Fünfter Verhandlungstag.
Der Verbandstag sette heute die Debatte über die
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Entwickelung der Tarifverträge und die Einführung einer Reichstarifgemeinschaft fort. Im Verlauf derselben ergreift das Wort Leipart- Stuttgart: Das Korreferat Neumanns war rednerisch gewiß eine ausgezeichnete Leistung. Aber er hat absichtlich immer nur die eine Seite gesehen, er hat, es ist etwas scharf, er hat... demagogisch gesprochen.( Heiterkeit. Zurufe: Das hat lange gedauert! Wir haben uns schon Schlimmeres gesagt! Andere Zurufe: Ja, das ist Berliner Geschmack. Heiterkeit.) Ich stelle zunächst fest, daß der Vorstand in der Vertragspolitik volltommen einheitlich und einmütig gehandelt hat. Er hat aber nicht frei gehandelt: er war in der Zwangslage einer geschäftlichen und gewerkschaftlichen Situation, die er nicht geschaffen hatte. Wir hatten die Zeit des Kampfes nicht gewählt, nicht Umfang und Art der Verhandlungen ausgesucht. Wenn nun Neumann fordert, daß kein weiterer gleicher Ablaufstermin für einen Ortsvertrag afzeptiert werde, so heißt das, daß wir einen Kampf mit den Unternehmern jederzeit führen müssen, auch unter den denkbar schlechtesten Bedingungen. Das könnte zu sehr schweren Niederlagen führen ich erinnere an die verkehrte Tattit der Berliner Baus arbeiter. Wir haben mit unserer Taktik überall Lohnerhöhung und Arbeitszeitverkürzung errungen, und haben den gleichen Tarif ablaufstermin abgewehrt. Wir werden auch in Zukunft stets alles verlangen, was wir durchsehen können. Neumann bestritt aller dings dem Unternehmertum die Vertragsfähigkeit, weil es noch zu schwach organisiert sei. Das würde doch auch ein Hindernis für die Ortstarife sein. Aber Neumann mag sich beruhigen: bis wir einmal zum Reichstarif kommen, wird das Unternehmertum auch zentral sehr gut organisiert sein. Es wird bei uns schwerlich wie bei den Buchdrudern 50 Jahre dauern, bis die Unternehmer zur Vertragsfähigkeit und Vertragstreue erzogen sind. Das erstrebenswerte Ziel war es doch für unseren Verband stets, die Arbeitsbedingungen friedlich festzusehen und den Streit möglichst zu vers meiden. Darum dürfen wir ruhig aussprechen, daß auch wir in dem Reichslarif ein Ziel erbliden, wenn auch die Zeit dafür noch nicht gekommen ist. Von einem Selbstbestimmungsrecht der Mits glieder beim Abschluß von Verträgen war noch nicht die Rede, so lange der Verband besteht. In allen Lohnbewegungen war der Vorstand stets die entscheidende Instanz. Es ist also grundverkehrt, zu behaupten, daß das Entscheidende an dieser Frage das Zweifeln darüber ist, ob die Mitglieder ihr Selbstbestimmungsrecht aufgeben wollen oder nicht. Wir werden den Schritt nicht zurücktun, die einheitliche Oberleitung zu vernichten.( Beifall. Buruf: Mit bestimmungsrecht der Mitglieder!) Das haben wir nie angetaftet. Gerade bei weitausgedehnten Tarifverträgen über mehrere Orte wird das Mitbestimmungsrecht der Verbandsmitglieder um so sorgfältiger geachtet werden können, als die Gefahr plötzlicher
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Streits nicht so groß ist. Haben wir nicht bisher vor Abschluß der Verträge in jeder einzelnen Zahlstelle die Mitglieder befragt; haben wir nicht vor Einleitung aller Verhandlungen stets die Gauvor steher zusammengerufen und ihren Rat gehört? Erwede man also unter den Mitgliedern des Verbandes nicht Hoffnungen und Befürchtungen, an die niemand glaubt! Vielleicht haben die Redner recht, die gesagt haben, ohne Reichstarif hätten die Buchdrucker in vielen Städten den Achtstundentag längst. Aber dann hätten sie auch nicht alle die schlechtorganisierten zurüdgebliebenen Orte mitgeschleppt und in die Höhe gebracht. Und auch wir können die schlechten Städte noch weiter hinaufführen! Wenn Sie das alles bedenken, pflichtgetreu die Situation prüfen und sich nicht von schönen Worten berauschen lassen, an denen sich die Dinge so hart stoßen, dann werden Sie dem Verbandsvorstand nicht einen anderen Weg vorschreiben wollen.( Beifall.)
Nach angenommenem Debatteschluß erhält das Schlußwort Gustav Becker : Ich stelle zunächst fest, daß wir den Unternehmern feinerlei Versprechungen über unsere fünftige Zuftimmung zu einem gleichen Ablaufstermin gemacht haben. Die gegenteilige Behauptung der Fachzeitung" ist falsch. Ich stelle weiter fest, daß wir darin vollkommen einig sind, den Reichstarif zur Zeit mit aller Entschiedenheit zu bekämpfen, solange es geht und solange nicht alle Voraussetzungen dafür geschaffen sind. Einig aber sind wir uns auch darüber, daß der Reichstarif kommt. Kollege Neumann gibt das zu, sagt aber doch: Nein, das gibt es nicht! Wo steckt in diesem Kampf gegen das Notwendige die Logik? Auch wir trauen dem Unternehmertum nicht über den Weg. auch wir unterschätzen nicht seine Macht und überschäßen nicht seine Ehrlich teit; aber wir wollen uns nicht zwingen lassen, den günstigen Zeitpunkt für einen Reichstarif zu verpassen. Man warnt uns vor ihrer Hinterhältigkeit, die uns nur durch Tarifverträge hinterrüds vernichten will. Aber mit den Unternehmern am Orte, die vielfach noch schlimmere Scharfmacher sind, billigt auch Neumann den Tarifabschluß. Die Unternehmer sind allerdings nicht vertragstreu; aber einzelne Vertragsbrüche kommen auch noch bei uns vor. Ich wiederhole, daß auch wir den Reichstarif nicht wollen. Aber geben Sie uns vor allem die Kraft, den Reichstarif abzuwehren, mag die Lage sein, wie sie will. Stärken sie unsere Organisation numerisch und finanziell so wie wir es wünschen, dann werden wir auch die schweren Kämpfe, denen wir entgegengehen, glänzend überwinden. ( Lebhafter Beifall.)
Sonntag, 31. Mai 1908.
Empörung der Buchdrucker auf dem jeßigen Verbandstage an, daß die Organisation ihnen keine Möglichkeit gibt, gegen das anzu fämpfen, was sie als schädigend empfinden. Es ist kein Zufall, daß die innere Festigung des Verbandes nicht gleichen Schritt mit der Ausbreitung des Verbandes gehalten hat, daß er mehr in die Breite als in die Tiefe gewachsen ist. Daher kommt der überall herrschende scharfe Gegensatz zwischen Verbandsfunktionären und Mitgliedern. Ohne die Mitglieder hätte der Vorstand schon jetzt den gleichen Ablaufstermin beschlossen.( Widerspruch.) Wir aber wollen, solange unsere Kräfte irgend reichen, den Einheitstarif abwehren. Nur gezwungen kommen wir ihn auch nur den kleinsten Schritt entgegen. So hoffen wir wieder ein besseres, freundlicheres, gedeihlicheres Zusammenarbeiten aller Mitglieder zu erreichen. ( Lebhafter Beifall.)
Der Beschluß in der Tarifrage wird ausgesetzt, bis die ein gesetzte Kommission ihren Antrag vorgelegt hat. In der Nachmittagssigung erstattet Robert Schmidt den Bericht der Revisionskommission.
Zur Frage der Vorstandsgehälter beantragt die Kommission, es durchweg bei den Beschlüssen des legten Verbandstages zu Köln zu belassen. Nur Leipart, der designierte Nachfolger von Karl Kloß in der Leitung des Verbandes, soll in Anbetracht seiner großen geistig- literarischen Verdienste um den Verband eine Sonderzulage erhalten. Leipart dankt für die Anerkennung, bittet aber, den ihm zugedachten Betrag lieber den Hilfsarbeitern im Verbandsbureau zuzuwenden. Die Generalversammlung beschließt, es bei den Beschlüssen der Revisionskommission zu belassen. Es folgt der Bericht der Beschwerdekommission.
Ginige Beschwerden werden nach den Anträgen der Beschwerdetommission, die Ahlemeyer- Bremen vertritt, erledigt. Berichterstatter der
Statutenberatungskommission
ist Leopold- Berlin. Auf Antrag des Verbandsvorstandes werden die Bestimmungen über die Kartellverträge mit den ausländischen der internationalen Holzarbeiterunion angehörigen Verbänden einer Nachprüfung unterzogen. Annahme findet auch ein weiterer Antrag des Vorstandes, daß die Lokalbeiträge von den Zahlstellen nur zu solchen Zwecken verwendet werden dürfen, welche den allKorreferent Neumann: Wo ist die Macht, die den Reichs- gemeinen Grundsäßen und Bestrebungen des Verbandes ent tarif abwehrt, hat man mich gefragt. Vorerst müssen wir ein sprechen. Ueber die Höhe der lokalen Unterstützungen soll der VorPrinzip haben, ob es heute durchführbar ist oder nicht. Auch die stand ein Mitbestimmungsrecht erhalten. Eine lebhafte Debatte Partei hat heute noch nicht die Macht, die sie berechtigen würde, entfesselt die Frage der Staffelbeiträge. Die Kommission die zukünftige Gesellschaftsordnung zu fordern. Eines muß nach lehnt ihre Einführung ab, weil sie es prinzipiell verwirft, unter diesem Verbandstag wenigstens aufhören: die ewigen Liebes- einen Wochenbeitrag von 50 Bf. herabzugehen, und weil sie die erklärungen des Verbandsvorstandes an die Idee des Reichstarifes. großen technischen Schwierigkeiten fürchtet. Sie beantragt jedoch, Man sagt unaufhörlich, er müsse das Resultat der logischen Ent- daß der Vorstand über die Staffelung der Beiträge dem nächsten widelung sein.( Buruf: So ist es auch! Du treibst Vogelstrauß- Verbandstag Material unterbreiten möge. Der Antrag der Kompolitik!) Ueber die logische Entwickelung der Tarife sind sich die mission wird angenommen. Ebenso wird auf ihren Antrag beGelehrten noch nicht einig. Vielleicht führen sie gar nicht zum schlossen, daß in Ausnahmefällen Mitglieder einzelner Branchen Reichstarif; bielleicht lassen sich auch die Unternehmer nicht auf die mit besonders niedrigem Verdienst von der Zahlung der LokalbeiDauer die Bevormundung der Zentralisation gefallen. Denn das träge ganz oder teilweise befreit werden können. Die Lofalunter ist einmal Tatsache, daß durch den Reichstarif die Selbständigkeit stüßungen sollen dementsprechend abgestuft werden. Die weiteren der Mitglieder vernichtet wird. Sehen Sie sich nur einmal die Statutenverhandlungen werden auf Sonnabend vertagt.
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