Reparatur zu wiederholen lst, dke eine wesentliche Veränderung deS ?laiuninhalts zur Folge haben könnte. Abg. Sachse lsoz.): Ter Antrag Gothein bedeutet keine Ver- bcsserung gegenüber dem Gesetzentwurf. Ich bitte daher, unseren Anträgen zuzustimmen. Tie Berufung des Abg. Doormann auf das Allgemeine Berggesetz von 18S2 ist hinfällig, denn es wird im ganzen Kohlenbergbau nicht nach Gewicht bezahlt, das geschieht nur im Erzbergbau Deutschlands . Es handelt sich um sehr wesent- liche Mengen, die nicht bezahlt werden, um 2 Bis 3 Zentner pro Wagen, also bei einer Förderung von 20 bis 30 Wagen um eine sehr beträchtliche Schädigung der Arbeiter. Ich habe mit Recht von Betrug gesprochen, und der Bergbehörde kann ich den Vorwurf nicht ersparen, daß sie die Schweinereien geduldet hat.(Zustim- mung bei den Sozialdemokraten.) Der Regierungsvertretcr hat selbst zugegeben, datz unsere Angaben wahr sind, und meint, Be- strafungen sind nicht erfolgt, weil ein absichtlicher Betrug nicht nachgewiesen war. Auch auf fiskalischen Gruben sind Gewichts- unterschiede zum Nachteil der Arbeiter vorgekommen; die Berichte hierüber lege ich auf den Tisch des HauseS nieder. Unser Antrag ist also nicht durch Hetzerei entstanden, sondern weil sich schwere Mängel herausgestellt haben.(Zustimmung bei den Sozialdemo- kratcn.) Damit schließt die Diskussion. Die Anträge v. Kaphengst(zu 8 Sa), Delbrück (zu§ 14) werden zurückgezogen, die§§ 6, 7, 8, 9, 14 werden unter Ablehnung aller Abänderungsanträge nach den Beschlüssen der Kommission angenommen. Desgleichen die folgenden Para- graphen. Di« ZZ 18 und 23 werden zusammen beraten. § IS bestimmt, daß die Eichämter staatliche Behörden sind und daß bestehende Gcmcindeeichungsämter widerruflich weiter gestattet werden können. Die Abgg. Albrecht(Soz.) und Genossen beantragen, zu sagen:„Die Eichämter sind staatliche oder kommunale Behörden" und weiter zu bestimmen:„Für die Gcmeindeeichämtcr gelten die gleichen Bestimmungen wie für die Staatseichämter". 8 23 bestimmt, daß die Vorschriften über die Organisation der' Eichbehörden nicht vor dem 1. Januar 1912 in Kraft treten sollen. Hierzu beantragen die Abgg. Alb recht(Soz.) und Genossen, 1910 statt 1912 zu setzen. Abg. Detto(natl.) begründet einen Antrag zu 8 18, den Gemeinden die Beibehaltung ihrer Eichämter zu gestatten. Abg. Stolle(Soz.) begründet den sozialdemokratischen Antrag. Die kommunalen Eichungsämter bestehen seit vielen Jahren und haben bewiesen, daß die Nacheichung ebensogut von den Kommunal- beamten ausgeführt werden kann wie von den staatlichen Beamten. ES liegt daher gar kein Grund vor, die kommunalen Eichungs- ämter, die ihr« Pflicht voll erfüllt haben, zu beseitigen. Davon, daß die Einheitlichkeit des Eichwescns durch das Bcstchenblcibcn der Kommunalämter irgendwie gefährdet werden könnte, kann gar keine Rede sein, da für die kommunalen Beamten genau dieselben Vorschriften gelten wie für die Beamten in den staatlichen An- stalten. Die anderen vorliegenden Anträge gehen uns nicht weit genug. Im Interesse der Gemeinden und der Industrie bitte ich Sie dringend, unseren Antrag anzunehmen.(Bravo I bei den Sozialdemokraten.) Staatssekretär v. Vethmann-Hollwcg: Auf die Einzelheiten der Materie will ich nicht eingehen, sie sind in der Kommission des vorigen Reichstages eingehend dargelegt worden. Man hat an- erkannt, daß die Nacheichung, welche den Angelpunkt der Vorlage bildet, nicht ohne Verstaatlichung der Eichbehörden durchgeführt werden kann. Die Anträge der Sozialdemokraten und auch der Antrag Detto sind für die verbündeten Regierungen unannehmbar. Abg. v. Gamp(Np.): Wir haben keinen Anlaß, ein Hoheits- recht des Staates den Gemeinden zu überlassen. Abg. Everling(natl.) zieht den Antrag Detto zurück. Sächs. Bundcsratsbevollmächtigtrr Fischer: Meine Regierung muß jedem Antrage widersprechen, der geeignet wäre, die Verstaat- lichung der Eichämter hitlauözuschicben. Schon jetzt hat die sächsische Regierung mit Rücksicht auf die bevorstehende rcichsgesetzliche Regelung auf verschiedene Reformen vorläufig verzichtet. Abg. Stolle(Soz.): Das Wohlwollen, von dem der Vorredner gesprochen hat, erfährt eine eigentümliche Beleuchtung durch die Klagen auch von nationallibcralcr Seite. Wenn Herr Fischer in Sachsen an leitender Stelle stände, wäre es vielleicht anders. (Heiterkeit) Redner befürwortet nochmals den sozialdemokratischen Antrag. Geben Sie(nach recht») doch nicht vor einem Stirn- runzeln des Bundesrats Ihre Grundsätze preis.(Bravo ! bei den Sozialdemokraten.) Die§Z 15 bis 18 werden unter Ablehnung des sozialdemokra. tischen Antrags unverändert angenommen, desgleichen nach un- wesentlicher Debatte der Rest des Gesetzes. Die vorliegenden Petitionen werden für erledigt erklärt. Das HauS tritt in die zweite Lesung deS NachtragS- ieta tS betr. die Teuerungszulagen ein. Die Kommission beantragt eine Resolution, in der die Er- Wartung ausgesprochen wird, daß �ür die in den Reichsbetricben beschäftigten Handwerker, Arbeiter und Hülfsarbciter im Laufe deS Rechnungsjahres eine angemessene Erhöhung der Bezüge ein- treten werde. Abg. Erzberger(Z.): Es herrscht jetzt ein eigcnartrger ModuS zwischen Reichstag und Bundesrat. Wenn eine Vorlage an den Reichstag kommt und dieser die Vorlage erweitern will, erklärt der Bundesrat einfach: dann ist der Entwurf für uns unannehmbar. Wie kommt der Bundesrat zu dieser Haltung? Hiergegen müssen wir umsomehr protestieren, als die Gefahr vorliegt, daß auch bei der Vorlage über die Gehaltsaufbesserung der Beamten dasselbe geschehen wird. Ich bedaure, daß cS nicht gelungen ist, auch nur die minimalen Verbesserungen, die wir in der Kommission be- antragt haben, in daS Gesetz hineinzubringen. Reichsschatzsekretär S«d»w: Der Vorredner meint, wenn die Regierung von vornherein erkläre, wie weit sie gehen könne, so liege darin eine Dcgradierung des Reichstages. Da» ist nicht der Fall. Wenn hier eine Stellungnahme der Regierung schon von vornherein erfolgt ist, so liegt darin vielmehr eine Rücksichtnahme auf den Reichstag.(Lachen im Zentrum und bei den Sozialdemo- kraten.) Abg. Beck-Heidelberg(natl.): ES ist Schuld der Regierung, daß wir den mangelhaften Weg der Teuerungszulage in diesem Jahre wieder beschreiten müssen. Auch unsere Wünsche gehen über die Regierungsvorlage hinau»; wenn wir sie zurückstellen, so hat uns dazu nicht das„Unannehmbar" der Regierung veranlaßt, sondern d,e sachlichen Einwendungen der Regierung.(Zustimmung bei den Nationalliberalen, Lachen im Zentrum und bei den Sozialdemo- kraten.) Abg. Frhr. v. Richthosen(k.): Wir erkennen die praktischen Be- denken gegen die Amendierung der Vorlage an, da doch nicht mehr zu erreichen ist und werden für die Vorlage stimmen. Abg. Eickhoff(frs. Vp.): Die Hoffnung, die Vorlage in der Kommission auszugestalten, hat sich leider al» trügerisch erwiesen. Es ist nicht einmal gelungen, d»n Beamten die Teuerungszulage zu sichern, die am 1. April v. I. keine Gehaltszulage erhalten haben und deren Ausschließung von der diesmaligen Zulage ganz unbegründet ist. Die Schuld de» Reichstages ist es nicht» wenn nicht mehr zu erreichen war. Abg. Becker-Köln(Z.) bedauert, daß die Arbeiter in den Reichs- betrieben keine Zulage erhalten. Schatzsekretär Shdow betont, daß die Löhne dieser Arbeiter und Handwerker erhöht worden sind, als von der Erhöhung der Be. amtenjjehälter noch kein« Rede war. Die Regierungen werden auf dem eingeschlagenen Wege nach Bedürfnis diese Löhne zu erhöhen Hrtfahren. Nach weiteren Bemerkungen der Wag. Will(Z.), Truhn (Antis.) und Frhr. v. Gamp(Rp.) schließt die Debatte. Die Vorlage wird unverändert angenommen, ebenso die Re- Solution. Hierauf vertagt sich das HauS.. Nächste Sitzung Dienstag 11 Uhr.(Kleinere Vorlagen, 2. Lesung der Dampfersubvention, der Kolonial- bahn, der Ostmarkenzulage und der Vorlage be- treffend Haftung des Tierhalters. Auf Antrag des Ab- geordneten Hoch(Soz.) wird auch noch die Vorlage betr.§ 63 des Handelsgesetzbuches auf die Tagesordnung gesetzt.) Schluß 7 Uhr._ lieber den Verlauf der liialfeier im Reiche liegen noch eine Anzahl Meldungen vor, die durchweg er- kennen lassen, daß überall da, wo Proletarier für ihre wirtschaftliche und politische Befreiung kämpfen, die Maifeier würdig und wirkungs- voll begangen wurde. In Tegel hatten sich zur Vormittagsversammlung 200 Ge- Nossen eingefunden, die den Ausführungen des Referenten K u b i g- Pankow lebhaften Beifall spendeten.— In Wilhelmsruh sprach in einer gutbesuchten Abendversammlung Genosse Franz Schneider- Berlin . Die Genossen von Mühlenbeck-Buchhorst hatten eine Abendfeier veranstaltet, in der Genosse Wilhelm N i t s ch k e die Festrede hielt.— Finsterwalde sah am Vormittag einen stattlichen Zug, der sich durch die Hauptstraßen nach dem Versammlungslokale bewegte, wo der Kandidat des Kreises, Genosse S ch u b e r l, die Festrede vor etwa 800 Teilnehmern hielt. Zu den Abendveranstaltungen hatten sich an 2000 Personen eingefunden. Die Polizei hatte in rührender Für- sorge die Aufführuug lebender Bilder sowie den Tanz verboten.— Auch im Wahlkreise Züllichau-Sommerfeld-Krossen, einem fast durchweg ländlichen Kreise, fanden in mehreren Orten gut besuchte Versammlungen statt.— Die noch vor- liegenden Berichte au? den übrigen Gauen Deutschlands lassen fast durchweg einen erfreulichen Fortschritt der Arbeitsruhe erkennen. Sie zeigen, daß der Gedanke der Maifeier sich un- auSlöschlich in dre Herzen der Proletarier eingeprägt hat und daß keine Drohungen deS Unternehmertums imstande sind, die fort- schreitende Erkenntnis der Notwendigkeit der Arbeitszeitverkürzung lind der Schaffung wirklicher Arbeiterschutzgcsetze hintanzuhalten. Außerordeutliche Gentralverfammlullg des„Verbandes junger Arbeiter und Arbeiterinueu Veutschlands". D a r m st a d t, S. Mai. Die Teilnehmer der Generalversammlung erörterten vormittags in einer nicht öffentlichen Aussprache die auf der Tagesordnung stehenden Punkte. Die Generalversammlung selbst wurde nachmittags bald nach 2 Uhr vom Vorsitzenden deS Verbandes, Genossen Körner- Mannheim eröffnet. Im Namen der Generalkommiision der Ge- werlschaften Deutschland ? begrüßte sodann Genosse Robert Schmidt- Berlin die Generalversammlung. Wenn auch der Anlaß, an dieser Sitzung teilzunehmen, um die durch das ReichSvereinS- gesetz geschaffene Lage zu besprechen, lest, angenehmer sei, so sei doch nicht daran zu zweifeln, daß man neue Wege finden werde, um die Aufgaben, die sich die Organisation der„Jungen Garde" gestellt hatte, zur Ausführung zu bringen. Er hoffe, daß sich die Geiverkschaften künftig mehr ocr Jugendagitation annehmen werden, um die enge Verbindung dieser Bewegung mit der Gewcrk- schaft herbeizuführen. Der nächste Gewerlschaftskongreß wird sich mit der Frage beschäftigen. Im gleichen Sinne entbot hierauf namens deS ParteivorstandeS der Parteisekretär Genosse Müller- Berlin die Grüße der Partei. Der beste Beweis, daß der»Verband junger Arbeiter und Arbeite- rinnen" Gutes geleistet habe, sei in der Quittung zn sehen, die Re« gierung und bürgerliche Parteien mit der gegen die sozialdemokra- tische Jugendbewegung gerichteten Bestimmung deS neuen Vereins- aesetzeS dem Verbände erteilt habe. Indes sei schon so viel zu sagen, daß bei allen Unbequemlichkeiten, die der neue Zustand zuerst verursache, eS der Reaktion nicht gelingen werde, die junge Saat zu vernichten. Der Partcivorstand werde dafür sorgen. daß sich der Nürnberger Parteitag mit der Jugendagitation beschäftigen werde, und es werde sicherlich dahin kommen, daß der von den Gegnern gegen uns geführte Schlag sich als ein Schlag ins Wasser erweisen werde. Wie die Partei sich nach Erlaß des Sozialisten- gesetzeS den Verhältnissen angepaßt und doch nicht die prinzipielle Aufklärung wie die politische Arbeit vernachlässigt, dadurch auch die Mittel gefunden habe, das Sozialistengesetz schließlich zu überwinden, so werde auch jetzt die Folge des neuen Ausnahmegesetzes sein, daß schließlich die„Junge Garde" und die Partei den Urhebern der neuen Bestimmungen DanleStelegramme werden senden können. Nachdem begrüßte noch Genosse Schäfer- Mannheim namens des Landesvorstandes der badischen Sozialdemokratie und Genosse Rupprccht- Darmstadt namens der hessischen Landespartei die Generalversammlung. Vertreten sind 33 Orte mit 51 Delegierten. Genosse Körner erstattet den Bericht des HauptvorstandeS. Danach zählte der Verband am 30. September 1900 83 Ortsgruppen, zu denen in der Zwischenzeit 81 neue kamen, während sich 22, meist in kleineren Städten, lvieder aufgelöst haben. Ein« Ortsgruppe wurde polizeilich ausgelöst, während 11 andere Organisationsformen annahmen. Gegenwärtig hat der Verband 85OrtSaruppenundinsgesamt zirka 4övOMitglieder, davon 250 weibliche. Eine Umfrageim vorigen Jahre hat ergeben, daß etwa zwei Drittel der Mitglieder weniger wie 18 Jahre alt seien. Die Presse habe eine bedeutende Verbreitung gefunden; in Dresden z. B. seien aus den 200 Abonnenten, die die Zeitung dort anfällglich hatte, 2000 geworden. An Broschüren wurden 4119 Stück durch den Verband verkaust. Alles in allem sei zu sagen, daß der Verband mit Erfolg gearbeitet habe. Genosse Fries erstattete hierauf den Kassenbericht. Einschließ- lich eines Kassenbestandes von 103,33 M. am 21. September 1900 hatte der Verband seitdem eine Einnahme von insgesamt 0652,74 M. — darunter 4019,25 M. aus Marken und 1248,89 M. für die»Junge Garde"—, hingegen eine Ausgabe von insgesamt 0197 M.— darunter 8210 M. Druckkosten der„Jungen Garde" und 998,77 M. Porto—, so daß noch ein Kassenbestand von 454,75 M. ultimo März vorhanden war. Zum Hauptpunkt der Tagimy, zum ReichSvereinSgesetz. führte der Referent, Genosse ReichstagSabg. Dr. Frank-Mannheim aus. daß wir nicht die gewünschte Einhett mit dem ReichSvcreii,«. gesetz, sondern die befürchtete Uniform bekommen haben. ES ist den Zungen Leuten unter 13 Jahren nur noch daS Recht zur Teil- nahine an geselligen Veranstallungen geblieben, auch wenn diese von politischen Vereinen ausgehen. Wir sind aber entschlossen, die alten Ziele zu verfolgen, wenn wir auch wohl neue Wege einschlagen. Dreierlei komme da hauptsächlich in Frage. Einmal der Schutz der Lehrlinge und jugendlichen Arbeiter. der von der»Jungen Garde" begonnen, nunmehr von den kräftigeren gelverlschaft-. lichen Organisationen, insbesondere von den Gewcrlschafts« kartellen zu übernehmen sein werde, wobei daS Verdienst deS Ler- bandeS bleibe, dieses vernachlässigte Gebiet in Angriff genommen zu haben. DaS zweite sei, dem jungen von der Sckrnle entlassenen Arbeiter beizustehen, um die gewaltigen Bildungslücken, die die Schule gelassen habe, einigermaßen auszugleichen. Vor allem aber sei wichtig, daß die jungen Leute sogleich bei Verlassen der Schule den geeigneten Anschluß finden und erhalten während der Jahre, bis sie m die großen Organisationen eintreten können. Zur Ausführung dieser Aufgaben empfiehlt der Redner die Schaffung von AgitattonSkomiteeS in ganz Deutschland , sowie eines gediegenen großen JugendorganS durch die Partei selbst, wozu auch der Partei- vorstand durchaus geneigt sei, wie er auch sonst dafür eintreten wolle. daß die Partei die Mittel zu einer umfassenden und nachhaltigen Jugendagitation zur Verfügung stelle. Unter diesen Umstänven sei der Verband der»Jungen Garde" als Sonderorganisation nicht nötig und könne angesichts der neu geschaffenen Lage sich auf» lösen. Redner empfiehlt daher die vom Hauptvorstand vorgelegte Resolution folgenden Wortlauts: Die außerordentliche Generalversammlung des„Verbandes junger Arbeiter und Arbeiterinnen DcnlschlandZ" protestiert mit Entrüstung gegen die durch das Reichsvereinsgesetz beabsichtigte Entrechtung der Arbeiterjugend. Damit die Ziele der Jugendorganisationen unter den neuen Verhältnissen erreicht werden, wird beschlossen: 1. Aus über 18 Jahre alten Genossen sind an allen Orten Agitationskomitees für die Jugend zu bilden, die für die Verbreitung der„Jungen Garde" zu sorgen und in Ver- bindung mit den örtlichen Partei- und GcwerlsckiaftSorganisationen die Agitation unter der Arbeiterjugend zu betreiben haben._ 2. Die bestehenden Ortsvereine sind, wo sie möglich, in un- politische Bildungsvereine umzuwandeln. 3. Die Agitationskomitees für die Jugend haben dafür einzu- treten, daß überall die Gewerkschaftskartelle Lehrlingsschutz- kom Missionen bilden. 4. Der bisherige Ha nptvor st and hat weiter und in Verbindung mit den Agitationskomitees für die Herausgabe der „Jungen Garde" zu sorgen. Der bisherige Hauptvorstand nimmt den Namen»Zentralkommission für die Jugend- agitation" an. 5. Das Zentralkomitee hat das Recht, nach freien: Ermessen die„Junge Garde" und Geldmittel des Ver- bandes an den Vor st and der sozialdemolrati« scheu Partei Deutschlands abzutreten. Genosse Müller vom Parteivorstand empfahl die Annahme der Resolution. Wenn auch der Parreitag noch sein Wort zu sprechen habe wie auch der Gewerkschaftskongreß, so sei doch kein Zweifel, daß es gelingen werde, das Jugendorgan zu schaffen und auch die Mittel für die anderen Arbeiten zu erhalten. In gleicher Weise äußerte sich Genosse Robert Schmidt für die Gewerkschaften. Die anschließende Diskussion bewegte sich im Sinne dieser AuS- führungen; nur zwei württembergische Genossen meinten, daß auch unter den: neuen Gesetz der Verband weiter bestehen könne, wenn auch mit einigen Aenderungen, waS die Genossen Frank und Müller widerlegten. Schließlich wurde die Resolution mit 47 gegen 5 Stimmen angenommen. Ferner wurde noch die folgende Resolution angenommen: Der Umstand, daß die Aenderung in unserer Organisation gerade in die Zeit der Schulentlassung fällt und unsere Gegner daher die jungen Leute in die Lehrlingsvereine zu bringen suchen, sollte es allen organisierten Arbeitern zur Pflicht machen, alle Lehrlinge und jugendlichen Arbeiter und Arbeiterinnen auf- zuklären und von den gegnerischen Jugendorganisationen femzu- halten. Die organisierte Arbeiterschaft, speziell die Vertrauensmänner haben die Pflicht, alle jungen Leute beiderlei Geschlechts den Veranstaltungen zuzuführen, die von selten unserer Komitees arrangiert werden. Es soll ein entsprechender Auftuf in allen Partei« und Gewerkschaftsblättern erlassen werden. Damit ivaren die Arbeiten der Generalversammlung beendet. die mit einem Hoch auf die freie und sozialistische Jugendbewegung und dem Gesang der Marseillaise geschlossen wurden. Oberförster Cewandowshi vor dem Schivurgericht. Am 29. September v. I. verstarb in der Privatklinik deS Pro- fessors Karcwski der Leutnant v. Schmidt, genannt Phiseldeck, an einer schweren Schutzverlehung im Nnterleib. Leutnant v. Schmidt. der im 5. Garderegiment zu Fuß in Spandau diente, hatte ou- gegeben, daß er als Gast bei der im Hause Kaiser-Allee 222 wohnenden ObcrförsterSgattin Frau Lcwandowski geweilt habe, daß durch eigene Unvorsichtigkeit sein Revolver losgegangen und ihm die Kugel in den Unterleib gedrungen sei. Der Offizier verstarb noch an demselben Tage. Nach drei Monaten, am 27. Dezember, erstattete ein Fräulein Luise Supply, die zur Zeit des Vorfalls Stütze bei der Frau Lcwandowski gewesen war, von Brandenburg aus eine Anzeige bei der Schönebergcr Kriminalpolizei, wonach Leutnant v. Schmidt nicht das Opfer einer Unvorsichtigkeit ge- worden, sondern von dem Obersörstcr Lewandowöki, der ihn in früher Morgenstunde im Schlafzimmer seiner Frau getroffen habe, erschossen worden sei. Die darauf von der Polizei angestellten Er- Mittelungen bestätigten dann auch diese Beschuldigung und führten zur Verhaftung des Oberförsters Lcwandowski. Lewandowsti hatte die jetzt 30 Jahre alte stattliche und elegante Frciin Alwine v. Korsf geheiratet. DaS Ehepaar mietete, obgleich sie beide vermögenslos waren, in der Kaiser-Allee 222 eine Wohnung, die mit höchstem Komfort eingerichtet und. wie die Fama behauptet, vielfach von eleganten Kavalieren, darunter Träger von Namen auS der hSchsten Aristokratie, aufgesucht wurde. Am 1. Juli 1907 trat Lewandowsli bei der Freifrau v. Klitzing auf dem Gute Stefanowo, Kreis Bentschen , Provinz Posen , eine Privatförsterstelle an und erhielt dort ein Gehalt von 2100 M. nebst freier Wohnung und Feuerung. Seine Frau blieb mit ihrer Gesellschafterin Fräulein Luise Suppln in ihrer Wohnung in Berlin zurück und besuchte hin und wieder ihren Ehemann auf dem Gute auf einige Tage. Nach den Ermittc« lungen und dem Geständnis deS Angeklagten haben sich nun die Ding« in folgender Weise entwickelt: Am 29. September 1907, morgens gegen OV* Uhr, wurde an der Lcwandowstischen Wohnung heftig gepocht. Die Gesellschafterin der Frau L. sprang aus dem Bett, kleidete sich notdürftig an und öffnete. Vor ihr stand der Oberförster Lcwandowski. Lcwandowski klopsic an das Schlaf- ziminer seiner Frau, er vernahm dort ein Flüstern seiner Frau und eines fremden Mannes und forderte wiederholt vergeblich, daß ihm geöffnet werde. L. zog schließlich eine geladen« Browning- Pistole hervor und schoß durch die Tür in daS Schlafzimmer hinein. Leutnant v. Schmidt, der in dem Schlafzimmer der Frau Lewan- dowski weilte, war getroffen. Fräulein Supply wollte einen Arzt holen, der Ancjcklagte soll dicS aber in barschem Tone untersagt haben. Der Schwerverletzte wurde dann aber doch in die Klim! gebracht. Der Angeklagte hat nach seiner Verhaftung behauptet. daß er bei Ausübung der Tat seiner Sinne nicht mächtig p-wesen sei, sondern blindlings feine Pistole abgefeuert habe, ai? er das Flüstern im Schlafzimmer seiner Ehefrau gehört halt«. Die An- klagcbehörde hat ihm die» nicht geglaubt, sondern die Anklag: Wegen Totschlags erhoben. Die Verhandlung begann gestern. Unter den Zeugen befindet sich auch die Frau deS Angeklagten. Alwine Lcwandowski, geb. Freiin v. Korff, die wegen Kuppelei in Untersuchungsbaft sitzt. Sie wird vom Vorsitzenden belehrt, daß sie berechtigt se», ihr Zeugnis ablehnen zu können, erklärt je- doch, daß sie aussagen wolle. Bei der Veruehmung beS Angeklagten bestätigte dieser folgende Angaben, die ihm der Vorsitzende aus den Akten vorhält: Er ist am 18. November 1872 zu Kassel ge- boren und hat erst das dortige Gymnasium besucht. Später be- suchte L. das Gymnasium zu Frankfurt a. Nt.. welches er mit dem EinjährigenzeugnjS verließ. Der Angeklagte trat sodann als Fähnrich in die Armee ein und sattelte schon nach kurzer Zeit wieder um. Verheiratet ist L. seit dem 29. April 1901 mit der geb. Frciin v. Korff. Angekl. LewandowSki: Nachdem ich in einer Forstwirt- schaft in Oberarlhain in Hessen die nötigen Vorkenntnisse erlangt hatte, ging ich zur Großhcrzoglich Sächsischen Forstakademie in Eisenach über, wo ich daS Rcferendarcxamcn machte. Ich kam im Jahre 1901 nach dem Fürstlich Reußschcn Forstrevier Isabellengrün als Privatoberförstcr und verblieb dort vis zum Jahre 1903. — Vors.: Hier lernten Sie ja wohl auch Ihre jetzige Frau kennen und haben geheiratet? Im Jahre 1903 verzogen Sie dann nach der Albestratze in Grünau.
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