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ste aBer, da sie für ihren ttmfaH solche Beweise in unseren Reihen nicht findet, sich solche zurechtf ä l s ch t, zeigt allerdings, daß sie der Reichslügenverband-Kameradschast wert ist. Wie sagt doch Valentin zu Gretchen? Wenn erst die Schande wird gekoren, Wird sie heimlich zur Welt gebracht,... Wächst sie aber und macht sich groß, Dann geht sie auch bei Tage bloß Und ist doch nicht schöner geworden.. 9er ßckhsverbandsgeneral Cicbert Bat eine Rede, die er im Reichstag halten wollte, als Flug d la t t verbreiten lasien, in dem er unserem Genossen Horn vor- wirft, daß er die Lage der Glasarbeiter, entgegen der Wahrheit, als schlecht geschildert habe. Er, der General, schreibe die W a h r- heit über die Löhne der Glasarbeiter. Er führt die Namen der Arbeiter an und setzt dahinter, wieviel jeder im Jahre 1906 verdient hat. Um dieWahrheit" festzustellen, bringt er zwar nicht die Namen von den reichlich 80(XX) Glasarbeitern, sondern ihm genügen 14 Arbeiterl Von diesen 1t haben k nicht das ganze Jahr ge arbeitet. Die 9 Arbeiter, die das ganze Jahr arbeiteten, haben an Lohn 4228,98 M. bis 5020,25 M. ausbezahlt erhalten. Freilich geht hiervon noch der Lohn für einen Gehülfen, der zirka 100 M. pro Monat erhält, ab, so daß ein reiner Verdienst von 3000 bis 3800 M. oder im Durchschnitt von 3371,17 M. bleibt. Herr Liebert bemerkt dazu: Die vorgenannten Summen sind Nettolöhne, welche an die Tafelglasmacher der Firma Karl Menzel, Bunzlau , im Jahre 1906 ausbezahlt wurden. Die Summen sind dem Lohn buche entnommen und an die Glas-BerufSgenosienschaft weiter gegeben, mithin authentisch." Der ReichSverband steht in enger Verbindung mit dem Zentralverband deutscher Industrieller, an dessen Spitze Hüttenbesitzer V o p e l i u S aus Butzbach , der Vorsitzende des Verbandes der Glasindustriellen und der GlaS-Berufsgenossen schaft steht. Liebert hätte also sehr leicht die L o h n l i st e der ganzen Glas-BerufSgenossen schaft haben können Ja man darf annehmen, daß er weiß, daß im Jahre 1906 an 82 188 Glasarbeiter 74 685 908 M. Loh« ausbezahlt ist. Diese Zahlen sind dem ReichsverbandSgeneral bekannt, weil sie ihm als ReichstagSabgeordneten in der amtlichen Druckschrift:Rechnung� ergebnisse der Berufsgenossenschaften für das Jahr 1906" m i t> geteilt find. Nach dieser authentischen amtlichen Zw sammenstellung war 1906 der Durchschnittsverdienst der Glasarbeiter 908,72 M., also noch nicht soviel, wie die Gehülfen der LiebertschenMusterarbeiter" erhielten. Würde unter 10 GlaS arbeitern je einer sein, also in ganz Deutschland 8218, die den von Liebert angegebenen Durchschnittslohn von 3371,17 M. haben, und fünf, also 41 090 Glasarbeiter, die den Durchschnitts- lohn von 908,72 M. hatten, dann bleiben noch 32 880 Glas arbeiter, für die noch eine Lohnsumme von 9 550 144 M. zur Ver- fügung. Es könnte dann von diesen 32 880 Arbeitern jeder einen JahreSlohu von 293,80 M. erhalten! Lieberts Musterarbeiter werden also erheblich dünner ge- säet sein, als daß auf je 10 Arbeiter einer entfiele! Hätte Genosse Horn die Methode LiebertS angewandt und hätte er die Löhne von den 30000 Glasarbeitern, die am schlechtesten be- zahlt sind, angeführt und behauptet, daß die Glasarbeiter so wenig verdienen wie diese 30000, dann hätte man ihm mit Recht den Vorwurf machen können, daß er lüge. Liebert stellt eS so dar, als sei der JahreSverdienst von 3000 bis 4000 M. keine Selten­heit! Er weiß, daß 82 188 Arbeiter zusammen 74 635 903 M. erhalten haben! Da ist eS völlig ausgeschlossen, daß er ernsthaft glaubt, daß nur ein nennenswerter Bruchteil der Arbeiter einen Lohn von 3000 M. erhalten habe! Die Methode LiebertS charakterisiert sich damit selbst zm Genüge! Huö dem(Hahlkampf. Der freisinnige Wahlaufruf. Die drei Fraktionen des Freisinns haben nun gleich falls ihren Wahlaufruf veröffentlicht. Er enthält natürlich all jene Versprechungen, die durch die freisinnige Politik der letzten Monate so vollständig entwertet worden sind. Es hat daher auch keinen Zweck, im einzelnen auf diese Redensarten einzu- gehen. Wir behalten uns vor, auf die Versprechungen dann zurückzukommen, wenn der Freisinn sie gebrochen haben wird. Das einzig Bemerkenswerte an dem Wahlaufruf ist. daß er von den drei FraMonen g e- m e i n s a m unterzeichnet worden ist. Die V o s s i s ch e Zeitung" hat recht, wenn sie erklärt, daß die alten Fraktionsunterschiede mehr und mehr an Bedeutung verloren haben. Einer Fusion dieser Griippchen, aus denen seit Frank- furt die entschiedenen Liberalen so ziemlich entfernt worden sind, steht wirklich nichts mehr im Wege. Nur einen Punkt aus dem Wahlaufruf wollen wir hervorheben, weil hier die freisinnige Heuchelei sofort nach- gewiesen werden kann. Im Aufruf heißt es: Der entschiedene Liberalismus erachtet die Ersetzung der geltenden, aus der schlimmsten Reaktionszeit stammenden Wahl- rechtsbestimmungen durch daS allgemeine, gleiche, direkte und geheime Wahlrecht, sowie eine den Be- völkcruugSverhSltnissen entsprechende Neueinteilung der Wahlkreise als die dringendste Aufgabe der Gesetzgebung, als die Boraussetzung eines wirklichen Fortschritts auf allen Gebieten beS öffentlichen Lebens. Das klingt nun ziemlich entschieden. Wie es aber gemeint ist, zeigt eine Aeußerung des Abg. Wiemer, der Montag in einem Bezirksverein zwar das Reichstags- Wahlrecht für Preußengefordert", dann aber sofort hinzu- gefügt hat:Trotz unserer grundsätzlichen Meinung werden wir jeder Reform deS Wahlrechts zustimmen, die einen Fortschritt bedeutet und ist es auch nur die geheime oder die direkte Wahl". Hier hat man doch einmal ein Musterbeispiel dafür, was für einen Frei- sinnigengrundsätzliche Meinung" bedeutet. Das ist nämlich eine solche Meinung, die grundsätzlich im Stiche gelassen wird, wenn eL die Regierung verlangt. Bevor der Freisinn auch nur das geringste für einen Wahlrechtskampf getan hat. erklärt er bereits sich mit den g e r i n g f ü g i g st e n und bedeutungslose st en Zugeständnissen, die nur die Wahltechnik angehen und das ganze un- geheuerliche Wahl unrecht bestehen lassen, von vornherein zufrieden. Dabei ist Wiemers Genügsamkeit umso wider- licher, als dieser Wiemer der engere Kollege jenes F i s ch b e ck ist, der über Herrn Barth nicht genug schimpfen konnte, weil Barth einige Monate vor Schluß des Landtages vom Freisinn eine'Aktion zur sofortigen Erkämpfung des geheimen Wahlrechts als eines Notgesetzes verlangt hatte. Damals wurde aus dem Parteitag der Frei- sinnigen Volkspartei jene widerliche Komödie aufgeführt, in der Herr Barth verhöhnt wurde, weil er so wenig ver lange, während die Volkspartei die Beste des Dreiklassen Unrechtsvoll und ganz" niederzwingen wolle. Heute bettelt dieser Wiemer bei der Regierung um diese elende Schein konzcssion, um eine Ausrede zu haben, das gleiche Wahlrecht später völlig zu verraten. Der freisinnige Wahlaufruf verspricht zwar mehr, als der nationalliberale, aber das Mehr an Versprechungen bedeutet nur ein Mehr an Heuchelei. Die Demokratisierung Preußens hat heute nur mehr einen energischen und unbeugsamen Verfechter das sozialdemokratische Pro letariatl_ Schleswig-HolsteinsFreisinn". Am Sonntag fand in Altona ein gemeinsamer frei- sinniger Parteitag für Schleswig-Holstein , Ham- bürg und Lübeck statt, der, wie vorweg bemerkt sei. vom Geiste Wiemer beseelt war. Wiemer, der einen Vortrag über .Die allgemeine Lage des Liberalismus" hielt, gab seiner Freude Ausdruck über den Zusammenschluß der drei liberalen Gruppen und wünschte, daß dies im Interesse des Gesamt liberaliSmuS im Reichstage wie im Landtage so bleiben möge. Er versicherte, daß er einer weiteren Einigung niit den Nationalliberalen nicht abgeneigt sei, aber dies dürfe nur auf Grund einheitlicherGrundsätze" geschehen Dann gab er seiner Freude Ausdruck, daß es auf dem Parteilage der Freisinnigen Vereinigung zu einererfreulichen Klärung" ge: kommen sei. Seinem Aerger darüber, daß die Nationalliberalen Schleswigs Holsteins den Freisinn für den Anschluß nach rechts noch nicht für reif erachten, gab der Kandidat für den Wahlkreis Altona -Ottcnscn, Rechtsanwalt W a l d st e i n, Ausdruck:Für die kommenden Land- tagswahlen sei es vor allem auch in unserer Provinz nützlich, wenn die Liberalen mit den' Nationalliberalen gemeinschaftlich eine Phalanx gegen die Konservativen bildeten. Hier zu Lande seien die Nanonalliberalen aber anders gesonnen, als anderswo." Der Abg. Dr. S t r u w e- Kiel meinte hierzu, wenn die Nationalliberalen sich nicht entschließen könnten, gegen die Freikonservativen der Provinz Front zu machen, so müsse der Freisinn den Kampf allein führen. Aber alle Hoffnung aus nationallibcrale Unterstützung haben die unentwegtenLiberalen " noch nicht aufgegeben. Es wurde der Wunsch laut, es möge dahin gewirkt werden, die Nationalliberalen zu bewegen, wenigsten in den Kreisen Pinneberg und Stein- bürg nicht für die Freikonservaliven gegen die Kandidaten der Liberalen zu stimmen. Bon einem Anschluß nach links und von einem ernsten WahlrechtSkamps war nicht die Rede I Dann raffte sich der aus 104 Delegierten und den liberalen Reichs- und Landtagsabgeordneten der Provinz besuchte Parteitag zu einerTat" aus durch Annahme einer Resolution, welche die sachliche und taktische Haltung der linksliberalen Fraltionsgemeinschaft billigt und die Erwartung des weiteren Zusammenwirkens der Links liberalen im Parlament wie in den Orgailisationen aussprach. Zentrum und Wahlrechtskampf. AnS Neuwied berichtet dieKoblenzer Volkszeitung":Der Kompromiß zwischen dem Zentrum und der konservativen Partei deS Wahlkreises Nenwicd-Altenkirchen wurde endgültig festgesetzt; das Zentrum stellt den bisherigen Kandidaten Amtsgerichtsrat Gerhardns, die Konservativen stellen den bisherigen Abgeordneten Pfarrer Heckenroth wieder auf." Auch in Neuwied -Altenkirchen verbündet sich also das Zentrum in aller Form mit den konservativen Todfeinden selbst der kleinsten Verbesserung des infamen Dreiklassensystems! In dem Wahlkreise Köln -(Land) Bergheim-EuS- kirchen hat das Zentrum neben Dr. Pieper(M.-Gladbach) und einem Gemeindevorsteher Graten auch de» bisherigen Abg. Decker wieder aufgestellt, der sich als offenen Wahlrechtsfeind bekannt hat durch seine Weigerung, den bekannten WablrechtSantrag 'einer Fraktion mit zu unterschreiben. Wie Decker, o werden alle übrigen offenen Wahlrechtsfeinde im Zentrum von diesem wieder aufgestellt; daS Zentrum aber wird mit gewohnter Unverfrorenheit nach wie vor behaupten, daß bei ihm die Wahlrechtsreform in den allerbesten Händen sei. Konservative Wahl-Reform". Mit der geplanten Reform des Landtagswahlrechtes be- nßt sich dieP o st". Sie betont, daß sich das Wahlrecht Preußens trefflich bewährt habe, denn in kleineren Städten wähle der akademisch gebildete Mittelstand in der zweiten Klasse, hat also keinen Grund, sich über Zurücksetzung zu beklagen. Immerhin entdeckt auch diePost" einen Mangel an dem geltenden Wahlrecht und diesen Mangel will sie zum Gegenstand einer Reform gemacht wissen. In den reicheren Vierteln überwiegt der Einfluß der reichen Minderheit um so mehr, und in den Arbeitervierteln wird diezweite und selb st die erste Klasse vielfach von kleinen Gewerbetreibenden besetzt, welche normalerweise in die dritte Wahltlasse gehören. Nach dieser N i ch l u n g hinist unser Wahlrecht in der Tat verbesserungsfähig." So, nun weiß man wenigstens, was die von derPost" vertretene Richtung der Konservativen unter einer Reform des elendesten aller Wahlsysteme versteht. Es soll noch elender gestaltet werden. Wer also noch einmal behauptet, die Konservativen seien grundsätzlich Gegner einer Wahlrechts- reform, der wt den Leuten bitter unrecht, denn eineReform" wollen auch sie. Ueber die Beschaffenheit dieser Reform hat uns diePost" aufgeklärt. Eines sticht dabei besonders hervor. Die Konservativen behaupten stets, daß sie die berufenen Vertreter des Mittel stände s seien. Die kleinen Gewerbetreibenden gehören nach konservativer Auffassung unleugbar zum Mittel- 't a n d. Und diePost" erklärt mit nackten, dürren Worten, >atz dieser Mittelstand normalerweise in die dritte Wählerklasse, in die Klasse der Entrechteten gehört! Wir be- grüßen diese Offenheit, in der Erwartung, daß vielleicht auch die Handwerker sich endlich einmal darüber klar werden, daß ie von den Konservativen, genau so wie auch von den anderen bürgerlichen Parteien, nur als Wähler geschützt werden, die den Junkern die Kastanien aus dem Feuer holen dürfen. Im übrigen müssen sie kuschen, weil sie normalerweise zu denen gehören, die in Preußen nichts zu sagen haben! politische deberlicdt. Berlin , den 28. April 1908. Arbeiterpetitionen. Der Reichstag nahm seine Sitzungen mit der Durch- Beratung einer größeren Anzahl von Petitionen auf. Zu S rundlicheren Erörterungen kam es indes nur bei einigen angaben sozialpolitischen Charakters. So gab eine Petition der Chorsänger um Aus- OeHnung der Versicherungsgesetze auf ihren Beruf unseren Genoffen B r ü h n e und Hildenbrand Anlaß, darauf hin- zuweisen, daß die Sozialdemokratie grundsätzlich die Ausdch- nung der Versicherungsgesetze auf alle Personen mit niederem Einkommen wiederholt gefordert habe. Für die Chorsänger sei daL besonders beschloffen worden, die Negierung sei jedoch nie aus dem Stadium der Erwägungen herausgekommen. Da auch andere Parteien sich ähnlich aussprachen, wurde die Petition der Regierung zur Berücksichtigung überwiesen. Lebhaftere Auseinandersetzungen gab es bei einer Petition betreffend die elsaß -lothringischen Berggesetze, insbesondere die Errichtung eines Knapps.cha.sts- st a t u t s für die Reichslande. Seitens der Sozialdemo- kratie wurde noch besonders beantragt, die geheime Wahl der Knappschaftsältesten zu fordern. Genosse E m m e l und Genosse Sachse nahmen Gelegenheit, der Zentrums- Partei ihr zwiespältiges Verhalten in Bergarbeiterfragen vor- zuwerfen, da die geistlichen Leiter derchristlichen" Arbeiter­schaft immer mit dem einen Auge nach dem Papst, mit dem anderen nach den Arbeitertt schielen. Gleichzeitig rechneten sie auch mit dem Stöckerling Behrens ab, der durch seine Abstinimuug über den Z 7 des VercinSgesetzes sich als Schleppen- träger für pfäffische Reaktion bewährt hat. Herr Behrens machte denn auch krampfhafte Anstrengungen, sich reinzuwaschen und berief sich auf das Leumundszeugnis, das ihm der christlich- soziale Bergarbeiterverein ausgestellt hat. Em mel erwiderte ihm prompt, daß für die Aufklärung auch der christlichsozialen Arbeiter es sehr vorteilhaft ist, wenn sie an den Früchten des Herrn Behrens erkennen, was für Leuten sie die Vertretuno ihrer Interessen in die Hände gegeben haben. Schließlich wurde auch diese Petition mit dem sozialdemokratischen Zusatz der Regierung zur Berücksichtigung überwiesen. Das Reichsvereinsgesetz ist imRekchS-Anzeiger" publiziert worden. Wir werden den Wortlaut des Gesetzes unseren Lesern in handlicher Form über- Mitteln, sobald für Preußen die A u S f ü h r u n g S b e stimmungen über die Erfordernisse der B e r s a m m l u n g S.b e k a n nt- machungen, die die Anzeige bei der Polizei ersetzen, ergangen sind._ Der Freisinn im Block. Unter diesem Titel wird Theodor Barth demnächst eine Broschüre veröffentlichen, in der er seine Stellung zum Freisinn darlegt. Wir entnehmen seinen Darlegungen folgende treffenden Bemerkungen: Das von den Schräder, Naumann. Payer gebrachte Opfer deS Intellekts hat den F i s ch b e ck, Müller. K o p s ch und Wiemer mehr als je die Leitung der fteifinnigen Fraktionsgemeinschafl gesichert. Es ist nicht abzusehen, welches Opfer in Zukunft im Interesse des Zusammenhalts der Fraltionsgemeinschaft für zu schwer erachtet werden sollte. Wir wollen", führte Herr v. Payer aus,den ver- bündeten Regierungen weder einen Grund noch einen Vorwand geben, uns auszuschalten." Mit anderen Worten: die Fraktionsgemeinschaft erklärt sich auch für die Zukunft bereit, den, Fürsten Bülow und den von ihm in erster Linie patronisiertcu Parteien, den Agrariern und den Antisemiten, in allen Fragen der praktischen Politik so weit entgegenzukommen, daß selbst der Vorwand entfällt, die Freisinnigen aus der Gemeinde der Block- heiligen zu treiben. Schon die allernächsten Monate werden daS weiter erweisen. Die preußischen Landtags loahlen stehen vor der Tür. Man hat bisher selbst in den Kreisen der Freisinnigen Volkspartei wenigstens die Fiktion aufrecht erhalten, als ob dabei die Forderung der Uebertragung des ReichstagSwahlrechtS auf Preußen den sachlichen Mittelpunkt der Wahlbewegung für die Frei- sinnigen bilden werde. Wer kann im Ernst heute daran noch glauben? ES ist ein offenes Geheimnis, daß die Führer der Freisinnigen Polkspartei für diese Programmforderung nur ein sehr platonisches Interesse empfinden; aber andere haben sie ernst genommen, und nehmen sie heute noch ernst. Wie will man jedoch das Vertrauen in die Aufrichtigkeit dieser Bestrebungen erwecken, wenn man nach dem Payerschen Rezept verfährt und als die oberste Richtschnur deS politischen Verhaltens der gesamten freisinnigen Fraltionsgemeinschaft das Prinzip auf- tellt, daß den verbündeten Regierungen weder ein Grund noch ein Vorwand gegeben werden dürfe, die Freisinnigen aus dem Bülow- Block auszuschalten? Werden die Gegner der Landtags- wahlreform in Preußen angesichts dieser Payerschen Erklärung die agitatorischen Bemühungen der Freisinnigen in der Wahlrechtsfrage nicht mit vollem Recht als Schaum schlägerei ansehen? Bisher hat wenigstens die freisinnige Bereinigung eine demokratische Partei sein wollen, eine bürgerlich-demo- kratische Parteil Die Demolratisierung Deutschlands ist wie die aller anderen großen Industriestaaten eine geschichtliche Notwendigkeit. Die Demolratisierung Deutschlands uüb Preußens hat bei uns kaum begonnen. Wir waren der Meinung, daß man es der Sozialdemokratie nicht allein über- lassen dürfe, sich zum Exponenten dieser geschichtlichen EntWickelung zu machen, daß vielmehr auch der entschiedene Liberalismus dabei mitzumachen habe, ja daß dies eigentlich seine raison ä'ötro sei. Aus diesem Gedanken heraus haben wir fortgesetzt eine Kooperation mit der Sozialdemokratie für gemein- ame demokratische Kampfziele empfohlen. Für eine solche demokratische Politik haben wir allen Anfeindungen zum Trotz uns eingesetzt, mancher von uns mit Ausbietung aller seiner Kräfte, und ohne sich im mindesten um das Geschrei von rechts oder links zu bekümmern. Man hat uns oft genug versichert, daß wir einer Idee nachjagten, die in Deutschland bei seinem politisch so morschen Bürgertum un- erfüllbar sei. Es kann ja sein, daß die Schwarzseher recht behalten und der deutsche Liberalismus unfähig ist. aus sich heraus eine auch numerisch ins Gewicht fallende demokratische Partei zu erzeugen. Der Blockfreisinn hat jedenfalls aus diese Aufgabe Verzicht geleistet. Der Liberalismus, den er vertritt, hat keine demokratischen Ambition« u mehr."_ Blockbrüderliche Einigkeit. In dem durch den Tod des konservativen Abgeordneten Zinbler verwaisten Wahlkreis Czarnikau-Filehne-Kolmar sind die Antisemiten mit dem Ziegeleidesitzer Hoffmann-Schneidemühl als Kandidaten aus dem Plan erschienen. Die konservative Presse ist darüber empört, denn eS handelt sich abermals um einen Einbruch in konservativen Besitzstand. Mit einer einzigen Ausnahme 1898 wurde der freisinnige Schuldirektor E r» st gewählt ist dieser Wahlkreis konservativ vertreten gewesen. Antisemiten hat eS dort noch nie gegeben. ES ist erklärlich, daß die Konservativen ob dieses wenig blockbrüderlichen Verhaltens nicht sehr erbaut sind. Die Deutsche Tageszeitung" gibt den Antisemiten auch bereits einen deutlichen Wink mit dem Zaunpfahl. Es scheint bei den Antisemiten System darin zu liegen, den Kons«- vativen Mandate wegzunehmen. Als bekannt wurde, daß der Fürst zu Inn- und Knyphausen schwer erkrankt sei. haben die Antisemiten sofort die Agitation im Wahlkreise Emden-Aurich aus­genommen. Ueber diese Gefühlsroheit dem erkrankten Fürsten gegenüber hat damals die konservative Presse scharf genrteilt, trotz­dem haben die Konservativen dann auf die Aufstellung eines eigenen Kandidaten verzichtet mit dem Resultat, daß ein Freisinniger ge- wählt wurde. Ob konservativ oder antisemitisch oder freisinnig. das ist schließlich unter Blockbrüdern ganz egal; aber eS ist doch ein ganz interessantes Schauspiel, wie sich die Blockbrüder dort in den Haaren liegen, wo sie von der Sozialdemokratie nichts zu be­fürchten haben.-»_ Antisemitisches. Im Gründen sind die Antisemiteriche groß und der Gründer bedeutendster ist Herr Oswald Zimmermann , durch des Schicksals Fügung upd der Wähler Dummheit deutscher Reichs», und