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DerWahre Jakob" zu«itzflchtig für He Amerikaner. . Aus St. Louis wird berichtet, daß die dortige Postbebörde sich weigerte, Nr. 565 desWahren Jakob", datiert vom 17. März, zu befördern, weil diese Nummer die Sittlichkeit der Amerikaner gefährde. DieArbeiter-Zeitung " von«t. Louis erhielt diesen Be- scheid, als sie ihren Abonnenten denWahren Jakob" per Post zu- senden wollte. DieArbeiter-Zeitung " bemerkt dazu: Auf näheres Ausfragen wurde uns der Bescheid, daß Post- Meister Wyman das kleine Bildchen auf Seite 5739, betiteltDer Reichsdukaten macher" für unanständig halte. Die betreffende kleine Illustration stellt den Reichskanzler von Bülow tiefsitzend dar, hinter seinemnaturbcdrängt" dasitzenden Reichsschatzsekretär und läßt Bülow den Ausspruch tun:Ich bin doch neugierig, ob der neue Reichs schatzsekretär mehr kann als der alte!" Nun, wir wollten nicht als Kunstkritiker auftreten, nachdem Postmeister Wyman sein Urteil abgegeben hat. Ein amerikanischer Postmeister muß alles sein: Spezereihändler, Moralpolizist, Kunstkritiker usw. Hat er sein Urteil gefällt dann schweigen alle Flöten! Also schweigen auch wir! Wer seinen durch dieArbeiter-Zeitung " bestelltenWahren Jakob" haben will, der sende uns 19 Cents, und wir werden Nr. 565 per Expreß(Privatpost) zusenden. Als wir des Postmeisters Assistenten aufmerksam machten, daß Der Wahre Jakob" 259 609 Abonnenten habe und daß selbst in Preutzen-Deutschland nichts Unmoralisches an dem Blatte wahr- genommen wird, erhielte» wir zur Antwort: Die Karikatur mag in Deutschland oder für deutsche Leser nichts Anstößiges haben, aber sie kommt auch Leuten zu Gesicht, die nicht deutsch verstehen. Zudem: wenn wir ausländischen Zeitungen derartiges durchgehen lassen, dann gehen hiesige Zeitungen noch einen Schritt weiter." Wir legten gegen die Entscheidung des St. Louiser Postmeisters Berufung an das Gcneralpostamt in Washington ein und erhielten unterm 6. April eine Abschrift der folgenden Entscheidung des Hülfs- Generalanwalts des Postdepartements: Washington , 4. April 1908. Postmeister, St. Louis , Mo. Mein Herr! In Beantwortung Ihrer Zuschrift vom 39. März sei Ihnen hiermit mitgeteilt, daß die ausländische ZeitschriftDer Wahre Jakob", wovon Sie ein Exemplar unterbreitet, obszön(indezent) ist, und Sie sich deshalb weigern sollten, Exemplare von der be» treffenden Ausaabe zu befördern. Achtungsvollst R. P. Goodwin, Assistent Attorney General." Zum Schlüsse gibt Genosse Höhn, der Redakteur der«Arbeiter- Zeitung ", den Rat: Möge der sündhafte Künstler im Schwabenlandc künftig den St. Louiser Moralkodex studieren, ehe er seinen Reichskanzler wieder bildlich darstellt, und möge er jenen anstößigen, unaussprechlichen Porzellantopf deS deutschen Reichsschadsekretärs in eine Entfernung rücken, wo ihn unser herzensguter St. Louiser Postmeister nicht mehr zu Gesicht bekommt. Um wirkliche Moral und Anstand zu erlernen, sollte der Schwabenkünstler nach St. Louis kommen nach der Metropole bei der Missourimündung, wo jedes Stadtratsmitglied die personi- (ijiierte Tugend, und jeder andere Politiker, vom öffentlichen Hunde- anger bis zum Postmeister, in engelreincr Moraltracht einhcrgeht. lnd das sollten sich die schwäbischen ZeiwngSmsnschen künftig merken! Ihr kennt St. Louis noch lange nicht noch lange nicht I* Ter schweizerische sozialdemokratische Parteitag findet nach einem Beschlüsse des Parteikomitees, das an den Ostertagen in Biel eine Sitzung abgehalten hat, un November in Llten statt. Sozialistische Wahlersolgr. Bei den jüngsten Gemeindewahlen in M i l w a u k c« im Staate Wisconsin haben die Sozialdemokraten wieder gute Fortschritte ge- macht. In keiner Stadt in den Vereinigten Staaten hatte die Partei so viele Vertreter im Stadtrat, als in Milwaukee. Diese Zahl hat sich jetzt wieder um drei vermehrt, so daß 15 Sozialdemo- kraten neben 27 Demokraten und 11 Republikanern im Stadtrat sitzen. Tie Stimmenzahl hat sich seit der letzten Wahl vor zwei Jahren um 4981 für den Bürgcrmeistertandidaten der Partei erhöht und beträgt jetzt 29867. Auch zwei Friedensrichter erwählte die Partei. Die Genossen sind sehr hoffnungsvoll und erklären, die völlige Eroberung Milwaukees. wo übrigens die Zahl der Deutschen sehr groß ist, sei nur noch eine Frage kurzer Zeit. polireUicbeo, ßcrichtlichcs uftv. Strafkonto der Presse. WegenBeleidigung" deS ehemaligen anhaltischen StaatsministerS v. Äoseritz und der 3. Strafkammer in zwei Fällen wurde der Genosse Linnewebcr vomVolksblatt für Anhalt" zu Dessau zu einer Gcsamtgeldstrafe von 1299 M. verurteilt. Der Mitangeklagte Redakteur Zweck vomAnhalter Kurier" war wegen Krankheit nicht erschienen. Die Verhandlung gegen ihn wurde vertagt._ Gewcrhrcbaftlicbee» Terrorismusschwindel als Reklame. In der schwäbischen Stadt Kempten wurde vor einiger Zeit eine Wach- und Schließgesellschaft gegründet, die absolut den Gewinn nicht erbrachte, den sich der oder die Gründer davon erhofft hatten. Es mußte deshalb die absolute Not- wendigkeit dieses Wachinstituts durch ein E x e m p e l bewiesen werden. Und das wurde nach einer bis jetzt unwidersprochenen Schilderung derSchwäbischen Volkszeitung" folgendermaßen gemacht: Der Herr Direktor der Schließgesellschaft in- szenierte aus eine Käsefabrik, in welcher gestreikt wurde, einen Ueberfall. Ein Aufseher, ein Streikbrecher und ein Wächter machten mitten in der Nacht durch Stein- würfe und Schüsse derartigen Spektakel, daß die ganze Nachbarschaft aus dem Schlafe erwachte und einmütig nach Schutz schrie. Die bürgerliche Presse am Orte bestätigte anderen TageS natürlich ebenfalls, daß der polizeiliche Schutz für die Sicherheit und Ordnung nicht ausreiche usw. Der Trick war also vorzüglich gelungen und nebenbei war so quasi die Notwendigkeit schärferer Strafbestimmungen gegen Streikende oder gar die eines neuen Zuchthausgesetzes erbracht._ Berlin und Umgegend. Die Eiuiguugsverhandlungen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer des Baugewerbes beginnen heute(Donnerstag) früh 8 Uhr im Bürgcrfaale des Berliner Rathauses. Die Ber- Handlungen sind nicht öffentlich. An den Verhandlungen nehmen teil die Verbände der Maurer. Zimmerer, Bauhülfsarbeiter. der Verband der christ- lichen Bauhandwerker und Bauhülfsarbeiter, der Vorstand des deutschen Arbeitgeberbundes für das Baugewerbe, die Bezirks- Vorstände des Arbeitgeberbuudes sowie von jedem einzelnen Orte, an dem Differenzen bestehen, ein Vertreter der betreffenden örtlichen Vereinigung der Arbeitgeber und von den Arbeitnehmern die Gauleiter. Die Differenzen umfassen über IVO Orte. In den bisherigen lokalen Verhandlungen ist es nur in etwa einem Dutzend Orten zur Einigung gekommen. Die heute be- Verantw. Redakt.: Georg Davidsohn , Berlin . Inseratenteil verantw.: ginnenden Verhandlungen gelten dem Versuche,«uch für die übrigen 100 Orte eine Einigung zu erzielen. veutkcbes Reich- Die BertragSverhandlungen im Baugewerbe wirbelten auch bei' den Maurern, Zimmerern und Bauhülfsarbeitern in Rostock viel Staub auf. In der ersten allgemeinen Versamm- lung der drei Gewerkschaften am 16. d. M. kam es nach stunden- langer heftiger Diskussion nicht zu einer Beschlußfassung über den Mustervertrag" des Arbeilgeberbundes. Die meisten Redner äußerten sich scharf ablehnend und tadelten das Verhalten der Gau- leiter und der Kommission, daß sie überhaupt solchen Ver- schlechterungen zustimmen konnten. Nur zwei Redner, außer den Gauvorstehern, sprachen für Annahme des Unternehmervertrages. In Rostock würde mit Annahme desselben aber den Arbeitern die Arbeitszeit bei 35 Unter- nehmern von 9>/z Stunden täglich auf 19 Stunden verlängert! Der Stundenlohn um 2 und 3 Pf. gekürzt! Dazu kommt dann noch, daß die Bauhülfsarbeiter mehr Steine tragen sollen auf Leitern hinauf. Außerdem soll der Vertrag das Verhältnis auf 2Jahre se st legen. Nach längerer Beratung. bei der noch weitere Mängel des neuen Vertrages und daraus sich ergebende Verschlechterungen des Lohn- und Arbeitsverhältnisses kritisiert wurden, gelangte ein Antrag zur Annahme, die Entscheidung auszusetzen, und soll jede Gewerkschaftsorganisation für sich die Be- schlußfassung vornehmen. Die Baukonjunktur ist in Mecklen­ burg nicht ungünstig. Metallarbeiter-Abwehrstreik in der Waggonfabrik GustavSburg bei Mainz . Am 14. April vormittags legten nach langen, doch leider vergeblichen Einigimgsversuchen imUittergestellbau Waggonfabrik Gustavsburg" die Schlosser, Nieter. Nietenwarnunachcr und Zuschläger die Arbeit nieder. Die Arbeiter wurden von der Firma in den Abwehrstreik geradezu hineingetrieben. Den besten Ruf genießt das Werk Gustavsburg " in bezug auf Arbeitsbedingungen ohnehin nicht. Es herrscht ein ungeordnetes und wildes System in der Lohn- und Akkvrdberechnung. Nur die wenigsten Arbeiter wissen eine Stunde vor der Ablöhnung, was sie denn eigentlich verdient baben. ES werden willkürlich einem jeden seine paar Groschen zugeschrieben. Vor einigen Wochen wurde im Wagenbau des Werkes die pneumatische Nietung eingeführt. Sofort wurde nun den Nietern der gleiche Preis für 199 Stück Nieten angesetzt, wie in der Abteilung Hochbau und Brückenbau des Werkes, wo schon seit Jahren die pneumatische Nietung eingeführt ist. Nun ist Tatsache, daß an den Waggon-Untergestellen sich mit den Lustbämmcrn nicht so flott arbeiten läßt, wie eS an den großen und glatten Arbeiten im Brückenbau der Fall ist. An den großen Eisenlonstruktionen, Ver- spannungen usw., an den Brückenbanten kann der Nieter Hunderte von Nieten ohne eine Behinderung schlagen, die Nieten können von oben herunter bearbeitet werden, was an den Waggon-Untergestellen nicht zutrifft. An den Untergestellen müssen die meisten Nieten von der Seite geschlagen werden. Es ist nicht möglich, in der gleichen Zeit hundert Nieten zu schlagen, wie an der Arbeit im Brückenbau: folglich kann auch unmöglich der gleich niedere Preis in Anwendung kommen. Die Direktion und die Abteilungsingenieure ließen sich, aber davon nicht überzeugen. Den Arbeitern wurden einfach schon seit drei Wochen 43 Mark weniger am Lohn aus- bezahlt. Wir haben eine Masse vergleichender Lohnzcitel vor uns liegen. Wo vorher der zur Auszahlung gelangende Betrag 29,11 betrug, gab es jetzt 22,68 M., oder erst 23,31 und jetzt 21,11 M. Es sind dieö nur einige Beispiele, doch noch lange nicht die markantesten. Den Arbeitern, welche mit der größten Mühe Einigungsversuche anbahnten, wurden nur Spott und Grobkeiten zuteil. Ein Betriebs- techiüler Wolf aus Bischofsheim bei Mainz zeichnete sich dabei ganz besonders aus. Der Mann ist selber armer Leute Kind, aber rücksichtsloser als je einer. Sin Herr Ingenieur Mondschein. Reserveoffizier", berechtigt zu den besten Hoffnungen für seine Karriere im Rekrutenerziehen. Ihr Arbeiter schafft zu wenig," oder mit anderen Worten: Ihr seit zu faul, Ihr müßt mehr draufdrücken und fleißiger sein," daß war der ständige Refrain der Reden, die bei den Einigungs- versuchen den Arbeitern gehalten wurden. Die Arbeiter vom Waggon-Untergcstellbau sind als eine leistungsfähige Gruppe bekannt und dabei diese Behandlung. Ein sonst hochintelligenter und äußerst befähigter Ingenieur. Herr Kitz, verstieg sich zu der Redewendung:«Wissen Sie, wie- viel Nieten eine vier Mann starke Partie in Amerika schlägt? 2999 Nieten pro Tag schlägt eine solche Partie in Amerika ." Unsere Nieter mußten jedoch bekennen, daß sie höchstens 259 bis 289 pro Tag fertigbringen. Mindestens war der Ausspruch des Herrn gngenieurs ein LapsuS, denn ein jeder kann sich selbst ausrechnen. ei den 9 Stunden oder noch weniger, wie die Amerikaner arbeiten, müßte in 1,93 Minuten je eine Niete geschlagen werden. Auch in Amerika müssen aber die Arbeiter zum Leben auch noch Atem holen. Gleichwohl geben wir ohne Umschweife zu: der amerikanische Arbeiter schafft intensiver, er ist leiitmigssähiger wie der deutsche Arbeiter. Doch man frage auch, wieso das kommt; ohne Zweite! weiß es auch der Herr Ingenieur Kitz. Mit schlagender Deutlichkeit weist es ei» Parteifreund des Herrn nach. In dem süddeutschen liberalen Wochenblatt.Fortschritt" veröffentlicht der bekannte libe- rale Professor Werner Sombart einen Aufsatz:«Wie der ame- rikaniiche Arbeiter lebt". Sombart schreibt: Die Geldlöhne sind zwei« bis dreimal so hoch wie bei uns. Ein verheirateter Arbeiter bewohnt durchschnittlich vier Zimmer, Wohnungen, wo selbst das Badezimmer nicht fehlt. Die Kartoffelnahrung tritt bis um die Hälfte gegenüber beim deutschen Arbeiter zurück. Fleischnahrung, Geflügel und bessere Backwaren sind vorwiegend." Sombart sagt wörtlich:«Im ganzen wird die Kost des amerikanischen Arbeiters sich mehr der unserer wohlhabenden Bürgersfamilien nähern, während die des deutschen Arbeiters mit ihrem votwiegenden Kartoffel- und Brot- bestand, ihrem geringen Fleischgehalt gar keine Aehnlichkeit mit der deS amerikanischen Arbeiters aufweist." Sombart erbringt für seine Ausführungen den statistischen Nachweis. Der Aufsatz wäre zur Lektüre den Gewaltigen von»Gustavs- bürg" besonders zu empfehlen. Sombart schreibt an anderer Stelle:«Wer je auch nur wenige Tage die Arbeiter in den Ver- einigten Staaten beobachtet hat, kann sich dem Eindruck nicht ent- ziehen, daß die breiten Massen drüben ganz erheblich viel besser leben als bei uns, d. h. als in Deutschland oder gar in Ost- oder Süd- europa, aber doch auch besser als selbst in Frankreich oder Eng- land." Wie fleht es nun bei den Arbeitern auf der Gustavsburg aus. Man muß sie ansehen, die früh und rasch verbrauchten Menschen. Die Brust nach einwärts, den Kattoffelbauch als Wahrzeichen einer ungenügenden Etnähruna, und diese Leute will man nun noch schlechter entlohnen, so daß die Nahrung noch schlechter und spär- sicher wird! In einer Riesenversammlung de? ganzen Werkes wurde auch das Treiben der Firma entsprechend beleuchtet. Die Streikenden find mutig und bei guter Stimmung. Der Streik dauert fort. Arbeiter, haltet den Zuzug fern, damit es gelingt, eine sehr schwer arbeitende Arbeiterschicht vor Verschlechterung ihrer Lebenslage zu bewahre». Wir Arbeitswilligen(innen einen totschlagen!" Furchtbar harte Gefängnisstrafen werden oft verhängt über streikende Arbeiter, wenn sie w der Erregung zu einem Arbeitswilligen gesagt haben, man werde ihm die Knochen laput schlagen usw. Nun ein umgekehrter Fall: Der Arbeits - willige Stachel in Augsburg hat einen Streikenden mit Totschlagen bedroht. Der Arbeitswillige kam mit 3 M. Geldstrafe für Hausfriedensbruch und 5 M. Geldstrafe für Bedrohung davon. Huslnnd. Ein Sperreprozeß in der Schweiz . Der reaktionäre Bürgerverband in Zürich , dessen unauS- gesprochenes, aber konsequent in allen möglichen Formen verfolgtes Ziel die Vernichtung der gehaßten Arbeiterbewegung ist, hat ver- sucht, die Kampfeswaffe der sperre der Arbeiterschaft aus der Hand zu schlagen. Dazu gab ihm die vom Züricher Glaserfach- verein über den Glasermeister Kiefer verhängte Sperre den gc- suchten Anlaß. Derselbe stand im Tarifvertragsverhältnis mit dem Fachverein, maßregelte aber die Mitglieder desselben, worauf über sein Geschäft die Sperre verhängt wurde. Der Bürgerverband mit seinem Advokaten Dr. Bircher vcranlaßte nun den Kiefer, den Klagewcg zu beschreiten und Schadenersatz zu fordern. Das Be- zirksgericht Zürich und in zweiter Instanz das Obergericht de? Kantons Zürich wiesen die Klage ab, aber der Bürgerverband probierte noch sein Glück beim Bundesgericht in Lausanne » erfreulicherweise aber ebenfalls ohne Erfolg, denn auch dieses mußte nach Lage der Dinge die Klage abweisen. Aus den in öffentlicher Verhandlung gehaltenen Reden der Bundesrichter sei besonders die des Präsidenten Jäger erwähnt, der u. a. aus­führte: Die Fälle, in denen die Sperre aus Schikane verhängt werde. seien leicht zu zählen. Darüber bestehe nun kein Zweifel, daß der Arbeiter über seine Arbeitskraft frei verfügen und dieselbe also nach Gutdünken für den Unternehmer sperren könne. Das Mittel der Sperre sei erst dann unerlaubt und widerrechtlich, wenn die Absicht besteht, den Gegner ökonomisch zu töten und ihn seiner wirtschaftlichen Persönlichkeit zu berauben. Tie Sperre sei also ohne weiteres erlaubt und rechtlich einfach unanfechtbar; wider- rechtlich könne sie höchstens je nach den zur Anwendung gelangenden Mitteln werden. Das Recht zur Sperre gehe sogar soweit, daß es auch dann geschützt werden müsse, wenn gar kein Recht verfolgt Iverde. So hatten die Arbeiter kein Recht, die Entlassung des D. zu verlangen, gleichwohl ist die Sperre, die doch wegen der Nicht- erfüllung dieses Begehrens erfolgt ist, nicht rechtswidrig. Im vorliegenden Falle könne von einer Widerrechtlichkeit schon darum keine Rede sein, weil K. nicht ruiniert wurde, was schon deshalb ausgeschlossen sei. weil die Organisation noch nicht alle Arbeiter umfaßt. Die Klage wurde also abgewiesen und Kiefer bczw. drr Bürgerverband in die Tragung der Kosten einschließlich derjenigen des beklagten Fachvcreins verurteilt. Versammlungen. Brauerelarbeiterverbond.(Sektion I.) In der letzten MonatS- vcrsaminlung referierte Genosse Düwell über«UltramontaniL- mus" und erntete dafür überaus reichen Beifall. Die sehr reg: Diskussion bewegte sich in dent Referenten zustimmenden Sinne. Als Kandidaten zur Delcgiertenwahl zum Verbandstag wurden aufgestellt die Kollegen Hodapp, Heyder. Schwedler. Reichard, Cordts, Großfuß und I u n g h a n s. Von diesen sind vier Mann zu wählen, welche je nach Höhe der Stimmen« zahl als Delegierte oder als Ersatzleute fungieren. Bei der Delc- giertenwahl zum Gewerkschaftskongreß war die Beteiligung der Mitglieder der Sektion I gleich 56,9 Proz. Als Zuschuß zu den Unkosten des Seitzschen SaalboykottS in Spandan wurden 59 M. aus Lokalmittcln bewilligt. Wegen Urlaub am 1. Mai sollen, wie in den letzten Jahren, die Ver- trauenSmänner bei den Direktionen vorstellig werden. Der Verein der Brauereien Berlins und Umgegend antwortete auf das Schreiben des Vorstandes um UrlaubSgewährung am 18. März ablehnend, und zwar aus denselben Gründen wie beim 1. Mai. Große Entrüstung rief unter den Versammelten das Verhalten deS Direktors der Genossenschaftsbrauerei der Gast- und Schankwirte in Friedrichshagen hervor. Den Kollegen, welche bei ihm vor- stellig wurden wegen Urlaub am 18. März, gab er zur Antwort: Von den Sozialdemokraten allein raucht unser Schornstein nicht. Die ganze Wahlrechtskampagne wäre nur ein großer Rummel." Die Versammlung war der Meinung, daß ohne Sozialdemokratie der Rauch aus dem Friedrichshagener Brauercischornstein sehr spärlich blasen würde. Letzte IVachncbtcn und vepelcben. Streik,. Pari», 22. April. (B. H. ) In HyereS bei Toulon find die Maurer in den Ausstand getreten, weil ihnen die geforderte Lohn- erhöhung verweigert wird. Marseille , 22. April. (B. H. ) Die Gemüsehändler sind in den Ausstand getreten. Der Streik gab heute Anlaß zu Reibereien. Mehrere Gemüsehändler wurden von Ausständigen gezwungen, mit ihren Wagen nach Hause zu fahren. Infolgedessen sind die Gemüse. preise bedeutend gestiegen, Die Polizei bewacht die Tore der Stadt. Kongresse. Lyon . 22. April. (B. Hz) Heute wurde hier der Kongreß der französischen Postbeamten eröffnet. Aus Deutschland , England und Oesterreich waren Sympathietelegramme eingelaufen; nach deren Verlesung wurde in die Beratung der Tagesordnung eingetreten. Frankfurt a. M., 22. April. (B. H. ) In der Aula der Frank. furter Akademie wurde heute morgen der dritte Kongreß der Gc- scllschaft für experimentelle Physiologie durch den Vorsitzenden Professor Dr. G. E. Müller-Göttingen eröffnet. Deutschland blamiert sich. Harburg , 22. April. (B. H. ) Die unlängst in Hamburg verbotene Freidenkerversammlung wurde auch in Harburg verboten. Zwanzig Kinder gebore» und ermordet! Budaprst, 22. April. (B. H. ) Wie au» Debreczin gemeldet wird, wurde dort gegen die Frau des Landwirtes Peter Kiß die An- zeige erstattet, daß sie ihre beiden Kinder ermordet hätte. Die ein» geleitete Untersuchung ergab, daß die Frau mit Hülfe ihres Gatten alle zwanzig bisher von ihr geborenen Kinder im Alter von einem Monat bis zu einem Jahre erwürgt hat. Beide Gatten wurden ver» haftet. Sie gestanden, die Kinder ermordet zu haben, weil sie sie der Not nicht aussetzen wollten. Zur Eisenbahnkatastrophe in Australien . Sidney, 22. April. (B. H. ) Die Zahl der bei dem Eisenbahn» unglück bei Braybrook Verunglückten ist nunmehr endgültig fest- gestellt. 43 Personen sind tot. 139 ernstlich verletzt. Von den Schwer- verletzten werden mehrere kaum am Leben erhalten werden können. Weitere deutsche Namen finden sich auf der Liste der Toten und Verwundeten nicht mehr. Th.Glocke, Berlin . Druck u.Verlag: Vorwärts Ouckdr.u.BerlagSanstalt Paul Singer Le Co., Berlin Hierzu 3 Beilagen u. Unterhaltung,»l.