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WÄsmKrchmrr Mtmq ientetft«h. Ikfl nkemmi sich mchr freu», würde, wie ich, wenn die Abonnentenvsrficherung ihr wie allen anderen Zeitungen unmöglich gemacht wird. Abg. Schultz(Rp.): Als der Abg. Sachse davon sprach, daß der Verlust der Pensionsansprüche Raub am Eigentum des Arbeiters sei, Hab« ich eine verneinende Bewegung gemacht; ich habe aber damit nicht ausdrücken wollen, daß ich solche Bestimmungen billige, viel- mehr meine ich, daß sie nicht der sozialpolitischen Gerechtigkeit und Billigkeit entsprechen. Gegenüber den Angriffen auf die Firma Krupp will ich doch hervorheben, daß diese Firma enorme Leistungen zu den Pensionskassen der Arbeiter macht, Leistungen, mit denen stch sozialdemokratische Betriebe nicht messen können.(Bravo I rechts, Lachen bei den Sozialdemokraten.) Damit schließt die Diskussion. Di« Anträge A I b r e ch t und Genossen(Soz.) werden gegen die Stimmen der Sozialdemokraten abgelehnt, der Schluß des Gesetzes wird in der Fassung der Kommission angenommen, desgleichen die Resolutionen der Kommissionen. ES folgt die zweite Beratung des Gesetzentwurfs betr. die Erleichterung des Wechselprotestes. Neben anderen Erleichterungen bringt der Entwurf auch den Wechselprotest durch die Post, für welchen der Reichskanzler die näheren Bestimmungen festsetzen soll, für Bayern und Württemberg die zuständigen Be- Hörden dieser Staaten. Hierzu beantragen die Abgg. Albrecht und Genossen(Soz.), die Gebühren der Post für Erhebung des Wechselprotestes gesetzlich festzulegen und zwar mit O.bv M., 1 M.. 1,50 M. bei Wechseln bis 200 M. bis 500 M. und darüber. Abg. Dr. Brunstermann(Rp.) erklärt die Zustimmung seiner Partei zu dem Gesetzentwurf: den sozialdemokratischen Antrag lehnen wir ab. Abg. Dr. Belzer(Z.) erklärt für das Zentrum. Abg. Quarck(natl.) für die natwnalliberale Partei die Zu- pimmung zu dem Gesetzentwurf. Abg. Lehmann-WieSbaden(Soz.): Auch meine Partei ist mit dem Gesetzentwurf im allgemeinen einverstanden, aber wir wollen mit unserem Antrag der Tendenz der Poswerwaltung, Gebühren zu erhöhen, einen Riegel vorschieben. Das Reservatrecht der Bayern wird dadurch nicht beeinträchtigt. Bei diesen kleinen Ge« bühren kommt dies wohl auch kaum in Betracht. Ich bitte Sie um Annahme des Antrags.(Bravo I bei den Sozialdemokraten.) Staatssekretär des Reichspostamts Kraetke erklärt, daß bei An- nähme des sozialdemokratischen Antrages aus verfassungs- und finanzrechtlichen Gründen das Gesetz für die Regierung unan- nchmbar würde. Unter Ablehnung des Antrags Albrecht wird der Ge- fetzentwurf in der Fassung der Kommissionsbeschlüsse ange» n o m m e n. Die Fortsetzung der zweiten Beratung des Gesetzent- Wurfs betr. Aenderung des Z 833 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (Haftung deS Tierhalters) wird auf Antrag des Abg. v. Treuen- f e l s(k.) von der Tagesordnung abgesetzt. Das Gesetz betr. den Unter st ützungswohnsitz wird in dritter Lesung debattelos angenommen, ebenso in der Gesamt. abstimmung. Es folgt die zweite Lesung deS Gesetzentwurfs betr. AbSnde- rung der Gewerbeordnung(kleiner Befähigungsnachweis). Nach den Kommissionsbeschlüssen soll der ß 126b Absatz 3 folgende Fassung erhalten: Auf Lehrlinge in staatlich anerkannten Lehrwerkstätten finden diese Bestimmungen keine Anwendung. Das Gleiche gilt für Lehr- Verhältnisse zwischen Eltern und Kindern mit der Maßgabe, daß daS Bestehen eines Lehrverhältnisses durch eine schriftliche Willens- crklärung der Eltern zu erweisen ist, die den Tag des Beginns und die Dauer der Lehrzeit enthalten muß und bei der Ortspolizei» behörde zu hinterlegen ist." Di« Abgg. Albrecht und Genossen(Soz.) beantragen statt dessen folgende Fassung;.. Die Bestimmungen, welche von der'Handwerkskammer fur vie Ausbildung der Lehrlinge erlassen sind, finden auch Anwendung auf daS zwischen Eltern und Kindern ohne Lehrvertrag begründete Lebrverhältnis. Im Falle des Fehlens derartiger Borschriften gelten die in dem betreffenden Gewerbe bei dem Abschluß von Lehrverträgen allgemein üblichen Bedingungen. DaS Lehrver- hältniS ist bei Begmn vom Lehrhcrrn der Handwerkskammer anzu- zeigen. Abg. Irl(Z.) befürwortet einen Antrag, wonach bei Lehrver- Hältnissen zwischen Eltern und Kindern der Bater oder dessen ge- setzlicher Stellvertreter den Beginn und die Dauer der Lehrzeit innerhalb der ersten vier Wochen der zuständigen Handwerks- kammer schriftlich anzuzeigen hat. Abg. Albrecht(Soz.): Der Antrag Irl entspricht ungefähr dem von uns gestellten Antrag, wir halten aber die Anmeldung des Lehrverhöltnisses bei der Handwerkskammer für besser als bei der Ortspolizeibehörde. WaS die Vorlage im allgemeinen anbetrifft, so werden wir da- gegen stimmen, zumal sie aus der Kommission nicht besser, sondern schlechter hervorgegangen ist. Wir lehnen sie selbst auf die Gefahr hin ab, daß man uns wieder wie vor zwei Jahren Feind- seligkeit gegen das Handwerk vorwirft. Herr Gamp führte da- mals aus, uns sei es nur erwünscht, wenn die Handwerker durch den Weg, den die Gesetzgebung einschlägt, um ihre Selbständigkeit kommen, und»der Sozialdemokratie in die Arme getrieben werden. Es ist ganz falsch, denn wir wären durchaus bereit, für Gesetze zu stimmen, die dem Handwerk wirklich helfen können. Wenn die Re- gierung z. B. die Ausdehnung der Versicherungsgesetze auf die kleinen Gewerbetreibenden und die kleinen Landwirte beantragen würde, so würden sie uns aus ihrer Seite finden, oder auch wenn sie statt indirekter Steuern eine direkte Reichseinkom m e n- und Vermögenssteuer einführen würde. Dadurch würde wirklich den kleinen Gewerbetreibenden geholfen. Der Vorwurf, den Herr Gamp gegen uns erhoben hat, ist so alt wie unsere Partei selbst aber er ist dadurch nicht wahrer geworden, daß er so oft wiederholt wurde.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Die Sozialdemokratie hat trotz all dieser Vorwürfe zugenommen und hat auch immer mehr die Stimmen des Handwerks bekommen. DaS Privilegium für bestimmte Handwerker, Lehrlinge auszubilden, halten wir für ziinftlerifch und werden daher dagegen stimmen. Daß die jungen Leute gut ausgebildet werden, wünschen wir na- türlich auch. Denn wenn sie das wirklich erreichen wollen, dann sorgen Sie nur dafür, daß in den Einzelstaaten gute Volksschulen eingerichtet und das Fortbildungsschulwesen obligatorisch gemacht wird. AuS den Erhebungen aber über das Handwerk geht hervor, daß von den Innungen noch nicht einmal 7 Proz. volle Fachschulen und Fortbildungsschulen eingerichtet haben. Wenn es den Herren wirklich so ernst mit der Ausbildung der Lehrlinge wäre, dann wäre dieser Prozentsatz wieder größer. Wo es sich darum handelt, Vorteile zu erzielen, sind ja die Herren stets dabei. So haben Sie z. B. beantragt, die Gesellenprüfung obligawrisch einzuführen, obgleich, bereits 95 Proz. der Lehrlinge sich ohnehin prüfen lassen. Vor zwei Jahren hatten wir noch die bürgerliche Linke in dieser Frag« des Befähigungsnachweises auf unserer Seite, früher sogar die Nationalliberalen. Aber die bürgerlichen Parteien sind in dieser Beziehung immer mehr zurückgewichen und halten c6 für notwendig, mit dem Handwerk zu liebäugeln, um seine S-inim«» bei den Wahlen z u bekommen. Vor zwei Jahren haben die Herren Gothein und Hoffmeister noch gegen den Befähigungsnachweis gesprochen, heute aber schluckt der Block alles. Dabei ist die Freundschaft der Herren, die angeblich so warm für den Handwerkerstand eintreten, in der Praxis gar nicht so groß. Ist es doch Tatsache, daß die Herren Großgrundbesitzer sich den Teufel Imrum kümmern, ob der kleine Handwerker in der Kreisstadt zugrunde geht, und wenn er zehnmal den Befähigungsnachweis erbracht hat, sie bestellen ihre Garderobe, ihr Schuhwerk usw. in der Großstadt bei den großen Spezialgeschäften, wo sie die Sachen praktischer und ebenso billig beziehen können. Man geht auf dem Lande sogar so weit, daß, während man früher beim Dorfschmied arbeiten ließ, man heute einen eigenen Hofschmied hält, d er V i e l schlechter bezahlt wird. Also die Liebe zum Handwerk ist bei den Herren nur sehr platonisch. Das Handwerk ist gegenüber dem Großkapital nicht konkurrenzfähig, daran wird auch der Be- fähigungsnachweis nichts ändern, und aus diesem Grunde stimmen wir gegen das Gesetz.(Bravo ! bei den Sozialdemokraten.) Abg. Dr. Görcke(natl.) begründet den Antrag, Lehrlinge in staatlich anerkannten Lehrwerkstätten von den Vorschriften des § 126 Abs. 3 auszunehmen: dasselbe soll auch für Lehrverhältnisse zwischen Eltern und Kindern gelten, doch soll sein Bestehen, der Tag seines Beginns und die Dauer der Lehrzeit binnen vier Wochen nach Beginn der Lehre schriftlich bei der OrtSpolizeibchörde angezeigt werden. Abg. Euno(frs. Vp.) tritt für eine etwa? andere Fassung deS Antrages Görcke ein: die Anzeige soll auch den Zweig der gewerb- lichen Tätigkeit enthalten, in welchem die Ausbildung erfolgt. Abg. Rieseberg(wirtsch. Vg.) tritt für den Antrag Euler» Irl ein. Vizepräsident Kaempf teilt mit, daß der Antrag Euler-Jrl zurückgezogen ist.(Heiterkeit.) Damit schließt die Diskussion. , Der Antrag Görcke wird mit der von Cuno beantragten Aende- rung angenommen. Es folgt die Diskussion über 8 129. Danach soll die Befugnis zur Anleitung von Lehrlingen nur denen erteilt werden, welche die Meisterprüfung bestanden haben oder fünf Jahr« hindurch per- sönlich das Handwerk selbständig ausgeübt haben oder als Werk- meifter oder in ähnlicher Stellung tätig gewesen find. Die Abgg. Albrecht und Genossen beantragen, die Befugnis jedem zu verleihen, welcher die von der Handwerkskammer vor- geschriebene Lehrzeit zurückgelegt und die Gesellenprüfung be- standen hat. Nach kurzer Debatte wird der Antrag Albrecht abgelehnt, der 8 129 in der Fassung der Kommission angenommen. § 129a bestimmt, daß dem Unternehmer eines Betriebes, in welchem mehrere Gewerbe vereinigt find, die untere Verwaltungs- behörde, und zwar in der Regel nach Anhörung der Handwerks- kammer, die Befugnis erteilen kann, in allen zu dem Betriebe vereinigten Gewerben Lehrlinge anzuleiten. Abg. Llbrecht(Soz.) befürwortet einen Antrag, die Befugnis ur Lehrlingshaltung von der unteren Verwaltungsbehörde unab- länaig zu machen, da daS zu mannigfachen Schikanen führen würde. Der Antrag Albrecht wird abgelehnt.§ 129» in der Fassung der Kommission angenommen. Bei 8 131c behauptet Abg. Rirseberg(wirtsch. Vg.), daß die Angaben des Abg. Lehmann-WieSbaden über die LehrlingSverhält- nisse in den Bäckereien, die er bei der ersten Lesung gemacht, un- richtig seien. Abg. Lehmann-WieSbaden(Soz.) hält seine Angaben in vollem Umfange aufrecht; das vom Bäckerverband heraus- gegebene Material ist einwandsfrei und gibt ein zutreffendes Bild der Verhältnisse. Abg. Irl(Z.): Wir verzichten bei der Geschäftslage des Hauses darauf, die Angriffe der Herren Sozialdemokraten, durch die sie sich im Lande nur lächerlich machen, zu widerlegen.(Bravo ! rechts, Unruhe bei den Sozialdemokraten.) Präsident Graf Stolbcrg: Sie dürfen einer Partei dieses Hauses nicht vorwerfen, daß sie sich lächerlich mache. 8 131c wird darauf in der Fassung der Kommisston ange- nommen, ebenso der Rest deS Gesetzes. Damit ist die Tagesordnung erschöpft. Nächste Sitzung: Montag 11 Uhr.(Erste Lesung der Ost- marlenzulage. zweite Lesung der Maß- und Gewichtsordnung. zweite Lesung der Teuerungszulagen.) Schluß 4% Uhr. Aoemann fiontraSimplkissimas". Am 6. April 1907 wurde vom Schöffengericht II zu Hamburg der Redakteur Hans Kaspar G u l l b r a n s s.o n vomSimplicissi- muö" wegen verleumderischer Beleidigung des Schiffsreeder» Woermann zu drei Monaten Ge- fängnis verurteilt. In der Nr. 89 deS genannten Witz- blattcs vom 22. Dezember 1906 war in Bild und Text eins Satire auf die großen Profite der Woermann-Linie enthalten. Die Ueber- fchrift des BildcS lautete:Die Witwe des Afrika- kriegers", die Unterschrift hmßt:Wir können Vätern nicht begraben. Woermann gibt die Leiche nicht raus, bis das Lagergeld bezahlt ist." Das Bild zeigt eine jung« Witwe, die mit ihrem Kinde auf einer Kiste im Hafen sitzt und traurig auf einen Woermann-Dampfer blickt, auf dem sich der Sarg mit der Leiche ihre» in Wüst-West gefallenen Mannes befindet. Wie der Angeklagte damals ausführte, sollte durch Bild und Text satirisch angedeutet werden, daß die Woermann-Linic bei dem Afrikaunternehmen nicht ganz so unglücklich sei, wie die ihr«? ManneS beraubte junge Mutter, daß die Woermann-Linie vielmehr aus ihren Liegegeldern usw. große Vorteile ziehe, wie ja auch Staatssekretär Dcrnburg im Reichstage als Sanierungsmaßregel die Tatosche der Kündigung der Verträge mit der Woermann-Linie mitgeteilt habe, was nach Ausweis des stenographischen Reichs- tagsberichts von allen Parteien mit Freuden begrüßt worden sei. Die Anträge der Verteidiger, Konrad Haußmann- Stuttgart und Dr. Braband- Hamburg , auf Vernehmung des früheren Kolonialdirektors Prinz Hohenlohe-Langenburg und des jetzigen Staatssekretärs Dernburg über die hohen Woermannprofite hatte das Schöffengericht abgelehnt, ebenso den Antrag auf Ladung des Schriftstellers Otto Ernst als Sachverständigen dafür, daß in der bildlichen nüe textlichen Darstellung das Maß einer erlaubten Satire nicht überschritten sei,weil weder im Bilde noch im Texte von den Lieferungsverträgen und den hohen Gewinnen der Woermann-Linie die Rede sei". Bild und Text bezeichnete der Vorsitzende, Amtsrichter von Lößl, als eine Gemeinheit. Neben dieser komme als straferschwerend auch der Umstand in Betracht, daß sich durch den Ausfall gegen die Woermann-Linie auch die Hamburger Kaufleute und Reeder beunruhigt und getroffen fühlen könnten. Als Norweger habe Gullbransson keine deutschen Jnter- essen wahrzunehmen, folglich könne ihm auch der Schutz des§ 193 nicht zugebilligt werden. In der schriftlichen Urteilsbegründung wurde sogar behauptet, durch Bild und Text würde eine Verhetzung deS Volkes beabsichtigt und dessen heiligste Gefühle verletzt. Gullbransson legte gegen dieses aufsehenerregende Urteil Be- rufung ein, die schon im vorigen Herbst vor der Strafkammer II zu Hamburg verhandelt werden sollte, aber ausgesetzt wurde, weil daS Gericht den in erster Instanz abgelehnten Bcweisanträgcn statt- gab. Da Dernburg inzwischen nach Ostafrika gegondelt war. konnte seine Vernehmung erst nach seiner Rückkehr erfolgen. Durch die Vernehmung deS Prinzen Hohenlohe und DernburgS soll festgestellt werden: 1. daß die Woermann-Linie mit dem Reiche vorteilhafte Ver- träge abgeschlossen hat, durch welche ihr hohe Frachtsätze, Eni- ladungskosten. Lagergebühren, sogenannte Liegegelder, für Liefe- rung von Waren nach Südwestafrika zugestanden wurden, zumal jede Konkurrenz ausgeschlossen tvar; 2. daß die Woermann-Linie dem Reiche Liegegelder für in Swakopmund und Lüderitzbucht auf den Schiffen der Woermann- Linie lagernde Waren verrechnet hat, daß diese Gelder die Höhe von 1% Millionen Mark deshalb erreichten, weil die Woermann- Linie entgegen in ihrer in einem besonderen Vertrage über- nommenen Verpflichtung die nötigen Einrichtungen, Personal und Inventar, insbesondere an Leichterschiffen nicht in genügendem Umfange beschafft und deshalb die rasche Entladung unmöglich ge- »nacht hat; 3. daß die Kolonialvcrwaltung der auswärtigen Angelegen- heiten die zu viel verrechneten Liegegelder von der Woermann- Linie im Prozeßwege, und zioar von einem neperdings vereinbarten Schiedsgericht, zurückverlangt� 9. baß Me NeichSberwaltung Me bestehenden Verträge als Ulf» vorteilhaft für das Reich und Private gekündigt hat. daß die in den Verträgen bewilligten Gebühren, Liegegelder, Entladungsgebühren, Frachtsätze usw. außerordentlich hoch sind, und daß der Abschluß dieser Verträge nur deshalb glückte, weil Reichsbeamte dabei mit- wirkten, die keine Kenntnis und Erfahrung auf dem einschlägigen Gebiete hatten; 5. daß die hohen Frachtsätze zu der außerordentlichen Steige« rung der Preise aller Waren und Lebensmittel beigetragen haben, die in den letzten Jahren in Südwestafrika eingetreten sind, und dadurch Zivil- und Militärverwaltung zu leiden hatten. In der erneuten Verhandlung, die gestern, am Sonnabend, unter Vorsitz des Landrichters Dr. Lamprecht stattsand. ist Woermann wieder durch seinen Schwiegersohn, Rechtsanloalt Dr. Hauers, vertreten, während dem Beklagten wieder die beiden genannten Verteidiger zur Seite stehen. Rechtsanwalt Haußmann bemerkt zunächst, daß der Angeklagte eine Woche vor Erscheinen der inkriminierten Nummex in die Re» daktion desSimplicissimus" eingetreten sei, aber er übernehme die volle Verantwortung für Bild und Text. Es wird sodann die Aussage des kommissarisch vernommenen Erbprinzen von Holiciilohe-Langenburg verlesen. Die Verträge seien vor seinem Amtsantritt abgeschlossen worden zu einer Zeit, als der südwestafrikanischc Krieg bereits ausgebrochen war. Andere Gesellschaften hatten ebenfalls keine günstigeren Angebote gemacht. Man hatte damit gerechnet, daß der Krieg nur von kurzer Dauer sein würde. Die Woermann-Linie habe mithin mit einem großen Risiko gerechnet. Durch die Länge des Ausstandes entstanden der Woermann-Linie größere Gewinne und eine gewisse Monopol- stellung. Ueber die Höhe und Sachgemäßheit der Liegegelder ver« möge er keine Auskunft zu erteilen. Vom Kolonialamt sind die Räte Nachtigall» Gerstmeier und von Jakobs als Zeugen erschienen. Geheimer Regierungsrat Nachtigall vom Kolonial- amt bekundet, man habe ursprünglich mit einer AusstandSdauer von einem Monat gerechnet. Wenn Woermann ein gutes Geschäft gemacht habe, so liege das an der Länge des Krieges. Die Höhe der Liegegelder sei zum Teil durch den Mangel an rollendem Material zur Wegschaffung der Waren usw. entstanden. Unter Berücksichtigung der damaligen Verhältnisse könne nicht behauptet werden, daß der Vertrag mit der Woermann-Linie ein uiworteil» hafter gewesen sei, wie auch nicht gesagt werden könne, daß Woer- mann in rigoroser Weise auf die Teuerungsverhälwisse in Afrika eingewirkt habe. Die Herabsetzung der Frachtsätze sei vielleicht durch die Konkurrenz der Hamburg -Bremer Afrikalmie erfolgt, es seien aber auch einige Tarifpositionen erhöht Ivorden. D i e Truppen mußten Liegegelder zahlen. Private nicht. Der LegationSrat Gerstmeier bejaht die oben angegebenen Punkte 1 bis 3 und erläutert in längeren Ausführungen den Schiedsspruch bezüglich der Liegegelder, wonach die Woermann-Linie verurteilt wurde zur Rückzahlung von 710 000 M. In bezug auf die Liegegelder müsse er auf den Schiedsspruch verweisen, daß aber nicht in unfairer Absicht zu viel erhoben worden sei. In der Kolonialverwaltung habe gegen die Woermann-Linie eine gewisse Animosität geherrscht, die er aber aus eigener Erfahrung mit der Woermann-Linie nicht teile. Woermann sei kein engherziger, sondern ein großzügiger Kaufmann, der allerdings die gute Kon- junkwr möglichst ausgenutzt habe. Woermann habe aus seinen Gewinnen Neuanschaffungen gemacht. Wirklicher Geheimer LegationSrat Dr. von Jakobs schildert,»vie hoch die Wassertransporte dem Reiche zu stehen gekommen sind. Der Woermann-Linie könne er keine Vorwürfe machen; sie habe vor anderen Linien keinen Vorzug gehabt. In Kapstadt seien keine Liegegelder bezahlt worden; von dort seien über 75 000 Stück Vieh von der Woermann-Linie nach Südwest- afrika transportiert»vorden. Die Mißstände, die sich beim An- stauen der Güter bemerkbar machten, seien zurückzuführen auf das mangelhafte TranZportmaterial nach dem Innern, was man aber der Woermann-Linie nicht zum Vorwurf machen könne. Das Gericht lehnt einen tveiteren Beweisantrag auf Ver- nehmung früherer Truppcnführer in Afrika ab. die bekunden sollten, daß durch die Woetnianntranspörte die Preise der wichtigsten Bedarfsartikel enorm verteuert worden seien.' Es wird noch die Aussage eines Redakteurs Schmidt- S t u t t- gart verlesen, der eine Zuschrift veröffentlicht hat, wonach für den Rücktransport des Koffers eines Offiziers an Frachtspesen 53 M. an die Woermann-Linie gezahlt werden mußten. Der Vertreter des Klägers bemerkt hierzu, daß in diesen Spesen auch die am Land« erwachsenen Ausgaben enthalten seien. In längerer Rede begründet Rechtsanwalt Haußmann bis Berufung. Die Vorinstanz habe die Satire völlig verkannt. Dem Angeklagten sei vom Unterrichter unterstellt»borden, daß ein großen Teil der Leser den Text wörtlich genommen habe. Der Vorder« richtcr habe in der Urteilsbegründung ganz neue Momente hinzu« gefügt:Die Verhetzung des Volkes, die Beleidigung der ganzeir Reederwelt von Hamburg und die Freude an der Gemeinheit, die der Tendenz des Blattes entspreche." Daß derSimplicissimus'' eine große künstlerische Bedeutung habe, dafür könne er sich auf; eine Zuschrift des in Hamburg wirkenden Künstlers Gras v. Kalk« rcuth berufen, der eventuell als Sachverständiger geladen werden könne. Als die inkriminierte Nummer erschien, seien eben die Woer- mann-Verträgc im Reichskage behandelt und von Dernburg scharf, kritisiert worden. Durch die Verträge sei das Reich ganz bedeuten!» geschädigt worden. Sie seien unter der Voraussetzung friedlichev Verhältnisse zum Abschluß gelangt. In dieser Verhandlung sei festgestellt, daß ein altes Schiff der Woermann-Linie(General")! an sieben Vichtransporten beinahe eine Viertelmillion verdient Hab«. Daher müsse auf Freisprechung erkannt werden, eventuell beantrage er eine geringe Geldstrase wegen einfacher Beleidigung. Dr. Hauers meint, das erste Urteil spreche zutreffend aus, daß es sich um eine gemeine Schmähung handle, die scharf geahndet werden müsse. Das Strafmaß sei durchaus nicht zu hoch. Es sei der Vorwurf erhoben, Woermann behalie Leichen zurück, wenn die Transportkosten nicht bezahlt würden. Ueber dies« Feststellunz könne man sich nicht hinwegsetzen. Die Strafe aus 8 187 fei ganz richtig. Unter Aufhebung des fchöffengcrichtlichen Urteils wird der Angeklagte wegen einfacher Beleidigung(Z 185) zu 500 M. Geldstrafe oder 50 Tagen Gefängnis ver- urteilt. Dieses Gericht sei der Meinung, daß nicht ein tatsächlicher Vorgang geschildert werden sollte, sondern daß es sich um eine ernste Satire handle. Daß in den Leserkreisen eine andere Auffassung über Bild und Text hervorgerufen sein könnte, habe das Gericht nicht angenommen; daher komme der Eventualdolus nicht in Frage. Der Wahrheitsbeweis für die Uebervorteilung de? Reiches durch die Woermann-Linic sei im wesentlichen nicht er» bracht. Als strafmildernd komme in Betracht, daß man Ende 1903 in parlamentarischen wie in gebildeten Kreisen der Meinung ge, wesen sei, daß die Verträge für das Reich nicht günstig waren. WitternngSüberslcht vom 2. Mai 1908, morgen» 8 llhr. filltURtn Swinembe Hamburg Sellin jjvanff.a M München ttzttn «3 a ©ä 764 SD 766 StM 764 Still 766 ND 764 SB 765 Still StÜR «- s c 5, » 11 I« 2 heiter bedeckt Nebel 1 bedeckt 5 bedeckt Regen Skitworo 8 S taparnnba 760N etcrSburg 76031 Scill» 762 O Merdeen Paris 767 D 765 Still I Wetterprognose für Sonntag, den 3. Mai 1903, EtivaS kühler, zeitweise heiter, aber veränderlich mit leichten?! schauern und schwachen nordwestlichen Winden. VertloerliSetterburkg�