Zeitung" durch ein wüstcA Geschimpfe auf die Wahl-rcchtsdemonstration und ihre Teilnehmer aus.Wie anders 1894! Auch damals gab es eine großeJustizaktion, die sich jedoch nicht gegen die Verprügelten, sonderngegen die Presse richtete. Gegen die Presse sagen wir, weil sichunter den acht Redakteuren, die ein besonderer Trick der Staats-anwaltschaft vor die Brauscwettcrkammer gebracht hatte, nichtweniger als drei Verantwortliche bürgerlicher Blätter be-fanden.Reben Robert Schmidt vom„Vorwärts". Keßler vom„Tcltowcr Voltsblatt", Zach au vom„Sozialdemokrat", Har-n i s ch von den„Atheistischen Lichtstrahlen" und Schütte von der„Allg. Fahrzcitung"(Redakteur Adam vom„Sozialist", nachdem der Prozeß genannt wurde, war flüchtig) saßen Grüttefinund Perl vom„Berliner Tageblatt" und Wißberger vonder„Berliner Zeitung" auf der Anklagebank, weil sie durch die Ber-urteilung des polizistischen Vorgehens gegen die Arbeitslosen diePolizei beleidigt haben sollten. Die meisten der Angeklagten wurdenzu schweren Gefängnisstrafen verurteilt.Sowohl nach dem 18. Januar als auch nach der Gerichts-Verhandlung war, wenn man selbstverständlich von dem damalsschon polizistischen„Lokalanzeigcr" absieht, fast die gesamtePresse sich einig darüber, daß das Erscheinen der Polizei gegeneine wehrlose Menge mit scharfen Worten verdammt werden müsse.Die„Vossische Zeitung" meinte:„Wer eine ungünstige Wirkung des Prozesses herbeiwünschte.könnte sich jeder Besprechung der Verhandlung enthalten. DerBericht wirkt durch sich selb st."Die„Nationalzeitung" schrieb:„Die Auffassung, daß gegen die Teilnehmer der Versamm-lung bereits eingeschritten wurde, als sie sich noch in großer Nähedes Versammlungslokals befanden und nachher sich notwendiger-weise in kompakter Masse vorwärts bewegen mußten, ist kaumüberzeugend widerlegt worden."Und weiter:„Der Gesamteindruck der gerichtlichen Verhandlung enthältausreichenden Anlaß, um wenigstens den Wunsch auszusprechen,daß die Verwechslung von Energie und Brutalität durchalle, auch die untergeordneten Organe des polizeilichen Dienstesnach aller Möglichkeit vorgebeugt werden möge."Die„Kölnische Zeitung" meinte,„daß die Arbeiter sich ganz ruhig verhalten hätten, während diePolizei einen Uebereifer gezeigt habe, für den kein rechterAnlaß borgelegen habe."Oberstleutnant von E g i d h hatte der„Schlacht am Friedrichs-Hain" persönlich beigewohnt. Er schrieb in seinem Blatte„Ver-söhnung" vom 7. Februar 1894, daß er noch nie eine B e-erdigungSversammlung den Kirchhof so ruhig habe ver-lassen sehen, wie hier die Menge sich erhob, um auseinander zugehen und auseinanderging. Weiter heißt es in seiner Schilderung:„Jedermann im Vaterlandc, welcher für sich die Bezeichnung„christlich" oder„religiös" oder„gesittet" oder„vernünftig" oder„gut" oder„anständig" oder„seinfühlend" in Anspruch nimmt,würde, wenn er jene IS oder 20 Minuten mit erlebt hätte, voneinem unsäglichen Schmerz erfüllt sein. Nicht etwaeine ernste Schlachten- oder Gcfechtsszene war eL, nein, das sindwillkommene Momente gegenüber dem Eindruck, der sich hier deSempfindenden Menschen bemächtigte... Ich glaube, daß seltendie feindselige Erregung der deutschen Soldaten inFrankreich(1870) einen so hohen Grad erreichte, wie ersich bei den einschreitenden Schutzleuten teilweise offenbarte."�Als Herr v. Egidh dann als Zeuge vor Gericht auftrat und derVorsitzende etwas von Ausschmückung sprach, verwahrte der Oberst.leutnant sich mit aller Entschiedenheit dagegen, nicht jedes Wort inseiner Schilderung mit peinlicher Sorgsalt geschrieben zuhaben.Selbst ein so„staatserhaltendes" Blatt, wie der christlich-konser-vative ,. R e i ch s b o t e" schrieb damals, daß das scharfe Vorgehender Polizei dem ruhigen Charakter der Volksmasse nicht entsprochenhabe.Es war damals in der bürgerlichen Journalistik noch mehrMannhaftigkeit vorhanden. Man kannte noch keinenBlock, an den die liberale Presse mit Händen und Füßen ge-fesselt war._Die neue form der idchMchen Glahl-entrechtung.Zwischen der nationalliberalen und konservativenFraktion des sächsischen Landtags ist bekanntlich ein Kom-kulturpolitische Glossen.Christus in Berlin.Alljährlich, wenn der Tag seiner Leiden wiederkehrt, da er amKreuze in Qualen verging und Mörder seine Todesgenossen waren.kommt Christus wieder zur Erde. Mit forschendem Blick in dentiefliegenden Augen und mildem Lächeln um die traurigen, schmerz-lich bewegten Mundwinkel sucht er. ob er nicht wenigstens einMenschenherz fände, an dem das Werk der Erlösung sich vollzogenhätte, das Friede und Freude genösse.Und diesmal kam er nach Berlin.Da spürte er im Herz solch freudig Rühren und ging dem nach.Seiu Weg führte ihn in die Behausung eines PolizeiwachlmeisterS.Das Herz dieses Mannes pochte in stolzer Freude so heftig, daß dieFensterscheiben zitterten.„Mein Freund, welches Glück bewegt Dich und welches Heilhast Du Deinen Nächsten zu verkünden!" Also redete ihn der Ge-kreuzigte an.„Ich habe einen Mörder gefangen,' antwortete jener,«und ihnden Nichtern überliefert."Da wurde Christus nachdenklich.„Was," frug er.«werdet Ihr Menschenkinder mit dem Mörderbeginnen?'„Wir werden ihn anklagen.' antwortete der freudig erregteMensch.„Glaubst Du,' versetzte der Erlöser mit Bitterkeit(denn er ge«dachte der Mörder, die neben ihm die Todesqual litten, und seineeigenen Wunden schmerzten ihn)„glaubst Du. daß es der Mordeweniger wird, wenn man die Mörder mordet!'„Er war ein Scheusal, er war wie ein reißendes Tier, und ichhabe ihn zur Strecke gebracht.„Weh I"— seufzte der Erlöser.—„Wenn der Wolf das Lammwegträgt, hinterläßt er eine blutige Spur, dem dampfenden Blutefolgt die Tigerin und zerreißt den Wolf samt seinem Opfer. Dudauerst mich. Freund, denn Du bist das armseligste aller Geschöpfe.Denn Du wirst vom Blute Deiner Mitmenschen groß, und ihreTräne» ernähren Deine Freude.'promiß abgeschlossen worden, wonach ein reines Plnral-Wahlrecht mit 3 Z u s ch l a g s st i m m e n zur Einführunggelangen soll, und zwar sollen die Mehrstimmcn gewährtwerden: 1. Alter und Grundbesitz, 2. Selbständigkeit, 3. Steucrleistung und Bildung.Welche Momente für die Stimmenzuteilung sonst maß-gebend sein sollen, darüber ist zwar noch nichts verratenworden, es ist aber sicher anzunehmen, daß hierfür diefrüheren Beschlüsse der Wahlrcchtsdeputation wenigstens vor-läufig maßgebend sein sollen. Danach soll eine Altersstimmajeder Wähler erhalten, der 45 Jahre alt ist. S e l b st ä n d i gist jeder, der einen Gehülfen beschäftigt. AlsSteuergrenze soll 1900 M. Einkommen gelten. Der Nachweisder Bildung endlich soll durch das Einjährigenzeugnis bei-gebracht werden.Dieses Pluralwahlrecht hat bisher die Zustimmung derRegierung noch nicht gefunden? diese hängt noch iinmer anihren Reformen, die sie in Gestalt von Kommunalvertreternfordert. Ein Pluralwahlrccht mit drei Zuschlagsstimmenbietet dem Grafen Hohenthal noch keine ausreichende Garantiegegen eine„Ueborflutung derZweitcn Kammermit staatsfeindlichen Elemente n". Gleichzeitigaber wird in einem offiziösen Artikel des„Chemnitzer Tage-blattcs" mitgeteilt, eine, offenbar von der Regierung ange-stellte, Wahrscheinlichkeitsberechnung habe ergeben, daß sichbei Einführung des oben skizzierten Pluralwahlsystems dasVerhältnis der sozialdemokratischen zu den bürgerlichenStimmen wie 1: 2 gestalten werde. Das heißt mit anderenWorten, es würden dabei doppelt so viel bürger-Ii che wie sozialdemokratische Stimmen heraus-kommen!Bei den letzten Landtagswahlen erzielte die sächsischeSozialdeniokratie unter dem jetzigen Dreiklassen-Wahlrecht insgesamt 144 212 Stimmen, die Gegner 164 800Stimmen, es entfielen somit auf 100 abgegebene Stimmen46,7 sozialdemokratische. Bei einem anderen Wahlsystemwäre allerdings eine stärkere Wahlbeteiligungauf sozialdemokratischer Seite wahrscheinlich gewesen. Eswürde sich das Verhältnis der sozialdemokratischen zu denbürgerlichen Wählern also ungefähr wie 1: 1 gestalten. Eswürde sich somit, wenn das Pluralwahlsystem ein Verhältnisder bürgerlichen zu den sozialdemokratischen Stimmen von2: 1 herbeiführt, als Folge der plutokratischen Wirkung destluralwahlrechts eine Verdoppelung des gegnerischentimmengcwichtes bei den Landtagswahlen ergeben. Be-trachtet man nun die Wahlergebnisse in den einzelnenWahlkreisen, so ergibt sich, daß für die Sozialdemo-kratie nur in den Wahlkreisen eine Aussicht aufErfolg besteht, wo sie 70 und mehr Prozent der abgegebenenStimmen hat. Es würden z. B. im 23. ländlichen Wahlkreise,wo wir nach der amtlichen Statistik 3033, die Gegner abernur 2021 Stimmen erhielten, wo wir also 60,1 Proz. der ab-gegebenen Stimmen errangen, unter den obenerwähnten Vor-aussetzungen bei einer Wahl unter dem Pluralwahlrecht 4092gegnerische 3933 sozialdemokratischen Stimmen gegenüber-stehen.Man sieht also, cS würden uns noch Wahlkreise verlorengehen, wo wir 66 Proz. der Stimmen aufbrächten! Mitanderen Worten: Wir haben nur in den Wahlkreisen Aus-ficht auf Erfolg, wo wir mehr als 70 Proz. allerabgegebenen Stimmen haben. Das ist aber inSachsen nur in 5 5treisen der Fall. Somit würden wir imgünstigsten Fall nur auf 5 Vertreter von 82 rechnen können!Es spricht aber vieles dafür, daß sich das Verhältniszwischen sozialdemokratischen und bürgerlichen Stimmennoch ungünstiger gestaltet als 1: 2. Denn die Wahl-rechtsmacher werden noch alles aufbieten, um den Ausspruchdes konservativen Führers Edler v. Ouerfurth in der Wahl-rechtsdeputation zur Wahrheit zu machen: Plural-stimmen dürfen möglichst nur solche Wählererhalten, die für die Ordnungsparteien zuhaben sind. Verwirklicht man beim Pluralwahlrechtdiesen Grundsatz noch mehr als bisher, so wird die jetzigesozialdemokratische Mehrheit in allen Kreisen durch dasUebergewicht bürgerlicher Pluralstimmen erdrückt werden.Dann bliebe die Sozialdemokratie ohne jede Vor-tretung, dann wäre die Entrechtung der Wähler nochschlimmer, als dies jetzt der Fall ist, wo wirnoch die Möglichkeit haben, in zwei Wahlkreisen durch-zudringen.Diese kurze Betrachtung ergibt, welcher Art die sächsischeWahlrechtsflickerei ist. Sie ist durch und durch reaktionär!„Ihr irrt Euch, Herr!' antwortete der andere verdrießlich.„Man sieht, Ihr kennt nicht den Lauf der Zeiten. Das Handwerkder Häscher ist nicht mehr verachtet wie früher; uns ehren dieFürsten und die Menge preist unS; in Büchern und Zeitungenwerden unsere Taten verherrlicht, denn eS ist nicht jeder so einfältig— verzeiht. Herr!— daß er sich selbst den Häschern ausliefert, undum einen modernen Verbrecher abzufangen, braucht eS vielUeberlegung.Zum Beispiel, um diesen Mörder zu überführen, steckte ich michhinter seine Frau. Sie lag im Krankenhause. Ich ließ ihr, ohnedaß sie wußte, um was eS sich handelt, die Schürze zeigen, in derdie Leichenteile des Ermordeten eingewickelt waren. Die krankeFrau erkannte ihr Eigenüun und lieferte uns dadurch den Kopfihres Mannes aus."„Warum aber sagtest Du nicht erst der armen Frau, daß eSsich um Leben und Tod ihres ManneS handelt, um sie nachherzu fragen?" versetzte ChristuS streng.Da lachte der andere auf:„Wenn aber die Frau ihren Mann liebt, glaubt Ihr, sie würdeihn dann verraten? Ihr wäret mir ein schöner Detektiv I SherlockHolmes handelte anders!"„Wenn aber die Frau ihren Mann liebt, welche Qual für sie,den Mann als Mörder und sich selbst als die Mörderin ihresManneS zu wissen?"Nach einer Weile setzte der Nazarener fort:„Du kalter Mörder, der Du hinterlistig den Dolch'zückst, umeiner menschlichen Seele einen nie heilenden Stich zu versetzen, der,wie die Frau zur Todesverräterin ihres Manne?, bereit ist. dasKind zum Henker seiner Eltern zu machen." warum sprichst Du nurimmer vom St ö r d e r und sagst mir nichts vom Mord? DennIhr seid in dieser Stadt viele Tausende von Tausenden Menschen;wie war eS, haß Ihr ein Kind nicht habt schützen können?„Herr, es war ein vagierender Junge, der wie ein herrenloserHund in den Straßen sich herumtrieb— wer sollte da aufpassen?wo sollte man ihm überall nachfolgen'?"„Warum aber irrte er herum? Sind doch andere Kinder da, diein diesem Alter in die Sckule gehen, genährt und gepflegt werden!"„O du lieber Himmel. Weil eS halt Kinder von r e i ch e nLeuten find J Diesem aber wurde kein Kapital in die Wiege gelegt.Und Graf Hohenthal erklärt, daß er ein solches Wahlsystemnoch für keinen ausreichenden Schutz gegen die„sozialdcmo-kratische Ucbcrflutung" halte!Gin kommunales Panama.Schon vor einiger Zeit zierten die Spalten der Rcichslügcn-Verbandspresse Notizen im Depeschenstil:Offrnbach. Die Staatsanwaltschaft leitete... gegen dieOffenbacher sozialdemolratische Stadtverwaltung wegen derunaufgeklärten Defizite in der Stadtkasse das Strafcrmittclungs-Verfahren ein."Und seitdem tauchten mehrfach in der konservativen Amtsblair-und Winkelpresse Schaudermären über„sozialdemokratische Miß-Wirtschaft, Korruption in Stadtverwaltungen mit sozialdemokro-tischer Leitung" usw. auf. Gegenwärtig macht folgende„Depesche"die Runde in der gegnerischen Presse:Korruption in einer Stadtverwaltung.Darmstadt, 14. April. Die Unterschlagungsaffärc der sozial-demokratischen Stadtverwaltung, in Osfenbach zieht immer weitereKreise. Nunmehr ist auch gegen vier weitere sozialdemokratischeStadtbeamte Untersuchung wegen Beiseiteschaffung von städtischenGeldern eingeleitet. Eine weitere Verhaftung ist gestern erfolgt.Soweit die Sozialdemokratie damit in Verbindung gebrachtwird, ist an der ganzen Geschichte kein wahresWort. Die Sache liegt vielmehr folgendermaßen:In Offcnbach herrschte 24 Jahre lang ein Oberbürgermeisternamens Brink: ein Autokrat, Arbeiterfeind u>d Sozialistenfresser. Als seine Amtszeit zu Ende war, wählte rhu die sozial-demokratische Mehrheit nicht wieder. Ter nationale Klüngelschäumte in ohnmächtiger Wut. Er veranstaltete B r t n k feiern mitFackelzug, Serenaden und Illumination. Sein Nachfolger, derlinksliberale Dr. Düllo- Königsberg wurde von der-selben Clique des Liebäugelns mit der Sozialdemokratie verdächtigt,bespitzelt und ihm auf alle Weise die Amtsführung erschwert.Aehnlich erging es dem Direktor deS Gaswerks König. TerMann hatte in übertriebenem Ehrgeiz sich mehr Arbeit aufgeladenals er überschauen und bewältigen konnte. Sein Bestreben, billigzu bauen, dabei das Neueste und Praktischste herzustellen, obendreingeringe Herstellungskosten für das Gas zu erzielen, führte ihn anden Abgrund. Um das Gas zu„strecken" entnähme er heimlicleinem anderen Unternehmen Druckluft und führte cö demGase zu. Nebenher beging er gewaltige Ucberschreitungcn beimBau deS Gaswerts. Zur selben Stunde als das Stadwcrordnctcn-kollegium seine Verfehlungen erörterte, erschoß er sich.Inzwischen waren die Ergänzungswahlen zum Stadtparlamcnt.Das Bürgertum bemühte sich in heißem Ringen, der Sozialdemo-kratie die Mehrheit im Kollegium zu entreißen. Die Aussichtendazu waren gering. Da tauchten plötzlich— zwei Tage vor derWahl!— Nachrichten auf. wonach der Bürgermeister Dr. Düllo500000 Mark Aktien der Kaiser Hof. Gesellschaftals Faustpfand genommen haben sollte. Es handelte sich um eiurgewagte Transaktion mit dem berüchtigten Spekulanten Eber-dach durch Vermittelung des Bankiers Wölfs, der unter Ober-bürgermeister Brink schon Anlegung von Geldern vermittelt hatte.Die Nachricht erwies sich als wahr. Darauf stürzte sich der na-tionale Klüngel. Die SOOOOO Mark wurden als direkt verlorenhingestellt, die Bevölkerung in ungeheure Erregung versetzt— dieSozialdemokratie unterlag bei der Wahl. Nunversuchte der Klüngel Dr. Düllo zu stürzen. Im selben Atemzug.in dem ihr Organ, die„Ofsenbacher Zeitung", den Selbstmord dc-Direktors König meldete, versuchten sie dem Bürgermeister denRevolver in die Hand zu drücken!Da wendete sich das Blättchen. Schon Ende August 1907 warein Obcrstadtsekretär Schmidt gestorben, der in seiner Kasse rinManko von 4500 Mark„hinterließ". Auf Änlaß von Dr. Dülloveranstaltete die ObcrrechnungSkainmcr in Darmstadt eine Unter-suchung und stieß dabei auf Unregelmäßigkeiten bei dem Stadt-rcchner Grcbe sen. Er gab 18000 Mark als fehlend zu.an: anderen Tage brachte er das Geld: EL hätte sich in einem altenJackett„gefunden". Tarauf schickte man den Mann, der nochnie Urlaub genommen hatte, zwangsweise in dieFerien und rechnete weiter nach. Nach und nach wurden uu-geheuerliche Unterschlagungen in Höhe von etwa 57 000 Mark ent-deckt, die um 24 Jahre zurückreichen. Der alte Grebewurde verhaftet. Ihm folgte sein ältester Sohn, der mit demAlten Hand in Hand gearbeitet hatte, da er in derselben Verwaltungals Oberbuchhalter beschäftigt war. Der Froschteich der BrinkschcuWirtschast war einmal in Bewegung geraten, ein dritter Beamterwurde wegen Unterschlagung verhaftet, mehrere andere erschienenschwer kompromittiert.Die vierte Verhaftung, die deS 35jährigen BuchhaltersE. Dammel, der an der Schlamperei beteiligt ist, erfolgte in diesenTagen. Sie war der Anlaß zu der Schwindcldepesche.Er mußte arbeiten, um sein Leben zu fristen. Und als er feineStellung verlor, konnte er weder Nahrung noch Obdach finden.Darum zog cr von Spelunke zu Spelunke— da kannte er sichmeisterhast aus."„Ich weiß", sprach der Heiland,„aufgewachsen im Straßenkot.verluinpl und verdorben, die willenlose Beute seiner erwachendenTriebe, so irrte dieser Knabe mit hungrigen und sehnsüchtigenAugen im Staub, den die Prachtkarossen des aufdringlichen Wohl-lcbenö der Reichen anflvirbelten und atniete seine Gifte ein. Undim Stimmengewirr der großen Stadt war für ihn kein einzigerzarter Laut, keine Mutterstimme, um die wirren Sinne zu klärenund zu sänstigen. und es fand sich im Menschenmeer keine hülfreicheHand, die ihm Nahrung bot, keine?"„Nein... Oder doch! Einer gab ihm Nahrung und bot ihmSchutz an.'„Nun— und?'„ES war der Mann, der ihn erschlagen hat.'Da verbarg ChristuS sein Gesicht in den zuckenden, fieberndenHänden und sprach voll Wehmut:„Was Ihr getan habt einem unter diesen meinen geringstenBrüdern, das habt Ihr mir getan."Ist es denn wirklich notwendig, daß das Großstadtelend in derGestalt einer zerstückelten Leiche vor unsere Augen trete, um zuunserem Bewußtsein zu gelangen? Sehen wir cS dennnicht Tag für Tag und auf jedem Schritt in wenigerblutigen, dafür aber massenhaften Formen vor uns? Armut.Siechtum und Laster l Ich frage die Proletariereltern:Wißt Ihr. was aus Euren Kindern wird? Wißt Ihr daö sicher?Hat das Euch noch nie herzbeklemmende Sorge bereitet? Hat dieAussicht auk die Zukunft Eurer Kinder noch nie Euer eigenes, knappe»Glück getrübt? Und wie habt Ihr vorgebeugt? Was habt Ihrgetan? Was könnt Ihr tu»? Ihr schleppt Eure Lebenslast, IhrMühseligen und Beladenen, und seid froh, wenn eS einmalzu Ende ist. Und Ihr zittert um das bißchen Leben, so langeIhr lebt!Proletariereltem! Hat man Euch schon um Euer eigenes Lebenbetrogen, so seht zu. daß Ihr nicht selbst Euere Kinder um eurebessere Zukunft betrügt. Lsrvus.