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zur Gewalt hinreißen lassen. MS   z. B. die ersten Exmittierungen deS Hofgesindes und der Arbeiter im Jahresvertrag vorgenommen werden sollten,' hatten die Behörden viel Militär aufgeboten in Er- Wartung gewaltsamen Widerstandes der Streikenden. Dagegen fand man, daß die, deren Exmission stattfinden sollte, bereits ihr Häuschen verlassen hatten. Wenn so die Arbeitskammer kollektive Gewalt- tätigkeiten zu verhindern sucht, so fordert sie doch in ihren Bulletins die Streikenden auf, der individuellen Gewalt Gewalt entgegen- zustellen. Der frechen Provokation, die einzelne Besitzer gegen ihr Gesinde an den Tag legen, soll dadurch ein Riegel vorgeschoben werden. Einen streitbaren Bundesgenossen finden die Agrarier in den Gerichten. Diese haben durch wahrhaft preußische Urteile Partei für»Ordnung und Besitz" genommen. So wurden am 27. Mai in Piacenza   zwei Arbeiter, die einen Streikbrecher durch Drohungen zum Niederlegen der Arbeit gezwungen haben sollen, zu je 2 Vi Jahren Gefängnis verurteilt. Ein Parteigenosse, der einen Landarbeiter einschärfte, die Arbeit während des Streiks ruhen zu lassen, erhielt fünf Monate Gefängnis. Es versteht sich von selbst, daß die eifrigen Richter nicht Zeit haben, sich des längeren bei der Beweisaufnahme aufzuhalten. Die Herren schlagen zu, gleichgültig, wo es hintrifft. Ein Ende ist nicht abzusehen. Die Arbeiter haben Mittel, um auSzuhalten, haben die Kraft, Streikbrecherzufuhr zu verhindern und werden durch die Verschickung der Kinder von Tag zu Tag kampffähiger. Die Unternehmer haben bereits so kolossale Verluste erlitten, daß sie von der Fortdauer der heutigen Situation nicht mehr allzuviel zu befürchten scheinen. Jedenfalls haben wir einen der größten Landarbeiterstreiks unseres Zeitalters vor uns. ItarteUsg derSodallft Party" liordamerihas. New Jork  , 19. Mai 1908.(Eig. Ber.> Vom 10. bis zum 17. Mai tagte in Chicago   der Konvent der Socialist Party(sozialistische Partei), der von 218 Delegierten (darunter ein Neger aus Kalifornien  ) aus allen Teilen der Union  beschickt war. Zu den Hauptaufgaben des Parteitages gehörte die Aufstellung der Kandidaten für die Präsidentenwahl im November. Eugene V. Debs wurde zum Präsidentschafts- kandidaten nominiert, William Haywood  , der als Kandidat in Aussicht genommen war, erklärte zu Beginn des Konvents, unter keinen Umständen eine Nomination anzunehmen, und Benjamin Hanford   kandidiert für das Amt des Vizepräsidenten. Beide waren auch bei der Präsidentenwahl im Jahre 1904 die Kandidaten der Partei. Debs  , ein früherer Eisenbahner, genießt in den Kreisen der amerikanischen   Arbeiterschaft ob seiner Unerschrocken- heit, die er im Kampfe für seine Klassengenossen bewiesen und die ihm(ein hier seltener Fall) eine längere Gefängnisstrafe ein- gebracht hat. hohes Ansehen, und Benjamin Hanford  , der als Schriftsetzer arbeitet, ist seiner Geradheit halber selbst bei seinen politischen Gegnern in den Gewerkschaften beliebt. Be?de sind packende Redner, und ihre Kandidaturen dürfen deshalb als recht glückliche bezeichnet werden. j Mitgliedschaft und Kassenverhältnisse der Partei. Laut dem Bericht des Nationalsekretärs Mahlon I. BarneS bestanden am 1. Mai 1908 2070 Parteiorganisationen mit 40 398 Mitgliedern. Im Jahre 1903 gab es in den Vereinigten Staaten 15 975 organisierte Parteigenossen, im Jahre 1904 20 703, im Jahre 1905 23 327, im Jahre 1900' 20 784, im Jahre 1907 29 270. Seit Jahren ist also ein ständiges Wachsen der Mitgliedschaft zu kon- statieren, und am stärksten war die Zunahme im verflossenen Jahre. Außer der Socialist Party gibt es unabhängige fremdsprachige Parteiorganisationen, so eine italienische mit 1084 Mitgliedern, welche erst kürzlich beschlossen hat. bis auf weiteres unabhängig zu bleiben und sich weder der sozialistischen   Partei noch der sozialisti- schen Arbeiterpartei(De Leonsche Richtung) anzuschließen. Vereinnahmt hat der Parteivorstand im letzten Jahre 34 210,40 Dollar, und verausgabt wurden 33 050,93 Dollar. Trotz der Krise sind'die Aussichten auf erhöhte Einnahmen und für das Aufbringen der Mittel zur Entfaltung einer regen Wahlagitation günstige. Die Gewerkschaftsfrage. Wie von vornherein zu erwarten war, führte die Stellung der Partei zu den Gewerkschaften zu lebhaften, zeitweise erregten De- datten. Einzelne Delegierte wünschten die Gewerkschaftsfrage ganz ausgeschieden zu sehen, weil die Partei sich in ihrer Agitation sowohl an organisierte als auch an unorganisierte Arbeiter wendet. Andere, namentlich Vertreter aus den Weststaaten, verlangten eine Erklärung des Parteitages zugunsten der Jndustrieverbände. Wenn es auch kaum einem Zweifel unterliegt, daß die Mehrzahl der Delegierten die Jndustrieverbände für die zweckmäßigere und bessere Form der gewerkschaftlichen Organisation hielt, so war doch ckeine Neigung vorhanden, durch eine Stellungnahme zu deren Gunsten die auf der Grundlage von Gewerkvereinigungen organi- sierte Federation of Labor, die größte Organisation in den Ver- einigten Staaten, zu brüskieren. In diesem Sinne ist auch die »Adresse an die amerikanische   Arbeiterschaft" gehalten, die der Parteitag mit 138 gegen 48 Stimmen annahm. Die einleitenden Sätze der Adresse lauten: Die organisierte Arbeiterbewegung ist das natürliche Ergeb- niS des unter dem kapitalistischen   System zwischen Unternehmer und Lohnarbeiter herrschenden Gegensatzes. Die Socialist Party erkennt die Selbständigkeit der Gewerkschaftsbewegung auf dem wirtschaftlichen Gebiete genau so an, wie sie selbst ihre Selbständig- keit auf politischem Gebiete verficht. Sie hat das Vertrauen, daß die Schule der Erfahrung in der organisierten Arbeiterschaft baldigst die wirkungsvollste Organisationsform zur EntWickelung bringen wird. In dem geschlossenen Vorgehen der verschiedensten Unions mit der Socialist Party in der Moyer-Haywood Protest- bewegung glaubt sie Grund zu der Hoffnung zu sehen, daß eine innigere Solidarität zwischen den wirtschaftlichen und politischen Organisationen der Arbeiterschaft Zustandekommen werde. Beide Flügel der Bewegung erstreben ja nur das eine: die Emanzipation der Arbeiterklasse. Die Socialist Party unterstützt die organisierte Arbeiterschaft in allen ihren Kämpfen gegen kapitalistische Unter. drückung und wird mit ihr für alle Bestrebungen, von den Kapita- listen eine Verbesserung der Lebenslage der Arbeiterklasse zu er- langen, einteten." Nach Aufzählung verschiedener gewerkschaftSfeind- licher Gerichtsentscheidungen der jüngsten Zeit fährt die Adresse fort: In diesem kritischen Augenblick ermahnt die Socialist Party alle organisierten Arbeiter, nicht zu vergessen, daß sie noch immer das Wahlrecht zur Verfügung haben, und daß die intelligente An- Wendung ihrer politischen Macht absolut notwendig ist, um ihre Organisation vor Zerstörung zu bewahren. Die ungerechten Eni- scheidungen des Ober-Bundesjzerichts können widerrufen, der will- kürliche Gebrauch der Militärgewalt kann unterbunden, die Be- feitigung der Arbeitergesetze kann durch die geschlossene und einige Aktion der Arbeiterklasse am Wahltage verhindert werden. Arbeiter der Vereinigten Staaten  , bedient Euch Eures politischen Armes in Verbindung mit Eurem wirtschaftlichen Arme zur Verteidigung und zum AngriffI Schart Euch zur Unterstützung Eurer Klasse zusammen I Stimmt, wie Ihr streikt, gegen die Kapitalisten! Nieder mit militärischer und richterlicher Anmaßung! Vorwärts! in geschlossener Front unter dem Banner der organisierten Arbeiter- schaft und der Socialist Party gegen kapitalistische Unterdrückung, um dadurch für Euch, Eure Frauen und Kinder sofortige Hilfe zu schaffen, um das Nahen des Tages der völligen Befreiung von der kapitalistischen   Ausbeutung zu beschleuniget!!" Einwanberungssragri Mit großer Spannung hatte man der Stellungnahme des Partei- tages zu der Resolution des Stuttgarter Partei- t a g e s über die Einwanderungsfrage entgegengesehen. Bei der Diskussion darüber sprachen sich die Delegierten des Westens und des Südens(so auch der Negerdelegierte aus Kalifornien  ) im allge- meinen gegen jede Beschränkung der Einwanderung aus, während die des Ostens und der mittleren Weststaaten ein eingehendes Studium der Frage wünschten, bevor die Partei einen, für ihre fernere EntWickelung bedeutsamen Beschlutz faßt. Dieser Unent- schicdenheit entsprach die zur Annahme gelangte Resolution über die Einwanderungsfrage. Sie besagt: »Der Parteitag der Socialist Party erklärt, daß das Grund- Prinzip der Sozialismus der Kampf zwischen der ausgebeuteten und der ausbeutenden Klasse und daß das die politische sozialistische Bewegung beherrschende Moment das wirtschaftliche Interesse der Arbeiter ist. Im Einklang mit diesem Prinzip erklärt der Partei- tag der Socialist Party, daß sich die Arbeiterklasse gegen alle Gefahren, die ihr wirischaftliches Interesse bedrohen, schützen mutz. Die Masseneinführung von Arbeitern, die durchschnittlich auf einem niedrigeren Lebcnshaltungsniveau stehen als die des eigenen Landes, kann ebenso gut eine große Gefahr für die Arbeiter be- deuten wie ein großer Krieg für die Nation. Diesen Arbeitern das Recht abzustreiten, sich gegen diese Masseneinführung von Leuten mit niedrigerer Lebenshaltung zu schützen, hieße ein.bürgerliches Ideal über den Klassenkampf stellen. Dieses Prinzip zwingt uns, aller Einwanderung entgegenzutreten, die von bürgerlicher Seite unterstützt oder künstlich vermehrt wird, ebenso wie wir uns gegen alle Kontraktarbeiter zur Wehre setzen müssen. Doch hat diese Stellungnahme der Socialist Party nichts zu tun mit irgend einer bestimmten Gesetzgebung, die sich auf die Ausschließung einer be- sonderen Rasse als solcher befaßt. Die Frage der Rassenunterschiede, die in dieser Sache, die den Nationalkonvent beschäftigt, eine gewichtige Rolle spielt, und die zu einer Agitation unter einem Teil unserer Mitarbeiter für den Anschluß aller Asiaten führte, ist noch yicht genügend geklärt, um jetzt schon entschieden werden zu können. Wir emp- fehlen dem Nationalkonvent deshalb, bei der hohen Bedeutung, welche die Frage für die große Mehrheit unserer Arbeiterklasse hat, ein Spezialkomitee zu erwählen, das die Frage der Ein- Wanderung untersuchen und studieren soll, das von Zeit zu Zeit Daten über die Frage in der Parteipresse zu veröffentlichen hat und dadurch die Partei selbst zum Studium der ganzen Frage anregen soll. Ein ausführlicher Bericht soll alsdann dem nächsten Konvent vorgelegt werden." Die Agrarfrage. Im Gegensatz zur Debatte über die Einwanderungs- und Gewerkschaftsftage war die Diskussion über die Frage der Stellung der Partei zu den Farmern(Bauern) nur eine kurze. Es lagen zwei Resolutionen dazu vor, die sich laut den Berichten der Partei- blätter in den einleitenden Sätzen nicht wesentlich voneinander unterschieden. Die Resolution, welche die Zustimmung der Mehrheit des Parteitages fand(die Delegierten aus den Industriestädten stimmten dagegen!), hatte folgenden Wortlaut: »Die Socialist Party erstrebt den Aufbau, nicht die Zerstörung. Und da sie für den Fortschritt eintritt und Gegnerin des Rückschritts ist, verpflichtet sie sich, den Klcinfarmer zu beschützen, vor allem durch die Vergesellschaftlichung der nationalen Industrien im Interesse der Konsumenten und nicht im Interesse profithungrsger Interessenten. Wir empfehlen daher, daß der Farmer die Oekonomie dcs sozialistischen Cooperativsystems in dessen Gegensatz zu dem individuellen Konkurrenzsystem studiere und in dem Kampfe um seine Existenz seine politische Macht mit der Partei seiner Klasse vereinigt. Wir konstatieren jedoch zugleich, daß irgend ein Versuch, sich den Farmern gegenüber zu irgend etwas anderem wie der vollständigen Vergesellschaftlichung der Industrien der Nation zu verpflichten, unsozialistisch sein würde." Keine Vereinigung mit der sozialistischen   Arbeiterpartei. In bezug auf die Verschmelzung der sozialistischen   Partie mit der ziemlich bedeutungslosen sozialistischen   Arbeiterpartei hat der Konvent in Chicago   nur bestätigt, was die Mitgliedschaft der Socia- list Party im allgemeinen vorher schon resolviert hatte. Die Ein- leitung von Schritten zu Einigungsverhandlungen im gegenwärtigen Zeitpunkt wurde mit 131 gegen 48 Stimmen abgelehnt, dagegen wurden die Mitglieder der sozialistischen   Arbeiterpartei aufgefordert, sich der Socialist Party anzuschließen. Frauenfrage. Die Genossinnen der Vereinigten Staaten glauben, daß die Partei die Frauenbewegung bczw. die Agitation unter den Frauen bisher vernachlässigt hat. Der Parteitag beschloß, daß den Wünschen der Genossinnen Rechnung getragen wird, und bestimmte, daß eine Spezialkommission sich die Organisierung der Frauen zur Haupt- aufgäbe zu machen hat. DiePlatform" der Partei. Den Schluß der ParteitagSverhandlungen bildete die Annahme derPlatform"(Wahlaufruf und gleichzeitig Programm der Partei). Auch bei diesem Punkte gab eS ziemlich ausgedehnte Debatten, weil aber an der bisherigenPlatform" keine besonders einschneidenden Aenderungen vorgenommen worden sind, und der redigierte Wortlaut des Programms zur Stunde noch nicht vor- liegt, erübrigt sich heute eine Berichterstattung darüber. Künftig finden die Parteitage nicht wie bisher alle vier Jahre, sondern alle zwei Jahre statt. poUtifcbe GeberHcbt. Berlin  , den 3. Juni 1908. Schtvabachsche Wahlagitation. Die Agitatoren des aus dem Reichstag hinausbugsierten Herrn Geheimrats Schwabach setzen bei der Agitation für dessen Nachwahl im Kreise Memel  -Heydckrug ihre unsauberen Wahlmanöver unver- froren fort. Mit Schnaps- und Bicrfpenden scheint man etwas vor- sichtiger geworden zu sein: desto mehr aber umnebelt die Schwabach  -Clique das Hirn deS politisch rückständigen litauischen kleinen Landbesitzers und Arbeiters durch Flugblätter und Zeitungs- artikel. In welch widerlicher Weise die Unerfahrenheit dieser ländlichen Leute ausgenutzt wird, zeigt folgende Notiz der Nr. 42 der Lietuwißka Zeitunga", einem von Schwabachfchem Gelde unter- stützten litauischen Blättchen: Die Befreiung der Litauer. In den Büchern Mosis steht geschrieben: Und als die Kinder Israel   in Aegypten  - land sehr unterdrückt waren, erhoben sie ihre S limine und seufzten zu Gott, und Gott erbarmte sich über sie und sandte Moses aus einer fernen Stadt, damit er fein Volk befreie, und wie Moses mit Pharao   sprach und die Aegypter sie nicht lassen wollten, denn sie hatten großen Nutzen von ihnen. So. liebe Litauer, stehen wir heute in unserer Not wie die Kinder Israel  . Gott   wird unser Seufzen erhört haben, daß er uns solch einen Mann wie den Herrn Geheimrat Schwabach aus der fernen Stadt Berlin   hergeschickt hat, der jetzt sagt: Laßt ihr deutschen  Konservativen und Agrarier, gebt den Litauern Gerechtigkeit. Wenn gesagt wird, Herr Geheimrat Schwabach   habe unseren Kreis aufgeregt, dann mutz auch Moses Israel aufgeregt haben. Jetzt sieht man. wie sie nicht loslassen wollen; sie haben sich mit vielen Zeugen bewaffnet und einen Protest erhoben, aber sie werden mit ihrem ganzen Heer im Roten Meer ertrinken müssen, aber Gott  wird dem Herrn Geheimrat Schwabach den Sieg verleihen. Meine Lieben, bedenken wir, was leitet den Herrn Schwabach  ? Können wir ihm was geben, daß dieserHerr, der alles hat und nichts bedarf, der solche Reisenmacht, so viel Male nach Memel   gereift ist, so viel Versamm- lungen abgehalten hat, bis zu drei an einem Tage. Wollten wir uns einen mieten, wkediek müßten wir da bezahlen, was treibt ihn? Er könnte ja zu Hause bleiben und schlemmen wie andere Neichen, und sich um nickits kümmern. Aber nein, er will sich ab- mühen zum Besten der Menschheit. Jetzt wollen die ägyptischen Zauberer uns irre machen. Männer, halten wir, was wir sehen und erfahren haben. Man braucht nicht noch Herrn Schwabachs Arbeiten zu erwähnen und die Arbeiten, die er für unsre Gegend ausgeführt hat, zu beschreiben, denn das wird schon jedem bekannt sein. Und auch wir Arbeiterwollen ihmhelfen, er wird auch uns nicht vergessen, wenn wir in unserer Not auch eine Forderung ausstellen. So wäre es wohl auch zu erreichen, daß auch die fremden Arbeiter mehr gezwungen würden, auf dem Lande Arbeit zu suchen, denn dort ist ja immer Arbeitermangel. Wenn daher Herr Schwabach   für uns im Land- und Reichstage eintreten kann, wird er auch unserer Not abhelfen und noch viel mehr, was nösig ist, und möglich sein wird, ausrichten. Daher, Brüder, wollen wir Mann bei Mann stehen und uns von keinem verführen und aufreizen lassen. Die Arbeiter ans Schmelz  ." Die tollste Gemeinheit in diesem fingiertenEingesandt" ist die, daß hier wieder, wie bei der Stichwahl 1907 in betrügerischer Weise im Namen der Schmelzer Arbeiter, die zum größten Teil der Sozialdemokratie angehören, gelogen wird. Dabei wird geschickt die augenblicklich in Memel   herrschende Mißstimmung über die in der Industrie jetzt viel beschäftigten fremden Arbeiter ausgenutzt und in Aussicht gestellt, daß Herr Schwabach im Reichstag dafür sorgen werde, daß diese fremden Arbeiter gezwungen würden, auf dem Lande Arbeit zu suchen._ Ein diplomatischer Bürgermeister. Vor einiger Zeit berichteten wir, daß der Polizeiwachtmeister Wagner in Kulm a. d. W. den Vortragenden in einer Versammlung mitten in der Rede unierbrach und dessen Rainen und Wohnung wissen wollte. Als der Herr Polizeiwachtmeister zur Ruhe ermahnt wurde, löste er einfach die Versammlung auf. Die Beschwerde gegen den Polizeibeamten wurde erst nach einer Mahnung von dem Bürgermeister in folgender Weise beantwortet: An den Parteisekretär Artur Crispien, Danzig  . Sie haben unter dem 10. April d. I. den Antrag gestellt, den Polizeiwachtmeister Wagner wegen der Auflösung der am 12. April d. I. stattgehabten Versammlung zu rektifizieren. Ich hatte, da Sie eine bezügliche Bitte um Nachricht über das Veranlaßte nicht ausgesprochen haben, keinen Anlaß, Ihnen hiervon Mitteilung zu machen. Nunmehr eröffne ich Ihnen, auf Ihr Schreiben vom 22. d.M., daß die Auflösung der Versammlung im Vereinsgesetz keine Stütze findet und daß ich dem Wachtmeister Wagner hiervon ain 24. April d. I. Kenntnis gegeben habe. Zu einer Rektifizierung des Beamten seheich mich nicht veranlaßt. Der Bürgermeister. (Name unleserlich.) Dem Wachtmeister ist zwar vom Bürgermeister bestätigt, daß er das Vereinsgesetz nicht kennt, er ist aber nichtrektifiziert worden! DaS verstehe, wer kann. Rektifizieren bedeutet doch zurechtweisen. Aber derart ist nun mal der echte preußische KurS: die Autorität des Schutzmannes muß in jedem Falle gewahrt bleiben. Auch dieser Fall lehrt wieder, wie nötig eine gesetzliche Be- stimmung ist, nach welcher ein Beamter haftbar gemacht werden kann, wenn er anderen durch gröbliche Nachlässigkeit Schaden zufügt. Wer die Gesetze nicht kennt, die er ausüben soll, macht sich zweifel- los einer gröblichen Nachlässigkeit schuldig. Leider reichen, wie wiederholt festgestellt worden ist, die heute geltenden Gesetze nicht aus, den Herrn Polizeiwachtmeister zum Schadenersatz heran- zuziehen._ Ein Opfer Eulenburgs. DieDresdener Neueste Nachrichten" veröffentlichen einen recht interessanten Beitrag zur Charakteristik des Fürsten   Philipp zu Eulenburg  . Ihre Mitteilung betrifft den Tod des 1902 ge- storbenen Geheimrats Pierson, des Stellvertreters des damaligen Generalintendanten der königlichen Schauspiele in Berlin  , Grafen Hochberg. Das Dresdener   Blatt erzähtt: Der Geheimrat Pierson, der die Geschäfte der General- intendantur unter dem Grafen Hochberg führte, fühlte sich eines Tages von schrecklichen Gerüchten eingehegt wie ein gehetztes Wild und kannte den Urheber der Gerüchte nicht, die den ehrenwerten Mann an maßgebender Stelle ganz grundlos verleumdeten. Geheimrat Pierson war herzleidend und diese Gerüchte wirkten wie das schlimmste Herzgift. Dem Grafen Hochberg waren sie bekannt. Er wußte auch, wer der Urheber war. Dem bedrängten Mann, der durch eine Verleumdung um seine Lebensarbeit, um mehr noch, um seinen guten Ruf kommen sollte, nannte er den Namen deS allmächtigen Fürsten Philipp zu Eulenburg  . Pierson wußte, was der Name lvog. Ein Name schwerer als Bismarcks dringende Warnungen vor seinem Träger. Ein Unangetasteter. Ein Unantastbarer. WaS vermochte auch der Geheimrat Pierson gegen den Lieben- berger Schloßherrn, dem der deutsche Kaiser arglos vertraute, den Wilhelm II.   mit seiner Freundschaft auszeichnete, den eines Makels zu bezichten nur ein Hirnverbrannter oder ein boshafter Neider wagen konnte. Dem schwer geschädigten, pflichttreuen Mann blieb keine Wahl. Er wagte es, stellte den Fürsten  , verlangte, daß er bekenne, ihn verleumdet zu haben. Der Troubadour von Liebenbcrg war nie ein Freund so kräftiger Sprache. Damals ging'S ihm wie schon oft. Des ehrlichen ManneS wutzitternde Anrede machte ihn krank. Die Krankheit des Fürsten   zog sich hin. Der Termin rückte heran, an dem Pierson klagen mußte. wenn die Antragsftist wegen des Vergehens der verleumderischen Beleidigung nicht ablaufen sollte. Am 24. Dezember 1901 war der Zeilpunkt da. Pierson erhob die Anklage. Der Schwer- kranke gegen den allmächtigen Mann, der damals auchkrank" war. Eine Krankheit, die den Patienten von munterer Jagd nicht abhält und munterem Schwören... Philipp zu Eulenburg   nahm feine Verleumdung schriftlich mit Bedauern zurück. Der Beleidigungsprozeß unterblieb. Der tob- kranke Mann hatte nichts mehr davon zu erhoffen. Das ver- leuniderische Gerücht mußte durch eine Amtsuntersuchung aus der Welt geschafft werden. Solche Untersuchung muß langsam gehen, Schritt uin Schritt, Ziffer um Ziffer. Langsamer als es ein ge- brocheneS Herz erträgt. Als Pierson tot war, bestätigte die preußische OberrechnungSkammer, daß er ein Rechtschaffener, daß seine Verwaltung tadellos war. Zu spät für den, dessen letztes Wort, Minuten ehe ihm die Augen brachen, Eulenburgs Name war. Doch die Geschichte ist noch nicht zu Ende. Auch Philipp Fürst zu Eulenburg erhielt ein Zeugnis. Graf Hochberg hatte sich an- geekelt von ihm gewandt. Noch einer wußte um die Sache: Richard Wilhelm Ludwig Fürst zu Dohna-Schlobitten. Der hatte mit Bedauern gesehen, wie ein wackerer Mann litt unter schwerer Verleumdung. AIS   Fürst Philipp zu Eulenburg   bekennen mußte, galt diesem Fürsten   die billige Entschuldigung nicht als Sühne. Er schrieb dem Liebenberger   Schloßherrn einen Brief, den die Richter bei der Beurteilung von Eulenburgs Charakter den sie kennen lernen müssen nicht übersehen dürfen. Ein Brief, der den Gewaltigen einen Verleumder nannte, ihn niedriger Gesinnung so deutlich zieh, baß es nur eine Antwort darauf gab. Die Ant- wort kam nicht. Der allmächtige Botschafter warkrank". So krank, daß er nur mit wenigen Worten auf geduldigem Papier sich zu wehren vermochte. Und gesundete von diesem Brief, wie von dem letzten Seufzer des bedauernswerten Ehrenmannes, dessen Namen nun auch Gerechtigkeit widerfahren wird.