AeMeiertag und Nahlrechts-kampf.„ ES werden nun bald zwanzig Jahre, dag sich das inter-Nationale Proletariat seinen Wcltfeiertag geschaffen. Klein-tiiütige könnten glauben, daß der Erfolg der Daner desKampfes nicht entspreche, daß in 18 Jahren mehr erreichtsein müsse. Sie unterschätzen aber dabei den Widerstand derherrschenden Klassen, die seit 18 Jahren alles aufgebotenhaben, die Feier des 1. Mai, dieses Wahrzeichen des prole-larischen Klassenkampfes, der unaufhaltsam vorwärtsdringen-den Kulturidee des Sozialismus zu hintertreiben.Die im Solde der herrschenden Klasse stehende Pressewiederholt in jedem Jahre das perfide Hohnwort von deminternationalen Kaffeekränzchen, zu dem die Maifeier ge-worden sei. Glaubte die Bourgeoisie wirklich an die Harm-losigkeit der Maifeier, so würde sie es sich schwerlich so saureMühe kosten lassen, die Maifeier zu vereiteln. Aber die privi-legierte Klasse weiß, daß sich in der Maifeier das Klassen-bewußtsein und der Emanzipationsdrang des Proletariatsverkörpert. Deshalb schmäht und haßt sie die internationaleDemonstration des 1. Mai. Mit aller Brutalität droht dasUnternehmertum denen Maßregelung an, die seine unbedingteHerrengewalt nicht anerkennen wollen, sondern gewillt sind,den vielen Zwangs feiertagen der Bourgeoisie auch einenselb st geschaffenen Feiertag entgegenzusetzen.Nicht weil das Proletariat ohnmächtig ist, weil dieBourgeoisie seine Macht verlachen dürfte, muß die Arbeiter-schaft, und besonders die deutsche Arbeiterschaft, sich erst nochdie allgemeine Arbeitsruhe erkämpfen, sondem weil dieOrganisation des Proletariats bereits so stark gewordensind, weil der Geist des Sozialismus diese Organisationen bc-seelt. Die herrschende Klasse betrachtet die Maifeier alsKraftprobe. Sie fürchtet, daß sie auch aus den übrigenPositionen herausgeworfen würde, falls sie diese ersteSchanze preisgeben müßte. Wie sich bei den Wahlen diebesitzende Klasse aller politischen Schattierungen gegen diesozialdemokratische Partei zusammenfindet, so stemmen sichalle Kreise des Bürgertums gegen die Anerkennung des1. Mai. Dort wie hier ringt die besitzende Klasse mit derbesitzlosen Klasse, die kapitalistische Weltanschauung mit dersozialistischen!Und in der Tat umsaßt die Idee der Maifeier das ganzeStreben des sozialistischen Proletariats. Die Arbeiterklassedemonstriert am 1. Mai für den Achtstundentag, fürdie sortsschreitende Minderung der Tauer der körperlichen Ar»beit auf ein möglichst kurzes Maß. Nicht weil, wie freche Ver»leumdung und krasser Unverstand dem Proletariate unter»schieben, die Arbeiter möglichst viel„lungern" möchten.Der Bourgeois verachtet die arbeitsrauhe, schwieligeHand, c r betrachtet die gepflegte, handschuhgeschütztc, weicheHand des Besitzenden als aristokratische Auszeichnung! TieArbeiterklasse weiß, daß die nützliche und ehrliche Arbeitadelt, sei es körperliche Arbeit, sei es geistige. Aber derProletarier will nicht stuinpfes, rechtloses Arbeitstier sein,er will gleichberechtigter Mensch werden, er willgleichfalls Gelegenheit haben, sich selbst und seiner Familiezu leben, sich geistig ausbilden und betätigen zu können. Dasist die große in der Achtstundenforderung liegende Kulturidee des Sozialismus, daß sie die unerhörte Ungleichheitzwischen Besitzenden und Nichtbesitzenden aufheben, daß siedie Masse der bisher als Arbeitstiere, als Kulturdünger be-handelten und verachteten Menschheit zu wahrem, freiem,edlem Menschentum emporheben will!Man frage doch einen Kapitalisten, einen b ü r-gerlichen Intellektuellen, ob er etwa mit einemLandproletarier, einem Jndustrieprolctarier tauschenmöchte. Er wird eine solche Zumutung mit Entrüstungllultiirpolitilche Vorlesung zum 1. Ifiaiaus dem Jahre...?„Die seltsamste Verirrung jener Zeit, die wir als die kapita»kistische kennen gelernt haben, war, daß man glaubte, die menschlicheKultur entwickle sich mehr, wenn weniger Menschen an ihr teil«nehmen. Es sei notwendig für den Fortschritt— so lvurde damalsgeurteilt— daß die Arbeitermassen in ihrer Lebenshaltung, ihrenGewohnheiten, ihrer Denk- und Gefühlsweise hinter den Errungen-schasten der Zeit zurückbleiben. Für uns ist die Kultur der In-begriff alles dessen, was das Leben der Volksgenossen erhöht, ver-schönert, verfeinert. Zu diesem Zweck bedienen wir uns der Wissenschaft, der Kunst, der Dichtung, der Produktion. Viel Wissenschaft, Kunst,Poesie, Reichtum im kleinen Kreise, unter Ausschluß deS Volkes,find für uns deshalb ein Unding, wir begreifen nicht, welchem Zwecksie dienen sollen. Eine Kultur ohne Volk, in dem sie sich verkörpert.begreifen wir ebensowenig, wie daS Sonnenlicht ohne die blühendenFluren, das sprießende Leben und das Farbenspiel auf der Erde, diewir bewohnen. Wenn man die Strahlen der Sonne durch einBrennglaö auf einen Punkt vereinigt, dann versengt sie alles Lebende;sie verliert nicht an Licht und Wärme dadurch, daß viele sie ge-nießen; sie erzeugt desto mehr Leben, je größer die Zahl derLebenden, über die sie leuchtet. Ist es denn notwendig und klug,die ganze Erde kahl zu brennen, um auf einem einzigen Fleckchen eineBlume erblühen zu lasten? Um wieviel mehr aber gilt das von derLiultur, die nicht von außen kommt, sondern von den Menschen selbstgeschaffen wird, die ihrer teilhaftig werden. Und doch gingen dieMenschen dem Widersinn nach, daß man die Kultur demVolke entfremden müsse, um sie erblühen zu lassen,und opferten ihm das Glück vieler Generationen. Uni das zu be-greifen, muß man sich das gesellschaftliche Gebilde jener Zeit ver-gegenwärtigen.Die Gesellschaft war geteilt. Die erste Teilung war zwischender Produktion und den Produzenten. Me soll man das fasten, umes begreiflich zu machen? Man dachte sich so: DaS ist der Grundund Boden, der durch Jahrtausende geackert und gedüngt wurde, dasind die Fabriken. Bergwerke, Eisenbahnen, die Straßenzüge derGroßstädte— das ist eine Welt für sich, die Welt der Produktion,die sachliche Welt. Und die Menschen, vereinigt in der Gesellschaft,sind wieder eine besondere Welt, die persönliche Welt. Von derMenschenwelt aber zu der Welt der Produktion führen die Besitztitel.daS Private! gentlim. So standen die Menschen dem Werke ihrerzurückivelsen, er fmr5 wohl gar Scn gesunken Verstand 5esFragers anzweifeln. Und da soll die übergroße Masse desVolkes, die eigentliche Nation, glauben, daß so etwas wieeine„göttliche Weltordnung" es wolle, daß die ungeheureMehrheit des Volkes in alle Ewigkeit hinein in stumpferArbeitsfron und künstlicher geistiger Verkrüppelung dahin-vegetiere?!Freilich, wenn die besitzende Klasse die arbeitende Klassegebraucht, um sie ihren Ausbeuterinteressen dienstbar zumachen, fließt sie über von heuchlerischen und schmeichlerischenRedensarten. Dann sind die Arbeitsschwielen Ehrenmale,dann ist der Aermste ebensoviel wert, wie der Reichste undHöchstgestellte. Wie wenig es aber den Besitzenden ernst istmit ihren aufdringlichen Freundschaftsbeteuerungen, beweistganz besonders vortrefflich das preußische Wahlrechtund die Stellung der bürgerlichen Parteien dazu.Wenn die Besitzenden wirklich den Arbeiter für einenEhrenmann und ein so ehrenwerte?, nützliches Glied der Ge-sellschaft halten— ei warum räumen sie ihm dann nichtdas gleiche Wahlrecht ein? Warum soll dann derArbeiter in der dritten Klasse wählen, d. h. den beiden erstenKlassen gegenüber rechtlos sein, während ein Börsen-jobber, ein Junker, ja ein Bordcllbesitzer in der ersten Klassewählt und dort als einzelner soviel Wahlrecht ausübt, wiedreiunddreißig ehrliche Arbeiter? Wenn die Besitzenden dieehrliche Arbeit so hoch einschätzen, wie sie immer behaupten,ja warmn soll dann der Grundbesitzer mehr Wahlrecht haben,als der Landarbeiter, als der Jndustricproletarier? Sinddie Ochsen und Schweine, die er besitzt, die Träger der 32Stimmen, dieser zuviel hat? Verdienen der Börsenjobber,der Rentier mit ihrer„Arbeit" die 32 Zusatzstimmen? Oderist das soziale Verdienst des Bordellbesitzers dreiunddreißigmal so groß, wie das des Arbeiters?Oder kommt alles auf die höhere Bildung an?Je nun, die dümmsten Bauern haben oft die größtenKartoffeln! Aber davon abgesehen: Wenn die höhere Bil-dung das ausschlaggebende Moment sein soll, warum ver-bessert man dann die Volksschule nicht, warum entwickeltman denn da solchen Eifer, die Volksschule noch schlechter zumachen, als sie ohnehin ist? Warum? Die„Freunde" der„braven, ehrlichen Arbeiter" haben es oft genug ausgesprochen.daß ihnen der dümmste, unwissendste Arbeiter der liebste sei!Konservative, Freikonservative, Zentrum und National-liberale haben sich denn ja auch im letzten preußischen Ab-geordnetenhause in holder Eintracht zusammengefunden, umdie Volksschule mehr noch als bisher den Verpfaffungs- undVerdummungsbestrebungen auszuliefern!Wer für die Ziele des 1. Mai demonstriert, muß sich des-halb bewußt sein, welch' schweren Kampf das Proletariat umdie Erringung der Kulturidcale deö modernen Proletariatsgegen die besitzenden Klassen zu führen hat. Die Kultur-ideale des klassenbewußten Proletariats sind nur zu ver-wirklichen, wenn die Arbeiterklasse er st ihrepolitischen Rechte erobert hat! Solange impreußischen Abgeordnetenhaus Junker, Pfaffen und Kapi-talisten schalten und walten können, wie es ihnen beliebt,solange ist im ganzen Dentschen Reiche ein ernsthafter Kultur-sortschritt auf sozialem Gebiete ausgeschlossen! Das preu-ßische Geldsackparlament ist der festeste Rückhalt der Reaktion.Soll im Reich das Regiment der Junker und Industrie-gewaltigen, der Brotwuchercr und Scharfmacher gebrochenwerden, so muß die Arbeiterklasse erst die preußische Reaktionzertrümmern!Die Maifeier muß diesmal also auch eine Wahlrechts-demonstration werden. Nicht etwa nur, weil der 1. Mai 1908mitten in den preußischen Wahlkamps fällt. Nein, aus demtieferen Grande, weil die Befreiung der Arbeiterklasse vonden Ketten des Kapitalismus nur das Werk des politischenBefreiungskampfes der Arbeiterklasse selbst sein kann!eigenen Kulturarbeit fremd gegenüber. Waö die Gesellschaft inJahrtausenden ersonnen, entdeckt, erfunden und gesammelt hat, erschienihnen nicht als Besitz der Gesellschaft, sondern als Privateigentumeiniger Weingen. Die Produktionsmittel, die sie selbst geschaffenhaben, erschienen den Böllern als eine feindliche Welt,nichts andere« wie ein ungeheueres Kriegslager auS zahllosenFortS, Schutzwällen, Gräben, Geschützen, Kasernen. KommunikationS-mittel«, Waffenvorräten, ein Kriegölager, in dem aber nicht einefremde Armee, sondern sie selbst Tag für Tag den Dienst anzutretenhatten,-um die Positionen zu besetzen und zu stärken, die Waffen zuüben und zu mehren, mittels deren sie diesen Tag und alle kom-Menden Tage aufs neue zum gleichen Dienst gezlvungen tvurden.So entsprach der ersten Teilung eine zweite, die durch die�Gesell-schaft ging: die Teilung zwischen den Besitzern oder Besitztitcl, denKapitaliste» und der Klasse der Lohnarbeiter. Die wenige» Kapi-taliste», da sie, im Besitze der Produktionsmittel, nicht nur übersämtliche Kulturmittel, sondern über die primitivsten Subsistenzmittelder BollSmaffen verfügten, wollten, mächtiger, als der Gott derReligion, der die Welt erschaffen, dann aber sie sich selbstüberlassen hat, die Welt regieren, stellten der gesell-schaftlichen Produktion ihre eigenen, privaten Zwecke unddiktierten den Arbeitern das Maß von Freiheit und Kultur, dessensie sich erfreuen sollten. Wie die Produktion, so mußten die Wiffen-schaft, die Kunst und die Literattir sich diesen privaten Zwecken etlicherEhrgeizigen unterordnen, und Kultur hieß damals nur das, waS denReichtum der Kapitalisten steigert und imposanter gestaltet.Keine satanische Phantasie wäre imstande, jene geistigen Qualenzu ersinnen, die sich aus diesen Verhältnissen in der lapitalistischenGesellschaft für die Lohnarbeiter ergaben.Der Arbeiter wurde mit sich selbst verfeindet. Seine Arbeitwurde von seinem Leben getrennt. Seine Arbeit gehörte demArbeitgeber, einzig sein nacktes Leben ihm selbst. Und ein ewigerStreit entstand zwischen ihm und jenem anderen, dem seine Arbeits-kraft gehörte.„Ich will meine Sinne und meinen Geist entwickeln�— sagteder Arbeiter.„WaS geht mich Dein Kopf an, ich brauch bloß Deine Arbeits-Hände/ erklärte der Kapitalist und machte den Arbeiter zum Anhängselder Maschine oder versetzte ihn tausend Meter tief in die Bergwerks-grübe.Für uns find Arbeit und Leben ebenso unzertrennbar wieAtmen und Denken, unS ist Arbeitsfreude Schaffensfreude; da manaber de» Arbeitern die Freude an ihrer Arbeit nahm, machte manihnen die Arbeit zur Qual. Aach einem Tage der Oual begann-Web eine Verkürzung 8er Arbettszetk crffreEf, um sichgeistig fortzubilden, um ein edleres Familienleben führen zukönnen, muß in erster Linie den Kanipf gegen drepreu-ßische Dreiklassenschmach führen? Wer den Ausbau der sozialpolitischen Gesetzgebung erhofft, muß zunächstalle Kraft aufbieten, um die ärgste Bremge dieser Sozialpolitik, daö reaktionäre preußische Abgeordaetenliaus. derno-kratisch umzugestalten! Wer der politisch untrechtcten, Wirt-schaftlich ausgebeuteten und geknebelten Masse, dem Prole-tarjate und den anderen proletarischen Schichten des Volkes.die gleichen politischen und sozialen Rechte erkämpfen will.muß im gegenwärtigen preußischen Wahl-r c ch t s k a m p f e alle moralischen und physischen Kräfte au-spannen, um die Stimmen der einzigen wahrhaft demokratischen Partei, der Sozialdemokratie, zu ver-doppeln, zu verdreifachen!Deshalb: Wer mit klarem Bewußtsein der Bedeutungdes Weltfeiertages der Arbeit den 1. Mai feiert, muß sichgeloben, im preußischen Wahlkampfc mit der äußerstenEnergie, dem peinlichsten Pflichtgefühl seine volle Schuldig-keit zu tun!Im preußischen Abgeordnetenhaus geben heuteGroßgrundbesitzer. Industrielle, Landräte,Offiziere a. D., Pastoren, Großkauflcuteund Rentiers den Ausschlag. Die Proletarier, die bishervon diesen Kreisen Wohltaten empfangen haben, mögenja auch diesmal wieder für die bürgerlichen Parteien ein.-treten. Diejenigen Proletarier aber, die erkannt haben, das'.die Befreiung der Arbeiterklasse vom Doppcljoche der polt-tischen und wirtschaftlichen Entrechtung nur das Werk derArbeiterklasse selbst sein kann, werden am 3. Juni ihreSchuldigkeit tun?Auf zum Befreiungskampf des Proletariats!Vorwärts gegen die Dreiklasscnschmach!Nieder mit allen Wahlrechtsfeinden und Wahlrechts-Heuchlern!Freie Bahn dem allgemeinen, gleichen, direkten undgeheimen Wahlrecht!t&flFZvotz alledem!Ob Armut euer Los auch sei,Hebt hoch die Stirn, trotz alledem!Geht kühn dem feigen Knecht vorbei;Wagt's, arm zu sein trotz alledem!Trotz alledem und alledem,Trotz niederm Plack und alledem,Der Rang ist das Gepräge nur»Ter Mann das Gold trotz alledem!Und sitzt ihr auch beim kargen MahlJa Zwilch und Lein und alledem,Gönnt Schurken Samt und GoldpokalEin Man» ist Mann trotz alledem!Trotz alledem und alledem,Trotz Prunk und Pracht und alledem!Der brave Mann, wie dürftig auch,Ist König doch trotz alledem!Ein Fürst macht Ritter, wenn er spricht,Mit Sporn und Schild und alledem:Den braven Mann kreiert er nicht,Der steht zu hoch trotz alledem:Trotz alledem und alledem!Trotz Würdcnschnack und alledem—Des innern Wertes stolz GefühlLäuft doch den Rang ab alledem!für den Arbeiter das Leben erst in dein Augenblick, wo er abendsdie Fabrik verließ. Aber der Kapitalist forderte feine Arbeitszeit undwollte ihm nicht einmal seine Nachtruhe freigeben.So stand der Arbeiter vom frühen Morgen an seinem Arbeits-platz und sehnte sich fort mit allem, WaS ihn am Leben hielt, mitallen seinen geistigen Interessen und allem, waS seine Seele erfreuteoder betrübte. Und der Kamps um seine freie Zeit wurde für ih»zum Kampf um den Inhalt seine? Lebens. Glück und Sonnenschein.Wirken und Strebe»— daö alles sammelte sich für ihn in dem einenPunkt: wo die Zeit hernehmen?Aver Schritt für Schritt,' Minute zu Minute, von Ort zu Ort,in jeder einzelne» llnternehmung widersetzten sich die Kapitalistendiesem Streben der Arbeiter. Zeit zu gewinnen, das zugleich, wiewir jetzt wissen, der wichtigste weltgeschichtliche Kanipf war, der erstder menschlichen Kultur die Wege öffnete.Die Aimalen des Kampfes der Arbeiter um die Verkürzung daArbeitszeit sind mit Blut und Tränen getränkt. Mehr kennzeichnendaber vielleicht als alles andere sind die Rämpse um die Maifeier.Den 1. Mai wollten die Arbeiter der ganzen Welt zu einemRuhetag machen, um dadurch ihren Willen zu belunden, nicht bloßals Lohnsklaven, sondern als Kulturmenschen zu gelten: einmal dieHände strecken, um den Geist sich regen zu lassen; einmal frei indie Welt hinausblicken; einmal eS fühlen und erkennen zu gebe»,daß die Welt der Arbeiter eine Welt von fühlenden und denkendenMenschen sei und nicht unterschiedsloses Beiwerk der Menschen.Die Unternehmer aber erklärten:«Wenn ihr den einen Tagfrei haben wollt, dann sollt ihr sieben Tage hungern!"Und die Arbeiter hungerten sieben Tage, ließen aber nicht vonder Maifeier.Darum begnügten sich die Kapitalisten nicht damit und ver-hängten schärfere Strafen.Und weil die Arbeiter dennoch nicht nachgaben und einen stolzenMut zeigten, und am 1. Mai in unzähligen Tausenden ins Freiehinauszogen, und sich freuten, daß derer so viele seien.— darumsuchte man ihnen die Freude zu vergällen, mrd stellte ihnen Polizei-fallen, und protzte ihnen gegenüber mit der Macht der Bajonette.und zeigte sie und höhnte, fie mögen eS doch probieren, wider denStachel zu locken....Aber mir ruhiger Entschloffenheit traten die Arbeiter in immerzahlreicheren Massen am 1. Mai auf. Der Weltfeiertag umfloß dieErde wie ein Ozean von Menschen. Und als die große geschichtlicheWendung kam, da wurde der 1. Mai zu jenem Tag der Feier derWelterlösung, der er bis in die Jahrhunderte bleiben wird/rarvua.