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Soweit nach Vorstehendem eine Entschädigung gezahlt wird Wird ein Ersatz von 1 M. für den Kopf der ausständigen Arbeiter und für den Arbeitstag zugebilligt. Dabei bleibt es dem Vorstand überlassen, in besonders begründeten Fällen eine höhere Ver? gütung für den Kopf des Arbeiters zu gewähren. Zu einem solchen Beschluß ist jedoch dreiviertel Mehrheit der anwesenden Stimmen erforderlich. Eine Anfechtung dieses Beschlusses des Vorstandes ist durch die Berufung an die Hauptversammlung binnen 14 Tagen zulässig. Diese entscheidet endgültig mit ein- facher Mehrheit der anwesenden Stimmen unter Ausschluß des Rechtsweges." Wie leicht ist nicht der Staatsanwalt zu finden, wenn Arbeiter nicht mit Streikbrechern zusammen arbeiten wollen! Wie manches Urteil ist wegen Verrufserklärung, Boykott, Er Pressung und Nötigung gegen Gewerkschaften und Arbeiter er gangen I Wird jetzt der Staatsanwalt auch hier unverzüglich eingreifen zum Schutze der hungernden Kinder, die durch die Mafiregelung ihrer Väter körperlich und geistig noch mehr verkümmern müssen? Dem Bergarbeiter steht das Recht zu, die Arbeit ohne Einhaltung der Kündigungsfrist zu verlassen, wenn er von einem Beamten gröblich beleidigt wird. Verläßt der Berg mann in diesem Falle die Arbeit, sperrt ihn der Zechenverband sechs Monate aus. Also muß derKumpel" sich ducken oder hungern. Verläßt der Bergarbeiter ohne Kündigung das Werk, werden ihm sechs Schichten wegen Kontraktbruch vom Lohn einbehalten. Der Zechenverband gibt sich mit dieser Strafe nicht zufrieden, der Mann muß noch sechs Monate arbeitslos gemacht werden! Der Absatz 2 des§ 8 bestimmt es so I 1000 M. Strafe sind sonst dem zuwiderhandelnden Unternehmer sicher. Der Absatz 3 des§ 8 bestimmt, daß Bergarbeiter, die aus einem anderen Bergbaubezirk, wo ein Streik ausgebrochen ist, zuwandern, nicht angelegt werden dürfen. Also auch die F r c i z ü g i g k e i t der Bergarbeiter soll im Falle eines Streiks beseitigt werden. Der Zcchenverband hat mit der Drangsalierung der Ar beiter schon kräftig eingesetzt, wie das nachfolgende Schriftstück beweist. Zechen-Verband Essen-Ruhr Essen, den 21. März 1908, Tagebuch Nr. 164 1908 Rundschreiben Nr. 5 Betrifft kontraktbrüchige Arbeiter. An die VerbandSzechen! Unter Bezugnahme auf§ 8 Absatz 2 der Verbandssatzungen übersenden wir Ihnen in der Anlage ein Verzeichnis der Arbeiter, die unter Kontraltbruch die Arbeit niedergelegt haben. Sollte ein dem Verband als kontraktbrüchig mitgeteilter Ar beiter von seiner bisherigen Verwaltung wieder angelegt werden, so bitten wir ergebenst, der unterzeichneten Geschäftsführung hier von umgehend schriftlich Mitteilung zu machen, da vermieden werden muß, daß der betreffende Arbeiter nach später ordnungs mäßig erfolgter Ablehr den übrigen Verbandswerken noch als kontraktbrüchig bekannt ist. Glückauf I Die Geschäftsführung des Zecheitverbandes v. L ö w e n st e i n." Eine schwarze Liste, die das Datum vom 28. März 08 trägt, enthält die Namen von 58k Personen, die Liste vom 4. April 08 enthält 825 Namen und die Liste vom 5. Mai 08 deren 1V58. Wie uns mitgeteilt wird, soll eine neue Liste über 2000 Personen als ausgesperrt bezeichnen I Aus den Pisten ergibt sich, daß die Unternehmer eine große Anzahl Personen als kontraktbrüchig angeführt haben, die ordnungsmäßig von der Zeche ab gekehrt sind. Da Name, Geburtsdatum und die Knappschaftsnummcr der ausgesperrten Bergarbeiter genau auf den Listen an gegeben ist, außerdem der Zeitpunkt, bis welchem die betreffenden ausgesperrt sind, dürfte der Zechenvcrband wohl zum Schadenersatz an die ausgesperrten Bergleute verurteilt werden. Da sich die Zechenpaschas außerdem nach der gegen hie Arbeiter angewendeten Judikatur strafrechtlich ver gangen haben, fragen wir nochmals:Was tut jetzt der Staatsanwalt?''_ Lineliberale Lrrungenlchaft" der ßlocllpolitifc. In unserer schnelllebenden Zeit, wo die Oeffentlichkeit angesichts «er Fülle neu andrängender Ereignisse oft schon von einer Woche zur anderen das alte vergißt, ist eS gut, von Zeit zu Zeit einen Rückblick auf das Vergangene zu werfen. Denn häufig ist eS sehr lehrreich, sich zu vergegenwärtigen, was aus den Hoffmmgen, Prophezeiungen, Befürchtungen von damals geworden ist. Im Frühling des vorigen Jahres hatten die Liberalen eine monatelang dauernde Hetze gegen den damaligen preußischen Kultus' minister Herrn S t u d t inszeniert. Er wurde der Wahrheit ge »näß als ein Ausbund reaktionären Denkens und Tuns hin. gestellt und feine Entlastung wurde von der freisinnigen Presse als unumgängliches Erfordernis bezeichnet, wenn die Regierung auf ein Zusammenarbeiten mit dem Freisinn irgend welches Getvicht lege. Wer nicht gerade ein politisches Kind war, wußte natürlich den Wert dieses Getues zu würdigen. Herr Studt war schon damals ein recht alter Mann, und es war klar, daß er schon seines hohen Alters wegen in absehbarer Zeit auf alle Fälle würde aus dem Amte scheiden müssen. Nun erhoben die Liberalen ihr Geschrei gegen ihn, um den Anschein zu erwecken, als ob seine bevorstehende Entlassung eine Konzession an den Libe- ralismuS fei, eine liberale Errungenschaft der Blockpolitik. UebrigenS war die konservative Presse grausam genug, ihren liberalen Blockbrüdern diese Maske ohne weiteres abzureißen. So schrieb dieDeutsche Tageszeitung" am 23. Mai 1907: «Glaubt die liberale Presse allen Ernstes, eS stehe nach dem Abgang des Herrn Dr. v. Studt ein völliger Umschwung in unserer Schulpolitik in Aussicht? Dann möchten wir sie doch darauf hinweisen, daß diese Schulpolitik im all- gemeinen die Politik einer seit langen Legis- laturperioden vorhandenen festen Landtags- mehrheit ist... Der Nachfolger des Herrn v. Studt mag im einzelnen eine Politik treiben, die den Gegnern des der- zeitigen Kultusministers sympathischer ist, die Schulpolitik der Minderheit wird auch er nicht machen können." Weiter werden die Liberalen von dem agrarisch-konservativen Blatt höhnend gefragt, wer ihnen denn eigentlich ein Versprechen gegeben habe, daß Studt entlassen werden solle! Natürlich gingen die Liberalen darauf nicht ein, sie spielten ihre Komödie weiter, denn sie brauchten sieja zurDüpierung ihrer Wähler. Und als dann Ende Juni v. I. Studt wirklich ging wobei übrigens der König ihm in einem eigenen Hand- schreibenfür die treuen Dienste", die er«dem Baterlande ge-. leistet", dankte und ihn als Anerkennung dafür auf Lebenszeit ins Herrenhaus berief da erschien in der liberalen Preste ?in Freudengeheul ob dieserliberalen Errungenschaft'»- An Stelle des Herrn Studt kam Herr Holle . Wer war Herr Holle ? Ein Unbekannter zwar, aber ach, kein Liberaler. Man tröstete sich, er fei wenigstens ein«unbeschriebenes Blatt". Die Liberalen hofften, sie würden das«unbeschriebene Blatt" schon be- schreiben. Sofort war wieder dieDeutsche Tagesztg." auf dem Platze und schrieb am 2. August 1907: Wenn der neue Kultusminister Bahnen einschlagen wollte oder sollte, die den konservativen Politikern ungangbar oder ge- fährlich erscheinen müßten, so wäre dadurch der Block minde- stens ebenso gefährdet, wie er nach linksliberaler und freisinniger Auffassung durch daS Fortarbeiten in den bisherigen Bahnen gefährdet werden ivürde.... Unsere Freisinnigen, die den ersehntenneuen Geist im Kultusministerium" nicht erwarten können, sondern mit peinlicher Regelmäßigkeit wöchentlich oder doch monatlich einmal danach rufen, bekunden damit eine krankhafte Nervosität, die nicht gerade den EindruckderStärke macht...." Heute ist Herr Holle keinunbeschriebenes Blatt" mehr. Heute weiß man. daß er die Prophezeiungen derDeutschen Tagesztg." nicht nur erfüllt, sondern sogar übertroffen hat. So z. B. hat er den berüchtigten BremSerlatz des Herrn Studt ruhig weiter handhaben lassen. Aber überdies hat et noch der liberalen Gesellschaft für Volks- bildung die Werke von Darwin , Höckel und Bölfche verboten! So sieht eine der am lautesten gerühmten«liberale» Errungen- schaften" der Blockpolitik aus l Sie Indische kesombetvegung. London , 16. Mai. Seit ungefähr zwölf Monaten ist die Reformbewegung in Indien zu einem ernsten Faktor in der Politik des britischen Reiches geworden. DaS Vorhandensein einer Reformbewegung darf als ein Belveis dienen, daß diejenigen Teile des indischen Reiches, in denen die Bewegung Wurzel gefaßt hat, sich im wirtschaftlichen, geistigen und sittlichen Aufschwünge befinden. Denn eine elende, unwissende und verkommene Bevölkerung kann keine Reformbewegung erzeugen oder stützen. Schon der Ruf nach S u a d e s ch i(eigener oder nationaler Wirtschaft) zeugt vom Vorhandensein von lebendigen, regen ökonomischen Kräften: ebenso darf man aus dem Programm der S u a r a d f ch(eigener oder nationaler Verwaltung) den Schluß ziehen, daß das politische Leben der gebildeten Kreise Indiens kräftig pulsiert. Diese Be­merkungen dürfen indes nicht so verstanden werden, als ob die Klagen über das indische Elend unbegründet wären. Die eng- tische Verwaltung hat dort, teils durch Unwissenheit, teils durch Aus beutung viel Unheil angerichtet, aber rein negativ war sie nicht. Sie hat auch moderne Bildung verbreitet, freiheitliche Auffassungen deS Westens in die Köpfe einer großen Zahl indischer junger Leute eingepflanzt und die verschiedenen Völkerschaften zum friedlichen Ver. kehr miteinander angehalten. Man darf überhaupt sagen: wo sich bei einem Volke der nationale Gedanke und nationale Bestrebungen zeigen, da ist auch ein gewisses Maß von allgemeinem Fortschritt zu finden. Der nationale Ge- danke ist keine übernatürliche Offenbarung, sondern der Ausdruck greifbarer Kulturbedürfnisse. Und um eine nationale Bewegung handelt es sich in manchen Teilen Indiens , besonders in Bengalen und Pandschab , also im Norden Indiens . Die Reformbewegung hat mit zwei Schwierigkeiten zu kämpfen Erstens mit der englischen Verwaltung, die die Bewegung nicht ernst nimmt; zweitens mit inneren Zwistigkeiten. Durch Traditionen an die Auffassung gewöhnt, daß die Hindu minder- wertig seien, können sich die Briten nicht dazu entschließen, mit den politischen Bedürfnissen der gebildeten Schichten der ihnen anver- trauten Völkerschaften zu rechnen. Es geht im Kampfe der Rassen nicht anders zu wie im Kampfe der Klaffen. Die Forderungen einer bislang unterdrückten, aber sich im Aufschwünge befindlichen Klasse werden vorerst von den Herrschenden nicht ernst genommen; eS be darf der Organisation und der Proteste, um ernste Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Wie diese Proteste sich äußern, hängt von den Umständen, dem Bildungsgrade und dem Temperamente der Unter. drückten ab, ebenso vom Grade der Verstocktheit der Unterdrücker. Die Proteste können die Form von Flugblättern, Zeitungsartikeln, Versammlungsreden, Streiks, Boykotts und schließlich von Attentaten annehmen. Alle diese Protestmittel wurden bereits von den indischen Reformern versucht. In den letzten Wochen wurden mehrere Dynamit- attentate in Indien unternommen, scheinbar als Protest gegen einen englischen Richter, der agitierende Studenten körperlich züchtigen ließ, in Wirklichkeit aber aus Verzweiflung oder Ungeduld über den langsamen Fortschritt der Reformbewegung. Im vergangenen Jahre haben englische Parlamentsabgeordnete, die sich besonders für das Wohlergehen Indiens interessieren, den Staatssekretär für Indien über die körperliche Züchtigung von indischen Studenten kurz interpelliert, aber der radikale Mr. Morley, jetzt Viscount Morleh of Blackburn, konnte keine befriedigende Antwort geben. Was die indischen Reformer wollen, haben sie auf ihren Kon- greffen klar ausgesprochen. Sie verlangen eine Regierungsweise, die derjenigen der selbständigen briti fchen Kolonien ähnlich ist, ebenso die Anteilnahme am britischen Reiche mit den gleichen Rechten und Pflichten wie jene Kolonien- Diese Ziele sollen durch konstitutionelle Mittel erreicht werden. durch die Einführung von Reformen in die herrschende Ver- waltung, durch Förderung der nationalen Einheit, durch die Pflege des politischen Geistes und durch die Entwickelung und die Orga- nifation der geistigen, sittlichen und wirtschaftlichen Kräfte des Landes." Das ist das Endziel der indischen Reformbewegung. ES ist ohne Zweifel loyal und durch schrittweise einzuführende Reformen ausführbar. Und waS ist die Antwort Englands auf diese Forde- rungen? Die englische Regierung gewährte im vergangenen Jahre folgende Reformen: 1. Ernennung von zwei Hindu als Berater deS Staatssekretärs für Indien (also in London ); 2. Einsetzung einer Kommission, um über einen Plan der Dezentral! satton Indiens zu beraten, das heißt, um den indischen Gemeinden und anderen lokalen Körperschaften größere Verwaltungsbefugniffe zu gewähren; Schaffung von Adelskammern zur Beratung des Vizekönigs(Statt- Halters von Indien ) und der Provinzgouverneure; 4. Vergrößerung der obersten und der provinziellen LegiSlattvräte. Die erstere Reform hat einen gewissen Wert, da die Staatssekretäre für Indien gewöhn- lich nichts von ihrem Reffort verstehen. Die zweite Reform ist vor- läufig noch in KommisfionSberattmg. Die übrigen Reformen sind reakttonär. Diese Antwort der englischen Regierung auf die Forderungen der Reformer hat auf Indien eine erbitternde Wirkung ausgeübt. Sie zeigt, daß man die Bewegung noch lange nicht ernst nimmt. Die Zeitungsartikel, Versammlungen, Boykotts und Streiks haben vor­läufig nichts genützt. Die jüngeren und temperamentvolleren Köpfe griffen deshalb nach russischem und persischem Muster zu Explosivstoffen. Die Verzweiflung muß schon sehr groß sein, wenn die geduldigen Hindu zu Dynamit greifen. Uns dem Masilkampsi. Wenn Blockbrüder plaudern. Die liberale Preffe, besonders die«Freisinnige Zeitung", ist wiederholt in die stärkste Entrüstung geraten, wenn wir uns erlaub". haben, zur Illustration der liberalen Wahlrechtsfreundschaft auf die Vorgänge in SchleSwig -Holstem hinzuweisen, wo in einer Reihe von Stadtgemeinden mit liberaler Hilfe, zum Teil auf liberale Initiative. der Zensus erhöht, d. h. daS Wahlrecht noch mehr verschlechtert wurde, als die von der preußischen Regierung sanktionierte Städte- ordmuig mit ihrem gesetzlich festgelegten Minimalzensus verlangt. Die Freisinnigen in Schleswig -Holftein haben nicht nur daS Wahl- recht verschlechtert, sie haben auch systematisch jede Herabsetzung des bestehenden Zensus hintertrieben. Dafür steht uns jetzt auS einem Ort, der in der Leporelloliste des schleswig-holsteinischen Freisinns nicht an letzter Stelle rangiert, ein geradezu klassischer Zeuge zur Verfügung. In Elmshorn pflegen, wie in den übrigen Zensuskommunnen der Provinz, unsere Parteigenoffen von Zeit zu Zeit Anträge auf Herabsetzung des ZenstiS bei den städtischen Kollegien einzu- bringen, unbeschadet der totsicheren Erwartung, daß dort, wie sonst in den Stadtgemeinden der Provinz, in denen die Arbeiter nicht vertreten sind, ihre Eingaben auch nicht einmal der Venmmg für würdig erachtet werden. Wer an diesem typischen Schicksal sozial- demokratischer Wahlrechtsanträge schuld ist, kam nun dieser Tage in Elmshorn in einer von freikonservativer Seite einberufenen Wahl- Versammlung ans Tageslicht. Die erschienenen freifinnigen Lokal- größen der Wahlkreis ist im Reichstag durch den Abgeordneten Carstens von der Freisinnigen Volkspartei und war im Landtage durch den freikonservativen Grafen Moltke vertreten setzten sich dem freikonservativen Kandidaten gegenüber auf's hohe Pferd mit der lauteren Wahlrechtsfreundschaft des Freisinns. In die Enge gc- trieben behauptete der Vorsitzende des freisinnigen Vereins, Herrn Carstens' eifrigster Adjutant, der Stadtver- ordnete Schwarz, die Zensuserhöhung sei seinerzeit lediglich auf daS Drängen der Regierung erfolgt. Darauf- hin mußte sich der Herr Stadtverordnete Schwarz von dem in der Versammlung anwesenden Elmshörner Bürgermeister Anz sagen lassen, daßdie Stadt- Vertretung eben nicht das nötige Rückgrat besessen" habe. Als Schwarz mit liberalem Heldenpathos erklärte, die Frei- sinnigen hätten auf dem Rathause stets«voll und ganz" ihre Schuldigkeit getan, rückte der Bürgermeister mit der Enthüllung heraus, daß im Elmshorner Stadtparlament gerade die Freisinnigen wiederholt die Beratung der sozialdemokratischen Zensusanttäge ver- hindert hätten. Jetzt saß der Fuchs in der Falle. Derselbe FreisinnSführer Schwarz hatte übrigens ein paar Tage vorher, freilich in einer ländlichen Wählerversammlung, den Aus- sprach getan, das allgemeine Wahlrecht werde für die Kommunen von keiner bürgerlichen Partei verlangt. Also bald so, bald so, wie's trefft. Aber es ist entschieden einer der unverkennbarsten Bor- züge deS Blocks, daß man zuweilen, wenn sich die Brüder m die Haare geraten, Geschichten erfährt, die man sonst nicht ersahren hätte._ Bauern gegen die Arbeiter im Zentrum. Jüngst hatte die zentrumsagrarischeRheinische Volksstimme" in einer Besprechung des Wahlaufrufs der preußischen Zentrumsfraktion gegen die Einführung des Reichs- tagswaljfrechts in Preußen sich ausgesprochen und dabei auch die übertr, ebene" Arbeiterfürsorge bemängelt. Das veranlaßte dieW e std e u t s ch e A r b e i t e r- Z e i t u n g", dem Blait der Zentrnmsbauern den Text zu lesen und es der sozialen Verhetzung und der Schädigung der Zentrumssache zu bc- schuldigen. Darauf erwidert nun dieRheinische V o l k s st i m m e" in sehr gereiztem Tone. Sie hält zunächst ihre Aeußerungen über die Sozialpolittk und das Wahlrecht aufrecht und tut dann die Behauptung derWestdeutschen Arbeiter-Zeitung", daß die Zentrumsbauern in diesen Dingen anders dächten als dieVolksstimme" wie folgt ab: Es genügt wohl, darauf hinzuweisen, daß der rheinische Bauernverein, hinter dem nahezu 60 000 rheinislbe Bauern stehen, mit seinem verdienten Präsidenten Freiherrn Klemens von Loe an der Spitze, zu wiederholten Male» und noch in letzter Zeit klar und unzweideutig erklärt hat, daß die soziale Gesetzgebung den Arbeitern sehr viel, den Bauer» nichts gebracht hat; daß eine Aenderung de? Landtag-- Wahlrechts in dem Sinne einer Ersetzung durch das Reichstagswahlrecht für die Bauern»»diskutabel ist; daß eine Aus­dehnung des für die gewerblichen und industriellen Arbeiter gerecht- fertigten Koalitionsrcchtes auf die Landarbeiter«ie in Frage kommen kann; daß eine Abschwäckmng des Seuchengesetzes durch erweiterte Zulassung des ausländischen Viehes unter keinen Um- ständen geduldet werden darf. Das sind ja wohl die Hauptpunkte, in denen dieWestdeutsche Arbeiler-Zeitung" nicht mit uns über- einstimmt. Wird sie angesichts der Tatsache, daß die mächtige Organisation des rheinischen Bauernvereins in allen erwähnten Fragen den Standpunkt derRheinischen Volksstimme" teilt, uns die Legitimation zur Vertretung der rheinischen Zentrnmsbauern noch absprechen?" So unangenehm derWestdeutschen Arbeiter-Zeitung" die Feststellung auch ist, daß der agrarische Teil des Zentrums. der für die Politik dieser Partei den Ausschlag gibt. wirtschaftlich und polittsch in der ä r g st e n R e a k t i o n und Interesse»sucht steckt, so läßt sich gegen diese Fest- stellung doch nichts einwenden. Die Zentrumsbauern wissen, was s i e inihrer Partei gelten, und deshalb darf dieRheinische Volksstimme" spotten über dasgekränkte Würstchen" aus M.-Gladbach, das sich vergebens bemühe, die Parteileitung gegen das Organ der rheinischen Zentruinsbaucrn mobil zu machen._ poUtifcbe Ocberficbt. Berlin , den 19. Mai 1908. Dieloyale" Ausführung des VereiusgesetzeS in Mecklenburg . Die mecklenburgischen AuSführungSbeftimmungen zum Vereins. gefetz sind mit einigen Tagen Verspätung~ erschienen. Zum § 6 bestimmen sie: Die öffentliche Bekanntmachung hat in der Woche. in welche der VersammlungStag fällt, oder in den dieser vorauf- gehenden zwei Wochen, spätestens aber am zweiten Tage vor dem Tage der Versammlung, in einem derjenigen öffent- lichen Blätter zu erfolgen, welche am Sitze der für den Versammlungsort zuständigen Polizeibehörde herausgegeben werden. Erscheint ein solches Blatt nicht, so ist die Bekanntmachung in der ZeitungMecklenburger Nachrichten" zu veröffentlichen. Die Anzeige, die die Versammlungsanmeldung überflüssig macheu soll, muß danach also mindestens 48 Stunden vor Beginn der Ver- ämmlung erscheinen. Die Anzeige bei der Polizeibehörde braucht erst 24 Stunden vorher zu erfolgen. Der§ 6 soll eine Erleichterung