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Nr. 104. 25. Jahrgang. L KtilM des Jomiirts" Kcrlim PolksbIM Dienstag, 5. Mai 1908. Reickstag. 149. Sitzung am Montag, 4. Mai, mittags 12 Uhr. Am Bundesratstisch: Sydow. Nach Erledigung einiger Rechnungssachen folgt die erste Be- ''atung eines Gesetzentwurfes betreffend einen zweiten Nachtragsetat für 1308(O st in arten- zulagen). Es werden zu außerordentlichen unwiderruflichen Zulagen für die in der Provinz Posen und den gemischtsprachigen Kreisen der Provinz Westpreußen angestellten mittleren Kanzlei- und Unterbeamten der Postverwaltung 710 000 M., der Heeresver­waltung 338 350 M. gefordert; bei der Heeresverwaltung ist die Zulage auch für die Unteroffiziere bestimmt. Abg. Schult?(Rp.) erklärt das Einverständnis seiner Freunde mit der Vorlage. Abg. Gröber(Z.): Die Regierung will die Unwiderruflichteit der Zulage für das Rechnungsjahr verstehen, in welchem sie ge- währt wird, der Reichstag versteht darunter aber die UnWider- ruflichkeit während der gesamten Anwesenheit des betreffenden Beamten in den Ostmarken. Die Zulage wird nur für die Ost- marken gefordert, während auch außerhalb der Ostmarken in vielen Jndustriegegenden Tausende von polnischen Arbeitern an den Post- schaltern polnisch zu sprechen gewohnt sind und sich hier dieselben Schwierigkeiten für die Beamten ergeben; das beweist, daß die Vorlage eine politische Tendenz hat. Wir lehnen die Vorlage ab, wir verlangen vom Beamten, daß er seine Pflicht tut, und wir verwerfen die Bezahlung einer bestimmten politischen Ge. sinnung und Betätigung: diese fördert nur die politische Ge- sinnungslosigkeit und züchtet ein charakterloses Streber. tum, ein politisches Spionage- und Denun- ziantensystem.(Lebhaftes Bravo! im Zentrum.) Reichsschatzsekretär Svdow: Auf die sachliche Begründung der Vorlage kann ich wohl verzichten, da sie auch einem Wunsch des Reichstages entspricht. Die Resolution des Reichstages forderte eine unwiderrufliche außerordentliche Beihülfc, darunter kann ctatstechnisch aber nur verstanden werden: unwiderruflich während des Rechnungsjahres. Einen politischen Zweck hat die Vorlage nicht, sondern einen wirtschaftlichen. Abg. Ortel(natl.) erklärt, daß die nationalliberale Partei der Vorlage zustimmen werde. Abg. Dr. Pachnicke(frs. Vg.): Wäre das Gebiet der Ostmarkcn- zulage noch unbetreten, so würden wir wohl auf unserem ab- lehnenden Standpunkte verharren. Nachdem aber Preußen vor- gegangen ist und nachdem durch uns die Unwiderruflichkeit in die Vorlage hineingekommen ist, wird die überwiegende Mehrzahl unserer Fraktionsgemeinschaft der Vorlage zustimmen. Einen politischen Zweck hat die Vorlage nicht, wie der Staats- sekretär selbst bewnt hat; daran halten wir uns(Lachen im Zentrum und bei den Sozialdemokraten). Wir halten es für mög- lich, die Vorlage ohne Kommissionsbcratung anzunehmen. Abg. Bruhn(Antis.) erklärt sich für die Vorlage. Abg. Brejski(Pole): In wirtschaftlicher Beziehung hat der Beamte im Osten nicht größere Aufgaben zu erfüllen, als im Westen; mit wirtschaftlichen Gründen läßt sich die Vorlage nicht rechtfertigen. Man verlangt aber von den Beamten, daß sie die von den Hakatisten gegründeten Wirts- und Gesellschaftshäuser unterstützen, und dazu will man ihnen Zulagen gewähren.(Zu- stimmung bei den Polen .) Diese Zulagen sollen Prämien auf Hakatismus sein, die wir ablehnen müssen.(Bravo ! bei den Polen .) Staatssekretär im Rcichspostamt Kraetke: Die beleidigenden Beschuldigungen des Vorredners gegen die Beamten weise ich zurück. Es handelt sich um eine Gleichstellung der Reichsbeamten mit den preußischen Beamten. Abg. Ledebour (SoO): Die Vorlage läßt den Behörden voll- kommen freie Hand, die Zulage widerruflich zu machen, ja, sie gibt ihnen dazu die Fingerzeige, In§ 3 wird ausdrücklich gesagt, daß die Zulage nicht über ein Jahr hinaus gewährt werden soll. Die Behörde ist also in der Lage, jederzeit bei Beginn eines neuen Jahres sich die Beamten, denen sie eine Zulage gewährt hat, unter die Lupe zu nehmen und sie auf ihre Würdigkeit zu prüfen. Die Zulage ist also nur unwiderruflich auf ein Jahr und nicht auf die Dauer, und das ist für die Beamten das Entscheidende. Die Beamten wissen genau, daß, wenn sie nicht die Zufriedenheit der Behörde erwerben, sie der Zulage verlustig gehen. Die Zulage wird ja auch nur bei vollständig befriedigenden dienstlichem und außerdienstlichem Verhalten gewährt.(Hört, hört! bei den Sozialdemokraten.) Ich möchte die Herren von der Re- gierung fragen, wie sie darüber urteilen würden, wenn ihnen mit- geteilt wird, daß ein Beamter außerdienstlich freundschaftlich mit Rleities f cinllcton. Leopold Schönhoff ist nach schwerem Leiden im Alter von 55 Jahren in Wiesbaden , wo er Heilung suchte, gestorben. Den Lesern desVorwärts" ist er aus der Zeit, da er unter Liebknechts Redaktion regelmäßig die Sonntagsplaudereien und in der Unter- Haltungsbeilage seine epigrammatisch knapp gehaltenen markanten Theaternotizcn schrieb, in guter Erinnerung. Er war kein eigent- licher Parteimann, ein Hang zum Eingängertum, der ihn in jeder Hinsicht charakterisierte, stand dem im Wege, aber sein aufrechter Wahrheitssinn, seine Verachtung brutaler Gcldmacht, das Volks- tümliche Empfinden, das ihm, dem Sohne armer bayerischer Land- lcute, im Blute lag, ließ ihn darum nicht weniger deutlich fühlen, auf welcher Seite hier das Recht stand. Ein Geistlicher, auf die Begabung des regen Knaben aufmerksam geworden, hatte für Leopolds Ausbildung gesorgt. Durch seine mit sicherem Blick das Wesentliche erfassenden, anschaulich darstellenden Berliner Theater- referate für dieFrankfurter Zeitung " gelangte er im Ausgang der achtziger Jahre, damals, als der zunge Naturalismus sich auf der Bühne vielverheißend zu regen begann, rasch zu bedeutendem Ruf und Ansehen, �eine Stimme wurde eine der meist beachteten. man spürte, daß eine kernige, geschlossene Persönlichkeit hinter den Urteilen stand. Indessen Schönhoff selber hatte, wohl nach dem Eindruck aller, die ihm persönlich näher traten, wenig Freude an der Anerkennung. Er, der so gut über das Theater zu schreiben wußte, hegte die denkbar geringste Meinung von dessen Wert. Die Verquickung des Künstlerischen mit der geschäftlichen Spekulation, das ganze Drum und Dran gedankenloser Schaulust und eitlen Luxusgepränges widerten ihn, dessen Einsamkeitstricben die auf- gezwungene Geselligkeitsform des Bühnenkunstgenusses von vorn- herein antipathisch war, dermaßen an, daß er auch an dem mit unterlaufenden Guten kaum mehr rechte Freude empfinden konnte. Er liebte, seinen Groll gelegentlich in scherzhaft grotesken Ueber« treibungen Luft zu machen und erging sich dann vor den verdutzten Hörern in der Ausmalung eines sozialistischen Zukunftsstaates, in dem gleich nach der Abschaffung der Bourgeoisie auch die der Theater dekretiert sein würde. So galt ihm seine eigene Tätigkeit als wert- und nutzlos, und diese Ansicht bestärkte, da er nichts anderes mehr ergreifen zu können glaubte, die Neigung zur Hypochondrie, die immer schwerer lastend ihn umfing. Die wochenlanß-n Fuß- Wanderungen, die er in jedem Sommer unternahm, boten ihm wider den Druck solcher trüben Stimmungen zum Glück ein- gewisse? Gegengewicht. Da fand er wandernd Kameradschaft, wie er sie wünschte, Menschen, die von der Scheinwelt des Theaters, der Literatur und all dem nichtigen, wichtig tuenden Gerede über derlei Dinge nie berührt worden waren. Bauern und Handwerksburschen, die vom wirklichen Leben, wie sie es mit ihren eigenen Augen ge­Polen verkehrt, z. B. mit Herrn Brejski. Nach den Erfahrungen, die wir gemacht haben, würde diesem Beamten die Zulage cnt- zogen werden, denn es sind schon Beamte gemaßregelt worden, nur weil sie an einem Tisch sitzend mit Sozialdemokraten getroffen wurden. Wir haben ja auch stets gehört, daß all die Schikanen beim Bestellen von Briefen und Paketen mit polnischer Aufschrift zur treuen Pflichterfüllung eines deutschen Beamten in den Ost- marken gehören. Also für so naiv halte ich keinen von Ihnen, daß er wirklich im Innersten seines Herzens glaubt, daß irgendein deutscher Beamter in den Ostmarken, der sich nicht voll und ganz in den Dienst der Ostmarkenpolitik stellt, die Zulage erhalten könnte. Die Behauptung, daß die Vorlage gar nicht den Zweck habe, die Germanisation zu fördern, ist vollkommen unhaltbar. Die Zulage wird ja nur in den Provinzen der Ostmarken gewährt, in denen der überwiegende Teil der Bevölkerung polnisch ist. Diese Landesteile will man eben germanisieren. Nach allen Erfahrungen, die man nicht nur in Deutschland , sondern bei allen kulturell einigermaßen entwickelten Ländern gemacht hat, pflegen obrigkeit- lichc Eingriffe zugunsten einer bestimmten Partei oder Bevölke- rung immer diejenigen Bevölkerungsteile zu schädigen, zu deren Gunsten angeblich die Regierung eingreift. Zweifellos ist, daß das Beamtentum durch solche Maßnahmen völlig korrumpiert wird. Würden denn Sie(nach rechts) es nicht sämtlich als eine Schande empfinden, wenn Sie für eine derartige Tätigkeit, wie sie von den Beamten hier verlangt wird, prämiiert würden?(Unruhe rechts.) Gerade darin liegt ja vom deutschen Standpunkt aus der schwere Mißgriff, daß durch alle diese sogenannten Germanisationsmaß- regeln die EntWickelung des Deutschtums, die EntWickelung der deutschen Bevölkerung nicht gefördert, sondern gehemmt wird. Sie werden nur dasselbe erreichen, was in der Zeit der bureaukratischen Germanisationsbestrebungen in den deutsch -österreichischen Pro- vinzen erreicht worden ist, wo unter den Tschechen, Slovcnen und anderen Volksstämmen eine starke Opposition gegen das Deutschtum hervorgerufen und das Gegenteil von dem erreicht wurde, was man wollte. Nach aller völkcrpshchologischen Erfahrung ist es ganz zweifel- los, daß durch die Versuche, die Polen künstlich zu germanisieren, der umgekehrte Erfolg erreicht werben muß. Die Polen werden von allen Aemtern ausgeschlossen, sie sind genötigt, sich lediglich auf die wirtschaftliche Tüchtigkeit zu stützen und dadurch wird mit ihr wirtschaftlicher Aufschwung bedingt. Anderer- scits muß sich das Nationalgefühl, das Nationalbewußtsein der Polen entwickeln, ihre Empörung gegen die sprachliche Unter- drückung, ihre Leidenschaften müssen sich unter einer solchen Ver- folgung viel intensiver entwickeln. Also die kulturelle und Wirt- schaftliche EntWickelung der Polen wird gefördert, die der Deutschen , welche sich nicht auf die wirtschaftliche Tüchtigkeit verlassen, sondern nach der Begünstigung durch die Regierung schielen, geschädigt. Einem feinempfindenden Beamten wird es ger«dezu unmöglich gemacht, unter solchen Verhältnissen in die Ostmarken zu gehen. Ein Beamter von Ehrgefühl und Freiheitsgcfühl wird geradezu aus den Ostmarken herausgetrieben. Präsident Graf Stolberg: Sie dürfen nicht sagen, daß die Re- gierung sich Mühe gibt, Beamte, welche Ehrgefühl haben, heraus- zutreiben. Ich rufe Sie zur Ordnung. Abg. Ledebour (fortfahrend): Jedenfalls wird die Wirkung dieser Politik notwendigerweise dahin führen, feinfühligen Bc- amten es nahezulegen, sich von den Ostprovinzen nach den West- Provinzen versetzen zu lassen. Im Interesse der Ehre und des An- sehens des deutschen Volkes werden wir bei jeder Gelegenheit gegen eine solche Politik stimmen.(Lebhaftes Bravo! bei den Sozialdemokraten.) Abg. Frhr. v. Gamp(Rp.): Herrn Ledebour erwidere ich, daß ich als Postbeamter die Ostmarkenzulage nicht gern nehmen würde, ich würde eben nicht gern in den Ostmarken Beamter sein, um nichts mit den Polen zu tun zu haben.(Abg. Ledebour: Das ist aus- weichend!) Damit schließt die Diskussion; die Verweisung an eine Kam- Mission ist nicht beantragt. Es folgt diezweiteBeratung des Entwurfs einer Maß- und Gewichtsordnung. Die§§ 1 bis 5 werden debatte- loS angenommen. Die ZZ 6, 7, 8, 9 und 14 werden zusammen be­raten. In den 6 bis 9 wird in der Hauptsache bestimmt, daß zum Messen und Wägen im öffentlichen Verkehr nur geeichte Maße, Gewichte und Wagen benutzt werden dürfen, daß Förderwagen und tördergefätze im Bergwerksbetriebe, soweit sie zur Ermittelung des rbeitslohnes dienen, der Neueichung bedürfen, und daß endlich Wein, Obstwein und Bier bei faßweisem Verkauf nur in geeichten Fässern verkauft werden darf. Eine Ausnahme findet nur bei ausländischen Originalgebinden statt.§ 14 zählt die Maße auf, die zur Eichung zugelassen sind. Die Abgg. A l b r e ch t(Soz.) und Genossen beantragen, daß auch im nichtöffentlichen Verkehr benutzte Maße geeicht werden schaut, beim Marschieren und dann im Kruge ihm erzählen konnten. Das erfrischte ihn, und mit wunderbarer Treue haftete jeder Ein- druck der Reise ihm im Gedächtnisse. Schade, daß er so wenig von seinen Erlebnissen und Reflexionen auf diesen Streifereien als Journalist berichtet hat. Hier würde sich die originelle Sonderart seines Wesens am fruchtbarsten entfaltet haben, wenn er, was freilich mit zu diesem Wesen gehörte, die Scheu, von dem Persön- lichen. Intimen zu reden, hätte überwinden können. ät. Der selige Goethe-Bund beging am Sonntag in Berlin eine kleine Totenfeier zur Erinnerung an sich selber. Verschiedene Goethe-Bünde hatten dazu Vertreter entsendet und verschiedene der Intellektuellen, die vor acht Jahren an der Seite der Sozial- demokratie die Lex Heinze wacker bekämpft hatten, suchten vor erlesenem Publikum nur Mitglieder hatten Zutritt so etwas wie Proteststimmung zu erzeugen. In Preußen geht ja der Stoff dazu nicht aus. Aber die Goethe-Bündler haben keinenKredlt mehr, man traut keinen Protesten, die nach vollbrachter Tat(vergl. die Liegnitzer Bücherversolgung) erst mühsam präpariert werden müßten. Man hätte die Herren nicht bemühen sollen. Der Goethe-Bund war tot und ist durch die Exhumierung jetzt nicht lebendiger geworden. In Deutschland gibt es keine Jntellektuellenbewegung. Man kann die Reaktion auf dem Gebiete der Kunst und Kultur nicht als Einzel- erscheinung bekämpfen. Sie gehört zum System. Und dies System wird von denselben Blockleuten gestützt, die als Goethe-Bündler sich darüber ereifern. Herr Naumann suchte bei der Gelegenheit den Gebildeten ins Gewissen zu reden, endlich politisch zu werden und da einzusetzen, wo es not tut, beim preußischen Wahlrecht zum Bei- spiel. Herr Naumann kann von Glück sagen, daß seine Hörer so wenig polittsch waren, sie hätten ihn sonst ausgelacht.... Der Goethe-Bund war eine Illusion, vielleicht eine schöne, wie ich als Mitbegründer einmal geglaubt habe, er ist jetzt längst eine Parodie seiner selbst geworden.(Womit nichts gegen das Wirken einiger Ortsgruppen gesagt sein soll, die ihre Aufgaben noch ernst nehmen.) In Berlin und München , von wo er ausging, blieb keine Spur zurück, die noch von ihm zeugte. Aber so ruhmlos dieser Jntellektuellenaufstand geendet hat. eine Lehre hinterließ er uns: daß die Freiheit von Kunst. Wissenschaft und Kultur nur im poli- tischen Befreiungskämpfe zu erringen ist, und daß dieser nicht von denIntellektuellen" rsoliert, sondern nur mit der Sozialdemokratie geführt werden kann, wenn sie nicht vorziehen, weiter ohnmächtig oder auch die Düpierten der bürgerlichen Schönredner zu bleiben. T. Ludwig Thema in Harburg . Die Harburger Verwaltungsstelle des Deutschen Metallarbeiterverbandes wollte am_ 1. Mai einen UnterhaltungSabend veranstalten und dabei auch ein Paar Proben Thomascher Erzählungskunst vortragen lassen. Indes die Harburger Polizeidirektion hatte ihre eigene Auffassung von dem, was preußischen Untertanen zur Unterhaltung und Ergötzung frommt. Sie hielt müssen, ferner daß Förderwagen und Fördcrgefäße, die im Berg- Werksbetriebe zur Ermittelung des Arbeitslohnes dienen, auch der Nacheichung bedürfen. Die Abgg. Dr. Delbrück(frs. Vg.) und Gneossen beantragen. daß Gewichte, welche dem vierten und dem achten Teile des Kilo- gramms entsprechen, nicht zuzulassen sind. Abg. v. K a p h e n g st(k.) beantragt, daß Bier auch beim Ver- kauf in Flaschen, Glasballons, Krügen und Syphons nur in solchen Gefäßen überliefert werden darf, welch« auf ihren Raumgehalt geeicht sind. Abg. Sachse(Soz.) begründet die sozialdemokratischen Anträge. Wir halten es für ungerecht, daß nur im öffentlichen Verkehr ve- nutzte Gewichte geeicht werden sollen, während in den landwirt- schaftlichcn Betrieben sogenannte Hausschlachtungcn vorgenommen werden und auch in anderen Betrieben ungceichte Maße verwendet werden können. Unser Antrag entspricht der früheren Regierungs- Vorlage, und ich bitte Sie dringend, das Wortöffentlich", das in ihr nicht enthalten war, wieder zu streichen. Den Bundesrat möchl»- ich ersuchen, auf keinen Fall einer Anregung des Herrn Abg. Engelen zu folgen, die'er einmal dahin gegeben hat, daß die englischen Maße ausnahmsweise in gewissen Fabrikbetrieben, insbesondere der Textilindustrie, zugelassen werden sollen. Di« Arbeiter fühlen sich" dadurch beschwert, weil sie di« englischen Maße nicht so kontrollieren können, wie die deutschen . Unseren weiteren Antrag auf Nacheichung von Förderwagen und Fördergefätzen, die im Bergwerksbetriebe zur Ermittelung des Arbeitslohnes dienen, haben wir gestellt im Hinblick auf die viel- fachen Betrügereien» die in den Bergwerken zuungunsten d«r Ar- bciter mit nicht geeichten Gefäßen vorgenommen worden sind. Schon im jetzigen preußischen Berggesetz ist die Ncueichung solcher Gefäße vorgeschrieben, aber es kommt häusig vor, daß der Raum- inhalt der Gefäße sich beim Gebrauch durch Verbiegen usw. ver- ändert, und die Arbeiter verlieren dann an Arbeitslohn. Diese Betrügereien sind früher soweit gegangen, daß sie vor 25 Jahren im Ruhrgebiet sogar zu Krawallen geführt haben. Ich erinnere an den Krawall auf der ZecheGermania ". In Oberschlesien sind sogar auf einer fiskalischen Grube falsche Eichungen festgestellt worden.(Hört! hört!) Daher ist die Nachcichung dringend not- wendig. Die Bedenken, die man gegen unseren Antrag geäußert hat, sind hinfällig. Wenn große Werke in Betracht konlmen, die Tausende von Wagen haben, so kann die Prüfung so eingerichtet werden, daß von Monat zu Monat eine bestimmte Nummerzahl geprüft wird. Den Antrag Delbrück bitte ich Abzulehnen. Die K Pfundgewichte sind notwendig, weil vielfach Betrügereien im Kleinhandel damit vorkommen, daß statt 125 Gramm ein Hundert- und ein Zwanziggrammstück auf die Wage gelegt werden..(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Abg. Doormann(frs. Vp.): Den Antrag Albrecht, das Wort öffentlich" in 8 6 zu streichen, werden wir ablehnen, ebenso den Antrag Albrecht betreffend der Nacheichung. Wir können unsere Bedenken wegen der Neucichung der Förderaefäße zurück- stellen, weil im Allgemeinen Bergwerksgesetz von 1892 Bestimmungen getroffen sind, die fast gleichbedeutend sind mit der Forderung der Neucichung. Oberbergrat Meißner: Den Antrag Albrecht und Genossen auf Nacheichung der Fördergefäße bitte ich abzulehnen, da sie praktisch undurchführbar ist. Freilich sind Unrichtigkeiten vorge- kommen, aber nicht aus betrügerischer Absicht der Bergwerksvcr- waltungen. Ganz besonders weise ich zurück, daß betrügerische Versuche auf fiskalischen Gruben vorgekommen sind. Der Antrag Albrecht und Genossen bedeutet nicht eine Verbesserung der Lage der Arbeiter, sondern eine Erschiverung des Betriebes. Abg. Freiherr v. Gamp(Rp.): Auch ich bemerke Herrn Sachse, daß von Betrugsversuchen gar keine Rede ist. Die Durchführung des Antrages Akbrecht und Genossen würde eine maßlose Belästi- gung des Betriebes bedeuten. Abg. Neuner(natl.): Die gegenwärtige Fassung des 8 6 ist klarer und besser, als die von den Sozialdemokraten beantragte. In§ 14 beantragen wir, ausdrücklich auszusprechen, daß als Körpermaße die für den Verkauf von Wein, Obstwein und Bier angeführten Fässer nicht anzusehen sind. Direktor im Reichsamt des Innern v. Jonquieres wendet sich gegen die beantragten Acnlderungen. Abg. Raab(Wirtsch. Vg.) begründet einen Antrag, im 8 9 überall stattWagen" zu schreibenWaagen" und wendet sich gegen den sozialdemokratischen Antrag. Abg. Gothein(frs. Vg.): Der Antrag Albrecht über die Eichung der Fövderwagen und Fördergefäße ist unpraktisch. Um aber den berechtigten Beschivcrden der Bergarbeiter abzuhelfen, beantrage ich, dem§ 7, welcher die Neueichung von Förderwagen und Förder- gefäßen vorschreibt, soweit sie zur Ermittelung des Arbeitslohnes dienen, die Bestimmung hinzuzufügen, daß die Eichung bei jeder Ludwig Thoma für einen elenden Skribenten, bereit und fähig, die öffentliche Sittlichkeit zu verletzen oder aber sie wollte diesem verdächtigen Kerl zeigen, daß man sich in Preußen von dergleichen Leuten nicht imponieren läßt. Und so verbot sie auf Grund deS§ 5 der Polizeiverordnung in Preußen gibt's für alles, was das Gesetz zufällig noch erlaubt, immer eine Polizeiverordnung, die eS verbietet den Vortrag von Assessor Karlchen" undAmalie Mettcnleitner". So kamen die Harburger Genossen um den Genuß, von Thomas' bayerischem Humor zu kosten. Die Polizei aber tat nur ihre Pflicht, die preußische Kultur bor bajuvarischer Unfittlichkeit zu bewahren. Humor und Satire. Der reich sie Fürst.(Frei nach Justinu» Kerner.) Preisend mit viel schönen Reden, Ihrer Länder Wert und Zahl. Saßen auf der Wiener Hochburg Deutsche Fürsten jüngst beim Mahl. Herrlich ist mein Reich wie Babel", Sprach das Jubiläumskind. Völker Hab' ich mehr und Sprachen, Als in Ungarn Läuse sind." Hoch das Wahlrecht", rief der Preuße. Das die Stimmen sorglich wägt Und das Amt des Legislators Auf die starken Schultern legt!' Doppelt hält", sprach derWettiner, Ein zwiefach genähtes Kleid. Darum haben wir m Sachsen Doppelte Gerechtigkeit." Feierlich zuletzt erhob sich Der von Mecklenburg vom Sitz: Habe nicht Moral, noch Wahlrecht, Noch die doppelte Justiz. Doch ein Kleinod blieL mir' Aermsten, Drob Ihr all mich glücklich preist: Weiß nicht bis zum heut'gen Tage, Was Ihr Herrn Verfassung heißt l" Heil Da riefen miteinander Preußen, Sachsen , Oesterreich: «Mecklenburg , Ihr seid der Reichste! Wären alle wir Euch gleich I" (Edgar Steiger im.SimplicissimuS'.) Notizen. Theaterchronik. AIS nächste Premiere wird das Deutsche Theater Herbert EulenbergS Schauspiel Ulrich. Fürst von Waldeck" am Sonnabend, den 16. Mai» aufführen. Eine Stiftung für das Völkerkundemuseum zu Berlin hat der in EberSwalde verstorbene Prof. Artur Bäßler errichtet, AuS den Zinsen eines Kapitals von 1 250 000 M. soll eine Bibliothek für Ethnographie begründet und eine Zeitschrift für volkskundliche Forschungen erhalten sowie Expedittonen und Neu- anschaffungen bestritten werden. Ferner wurde eine frühere Stiftung BäßlerS um 150 000 M, erhöht. Die Sammlungen des Verstorbenen. zu der eine reiche Sammlung peruanischer Altertümer gehört, Waren dem Museum schon früher geschenkt worden.